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Ausgabe:

1984

Spalte:

464-466

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Arendt, Hans-Peter

Titel/Untertitel:

Bußsakrament und Einzelbeichte 1984

Rezensent:

Hübner, Siegfried

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Theologische Lileralurzcilung 109. Jahrgang 1984 Nr. 6

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lierbarkeit, weil sich die den Rekonslruktionsversuchen zugrunde liegende
Sprachgestalt von den Texlgeslallen Schleiermachers so weil
entfernt, daß es eines zusatzlichen Übersetzungsvorganges bedürfte,
um schlüssig beurteilen zu können, ob die rekonstruierende Darstellung
wirklich als Explikation der von Schleiermacher formulierten
Cirundeinsichlen gelten kann. Das tnlft ganz besonders für die Abschnitte
1-3 zu, bei denen man den Eindruck gewinnt, Schleiermachers
.Dialektik' sei nur in Form eines Palimpsests überliefert, auf
dessen Untergrund die Cirundz.üge der mit analytischen Mitteln interpretierten
Kanlischen Transzendenlalphilosophie hervorleuchten.
Demgegenüber schließen sich die Abschnitte 5 und 6, aber auch der
Abschnitt 4 sehr viel enger an den Duktus der Schleiermachersehen
.Cilaubenslehre' an, so daß Vf. zu Einsichten gelangt, die zwar nicht
völlig neu sind, die sich aber nicht nur in der Schleiermacher-Forschung
, sondern bezogen aul das moderne Theologieverständnis überhaupt
behaupten werden. Das gilt vorrangig für die vom Vf. luzide
rekonstruierte Methode funktionaler Interpretation, die Vf. im Kontext
der materialen Dogmatik (Christologie, Soteriologie und Ekkle-
siologie) zu bewähren weiß.

Allerdings ist nicht zu übersehen, daß diese fruchtbarste Entdek-
kung Schleiermachers (121) auch ihre gelahrenvolle Kehrseite hat. Indem
die theologischen Inhalte als Ausdrucksphänomene einer sich
selbst auslegenden religiösen Subjektivität gelten, werden sie auf ihr
funktionales Sein-für-anderes, auf ihre Nützlichkeit als religiösen
Verkehrswert reduziert, so daß dahingestellt bleibt, ob ihnen ein
objektiver Gedankeninhalt entspricht. Wird das Gottesbewußtsein als
„das nur im Vollzug praktischer Sclbstauslegung implizierte Setzen
der Bestimmbarkeit jedes spezifizierten Aktvollzuges als einer Repräsentation
der absoluten Einheit der transzendentalen Struktur Subjektivität
" (86; 4. 23) gefaßt, so sanktioniert Vf. die nicht zuletzt von
Schleiermacher verschärfte Grundaporie der auf den Vollzügen des
religiösen Bewußtseins aulbauenden Religion: Zeichne) sieh der Gottesgedanke
durch den „obliquen Blick" (122) des religiösen Bewußtseins
aus, so geht er im religiösen Gottes/uut ii/.i/sci/i auf, woraus folgt,
daß der Gottesgedanke entweder überllüssig wird oder von Gnaden
des ihn zum Ausdruck seiner Selbstauslegung bestellenden religiösen
Bewußtseins ist.

Allen Einwänden zum Trotz, die sich im Hinblick auf die vom Vf.
gewählte Art der Rekonstruktion ergeben, wird man ihm gleichwohl
bestätigen können, daß er auf Schleiermacher im Geiste Schleier-.
machers geantwortet hat. Aber diese im „Umkreis der Stärke"
Schleiermachers verbleibende Antwort hat so auch an deren Schwächen
teil: Der Einwand der radikalen theo-logischen Religionskritik
kann von einer am Leitläden des religiösen Bewußtseins orientierten
„Religionsphilosophie" nicht überwunden werden. Erst eine von dieser
strikt unterschiedene „philosophische Theologie" (gegen 50), die,
soll sie diesen Namen zu Recht führen, als Theorie des (trinitarischen)
Absoluten auszuarbeiten ist, wäre da/u in der Lage.

München Falk Wagner

Bassarak, Gerhard: Jesus Christus - das Leben der Welt (Standpunkt II,
I9X3S. 181-183).

Brandt, Hermann: Die Inkarnation der Befreiung - die Befreiung der Inkarnation
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Christusbckenntnis im Atomzeitalter? Im Auftrag des Arbeitskreises Kirch-
lieher Bruderschaften hrsg. von E. Wolf in Verb, mit H. Kloppenburg u.
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Collins, John: Die Kosmologie des Neuen Testaments (S. 409-413) - Chadwick
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Gott (S. 414-419) - Pedersen, Olaf: Der Ciott des Raumes und der Zeil
(S. 420—426) - Mim r. Günter: Der Umbruch im evolutionären Denken des
18. und 19. Jahrhunderts (S. 426-431) - Ishibangu, Tharcisse Tshishiku:
Eschatologic und Kosmologie (S. 432-438) - Buehanan, James: Schöpfung und
Kosmos: Die Symbolik der Verkündigung und der Teilhabe (S. 439—445) -
Brück, Hermann: Astrophysikalisehe Kosmologie(S. 446—450)- Hesse, Mary :
Kosmologie als Mythos (S. 450-455) - Gilkey, Langdon: Die Debatte über die
Schöpfung(S. 456-475)- Warthling, William: Pierre Teilhard deChardin Der
Fall wird wiederaufgenommen (S. 475-481)- King, Ursula: Moderne Kosmologie
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Verschiedene I heoliigieii, gemeinsame eranlwurlung: Babel oder Pfingsten
(I hemahelt Concilium 20, 1984 Heft I): Eicher, Peter: Die Würde der
Theologie im Streit um den Pluralismus (S. 5-13) - Metz, Johann Baptist:
Theologie im Angesicht und vor dem Ende der Moderne (S. 14-18) - Kli/undn.
Virgil: Voraussetzungen und Kriterien für einen authentischen interkulturellcn
theologischen Dialog (S. 18-25) - Gutierrez, Gustavo: Wie man über Gott
reden kann. Ein Versuch aus dem Blickwinkel der Theologie der Befreiung
(S. 26-30) - s< bussln Fiorenza, Elisabeth: Für Frauen in Männerwellen
(S. 31-38)- Bracken, Joseph: Ein Beispiel, wie westliche Theologie die Modernität
ernst nehmen kann: die „Prozeßtheologie" (S. 38—43)- Hebga, Meinrad:
Die Verallgemeinerung eines Besonderen siegt über die Suche nach der Universalität
(S. 43—49)- Käseinann, Ernst: Verschiedenheil und Einheil im Neuen
Testament (S. 50-56) - 'Tillard, Jean-Marie: Theologischer Pluralismus und
Geheimnis der Kirche (S. 57-67) - Lash, Nicholas: Theologie im Dienst einer
gemeinsamen Tradition (S. 67-76) - Dussel, Enrique: Theologien der „Peripherie
" und des „Zentrums": Begegnung oder Konfrontation?(S. 77-85).

Z.entgraf, Martin: Die theologische Wahrnehmung von Institutionen. Eine
Untersuchung zum Problem einer theologischen Theorie der Institutionen
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licher Institutionentheorie (Diu. Bonn 1983).

Systematische Theologie: Dogmatik

Arendt, Hans-Peter: Bußsakrament und Kinzelheichte. Die tridenti-
nisehen Lehraussagen über das Sündenbekenntnis und ihre Verbindlichkeit
für die Reform des Bußsakramentes. Freiburg-Basel-
Wien: Herder 1981. XII, 615 S. gr. 8" = Freiburger theologische
Studien, 121. Kart. DM 74,-.

A. will mit seiner großen Studie, die er 1979 als Dissertation der
Theologischen Fakultät der Universität Freiburg i. Br. vorgelegt hat
und lür deren Entstehung er vor allem K. Lehmann dankt, „einige
Gesichtspunkte" zur Lösung des für die Erneuerung der katholischen
Bußpraxis wichtigen Problems beitragen, „ob der Bußgottesdienst
eine Form des Bußsakramentes sein kann" (I). Er konzentriert sich
auf das Haupthindernis für eine bejahende Antwort: die Erklärungen
des Konzils von Trient über die Notwendigkeit des sakramentalen
Sündenbekenntnisses. Mit bewunderungswürdigem Fleiß hat er die
Mühe einer minutiösen Rückfrage nach Entstehung, Auslegung und
Verbindlichkeit dieser Aussagen auf sich genommen. Was er darüber
vorlegt, bildet, gegliedert in zwei Abschnitte, die die „Verteidigung
der Einzelbeichte durch das Trienter Konzil" und „entscheidende
Kennzeichen des sakramentalen Sündenbekenntnisses" behandeln,
die Substanz des Werks (33-295 mit 2 190 von insgesamt 2 678 Anmerkungen
). Sie wird umrahmt von einem vorausgeschickten Abschnitt
, der, ausgehend von den vom II. Vatikanum angestoßenen
Reformbemühungen, die aktuellen Fragen erörtert (3-32), und einem
abschließenden, der von den Ergebnissen der Untersuchung her nochmals
auf diese zurückkommt (296-330). Wie der Vf. andeutet, hat sich
diese Gewichtung erst während des Arbeitsgangs ergeben (2), so daß
der jetzt nicht mehr ganz zutreffende Haupttitcl wohl auf das ursprünglich
Geplante zu beziehen ist.

Das Ergebnis: „Den Wünschen, die Erteilung sakramentaler Generalabsolutionen
auch außerhalb der bisher anerkannten Notlagen zu
erlauben, stehen die tridentinischen Aussagen . . . nicht als unüber-
windbares Hindernis im Weg. Zwar ist der Sünder, der schwerwiegende
Schuld auf sich geladen,. . . grundsätzlich zum individuellen
Bekenntnis seiner Schuld verpflichtet...; eine gemeinsame, allge-