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Ausgabe:

1984

Spalte:

441-443

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Swetnam, James

Titel/Untertitel:

Jesus and Isaac 1984

Rezensent:

Hegermann, Harald

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 6

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sein Verhalten und Wirken mit der Gestalt des Menschensohnes in
Zusammenhang stellt, obzwar dessen Bedeutung erst beim Endgericht
in voller Herrlichkeit erstrahlen wird ( das Messiasgeheimnis hat darum
im Markusevangelium seinen berechtigten Platz). Markus nimmt
zur Kenntnis, daß die Menschen Jesus als Messias werten - aber er
weist zugleich daraufhin, daß Jesus viele unrichtige Anschauungen
über das Wesen des Messiastums korrigieren muß. Das Ziel des Evangeliums
ist neben der Betonung des Messianismus in der Person Jesu,
die Menschen dazu zu fuhren, daß sie fest an Jesus glauben, und zwar
an einen Jesus, der von Gott gesandt ist, der damit Anspruch auf den
Titel „Sohn Gottes" hat.

Den einleitenden Fragen widmet sich Pokorny nur global. Bei ihm
stehen folgende Fragen im Vordergrund: /. die Frage des messiani-
schen Geheimnisses (P. merkt an, daß Markus jenen Jesus verherrlichen
will, der Zeit seines Lebens nie erhöht war, aber auch zu leiden
wußte; 2. die Frage der Eschatologie (P. betont hier besonders die
Konzeption seines Lehrers Soucek über die „zweifache Eschatologie".
Das Evangelium des Markus zieht die Zwischenzeit zwischen der Auferstehung
Jesu und seiner Offenbarung in Herrlichkeit bei der Parusie
in Betracht. Markus verweist den Leser seines Evangeliums mit „dem
offenen Ende des Evangeliums auf die Begegnung mit dem auferstandenen
Jesus hin". S. 12); 3. die Frage der missionarischen Sendung
des Evangeliums, welches durch seine vielen Anklänge an das Alte
Testament eher auf eine Mission bei den Juden, denn bei den Heiden
hinweist.

Neben der Literatur, die zu einzelnen Perikopen wie auch zum
Ganzen des Evangeliums angeführt ist, ist die 2. Auflage des Buches
mit Hinweisen auf neueste Kommentare ausgestattet (P. wertet die
Kommentare auch), ebenso auf monographische Arbeiten, die die
theologischen wie auch literarischen Probleme des Markusevange-
liums betreffen.

Zum Schluß gibt Pokorny eine neue Übersetzung des Briefes von
Clemens von Alexandrien, welchen Morton Smith im Jahre 1958 entdeckte
, und wertet diesen Brief als Zeugnis für die apokryphen Zugaben
zum Markusevangelium - er weist auf die Möglichkeit hin, daß
es eine gemeinsame Quelle für Markus und Johannes gab, wenn einzelne
Perikopen in Betracht gezogen werden. - Als Ergänzung zum
Ariston-Sehluß des Evangeliums führt er die Übersetzung der sog.
Freer-Handschrift aus dem 4.-5. Jh. an. Für die praktische Benutzung
des Kommentars zeugen die vielen Hinweise auf die Hauptbegriffe des
Evangeliums, durch welche eben die Theologie des Markus gekennzeichnet
ist.

Das Buch Pokornys ist in vieler Hinsicht reich an Neuentdeckungen
. Die Hauptbedeutung aber liegt in der Umwertung der Forschung
über Markus und in dem konsequenten Bestreben, einen einheitlichen
Blick auf das gesamte Evangelium zu geben, damit so gerade durch
dieses Evangelium dauernde Impulse für die Predigt des Evangeliums
von Jesus Christus gegeben werden, wie dies zur Zeit der Urkirche
geschah.

Pezinok-Bratislava KarolGäbris

Swetnam, James, SJ: Jesus and Isaac. A Study of the Epistle to the
Hebrews in the Light ofthe Aqedah. Rome: Biblical Institute Press
1981. XII. 243 S. gr. 8" = Analecta Biblica, 94. Kart. L 16.500.

S. will die antikejüdische Wirkgeschichte von Gen 22 einer erneuten
, erhellenden Durchsicht unterziehen, um sodann den Hebräerbrief
neu als bedeutsames Dokument dieser Wirkgeschichte wahrscheinlich
zu machen, weil über die unmittelbare Bezugnahme in
Hebr 11,17-19 hinaus. In den exegetischen Studien zum Hebräerbrief
liegt das Hauptgewicht des Beitrags. Ein kurzer, instruktiver Abriß
der bisherigen Forschungsgeschichte (Chapter II, S. 4-22) zeigt, in wie
hohem Maße hier religionsgeschichtlich noch alles offen ist. Ein Einfluß
jüdischer Tradition von der Opferung Isaaks, wörtlich: seines

„Bindens", hebräisch Aqedah, zum Auftakt des Opfervorgangs
(Gen 22,9 wajjaaqod ät Jizchaq) auf das Neue Testament wird ebenso
vertreten wie sie umgekehrte Sicht. Eine erste, eingehende Studie widmet
S. dem alttestamentlichen Grundtext selbst sowie den frühjüdischen
Zeugnissen (B I The Sacrifice of Isaac in the Old Testament and
in Early Judaism, S. 23-80). Ergebnis: Die Opferung Isaaks "occupied
an important place in Jewish tradition as a source of instruetion and
inspiration" (76). Doch gilt dies nicht in ganzer Breite. Qumran ist
z. B. fast überhaupt nicht vertreten. Näherhin stellen nur wenige der
genannten Zeugnisse speziell die „Aqedah" heraus; meistens geht es
um die ganze Reihe der Glaubenserprobungen Abrahams und auch
um diese in einem breiteren, biblischen Zusammenhang. Immerhin
gjbt es gewichtige Zeugnisse für eine bereits vorchristliche, jüdische
Aqedah-Tradition im Jubiläenbuch, im pseudophilonischen Liber
Antiquitatum Biblicarum (LAB), im 4. Makkabäerbuch und bei Jose-
phus. Dabei sind verschiedene Aspekte zu unterscheiden. Einerseits
gilt Gen 22 als abschließender Höhepunkt der Glaubensbewährung
Abrahams und darin als grundlegendes Heilsereignis für Israel (vor
allem: LAB 18,5!). Sodann sieht man den Jerusalemer Kultort von
Gen 22 her göttlich legitimiert. Vor allem aber beginnt eine im engeren
Sinne soteriologische Inanspruchnahme der Aqedah, und zwar im
Zuge einer frühen, nachmakkabäisch sich bildenden Märtyrer-Theologie
(78). Eine solche ist ab 2Makk belegt, sie ist im 4Makk erstmals
mit Opferterminologie verbunden, allerdings hier nicht direkt auf die
Opferung Isaaks angewandt, wohl weil es da durch göttliches Eingreifen
nicht zum Blutvergießen kam. Nach LAB jedoch hat Gott gerade
in der Isaak-Opferung entschieden, daß das Leben eines Menschen als
Opfer annehmbar sei (dignifieavit dominum animam hominis in
sacrificium LAB 32,3). Das wird in LAB 40,2 dann an der Tochter
Jephtas dokumentiert, die nach Ri 11,30-40 einem Gelübde ihres
Vaters zum Opfer fällt: Sie folgt willig dem Beispiel Isaaks, weil sie in
Kraft des Gelübdes ihres Vaters „das Volk befreit sieht". Und zwar
legt der Kontext (LAB 32,2) unbedingt nahe, an ein sühnendes Opfer
zu denken (so S. richtig S. 540- Interessant ist zugleich, daß die vor
dem Blutvergießen abgebrochene Opferung Isaaks die eigentliche
Heilsbasis Israels bleibt: „Es wird aber meine Seligkeit über alle
Menschen (kommen), weil es nichts anderes geben wird" (LAB 32,3).
S. vermutet hier wohl zu Recht eine jüdische Abwehr urchristlicher
Inanspruchnahme der jüdischen Märtyrer-Theologie im Blick auf
Jesus (54f). Wichtiges Ergebnis: "The Aqedah first became associated
with vicarious expiation of sin through Jewis attempts to establish a
theology of martyrdom, but this association was intensified by reac-
tion to Christian Claims about Christ." (78) Das ist eine gute Ausgangsposition
für die anschließenden neutestamentlichen Studien.
Nur müßte bewußt bleiben, daß wir einer engeren Aqedah-Soterio-
logie in frühen jüdischen Zeugnissen nur ausgesprochen vereinzelt
begegnet sind und daß von ihr die breitere Tradition zu unterscheiden
ist, die Abraham als ermutigendes, verpflichtendes, zum Teil auch
heilsgeschichtlich grundlegendes Glaubensbeispiel geltend macht.
Die zweite Hauptstudie des Buches (Chapter IV: The Sacrifice of Isaac
in Hebrews 11,17-19) begnügt sich nicht mit der hier offenkundigen
Herausstellung gerade Abrahams als Glaubensbeispiel, dessen Erprobung
in der Opferung Isaacs gipfelt. Vielmehr unterstellt S. für den
Autor at Hebreos Aqedah-Soteriologie in der Paraboleaussage von
Hebr 11,19. "Abraham's offeringof Isaac in sacrifice and his reeeiving
Isaac back was a mysterious foreshadowing ofthe sacrificial death and
resurrection of Jesus." (128) Nicht nur das Zurückerhalten Isaaks
also, sondern auch schon seine Opferung soll typologisch verstanden
sein. Von daher ist es nur noch ein Schritt zu der Hypothese, der Vf.
des Hebräerbriefes sei mit seiner ungewöhnlich starken Betonung der
Sühnetod-Soteriologie generell beeinflußt von Aqedah-Traditionen.
Daß davon so gut wie gar nichts explizit wird, fordert den exegetischen
Scharfsinn des Vf. nur um so stärker heraus, wobei er davon ausgeht,
daß gerade bloße Andeutungen und Anspielungen eine den Lesern bis
ins Detail bekannte Tradition voraussetzen (97) - eine sehr gefährliche
Methode! Hauptargumente gewinnt S. dort, wo nur die Heran-