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Ausgabe:

1984

Spalte:

368-370

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Die Lehrentwicklung im Rahmen der Katholizität 1984

Rezensent:

Rogge, Joachim

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367

Theologische Literaturzeilung 109. Jahrgang 1984 Nr. 5

368

lieh in der BRD als ein „politisch verdächtiger .Linksprotestant'",
dessen „dienstliche Post. . . von bundesdeutschen Behörden überprüft
wurde". Ist er das nach seiner eigenen Einschätzung tatsächlich
gewesen oder hat man ihm das lediglich nachgesagt? Wie hat das die
von ihm geleitete Kirche aufgefaßt? Auf S. 155 ist von einer „geradezu
freundschaftlichen Partnerschaft" zwischen Wunderlich und dem
DDR-Staatssekretär für Kirchenfragen Hans Seigewasser die Rede
(Wunderlich selbst hat häufig von seinem „Freund" Seigewasser gesprochen
). Was war für ihn die Basis und der Hintergrund dieses in
den fünfziger und sechziger Jahren doch alles andere als selbstverständlichen
Verhältnisses zwischen einem in der BRD lebenden
Bischof und einem Regierungsmitglied der DDR? Beruhte dies wirklich
lediglich auf einer beiderseitigen Affinität, wie das die auf S. 148
und 155f wiedergegebenen Erlebnisse vermuten lassen könnten? Auf
S. 78 wird berichtet, daß sich Wunderlich 1933-1934 nicht an den Bemühungen
beteiligte, die deutschen Freikirchen irgendwie zu vereinigen
. Nach S. 59 hatte er jedoch bereits in den zwanziger Jahren ein
gutes Verhältnis zur Ev. Gemeinschaft (zu den anderen Kirchen der
Vereinigung Ev. Freikirchen nicht?). Warum hat sich Wunderlich an
den Vereinigungsbemühungen von 1933/34 nicht beteiligt? War er an
denjenigen zwischen der Methodistenkirche und der Ev. Gemeinschaft
in den Jahren 1939-1941 beteiligt und wenn ja, wie? Wie denkt
er heute über die auf amerikanische Initiativen zustandegekommene
Vereinigung dieser Kirchen im Jahre 1968, an der er schließlich selber
kräftig mitgewirkt hat? Und wie denkt er über einen irgendwie gearteten
Anschluß der Ev.-method. Kirche an die Landeskirchen, von dem
Wunderlichs Vorgänger im Bischofsamt nach S. 56 bereits 1922 geträumt
habe (und für den damals auch schon Bischof Nuelsen eingetreten
ist)? Warum hat er in dem Sammelband Ristow/Burgert,
„Konfession und Ökumene" und bei anderen Gelegenheiten eine
andere Stellung eingenommen?

Für das rechte Verständnis der Ev.-method. Kirche in der DDR und
der BRD wäre eine authentische Beantwortung dieser und ähnlicher
Fragen sehr wichtig. Leider findet man aber bestenfalls zu dem einen
oder anderen Thema einige Ansichten Voigts, der von Wunderlich
sehr beeinflußt sefn mag, aber eben nicht Wunderlich ist.

Noch einige Anmerkungen zu Voigts Umgang mit dem ihm von
Wunderlich zur Verfügung gestellten Stoff, mit den Geschichten und
Berichten also. Auf S. 80ff gibt er wieder, was ihm Wunderlich über
seine Erlebnisse mit Juden während der Zeit des Dritten Reichs erzählt
hat, unreflektiert und unkritisch. Hätte er sich wenigstens einmal
mit den unterschiedlichen Phasen in der NS-Judenpolitik befaßt,
hätte er Wunderlichs „Fluchthilfe" für Pfarrer Moser und dem ihr folgenden
Seelsorgedienst an einigen Gliedern der judenchristlichen
Jerusalemgemeinde in Hamburg sowie die Geschichte von Frau Wit-
grefe mit Sicherheit anders eingeordnet, betont, bewertet, zumal
Wunderlich nach seinen eigenen (im Buch nicht auffindbaren) Worten
noch während seiner Militärzeit in Frankreich nicht gewußt hat,
daß Juden in Konzentrationslager verbracht und dort ermordet wurden
. Man sucht auch vergeblich nach einem Hinweis auf das weitere
Schicksal der Frau Witgrefe nach 1939, dem Jahr der Berufung Wunderlichs
zum Dozenten an das Theol. Seminar der Methodistenkirche
in Frankfurt am Main. War sie vielleicht jene einzige Jüdin, die
1940/41 in Hamburg der Methodistenkirche angehörte, zu dieser Zeit
von ihrer Kirche aufgefordert wurde, sich von der Gemeinde zurückzuziehen
und die man dann ihrem Schicksal überlassen hat, überlassen
mußte? Wunderlich muß von diesen Vorgängen gehört haben.
Was hat er damals über sie gedacht und über die Rassen-, Nationalitäten
- und Ideologienfrage überhaupt? Eine kritische und reflektierende
Auseinandersetzung mit Wunderlichs Berichten hätte schon im
Vorfeld des Buches zu solchen und ähnlichen Fragen führen und
Wunderlich zu weiteren Antworten inspirieren können. Dem Buch
hätte das gut getan.

Laut Titel wollte Voigt den 1896 geborenen Bischof als „Brückenbauer
Gottes" beschreiben. Hätte er das getan, hätte eine passable
Darstellung herauskommen können. Offensichtlich soll der Untertitel

aber gar nicht konzeptionell verslanden werden, sondern lediglich an
Wunderlichs Buch "Methodisl's linking two continents" erinnern,
das 1963 unter dem Titel „Brückenbauer Gottes" deutsch erschienen
ist. Die biographische Bewältigung von Friedrich Wunderlichs Leben
hat mit Voigts Buch begonnen. Weitergeführt könnte sie die zeit- und
kirchengeschichtliche Forschung ebenso bereichern wie beispielsweise
Visser 't Hoofts „Die Welt war meine Gemeinde" oder Hermann
Diems „Ja oder Nein". Beides sind jedoch Selbstbiographien,
und ich weiß nicht, ob man von Friedrich Wunderlich noch eine
solche erwarten darf. Wünschen würde man sie sich.

Werdau Karl Zehrer

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Dogmen- und Theologiegeschichte

Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte. Hrsg. von Carl
Andresen. Band'l: Die Lehrentwicklung im Rahmen der Katho-
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denhoeck & Ruprecht 1982, XVI, 754 S. gr. 8* Lw. DM 220,-.

Das Gesamtwerk war bereits anläßlich des zuerst erschienenen
2. Bandes (1980) soweit vorgestellt worden, wie das wegen der präzisen
Ankündigung durch den Herausgeber geraten schien (s.
ThLZ 107, 1982 Sp. 529-533). Auf damals Gesagtes wird ausdrücklich
verwiesen, zumal Herausgeber und Mitarbeiter kontinuierlich
und konsequent dem gefolgt sind, was in Aussicht gestellt worden war.
Realisiert wurde auch die „Absicht schneller Durchführung" (a. a. O.,