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Ausgabe:

1984

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 6

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nographie aller an einer Kirche vorhandenen mittelalterlichen Fenster
werden kurz abgehandelt, bev or die Verfasser ausführlich auf Stil
und Datierung eingehen.

Bei den frühesten Fenstern der Bartüßerkirche lassen sich zwei
Meister feststellen. Der Verfasser vergleicht ihre Arbeiten mit Werken
der Buchmalerei aus der thüringisch-sächsischen Malergruppe des
1. und 2. Jahrzehnts des 13. Jahrhunderts. Doch sind es mehr die allgemeinen
Byzantinismen der Zeit als das Vorbild einer bestimmten
Handschrift, die in die Barlüßerfenster einfließen. Auch zwischen den
wenigen erhaltenen zeitgleichen Glasfenstern, zum Beispiel der Elisabethkirche
in Marburg, lassen sich nur annähernde Ähnlichkeiten
feststellen. Beeinflussungen aus den Apsisfenstern der Oberkirche von
Assisi sind nicht auszuschließen, doch betreffen sie mehr die Ikonographie
als den Stil. Die Meister der ersten Barlüßerfenster erscheinen
als selbständige kraftvolle Künstlerpersönlichkcitcn, die Einflüsse der
Zeit aufnahmen, aber nicht in Abhängigkeit von ihnen gerieten.

Stilistische Eigentümlichkeiten, besonders der Ornamentik, an den
fünf späteren Fenstern (Chorweihe des Neubaues 1316) weisen nach
dem Südwesten Deutschlands, ohne daß spezielle Vorbilder nachgewiesen
werden können.

Für die Predigerkirchc werden die Glasfenster hier zum ersten Mal
in ihrer Gesamtheit bearbeitet. Figürliche Darstellungen sind nicht
mehr erhalten, sondern nur noch Ornamentvcrglasungen. Sie sind um
1280 entstanden und besitzen Ähnlichkeiten mit Ornamentfenstern
aus dem südwestdeutschen Raum (Elsaß, Freiburg, Esslingen und
Regensburg).

In einem kurzen Anhang werden die ganz oder teilweise verlorengegangenen
Fensterder Predigerkirche erwähnt.

Für die Glasfenster der Augustinerkirche versucht der Verlässer
eine Rekonstruktion der ursprünglichen Anordnung aller Seheiben,
da heute nur noch in den drei Fenstern der Ostwand und einem Fenster
an der Nordwand die Reste der alten Verglasung untergebracht
sind. Ihre Entstehungszeit fallt in die ersten Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts
, eine Verwandtschaft besteht zu den Oslehorfenstern des
Naumburger Doms.

Die Vcrglasung der Fenster des Erfurter Doms ist im Vergleich zu
der der anderen Erfurter Kirchen am vollständigsten erhalten. Ihre
Bearbeitung nimmt den ganzen zweiten Teilband in Anspruch.

Im Dom unterscheidet der Verfasser drei Hauptgruppen der Glasmalerei
: l.die kieinftgurige Gruppe, 2. die Einzelfiguren-Gruppe,
3. die großfigurige Gruppe. Diese drei Gruppen sind untereinander
stark differenziert, die einzelnen Fenster jedoch bilden jeweils eine
Einheit.

Die acht Fenster der ersten Gruppe zeigen ein selbständiges Verarbeiten
böhmisch-parlcrischer Einflüsse. Sic sind gegen 1370-1380
entstanden.

Die zweite Gruppe umläßt nur zwei Fenster, die stilistisch schwer
ableitbar sind. Der Verlässer nimmt an, daß sie aus dem thüringischen
Kunstkreis heraus entstanden sind in den Jahren 1390-1400.

Die drei Fensler der letzten Gruppe bilden den künstlerischen
Höhepunkt der Erfurter Glasmalerei. In ihnen hat sieh ein Monumentalstil
herausgebildet, der besonders starken Einlluß des böhmischen
Meisters von Wittingau vermuten läßt. Aber auch die Hochchorfen-
stcr des Halberstädtcr Domes sind nicht ohne Bedeutung geblieben.
Bei den drei Fenstern waren mehrere Hände am Werk unter der Leitung
des sogenannten Ticfengrubcrmeistcrs. Er schuf das Fenster, das
von dem Vikar Tiefengruber 1403 gestiftet wurde. Die beiden anderen
Fenster wurden nach dem großen Brand von 1416 in Wiederholung
der ursprünglichen Scheiben gearbeitet.

Im Katalog, der den weitaus größten Teil beider Bände einnimmt,
werden für jedes einzelne Fenster noch einmal die Darstellung, Geschichte
der Verglasung, Erhaltung, Technik, Farben, Komposition,
Ikonographie, Stil und Datierung abgehandelt.

Danach erfolgt das gleiche noch einmal Für die einzelnen Felder
jedes Fensters. Wichtiger Bestandteil des Katalogs sind die schematischen
Zeichnungen eines jeden Feldes.

Ein letztes Kapitel über Erfurt als Kunststadt im Mittelalter besehließt
den zweiten Teil des Doppelbandes.

Den Teilbänden ist ein Ortsverzeichnis, ein Personenverzeichnis, ein Sachverzeichnis
und ein ausführliches Literaturverzeichnis beigegeben. Daß die
Anmerkungen jeweils unten auf den betreffenden Seiten zu linden sind, erleichtert
das Lesen des Textes wesentlich.

Bei dem Umläng der Arbeit ist es trotz aller Sorgfalt nicht verwunderlich, daß
doch hin und wieder Unstimmigkeiten vorkommen. So wird zum Beispiel im
Literaturverzeichnis des Dombandes der Autor Minkowski unter dem Jahre
i960 zitiert, in der Anmerkung 37 aufSeite 108 erscheint der gleiche Autor mit
dergleichen Arbeit 1959.

Zur Ikonographie des ältesten anbetenden Königs auf dem Fenster I der
Augustinerkirche könnte hinzugefügt werden, daß das als ungewöhnlich bezeichnete
Motiv der über den Arm gehängten Krone häufig in Oberitalien vorkam
. So findet es sich in Werken der Sienesischcn Malerei (zum Beispiel auf
dem Predella-Bild des Hochaltars in derOpera des Duomo in Siena). Noch häufiger
kommt das Motiv jedoch in der Plastik vor. So findet es sieh zum Beispiel
an Kanzclrcliefs in Siena, in Pistoja und in Pisa, die als Werke der Familie
Pisanos gelten.

Insgesamt gesehen sind die beiden Bände Standardwerke der Glasmalerei, die
absolut erschöpfend Auskunft geben über den Zustand und die Herkunft der
noch vorhandenen, in der Vergangenheit leider so stark reduzierten mittelalterlichen
Fenster unserer Kirchen.

Die Verfasser vergleichen Stil und Ikonographie der Glasmalerei mit anderen
zeitgenössischen Kunsterzeugnissen und zeigen damit vielseitige Verbindungen
auf. Interessant wäre dabei die Frage, ob die Glasmaler im frühen Mittelalter
eine eigene Stellung hatten oder ob sie mit den Künstlern der Buchmalerei und
der Wandmalerei identisch sein könnten. Stilistische Bceinllussungcn zwischen
Buchmalerei. Wandmalerei und Glasmalerei sind jedenfalls einwandfrei nachzuweisen
.

Aus den Nachrichten über die frühmittelalterlichen Bauhütten geht leider
nichts über den Anteil der Maler am Bau hervor. Daß die Glaser im 15. Jahrhundert
zu der Zunll der Tafelmaler gehörten, wird für den Bau des Prager
Doms bezeugt. Dort werden im 14./15. Jahrhundert 20 Glaser erwähnt. Ob es
sich dabei aber um Glasmaler handelt, scheint ungewiß. Es gibt Nachrichten |
darüber, daß Bauherren bei renommierten Tafelmalern gemalte Fenster bestellt
haben. Eventuell kann man also im Mittelalter gerade bei den gemalten Glasiertstem
eine Trennung zwischen entwerfenden und ausführenden Kräften vermuten
.

Diese Fragen berühren jedoch nur Randgebiete des eigentlichen
Anliegens der Bände. Es ist sehr zu hoffen, daß das geplante Vorhaben
, alle mittelalterlichen Glasfenster auf dem Gebiet der DDR zu
erfassen und in dieser streng methodischen Weise zu veröffentlichen,
durchgeführt werden kann. Der Laie wird sich zwar nur schwer durch
den vielschichtigen Aulbau der Bände durcharbeiten können, aber lür
den Spezialisten müssen sie unentbehrliches Handwerkszeug sein.
Wernigerode Helga Neumann

l.cmberger. Robert: Theologische Reflexionen über die Kunst (ZThKHI.
1984 S. 127-137).

Meiser, Martin: Brahms und die Bibel (l!)(MuKi 53, 1983 S. 292-298).
Möhring, Barbara: Ganzheitliche Naturauflässung und Musik - zum Lebenswerk
Olivier Messiacns(MuKi 53, I983S. 279-287).

Philosophie, Religionsphilosophie

Härle, Wilfried: Systematische Philosophie. Eine Einführung lür
Theologiestudenten. München: Kaiser; Mainz: Matthias-
Grünewald-Verlag 1982. 272 S. 8" = Studium theologie, 6. Kart.
DM 32,-.

Die Forderung, daß die Sache des christlichen Glaubens vor dem
allgemeinen Denken zu verantworten sei, wird nicht jeder Theologie
zupasse kommen. Aber auch eine sich gegen solches Ansinnen sperrende
Theologie kann faktisch nicht umhin, dies zu tun. Es bewußt zu
tun und also das Unternehmen zu bejahen, den christlichen Glauben
als denkmöglich zu erweisen, ist über das Einführen in die Grundprobleme
der Philosophie hinaus das Anliegen dieses Buches.