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Ausgabe:

1984

Spalte:

27-29

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Cohen, Shaye J. D.

Titel/Untertitel:

Josephus in Galilee and Rome 1984

Rezensent:

Walter, Nikolaus

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1

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Keindl, Joseph [Hrsg.]: Dein Wort beachten. Alttestamentliche Aufsätze
. Leipzig: St. Benno-Verlag 1981. 180 S. 8° Kart. M 11,50.

Von den neun Aufsätzen, die in dem von dem Erfurter Alttesta-
mentler J. Reindl unter Mitarbeit von G. Hentschel herausgegebenen
kleinen Bande vereinigt sind, stammen fünf aus den Federn polnischer
Fachkollegen. Mit Recht betont der Herausgeber, daß wegen der
„Sprachbarriere" . . . „von der großen Vielfalt in der Arbeit polnischer
Exegeten hierzulande nur wenig bekannt" ist (7). Umso mehr zu
begrüßen ist die Veröffentlichung einer kleinen Auswahl einschlägiger
Arbeiten, von denen vier durch G. Hentschel ins Deutsche übertragen
worden sind. Es handelt sich vornehmlich um Beiträge, die geprägt
sind von dem Streben nach einer gesamtbiblischen Theologie in der
Erkenntnis der Identität des Gottesvolkes und unter Berücksichtigung
des kirchlichen Aultrages der Exegese: B. Wodecki, Heilsuniversalismus
im Buche des Propheten Jesaja, 76-101; L. Stachowiak,
Die Sendung des Deuterojesaja im Lichte von Jes 40,1-11, 102-115;
H. M uszyhski, Gott und das Böse in der Bibel, 151-179. Die Breite
der polnischen alttestamentlichen Forschung wird deutlich an zwei
weiteren Beiträgen, die sprachwissenschaftliche und religionsgeschichtliche
Fragestellungen aufnehmen: L. Stachowiak, Die Pro-
phetie als religiöses Phänomen des Alten Orients, 58-75; J. Woz-
nia k, Die syntagmatischen Verhältnisse beim Schwur „hajJhwh" im
Alten Testament und in den Übersetzungen, 136-150.

Vier weitere Aufsätze, die durch das Mühen um ein einfühlendes
Verständnis der jeweils behandelten Texte der im Titel des Bandes
enthaltenen Aufforderung nachkommen, haben die katholischen Alt-
testamentler aus der DDR beigesteuert: H. Rücker, Warum wird
'ühab (lieben) im Alten Testament selten zur Bezeichnung für Nächstenliebe
gebraucht?, 9-15; G. Hentschel, Zum Bau des Tempels
und seiner Ausstattung, 16-32; G. Hentschel, Die geschichtlichen
Wurzeln der Elijatradition, 33-57; J. Reindl, Gotteslob als „Weisheitslehre
". Zur Auslegung von Psalm 146, 116-135.

K..-H. B.

Fohrer, Georg: Studien zum Buche Hiob (1956-1979). 2., erw. u.
bearb. Aufl. Berlin-New York: de Gruyter 1983. XI, 146 S. gr. 8* =
Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 159.
.Lw.DM 72,-.

Die Erstausgabe des Sammelbandes vom Jahre 1963 wurde in
ThLZ90, 1965 Sp. 587-589, von J. Hempel besprochen. Die gleichen
Abhandlungen und Aufsätze, die G. Fohrers Kommentar zum
Buche Hiob ergänzen, werden in der vorliegenden zweiten Auflage in
leicht überarbeiteter Form geboten. Zwischenzeitlich erschienene
Literatur ist bei der Bearbeitung nicht berücksichtigt worden. Hinzugekommen
sind zwei, die Sammlung erfreulich bereichernde Abhandlungen
: "The Righteous Man in Job 31" (78-93, aus: Essays in Old
Testament Ethics, New York 1974) und „Dialog und Kommunikation
im Buche Hiob" (135-146, aus: La sagesse de l'Ancien Testament
, Leuven/Gembloux 1979).

K.-H.B.

Judaica

Cohen, Shaye J. D.: Josephus in Galilee and Rome. His Vita and
Development as a Historian. Leiden: Brill 1979. XVI, 277 S., gr. 8°
= Columbia Studies in the Classical Tradition, VIII. Lw. hfl 96.-.

Die vom Verlag erst spät zur Rezension vorgelegte Arbeit ist eine
überarbeitete Dissertation an der Columbia-Universität (New York
City) von 1975, die von so bekannten Fachleuten wie Morton Smith,
Louis H. Feldman. Elias Bickerman und anderen gefördert wurde. Sie

behandelt, methodisch klar geschieden, aber miteinander verbunden,
ein biographisches, ein literarisches und ein historisches Problem:
Wie verhält sich Josephus der „Römer", der in Rom im Abstand von
etwa 20 Jahren seine beiden großen Werke Bellum Judaicum (BJ) und
Antiquitates Judaicae (AJ, mit der Vita als Anhang) schreibt, zu dem
„Galiläer" Josephus, der in den Jahren 66/67 aktiv am Aufstand
gegen Rom beteiligt ist? Und, das Problem noch komplizierend: Wie
verhalten sich die beiden Darstellungen des Autors Josephus in eigener
Sache zueinander, in denen der „Römer" den „Galiläer" und
seine Aktionen und Motive recht verschieden schildert? Dazu kommt
dann die historische Frage im engeren Sinne, die Frage nach dem tatsächlichen
Verlauf der Vorgänge in den Jahren 66/67. Während die
ältere Forschung das Problem der Differenzen zwischen BJ und Vita
meist nur isoliert gesehen und behandelt habe, ohne die beiden Werke
insgesamt in Betracht zu ziehen, möchte C. von der literarischen
Gesamttendenz-von BJ einerseits und AJ/Vita andererseits ausgehen,
um von daher auch die difterente Darstellung der galiläischen Periode
aufbellen zu können.

Chap. 1 (S. 3-23) stellt das Problem mit einer übersichtlichen Syn-
opse der voneinander abweichenden Einzelheiten vor und geht recht
instruktiv die Forschungsgeschichte durch, wobei die zunehmende
Differenzierung der Fragestellungen und Lösungen deutlich wird.
Eine wichtige Vorarbeit leistet dann Chap. II (S. 24-47), in dem C.
untersucht, wie Josephus die von ihm benutzten Quellen behandelt
(und zwar nicht speziell in den für das Thema wichtigen Abschnitten
von BJ bzw. AJ); dazu tritt ein Vergleich zwischen BJ und den parallellaufenden
Teilen aus AJ (Buch 13-20). Das Ergebnis: Josephus
arbeitet zwar im allgemeinen quellengetreu, jedoch ohne ängstliche
Sorgfalt im einzelnen; in AJ 13-14 wird BJ wie eine andere Quelle frei
benutzt, in AJ 15 ff ist das Verhältnis dagegen komplizierter. - In
Chap. III (S. 67-83) wird dann die Vita mit den Parallelabschnitten
aus BJ auf die literarischen Beziehungen untersucht, während
Chap. IV (S. 84-100) und V (S. 101-180) die literarische Tendenz
und Technik ("Aims and Methods") von BJ und Vita je getrennt vorstellen
, wobei die Vita sehr eingehend behandelt wird. Auf die in der
Forschung verhandelte Frage, ob die Vita ganz ohne Berücksichtigung
der älteren Darstellung in BJ geschrieben sei oder aber als bewußte
Korrektur, eventuell in Reaktion auf die Gegenschrift des Justus von
Tiberias, antwortet C. etwa so: Der Unterschied ist z. T. dadurch verursacht
, daß BJ die Vorgänge stärker thematisch ordnet, während die
Vita stärker chronologisch vorgeht; in beiden Werken scheint Josephus
die gleiche Vorlage verschieden zu bearbeiten, in der Vita weniger
drastisch als in BJ. Gerade auch in dieser Hinsicht spielt die Antwort
auf Justus von Tiberias eine Rolle. Während die frühere Forschung
zum Teil meinte, daß Josephus sich in der Vita noch stärker
als in BJ als eingefleischten Pro-Römer geriere, betont C. einen anderen
Unterschied: in BJ erkläre Josephus, warum er in einem bestimmten
Stadium der Entwicklung seine antirömischen Aktivitäten eingestellt
habe; in der Vita dagegen wolle er darstellen, wie er, ein Mann
aus Priestergeschlecht, überhaupt in die Rolle eines Revolutionsführers
geriet. Vita sei keineswegs stärker pro-römisch als BJ; vielmehr
bezeuge das Gesamtwerk AJ/Vita eine wieder stärker erwachte national
-religiöse Neigung des Josephus (vgl. noch S. 236ffl); C. nimmt an,
daß der Römer-Günstling Agrippa IL, den Josephus zunehmend
scharf attackiert, vordem Abschluß von AJ/Vita gestorben sei.

In Chap. VI (S. 181-231) erörtert C. dann ausführlich und vorsichtig
, was sich aus den immer wieder unzuverlässigen Nachrichten des
Josephus, die praktisch nicht durch andere Quellen und Nachrichten
überprüft und abgesichert werden können, über die Ereignisse der
Jahre 66/67 in Galiläa und über die Beteiligung des Josephus an ihnen
ergibt. Nach C. spielt Josephus als Aufstandsführer (so nach BJ) und
„Befrieder" in Galiläa (so die Vita) kein Doppelspiel. Er sei mit zwei
anderen Priestern von Jerusalem nach Galiläa gesandt worden, um
dort für aktive Beteiligung am Krieg gegen die Römer zu werben. Aber
seine Mission sei gescheitert, vor allem am passiven Widerstand der
galiläischen Bevölkerung, die andere Sorgen hatte und plündernde