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1984

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 3

216

beleuchtet wird. Die einzelnen Artikel erhellen facettenartig unter
sich wandelnden Fragestellungen stets neu und interessant die Grundgedanken
der Aufklärung: ihre metaphysisch verankerte Anthropologie
, ihr Verständnis von Individuum, Staat und Gesellschaft, von
Gott, Unsterblichkeit sowie der Eschatologie. Es ist ein zutiefst optimistisches
Bild, das sich in diesen Ausführungen spiegelt, aller dunklen
Untergründe und der durchaus wahrgenommenen Krisen zum
Trotz. Treffend kommt diese Einstellung in dem schönen Wort Mendelssohns
zum Ausdruck, von dem auch der Titel dieses Sammelbandes
genommen ist: ,,Ohne Gott, Vorsehung und Unsterblichkeit
haben alle Güter des Lebens in meinen Augen einen verächtlichen
Werth, scheinet mir das Leben hieniden . . . wie eine Wanderschaft in
Wind und Wetter, ohne den Trost, Abends in einer Herberge Schirm
und Obdach zu finden." (279)

Der Autor hebt zur Erläuterung von Mendelssohns Position, auch
im Blick auf diesen Optimismus, mehrtäch auf die Traditionen des
Judentums ab. Erschöpfend erscheint mir diese Auskunft allerdings
nicht, weder für die Zeit insgesamt noch für Mendelssohn selbst. Auch
an anderen Stellen drängen sich Fragen auf, zumal, was die sozialgeschichtliche
Einbindung dieser Gestalt und ihres Philosophierens
anbelangt. Ausgesprochen problematisch mutet schließlich die These
an, mit Christian Wolff beginne die Spätaufklärung (277). Abgesehen
davon, daß man dann wohl kaum umhin käme, den Rationalismus
von der Aufklärung abzutrennen - was sachlich unmöglich ist -, wird
damit der Position Wolffs vermutlich eine allzu grundsätzliche Bedeutung
Für die deutsche Aufklärung zugemessen. Aber alles das sind Einwände
, die den Wert und das Gewicht dieser Untersuchungen keineswegs
schmälern können. Man möchte diesem Band möglichst viele
Leser wünschen, die sich dadurch beiehren und schließlich auch anregen
lassen, zu den hier so interessant und überzeugend vorgeführten
Werken von Moses Mendelssohn selbst zu greifen.

Gießen Martin Greschat

Kern, Udo [Hrsg.]: Freiheit und Gelassenheit. Meister Eckhart heute.
In Verbindung mit H. Falcke und F. Hoffmann hrsg. und bearb.
München: Kaiser; Mainz: Grünewald 1980. 233 S. 8'. Kart.
DM 28,-.

Kern, Udo, Fritz Hoffmann und Heino Falcke [Hrsg.]: Gespräch mit
Meister Eckhart. Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1982. 101 S. gr. 8* =
Aufsätze und Vorträge zur Theologie und Religionswissenschaft,
77. Kart. M 4,80.

Im Februar 1978, dem 650. Todesjahr Eckharts, fand in Erfurt eine
ökumenische Meister-Eckhart-Woche statt, bei der auch das interdisziplinäre
Gespräch gesucht wurde. Drei Themenbereiche wurden von
den Referenten behandelt: 1. Eckhart und die ihn prägenden philosophisch
-theologischen Strukturen, 2. Eckhart und die Mystik, 3. Eckhart
und die deutsche Sprache.

Der Band „Freiheit und Gelassenheit" bietet sämtliche Referate der
Tagung (U. Kern, F. Hoffmann, L. Hödl, K. Bormann, M. Kurd-
ziatek, R. Haubst, B. Welte, K. Weiß, R.-L. Oechslin, J. Moltmann,
A. M. Haas, E. Winkler, W. P. Eckert, G. Feuerstein), einschließlich
eines aus gleichem Anlaß gehaltenen Gemeindevortrags (P. Heid-
rich).

„Gespräch mit Meister Eckhart" hingegen ist dem Andenken des
Rostocker Ordinarius Konrad Weiß (t 1979) gewidmet. An zentraler
Stelle steht sein Vortrag „Meister Eckhart der Mystiker. Bemerkungen
zur Eigenart der Eckhartschen Mystik". Er wird von einigen weiteren
vorwiegend theologiegeschichtlich orientierten Beiträgen gerahmt
. Udo Kern schließlich, der verdienstvolle Inaugurator und Leiter
der Tagung, referiert in dem in der Evangelischen Verlagsanstalt
erschienenen Band übersichtlich die übrigen Vorträge und fügt, den
Kongreß resümierend, „Aspekte der neueren Eckhartforschung" hinzu
. - So haben beide Bände ihrje eigenes Profil.

U. C.

Bray, Gerald: The Filioque Clause in History and Theology (TynB 34, 1983
S. 91-144).

Gerdes, Hayo f: Anmerkungen zur Christologie der Glaubenslehre Schleiermachers
. Hrsg. vonJ. Ringleben (NZSTh 25,1983S. 112-125).

Ilägglund, Bengt: Theologische und philosophische Anthropologie bei
Luther (StTh 37,1983 S. 101-124).

Kierkegaard. Resources and Results. Edited and with an Introduction by
A. McKinnon. Waterloo, Ont.: Wilfrid Laurier University Press 1982. XVI,
174 S. 8"Lw.$ 15.75.

Kuhbach, Gerhard: Die Berufung auf Schrift und Gewissen als normierende
Autorität im Reformationszeitalter (WuD 17, 1983 S. 105-116).

Severus, Emmanuel v.: Eine Mönchsregel als theologische Aussage. (EuA 59,
1983 S. 181-191).

Steinacker, Peter: Gott, der Grund und Ungrund der Welt. Reflexionen zum
Verhältnis von Welterfahrung und Gottesbild am Beispiel der Mystik Jakob
Böhmes(NZSTh 25, 1983 S. 95-111).

Christliche Kunst und Literatur

Duby, Georges: Der heilige Bernhard und die Kunst der Zisterzienser.

Aus dem Franz. übers, v. M. Heurtaux. Stuttgart: Klett-Cotta 1981.
181 S , 1 Taf.8-. DM 24,-.

Die Baukunst der Zisterzienser hat gerade auf dem Territorium der
DDR nachhaltig die mittelalterliche Kirchbaukunst angeregt und geprägt
, besonders im Bereich der Backsteingotik, d. h. in Mecklenburg
oder der Mark Brandenburg. Ortsnamen wie Doberan oder Chorin
sind zu Begriffen zisterziensischer Bauweise geworden. Doch auch der
imposante Chor des Magdeburger Domes geht auf Zisterzienser-
Bauleute zurück. Schon diese wenigen Namen zeigen die Bedeutung
des Ordens und seiner Kunstleistungen an, die überdies in ihrer Eigenart
immer wieder faszinieren und zum Nachforschen anregen. Darum
ist man neugierig auf ein Buch, das sich ausschließlich der Kunst der
Zisterzienser und ihrem wichtigsten Theologen, Bernhard von
Clairvaux, widmet und in dem Ursprungsland des Zisterzienser-
Ordens- Frankreich -geschrieben worden ist. Der Orden hatte, ehe er
in die weit entlegenen Gebiete östlich der Elbe vordrang, in Frankreich
eine fruchtbare Reife- und Blütezeit durchlebt. Der interessierte
Leser hofft daher, gerade über die Anfänge und ersten Ausformungen
Neues zu erfahren.

Georges Duby hat sich in seinem Buch „Der heilige Bernhard und
die Kunst der Zisterzienser", das von Maria Heurtaux ins Deutsche
übertragen wurde, dieser Aufgabe auch vorzugsweise gewidmet. Er
bettet die Anlange und die Blüte der zisterziensischen Reformbewegung
in die Geschichte und Vorgeschichte des gesamten Mittelalters
und speziell des Mönchtums ein, schildert die Reformbewegung
selbst, ihren Erfolg, ihre Gefährdungen, ihre Ideale und ihre schließlich
verwirklichte Realität, er beschreibt die Organisation der Zisterzienser
, ihre Bauten, ihre Strukturierungen und ihren Einfluß. Seine
Ausführungen gruppiert Duby um die Zentralgestalt, Bernhard von
Clairvaux, der an Bedeutung die Ordensgründer, Robert von
Molesme und Stephan Harding, weit überragt. Zitate aus Bibel, Kirchenvätern
und mittelalterlichen Schriftstellern begleiten den Text.

Wer sich zum ersten Mal mit den Zisterziensern beschäftigt, kann
hier manches über sie erfahren, wenn es auch sehr zu bedauern ist, daß
zumindest die deutschsprachige Ausgabe ohne Bilder ausgestattet ist.
Doch auch der Text läßt manche Wünsche offen. Das Thema, die
Kunst der Zisterzienser, wird recht pauschal und ungenau beschrieben
. Nicht ein einziges Mal wird das Grundmuster eines Zisterzienser-
Klosters vorgestellt. Der strenge Rationalismus der zisterziensischen
Baukunst kommt nur vermischt unter vielen anderen Zusammenhängen
vor. Wer weiß, wie die Zisterzienser bauten, versteht wohl,
was gemeint ist. Ob aber ein Anfänger auf diesem Gebiet sich nach der
Lektüre ein Bild von der Kunst der Zisterzienser machen kann, ist
doch sehr die Frage. Und das leitet über zu der Frage, für welchen
Leserkreis das Buch geschrieben worden ist. Kunsthistoriker und