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Ausgabe:

1984

Spalte:

434-435

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Casetti, Pierre

Titel/Untertitel:

Gibt es ein Leben vor dem Tod? 1984

Rezensent:

Schmidt, Werner H.

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433

Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 6

434

3 H. Chr. Schmitt: Prophetie und Schultheologie im Deuterojesajabuch,
ZAW91, 1979, S. 43ff, und K. Kiesow; Exodustexte im Jesajabuch, OB0 24,
1979.

4 Vgl. dazu die Tabelle S. 542.

5 Vgl. 43,23-25.28a; 44,28b: 48,lba/?.2.9 bzw. 42,18.19b.21. 22a.
23.24bA-.25.

' Vgl. 42,18.19b.21.22aa.23.14bA/ 25;48,1 by.4.8.10.

7 Während 40,12-17 in der Tabelle S. 540 als deuterojesajanisch gefuhrt
wird, setzten sich S. 555 endlich die schon S. 82 und 121 f angemeldeten Bedenken
durch.

8 Ihre sich teils an M. Buber. teils an V. Christians Einsicht in den ursprünglichen
deiktischen Charakter der hebräischen Partikel ergebende Eigenart
macht das Buch nicht unbedingt anziehender.

* Bei seinen Exegesen unterstellt Merendino leider mehr oder weniger ungeprüft
und unbewiesen die Abhängigkeit der Texte von der Bundesvorstellung,
einer mit ihr zusammenhängenden Rechtsverkündigung oder dem 1. Gebot des
spätdtn. Dekalogs; vgl. z. B. S. 160f; 209; 242; 245 und 328. Was er S. 190 und
219 an die Texte begleitenden Assoziationen unterstellt, ist aus dem Wortlaut
nicht zu rechtfertigen. Als phantastisch erscheint mir die Beziehung von 41,11
S. 130 auf Israel, als problematisch die Übersetzung von sälöm in 41,3 im Anschluß
an Gerlcman mit „Vergeltung".

10 So verdient Beachtung, daß Merendino die 'al-lirä '-Formel statt von
einem priesterlichen oder prophetischen Heilsorakel vom göttlichen Zuspruch
im Jahwekrieg ableitet, vgl. S. 149 IT. Bemerkenswert ist auch seine Ansicht, daß
es sich bei den deuterojesajanischen Gerichtsreden um ad hoc geschaffene Bildungen
handelt, vgl. S. 327.

Barton, John: Amos's Oracles against the Nations. A study of Arnos
1.3-2.5. Cambridge - London - New York: Cambridge University
Press 1980. X. 83 S. 8' = Society for Old Testament Study . Mono-
graph Series, 6. Lw. £ 7.50.

Das Büchlein, eine Oxford-Dissertation (von 1974, weshalb jüngere
Sekundärliteratur fehlt), stellt die wichtige Frage, wie ein israelitischer
Profet dazu kommt, Fremdvölker ihres Verhaltens wegen mit
Unheil zu bedrohen. Welche Moral wird vom Profeten und von seinen
Hörern vorausgesetzt? B. weist die verbreitete Auffassung zurück,
daß es sich um eine spezifisch religiös begründete Ethik handele. Vielmehr
will er einen "a little fresh ground" brechen mit dem Nachweis,
daß Arnos nicht nur hinsichtlich der Völker, sondern auch bei Israel
mit einer selbstverständlichen konventionellen Moral rechnet, "a
kind ofcommonsensc morality" (S. 5).

Kap. 1 bringt psychologische Vorerwägungen über das Publikum
des Arnos. Kap. 2 bringt in Anlehnung an Clements die Ablehnung
von Deutungsmodellen wie Heilig - Krieg - Tradition oder kultprofe-
tischer Liturgie. Kap. 3 untersucht die Authentizität der einzelnen
Orakel (nach Wölfl); das Edomorakel ist wegen der vorausgesetzten
historischen Lage, das Judaorakel wegen seines geschmacklosen und
das Tyrusorakel wegen seines unspezifischen Inhalts wahrscheinlich
sekundär. Kap. 4 untersucht die jeweils historische Situation der vorausgesetzten
Greueltaten mit dem Ergebnis, daß meist keine Sicherheit
zu erlangen ist. Kap. 5 untersucht das ganze als Klimax mit Abzielung
auf Israel. Kap. 6 lehnt bisherige Thesen über die von Arnos
vorausgesetzte Ethik ab; er argumentiert weder nationalistisch noch
von einem ethischen Monotheisipus her. Kap. 7 bringt dann die Zusammenfassung
mit Bekräftigung der Ausgangsthese über die vorausgesetzten
volkstümlichen Moralbegriffe und die besondere Stellung
des Arnos. Ein Anhang behandelt (im Anschluß an den Völkerrechtler
Preiser) "International Law in the ancient Near East" mit dem einschränkenden
Ergebnis, daß zur Zeit des Arnos kein internationaler
Konsens hinsichtlich moralischer Regeln der Kriegführung aufzuweisen
ist.

So sehr es zu begrüßen ist, daß das Problem der von den Profcten
vertretenen Ethik wieder aufgeworfen wird, so bedauerlich ist, daß
form- und rcdaktionsgeschichtlichc Überlegungen fehlen, was das Ergebnis
sehr anders gestaltet hätte. Von vornherein wird vorausgesetzt,
daß Am 1.3-2,16 von Anfang an „ein zusammenhängendes Ganzes
bildet" (S. 3) mit Abzielung auf israelitische Hörer. Welche Schwierigkeiten
bei genauerer Betrachtung sich gerade hinsichtlich einer
ursprünglichen Zugehörigkeit der Israelstrophe ergeben, hat der
Rezensent anderwärts nachzuweisen versucht (K. Koch und Mitarbeiter
: Arnos, AOAT 30, 1976, Teil 2, S. 68). Ist aber das Ganze
nicht von vornherein auf einen Überraschungseffekt am Endpunkt zugeschnitten
, muß die Beurteilung der internationalen Ethik von der
innerisraelitischen getrennt werden. Weiter unterschlägt B. jede Erwägung
, warum gerade diese Völker von Arnos angeprangert werden, er
behauptet, es handele sich nur um "Israels traditional enemies"
(S. 38). Warum fehlt aber dann Ägypten, der Erzfeind von Anfang an?
Liegt es nicht doch näher, bei dem von Arnos vorausgesetzten Umfang
des Davidreiches einzusetzen (Koch ebd. 2,73f). Dafür spricht auch
die Einstufung der Völkerverbrechen als päsa' „Empörung" - ein bei
Arnos sonst seltenes Wort. So dankbar man B. sein muß, daß er das
Problem der Begründung profetischer Ethik wieder in die Debatte einbringt
, und so sehr seine Zurückweisung eines vorschnell behaupteten
Ausgangs von göttlichen Geboten zutrifft, so wenig bleibt ausgemacht,
daß Arnos nicht mehr bei seinen Zuhörern voraussetzt als eine (angelsächsische
) commonsense morality.

Hamburg Klaus Koch

Casetti, Pierre: Gibt es ein Leben vor dem Tod? Eine Auslegung von
Psalm 49. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Van-
denhoeck & Ruprecht 1982. 315 S. gr. 8' = Orbis Biblicus et Orientalis
, 44.

Die Arbeit, eine Dissertation an der Theologischen Fakultät der
Universität Fribourg/Schweiz, nimmt schon durch das Vorwort den
Leser für sich ein, weil sie ihm von vornherein deutlich sagt, was ihn
erwartet: „Man findet hier jene obligate .Objektivität', die sich nur
mehr um den Preis der Verbannung des (schreibenden und folglich
auch lesenden) Subjektes und seiner Probleme erkaufen läßt,. . .jene
breit ausufernden Materialschlachten, . . . jene mikrochirurgischen
Sezierübungen . . „jene epische Breite" (11) - wie sie in literaturwissenschaftlichen
Studien notwendig zu sein scheinen. Da das Ganze
nicht ohne Ironie vorgetragen wird und die Einzelheiten gründlich wie
umsichtig erörtert werden, liest man das niveauvolle Buch trotz seiner
Langatmigkeit nicht ungern, jedenfalls mit.Gewinn.1

Dissertationen pflegen zwei Eigenarten zu haben: Zum einen streben
sie ein - die Lektüre erschwerendes - Vollständigkeitsideäl an,
zum andern zeigen sie nicht selten eine Sicherheit im Urteil, die noch
nicht von Zweifeln angekränkelt ist, wie zuverlässig und allgemein
überzeugend die angesichts eines unsicheren und umstrittenen Textes
getroffenen Entscheidungen wohl sind.

C. betont allerdings „die Dunkelheit dieses Gedichts" (17), „die
Härte der Sprache" (21), so daß die Auslegung „als ein ständiges
Lavieren zwischen der Skylla der .Textherstellung' und der Charybdis
der .Textaulblähung'" erscheint (20). Ob C. dabei in der Regel die
wahrscheinlichere Entscheidung lallt, ist eine Ermessensfrage, die der
einzelne Ausleger gewiß unterschiedlich beantwortet. - Wird die Einleitung
des Psalms (V 2-5) einheitlich abgegrenzt, so ist die Gliederung
des Hauptteils (V 6-21) um so umstrittener. Q sieht (etwa gegen
H. Gunkel) in V 13.21 einen Kehrvers und erkennt V 6-10.16-20 als
zwei parallel gebaute Strophen (24IT. 251), die nachträglich den älteren
pessimistischen „Grundpsalm" mit Kehrvers V 11-15.21 umrahmen
. Obwohl „beide Teile des Psalmes so aufeinander abgestimmt"
sind, „daß direkte Widersprüche nicht festzustellen sind" (32), wird
diese „literarkritische Scheidung . . . der . .. Auslegung zugrunde gelegt
und damit auch stets in ihr vorausgesetzt" (34).

„Im Grundpsalm war zunächst der faktische Tod des Weisen festgestellt
worden. Daraus hatte man Schritt für Schritt auf die Zerstörung
des Tun-Ergchen-Zusammenhangcs, auf die Untätigkeit Gottes
und damit auf den Zusammenbruch der Intclligibilität der Wirklichkeit
schließen müssen. Demgegenüber setzen die Erweiterungen
(V 6fT) an beim denkbaren Überleben der Sünder" (184; vgl. 167). So