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Ausgabe:

1984

Spalte:

302-303

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Hartung, Marianne

Titel/Untertitel:

Sozialpädagogische Beratung in der Gemeinde 1984

Rezensent:

Haustein, Manfred

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 4

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gehört, als Predigtgrundlage dienen? Natürlich besteht dann die Gefahr
, daß das Eigengewicht der älteren Erzählung in V. 1-14 zu wenig
beachtet wird, und insofern ist der Einwand des Vf. allerdings ernstzunehmen
.

Sehr viel schwerer ist die Frage zu beantworten, ob die Zuordnung
der Texte zum Proprium des jeweiligen Sonntags oder Festes sachgemäß
ist. Freilich ist bei dieser Frage auch das Spektrum vertretbarer
Antworten breiter als bei der Frage der Abgrenzung. So fällt denn
auch die Bilanz des Vf. hier deutlich positiver aus. Bei knapp 70 Prozent
der Texte hält er deren Zuordnung zum Tagesproprium für vertretbar
. Jedoch erhebt sich hier eine Frage von besonderem Gewicht,
nämlich die nach der Berechtigung einer christologischen Deutung
alttestamentlicher Texte. Eine solche wird ja vor allem dann impliziert
, wenn derartige Texte den speziell auf Christus bezogenen Festen
und Zeiten des Kirchenjahres, wie Weihnachten, Passion oder Ostern,
zugeordnet sind. Dagegen erhebt der Vf. grundsätzliche Bedenken.
Insbesondere hält er es für ungerechtfertigt, das traditionelle Weis-
sagung-Erfüllung-Schema zu übernehmen, und betont stattdessen,
daß die etwa in prophetischen Stücken ausgesprochenen Hoffnungen
in Christus noch gar nicht so erfüllt worden sind, wie es deren Autoren
selbst vor Augen stand. Diese Bedenken haben zweifellos ihr Recht.
Es kann unter keinen Umständen die Aufgabe des heutigen Predigers
sein, alttestamentliche Texte unbesehen mit Hilfe neutestamentlicher
Aussagen und Vorstellungen oder unter Zugrundelegung dogmatischer
Kategorien zu interpretieren und damit ihres Eigengewichts
zu berauben. Eine Übernahme alttestamentlicher Aussagen durch den
Christen, die nicht der Tatsache Rechnung trägt, daß die beiden
Testamente in einer logisch nicht auflösbaren Spannung zueinander
stehen, ist unsachgemäß. Allerdings ist zu bezweifeln, ob damit schon
das letzte Wort über eine christologische Deutung des Alten Testaments
gesprochen ist. Hierzu bedürfte es doch noch gründlicherer Reflexionen
über die Rolle des Alten Testaments als Teil der christlichen
Bibel und über das gegenseitige Verhältnis der Testamente. U. a.
müßte auch noch genauer geklärt werden, was denn im Neuen Testament
unter Erfüllung des Alten Testaments zu verstehen ist. Der Vf.
legt die Verkündigung des letzteren doch wohl zu einseitig auf die
Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese fest. Dennoch sei ausdrücklich
betont, daß seine Bedenken im Blick auf die kirchliche
Praxis, in der die Ergebnisse der Exegese oft genug sträflich mißachtet
werden, durchaus ihre Berechtigung haben.

Aufs ganze gesehen hat der Vf. also eine sehr nützliche und dankenswerte
Arbeit geleistet. Sie hätte sicher noch an Gewicht gewonnen
, wenn er auch die Frage gestellt hätte, ob denn die Auswahl der
Texte insgesamt den Intentionen des Alten Testaments entspricht. Es
fällt ja vor allem auf, daß die prophetische Unheilsbotschaft nur eine
ganz geringe Rolle spielt. Ein Grund dafür ist wohl die Zuordnung der
Predigttexte zum jeweiligen Tagesproprium. Aber tritt auf diese
Weise nicht auch eine Überfremdung des Alten Testaments ein? Doch
hätte eine Erörterung dieser Frage wohl den Rahmen der ohnehin
schon recht umfänglichen Arbeit gesprengt. Es ist jedenfalls zu wünschen
, daß die vom Vf. gewonnenen Ergebnisse die ihnen gebührende
Beachtung finden und zu weiterer Diskussion über die kirchliche Verkündigung
des Alten Testamentsanregen.

Leipzig Joachim Conrad

' Es handelt sich um die Druckfassung einer 1978 in Erlangen eingereichten
Magisterarbeit.

Breit, Herbert: Politik in der Predigt - politische Predigt? (KuD 29, 1983
S. 306-322).

»enecke, Axel: Die Predigt im Advent (ZOP 1,1983 H. 6S. 10-14).

Gottesdienstpraxis. 6 Pcrikopenreihe. Bd. I: I Sonntag im Advent bis
Okuli. Gütersloh: Gütersloher Vcrlagshaus Gerd Mohn 1983. 155 S. 8" ■ Gottesdienstpraxis
. Serie A: Arbeitshilfen lür die Gottesdienste zu den Sonn- und
Feiertagendes Kirchenjahres. Kart. DM 19,80.

Horn, Andreas: Der Text und sein PrcdigcrIZdZ 37. 1983 S. 253-257).

Krauss, Meinold [Hrsg.]: Predigten über die Kirche. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1983. 122 S. 8" = Dienst am Wort, 44. Kart. DM 19,80.'

Kugler, Georg: Die Wahrheit und die Richtigkeiten. Über eindeutiges Reden
(ZGP 1,1983 H. 5 S. 9-16).

Müller-Schwefe, Hans-Rudolf: Was heißt, heute sich an der Bibel orientieren
? Hamburger Universitäts-Predigten. Kassel: Stauda 1983. 215 S. 8'. Kart.
DM 24,-.

Nitschke, Horst [Hrsg.]: Weihnachten - Jahreswechsel. Predigten - Meditationen
- Gottesdienste - Erzählungen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1983. 161 S. 8'= Gottesdienstpraxis. Serie B: Arbeitshilfen für die
Gottesdienste zu den Festzeiten und Kasualien. Kart. DM 19,80.

Nitschke, Horst [Hrsg.]: Worte zu Psalmen. Predigten, Meditationen, Gottesdienste
. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1983. 128 S. 8' Kart.
DM 19,80. •

Sauer, Gert: Vom Zorn Gottes - eine tiefenpsychologische Textauslegung
(WzM 35, 1983 S. 423-428).

Praktische Theologie: Diakonik

Härtung, Marianne: Sozialpädagogische Beratung in der Gemeinde.

Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer 1983. 131 S. m.
8 Abb. gr. 8° = Praktische Wissenschaft: Kirchengemeinde. Kart.
DM 26,-.

Die Verfasserin, Pastoralreferentin in der Diözese Fulda, setzt sich
in der Einleitung und dem einführenden ersten Hauptkapitel ihres
Buches angesichts eines außerordentlich großen Beratungsbedarfs mit
der Beratungssituation in der Bundesrepublik Deutschland auseinander
, wobei die Analyse den gesellschaftlichen und kirchlichen
Bereich gleichermaßen betrifft. Die vielfaltigen Einrichtungen professioneller
Beratung seien „nach einer anfänglichen Euphorie" (9) „inzwischen
ins Schußfeld der Kritik geraten" (10), der sich Vfh. deutlich
anschließt. Dabei geht es nicht um einen Generalangriff auf die professionelle
, institutionalisierte Beratungsarbeit überhaupt - ihre Erforderlichkeit
bleibt unbestritten -, aber um den differenzierten Aufweis
bestimmter Grenzen und Schwächen, die zu komplementären
diakonischen Strategien herausfordern.

„Die Kritik am gegenwärtigen Angebot von Beratungseinrichtungen
" (2.2 S. 14-17) betrifft u. a. folgende Aspekte: Von dem traditionellen
Beratungsansatz als Krisenintervention her sei „prophylaktische
Arbeit unmöglich" (15). Die „Komm-Struktur" der Beratungsinstitutionen
setze ein hohes Maß an Eigeninitiative voraus, das viele
hilfsbedürftige, mit Problemen beladene Menschen gerade nicht aufbrächten
. Sie wirke insofern als eine Schranke. Die Beratungsmethoden
seien durchweg „mittelschichtorientiert", weil sie „die verbale
Kommunikation in den Mittelpunkt des Beratungsprozesses" stellten
und dem „stark aktionistisch ausgeprägten Problemlöseverhalten"
etwa der Arbeiterschaft widersprächen. (16) „Das Vorgehen nach dem
medizinischen Modell" (16) führe zu einer „Individualisierung des
Ratsuchenden" (17), wobei der soziale und gesellschaftliche Kontext,
von dem die Probleme mitverursacht wurden, weitgehend ausgeblendet
bleibe.

Vfn. referiert sodann (S. 18-28) mit offensichtlicher Sympathie
„das Konzept der sozialpädagogischen Beratung", von Frommann,
Schramm und Thiersch entwickelt, als Alternative zum traditionellen
Beratungssystem. Als signifikante Merkmale des sozialpädagogischen
Konzepts werden u. a. herausgestellt: Präventive Beratung, Gehstruktur
, Einbeziehung gesellschaftlicher und umweltbedingter Faktoren
als Ursachen für Konflikte, wäs in die Konsequenz der „Partizipation
", d. h. in „parteinehmende Praxis, solidarisches Handeln" mit
dem Ziel der Veränderung der Lebenswelt, mündet. (19) Zwei Modelle
solcher Beratungspraxis werden referiert.

Die Zielstellung der Vfn. läuft auf eine praktische Rezeption der
Methodik sozialpädagogischcr Beratung sowie von Erfahrungen der
„Gemeinwesenarbeit" (68) durch die Gemeindediakonie hinaus.
Damit möchte sie der sich sowohl im katholischen wie evangelischen