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1984

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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Theologische Literalurzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 4

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Rücksicht nötig. Jede Teilkirche muß bedenken, welche Auswirkungen
ihre Praxis auf die Nachbarkirchen hat. Von daher widerspricht es
oekumenischer Rechtsweisung, wenn Trennendes noch betont
wird. Nötig ist, Gemeinsames zu fördern und Übernehmbares zu erproben
. Zwischenkirchliche Hilfen und missionarische Unterstützung
für andere Kirchen sind keine verzichtbaren Sonderunternehmungen,
sondern Pflichten jeder Kirche. Für die Vertiefung der Grundlagen
des Kirchenrechts und die kirchenrechtliche Annäherung zwischen
den Kirchen hat die Arbeit der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung
beim Oekumenischen Rat der Kirchen erhebliche Bedeutung
. Ihre Studie über Oekumenische Bewegung und Kirchenrecht
kann Ausgangspunkt für die Gewinnung eines weiterführenden
Konsens werden. Die Kirchen sollten sich stärker bemühen, ihre
Suche nach der Einheit auch kirchenrcchtlich stärker zu gestalten.
Entsprechende Vereinbarungen könnten als zwischenkirchliches Vertragsrecht
im Raum der Oekumene gestaltet werden. Solche rechtlichen
Möglichkeiten sollten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
vielseitiger genutzt werden können. Die Mobilität moderner Lebensformen
mit ihren vielfältigen Begegnungen macht es dringlich, zwischen
den Kirchen ein in gegenseitiger Anerkennung geübtes Miteinander
auf das Ziel einer von Reibungen und Mißverständnissen möglichst
befreiten Nachbarschaft hin zu ordnen. Eine hervorgehobene Bedeutung
hat dabei das Mischehenrecht, das weniger der Wahrung eigenen
konfessionellen Besitzstandes als mehr der Ermutigung zur Einigkeit
im Glauben dienen sollte (S. 176fl"und auch 51,58,66,149).

Albert Stein ist es gelungen, von einem durchgängig oekumenischen
Ansatz bis in die praktischen Einzelfragen ev. Kirchenrechts der Kirchen
im deutschsprachigen Raum zu gelangen. Trotz unterschiedlicher
Herausforderungen und Gegebenheiten, in denen die Kirchen
jeweils stehen und in denen sie ihre selbständigen Entscheidungen
treffen müssen, zeichnet sich zugleich die Notwendigkeit eines oekumenischen
Gedankenaustausches über das ev. Kirchenrecht dieser in
Sprache, Bekenntnis und gemeindlicher Lebensform verwandten
deutschsprachigen ev. Kirchen ab. Für diesen Anstoß ist dem Verfasser
sehr zu danken. In der Weiterarbeit an seinem Lernbuch in diesem
Horizont wünschten wir uns die Aufarbeitung einzelner Ungenauig-
keiten sowie Ergänzungen über die ev. Kirchen in der DDR. So zum
Arbeitsvertragsrecht kirchlicher Mitarbeiter, den rechtlichen Möglichkeiten
für auf Lebenszeit angestellte kirchliche Mitarbeiter, die
nicht Pfarrer sind (S. 124) und die Mitarbeit der ev. Kirchen der DDR
im Oekumenischen Rat (S. 180). Hilfreich wäre es, die religiöse
Unterweisung an Kindern und überhaupt die kirchliche Jugendarbeit
noch deutlicher als Auftrag der Gemeinde zu bedenken (S. 1600- Im
Rahmen seiner Abhandlung über die Werke wäre eine Stellungnahme
zu den Rechten und Pflichten der diakonischen Arbeit in der Kirche
als einer ihrer wirksamsten Formen des Zeugnisses und Dienstes heute
von Interesse (S. 157).

Kurzum, wir hoffen auf weitere Anregungen durch Albert Stein und
wünschen, daß sein Lernbuch evangelischen Kirchenrechts auch in
den ev. Kirchen in der DDR vielen Anregung und Hilfe sein kann!

Potsdam Manfred Stolpe

Huizing, Peter: Rechtsschutz und Verwaltungsgerichtsbarkeit im Codex Iuris
Canonici(ThPQ 163,1983 S. 211-222).

Mühlsteiger, Johannes: Rezeption - Inkulturation - Selbstbestimmung.
Überlegungen zum Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Gemeinschaften
(ZKTh 105,1983 S. 261-289).

Puza, Richard: Strömungen und Tendenzen im neuen Kirchenrecht
(ThPQ 163, 1983 S. 161-178).

-: Zur Stellung der Frau im alten und neuen Kirchenrecht (ThPQ 163, 1983
S. 109-122).

Schwarz, Jürgen: Die diplomatischen Beziehungen des Hl. Stuhls (StZ 108,
1983 S. 635-643).

Schwendenwein, Hugo: Das neue kirchliche Eherecht und seine pastoralen
Auswirkungen (ThPQ 163,1983 S. 200-211). '

Sobanski, Remigiusz: Rechtstheologische Vorüberlegungen zum neuen
kirchlichen Gesetzbuch (ThPQ 163,1983 S. 178-188).

Ökumenik: Allgemeines

Fries, Heinrich, u. Karl Kahner: Einigung der Kirchen - reale Möglichkeit
. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1983. 156 S. 8' = Quae-
stiones Disputatae, 100. Kart. DM 26,80.

Thema und Inhalt des 100. Bandes der von K. Rahner und H.
Schlier (t) herausgegebenen Quaestiones Disputatae entsprechen voll
der Bedeutung eines solchen Jubiläumsbandes. Offenbar von Rahner
angeregt, bei dem die positive Erörterung der Frage nach der Einigung
der Kirchen als einer realen Möglichkeit bereits ihre Geschichte hat,
fand das Thema in H. Fries einen kongenialen Mitbearbeiter und so
seine bislang ausführlichste und wohl appellierendste Form der Darstellung
.

Duktus und Klang der Ausführungen sind stark geprägt von bestimmten
Voraussetzungen, die genannt sein wollen, auch wenn sie
nur in der Einführung des Bandes zum Ausdruck kommen. Es ist das
vor allem die Überzeugung, daß angesichts skeptizistischer und
atheistischer Strömungen in der Welt von heute die ökumenische
Aufgabe „eine dringende Existenzfrage für das Christentum und die
Kirchen geworden ist" (S. 9). Sie besitzt somit „eine der höchsten
Prioritäten" überhaupt für die Arbeit der Kirchen (S. 13). Diese
äußerste Dringlichkeit der ökumenischen Aufgabe wird herausgestellt
in bewußtem Gegenzug zu einem Ökumenismus der beschwörenden
Worte, der Geduldsforderungen und der taktierenden Vorsicht. „Kein
Aufschub!" - Das ist mit den Worten der Würzburger Synode (1974)
der Überzeugungs- und Stimmungshintergrund. Er setzt in der Substanz
bereits die wohl wichtigste der nachfolgenden Überlegungen
(These II) frei, in der es u. a. darum gehen wird, wie in wichtigen geschichtlichen
Augenblicken Entscheidungen getroffen werden müssen
, bevor ihre Berechtigung rundherum erwiesen werden kann.

Auf diesem Hintergrund wird dann die Einigung der Kirchen nicht
einfach als (bereits gegebene) Möglichkeit beschrieben, wohl aber -
und diese Nuance ist wichtig! - die (durchaus erfüllbaren) „Bedingungen
einer realen Möglichkeit" (S. 15; 155)benannt.

Das geschieht in den folgenden, hier verkürzt wiedergegebenen
8 Thesen, deren Kommentare jeweils von einem der Autoren verfaßt
sind, aber von beiden getragen werden:

/. Die „Grundwahrheiten des Christentums", wie sie vor allem im
Bekenntnis von Nicäa und Konstantinopel zusammengefaßt sind,
müssen „für alle Teilkirchen der künftig einen Kirche verpflichtend"
sein.

//. Darüber hinaus kann kein Dogma einer Teilkirche für die anderen
Teilkirchen verpflichtend gemacht werden. Vielmehr gilt hier nur der
Grundsatz: „In keiner Teilkirche darf dezidiert und bekenntnismäßig
ein Satz verworfen werden, der in einer anderen Teilkirche ein verpflichtendes
Dogma ist."

///. Die eine Kirche bildet sich aus Teilkirchen, die weitgehend ihre
„bisherigen Strukturen", ihre liturgische und theologische Eigenständigkeit
„beibehalten" und „auch auf demselben Territorium weiterbestehen
" können.

IV. a: „Alle Teilkirchen erkennen Sinn und Recht des Petrusdienstes
des römischen Papstes als konkreten Garanten der Einheit der Kirche
an."

IV. b: Der Papst „anerkennt" und „respektiert" die „Eigenständigkeit
der Teilkirchen" und erklärt, seine oberste Lehrvollmacht in solcher
Weise zu gebrauchen, „die juristisch und sachlich" der Lehrausübung
durch ein „allgemeines Konzil der ganzen Kirche entspricht
".

V. „Alle Teilkirchen haben nach alter Überlieferung Bischöfe an der
Spitze ihrer größeren Untergliederungen", wobei die Bischofswahl
auch auf andere Weise als durch die freie Wahl des Papstes geschehen
kann.

VI. „Die Teilkirchen leben in einem gegenseitigen brüderlichen Austausch
in allen ihren Lebensdimensionen."

VII. Ohne über „die theologische Legitimität" des in der Vergangen-