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Ausgabe:

1984

Spalte:

13-14

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft, 15 1984

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 1

14

stattlichen Kranz zusammen, der von der ökumenischen Gemeinschaft
der Autoren dem unermüdlich tätigen Jubilar überreicht wird.
Sie nehmen an vielen Stellen das Gespräch mit ihm auf und werden
gewiß weitgehend auch seine Zustimmung mit der Ermutigung finden
, im Bedenken der Frage nach der Einheit in der Vielfalt neutesta-
mentlicher Theologie nicht nachzulassen.

Hannover Eduard Lohse

Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft,

15. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag 1982. 176 S.gr. 8*.

Wieder gibt dieser Sammelband Einblicke in das Leben der Cusanus
-Gesellschaft, bringt Forschungsbeiträge und die Fortführung der
Cusanus-Bibliographie.

Aus dem Leben der Gesellschaft ist zu berichten, daß 1980 das
erneuerte Geburtshaus des Nikolaus von Kues (NvK) als Gedächtnisstätte
eingeweiht werden konnte. 1981 siedelte endgültig das Institut
fürCusanus-Forschung von Mainz nach Trier um, in die unmittelbare
Heimat des NvK, der sich selbst auch Nicolaus Treverensis genannt
hat.

In den Beiträgen aus der Forschung berichtet R. Haubst über
„Aktuelles aus der Cusanus-Forschung" (29-42). Er will vor allem
aus theologischer Sicht „die Gesamtentwicklung des Interesses an
dessen Ideen von seinem Tod bis heute überschaubar machen". Die
Wirkungsgeschichte des NvK (wäre dies nicht ein geeignetes Thema
für ein späteres Symposion?) beginnt vor allem in Italien (Marsilio
Ficino, Pico), springt nach Frankreich über (Faber) und kommt
schließlich nach Deutschland. NvK wollte die gesamte Wirklichkeit
von Gott, Welt und Mensch ganzheitlich verstehen. Diese Ganzheit
ist unter denen, die sich auf ihn berufen haben, nicht gewahrt worden.
Vor allem die fundamentale Umwandlung des ptolemäischen Weltbildes
geht auf ihn (De doct. ign. II, 11 und 12) zurück, denn seine
Überlegung, daß die Erde nicht der unbewegliche Weltmittelpunkt ist,
sondern sich bewegt, ist vor allem von G. Bruno zur Verteidigung der
kopernikanischen Lehre - aber eben nicht in ihrem-Zusammenhang -
vorgebracht worden. Im 18. Jahrhundert galt NvK als Vorläufer der
Moderne, die Aufklärung wurde von De pace fidei fasziniert (Semler,
Lessing). Im 19. Jahrhundert wurde sein Einsatz für die Erneuerung
des kirchlichen Lebens ins Licht gerückt. Nach dem I. Weltkrieg
begann mit der ersten repräsentativen Gesamtdarstellung von Leben
und Werk des NvK durch E. Vansteenberghe eine Cusanus-Renais-
sance, die noch immer anhält - sowohl auf philosophischem (u. a.
Cassirer, Jaspers) wie auf theologischem Gebiet. In dieser Zeit begann
man, seine Werke kritisch zu edieren (E. Hoffinann, R. Klibansky),
neuerdings auch Acta Cusana (E. Meuthen, H. Hallauer) herauszubringen
. Gegenwärtig wird vor allem an der Edition seiner ca. 300
Predigten intensiv gearbeitet.

Die vier Symposia der Cusanus-Gesellschaft haben vor allem die
Aktualität seiner Gedanken deutlich machen wollen (1970, vgl.
ThLZ99, 1974 Sp. 122-124; 1973, vgl. ThLZ 102, 1977
Sp. 518-520; 1977, vgl. ThLZ 106, 1981 Sp. 74-77; 1982 über „Der
Friede unter den Religionen nach NvK"). NvK hat sein Wirken, seine
Verkündigung als „manuductio in mysterium" verstanden. Sein
Kirchenbild hat das Vaticanum secundum sich weithin zu eigen
gemacht, nämlich die dynamische Gliederung der Gesamtkirche mit
gewisser Eigenständigkeit der Riten und seinen Vorschlag eines
beständigen kleinen Konzils mit den Bischofssynoden.

H. Hai lauer setzt sein kritisches Verzeichnis der Londoner Handschriften
aus dem Besitz des NvK fort (43-56).

E. Colomer weist nach, daß Heymcric NvK neben wichtigen
Anstößen zum Koinzidenzgedanken die dynamische Grundaufias-
sungen Alberls des Großen bzw. R. Lulls Gedanken vom kreatür-
lichen Sein und von der Vollendung des Universums in Christus verlebendigt
und so sein Denken frühzeitig auf eine christlich-platonische
Denkrichtung geführt hat (70).

J. Frank legt den Aufsatz „NvK und das Wiener Dominikanerkloster
in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts" vor (71-80). Die
Wiener Dominikaner interessierte, wie NvK in Nürnberg den Streit
zwischen der Pfarrgeistlichkeit und den Mendikanten beizulegen versucht
hat bzw. seine Ansprache als päpstlicher Legat in Wien.

R. Laufner stellt „Eine Kurzbiographie des NvK um 1550" vor,
vergleicht sie mit seiner Vita von 1449 und ediert sie (81-85).

G. Schmitt schreibt über „Das Cusanus-Wappen in den Deckenmalereien
der Basilika St. Wendelin in St. Wendel" (86-91), in der
NvK Pfarrer war.

K. Kremer beschäftigt sich mit „Identität und Differenz. Zu dem
gleichnamigen Buch von Werner Beierwaltes" (92-103). Im platonisch
-neuplatonischen Denken ist „Identität und Differenz" thematisiert
worden. NvK hat den trinitarischen Gott als das erste Prinzip ohne
alle Andersheit gedacht, Gott ist für ihn über aller Differenz und Verschiedenheit
. Kein innerweltlich Seiendes ist, was es sein kann, aber
Gott ist, was er sein kann, nämlich alles, was überhaupt sein kann.

E. Wyller befaßt sich mit „Identität und Kontradiktion. Ein Weg
zu Cusanus' Unendlichkeitsidee" (104-120). Er will von modernen
Wissenschaftstheorien her die bleibende Bedeutung der cusanischen
Coincidentiaoppositorum im Absoluten darstellen.

A. Kaiser hat die lang erwartete 4. Fortsetzung der Cusanus-
Bibliographie mit Ergänzungen (1972-1982) erarbeitet. Er führt 386
Nummern auf. Mit großem Fleiß ist zusammengetragen, was innerhalb
von zehn Jahren über NvK veröffentlicht worden ist, wobei
bloße Erwähnungen von NvK nicht berücksichtigt werden. Rez. fällt
auf, daß leider einige marxistische Arbeiten, die er z. T. in MFCG 14,
206-218 vorgestellt hat, nicht aufgeführt sind. Die Bibliographie
müßte ergänzt werden um folgende Beiträge: H. Ley, Geschichte der
Aufklärung und des Atheismus, Band 2/2, Berlin 1971, 409-439;
U. Hedtke, Coincidentia oppositorum oder die verweltlichte Unendlichkeit
. Dialektik und Systemdenken bei Nikolaus von Kues, in:

H. Bergmann / U. Hedtke / P. Rüben / C. Warnke, Dialektik und
Systemdenken. Historische Aspekte (Akademie der Wissenschaften
der DDR, Zentralinstitut für Philosophie: Schriften zur Philosophie
und ihrer Geschichte, 10), Berlin 1977, 19-54; B. Töpfer, Die Reichsreformvorschläge
des Nikolaus von Kues, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
1965, 617-637; E. Hühns, Theorie und Praxis der
Reichsreformbewegung des 15. Jahrhunderts. Nikolaus von Cues, Die
Reformatio Sigismundi und Berthold von Henneberg, Wiss. Zeitschrift
Berlin, GSR, 1, 1951/52, 17-34.

Den Band beschließen Besprechungen; für den Rez. sind Vergleiche
mit eigenen Besprechungen in dieser Zeitschrift von besonderem
Reiz.

Auf Berichte regionaler Cusanus-Gemeinschaften außerhalb des
deutschen Sprachgebiets (Japan, USA, Skandinavien) sei noch hingewiesen
(13-15); sie erweisen wieder die Vielfalt der Forschung über
NvK.

*

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Greinacher, Norbert: Im Angesicht meiner Feinde - Mahl des Friedens
. Zur politischen Dimension des Herrenmahls. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1982. 80 S. kl. 8". Kart.
DM 9,80.

Der bekannte Tübinger katholische Ordinarius für Praktische
Theologie legt in diesem Heft eine überarbeitete und erweiterte
Fassung seines Vortrags auf dem Hamburger Kirchentag 1981 vor. In
14 Abschnitten entfaltet er darin das „Herrenmahl als politische
Wirklichkeit" (13), als „öffentliche Erinnerung an die Freiheit Jesu in
dem System unserer Gesellschaft" (36, im Anschluß an Gedanken
von J. B. Metz). Das Herrenmahl und der Gottesdienst überhaupt als
Fest und Feier werden mißbraucht, wenn hier nicht „Motivation zu
politischem Handeln" entspringt (53). Das Herrenmahl als Mahl des
Friedens bedeutet nicht „Friedhofsruhe, sondern Auseinandersetzung