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Ausgabe:

1984

Spalte:

188-189

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Levin, Christoph

Titel/Untertitel:

Der Sturz der Königin Atalja 1984

Rezensent:

Hentschel, Georg

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Theologische Literaturzeitung 109. Jahrgang 1984 Nr. 3

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solche Meditationsmethoden innerlich in eine universale Ideologie
Asiens eingebunden hat."'(S. 176)

Sehr informativ und hilfreich für den Nichtfachmann ist die kurze
Beschreibung von 19 asiatischen religiösen Gruppen und Bewegungen
durch R. Hummel im Anhang.

Die vorliegende Studie stellt den ersten Versuch einer Gruppe von
katholischen und evangelischen Theologen und Religionswissenschaftlern
dar, in einen ernsthaften Dialog auf wissenschaftlichem
Niveau mit den vielschichtigen Phänomenen religiöser Gruppen asiatischer
Herkunft einzutreten. Über manche der vorgetragenen Analysen
und Thesen wird man streiten können und streiten müssen, doch
angesichts der verbreiteten journalistischen oder oberflächlich apologetischen
Behandlung der wichtigen Materie kommt diesem auf ökumenischer
Basis unternommenen Projekt über seinen wissenschaftlichen
Werl hinaus an sich hohe Bedeutung zu. Es werden Maßstäbe
für sachgerechte Weiterarbeit gesetzt.

Halle (Saale) Helmut Obst

Altes Testament

Friedman, Richard Elliott: The Exile and Biblical Narrative. The

Formation of the Deuteronomistic and Priestly Works. Chico, CA:
Scholars Press 1981. IX, 151 S. 8" = Harvard Semitic Monographs,
22. Lw.$ 12.-.

Der Buchtitel „Die exilische und die biblische Erzählung" bedarf
der ergänzenden Interpretation durch den Untertitel „Die Formung
der Deuteronomistischen und Priesterschriftlichen Werke". Für beide
Werke wird eine vorexilische Fassung-D1 bzw. P1 -angenommen. Im
Exil wird D1 durch D2 bearbeitet und ergänzt. P' durch P". In den zwei
Hauptteilen der Monographie (1-43, 44-132) sucht der Vf. die Bedeutsamkeit
des Exils Für die Jetztgestalt beider Werke aufzuzeigen. In
einem Schlußabschnitt wird kurz auf die Kombination beider Werke
eingegangen und ein abschließendes Fazit gezogen (133-136). Die
vom Vf. auf P1 bzw. P" verteilten Texte werden in einem Anhang zusammengestellt
(141-147), während die D2- Bestandteile im Textteil
genannt werden (25f).

Im ersten Hauptteil sieht der Vf. die von M. Noth postulierte Einheit
des Deuteronomistischen Geschichtswerkes durch ein „theologisches
Dilemma" in Frage gestellt: Die Verheißung eines nie endenden
davidischen Königtums geht einher neben dem Bericht von der
Destruktion des Königtums. Dieses Dilemma weist auf einen komplexeren
literarischen Prozeß hin als Noth annahm - einen Prozeß,
dem der Vf. mit seiner Differenzierung von D1 und D2 gerecht zu
werden meint. D1 ist auf den Davididen Josia ausgerichtet, der das
Gesetz des Mose in Geltung setzt (für den Vf. ein konstitutiver Bestandteil
von D1) und der als König an Moses Unvergleichbarkeit partizipiert
(Dtn 34,10-2Kön 23,25). Nach Josia erlischt jede Beziehung
auf David und damit auf die Verheißung, mit ihm hatte D1 seinen
Zielpunkt erreicht. Demnach ist D auch in der Josiazeit entstanden,
einer Zeit, die auf die Wiederherstellung des davidischen Königtums
hoffte. D" unterscheidet sich darin grundlegend von D', daß es nicht
an den Königen, sondern am Volk interessiert ist und diesem Jahwes
gnädige Zusage gilt (1 Kön 6,11-13), aber bei Abfall auch Gottes Gericht
. Mit dem Exil ist es für D2 eingetroffen; das Zeugnis der Hoffnung
von D1 wird zum Zeugnis der Katastrophe bei D". D1 kommt
hierbei D" insofern entgegen, als Jahwe in den Texten immer mehr
zurücktritt, während das Handeln der Menschen in den Vordergrund
rückt. Die letzten davidischen Könige erleiden bei D" das Schicksal
ihres Volkes.

Der zweite Hauptteil bringt zunächst Argumente für ein vorexili-
sches P1. Dabei hat das bei P im Zentrum stehende Zeltheiligtum für
den Vf. besondere Beweiskraft, da es nach seiner Meinung zusammen
mit der Lade im ersten Tempel untergebracht war. (Probleme des
Zeltheiligtums werden 49-61 erörtert, dazu Abbildungen im Anhang

137-140 geboten.) Ferner sind die Beziehungen zwischen Ezechiel
und P als Abhängigkeiten des Propheten von der Tora aufzufassen.
Schließlich ist auch die Institution des großen Versöhnungstages vor-
exilisch. Sie läßt sich am ehesten als unmittelbar nachjosianisch begreifen
, überhaupt hängt P1 eng mit der josianischen Reform zusammen
. Seine Texte verfolgen teilweise dieselbe Thematik (Zentralisation
, Einwohnung der Herrlichkeit Jahwes), teilweise sind sie kontrovers
. Letzteres gilt für die Behandlung der Opfergesetze (Lev 1-7 wird
mit Jer 7,22f verglichen, das im Gefolge des Dtn steht) und Für das
Verständnis der Zentralisation (bei P' an Zelt und Lude orientiert, bei
D1 an der Stätte, wo der Name wohnt). Als Verfasser von D1 wie P1
werden konkurrierende Priestergruppen in Juda angenommen: einerseits
die Gruppe, der der Vater Jeremias in Anatot angehört, andererseits
die Aaroniden. P1 will sowohl gegenüber JE wie gegenüber D1
eine „alternative Tora" bieten. Anders P2, der die verschiedenen
Materialien von P1, JE und D1 ohne Rücksicht auf ihren alternativen
Charakter zu einem neuen Ganzen verbindet - eben jener Tora, die
bis auf den heutigen Tag als solche gelesen wird. Die Verbindung
alternativer Texte zu einem neuen Ganzen eröffnet Verslehensmöglichkeiten
, die ihnen ursprünglich abgehen. Der Vf. verdeutlicht das
u. a. am Wandel der Gottesvorstellung (der universale Schöpfergott
von P1 gewinnt Anteil an den personalen Emotionen Jahwes: 122ff
Ein Wandel der Gottesvorstellung vollzieht sich aber bereits in JE
dahingehend, daß Jahwe immer ferner rückt (verschiedene Olfen-
barungsweisen zeigen das an!) und die Verantwortung des Menschen
zunimmt. Die Verarbeitung von JE mit P übernimmt diese - sich
auch in den verschiedenen Bundesschlüssen abzeichnende - Linie in
das neue Werk. Sie wird fortgesetzt, wie der Schlußabschnitt zeigt, in
der Verbindung der Tora mit dem Deuteronomistischen Geschichtswerk
(von P oder einer späteren Hand). Denn mit dem Exil fallt die
Vergegenwärtigungsweise Jahwes nach deuteronomistischer wie priesterschriftlicher
Theologie dahin. „Von Genesis bis Könige war
Jahwe ein verborgener Gott geworden" (136).

Die auf einer mir nicht zugänglichen Monographie von F. M. Cross
aufbauende Studie überzeugt nicht so sehr in ihrem literarkritischen
Teil. Hier wird man differenzierter (und auf einer breiteren Literaturbasis
) arbeiten müssen. Andererseits freut sich der Leser an manch
guter Einzelbeobachtung. Letzteres gilt vor allem für die Darstellung
von „P2". Sie faßt in ansprechender Form theologische Aspekte der
Endredaktion (= P2) ins Auge, der man lange Zeit im Gefolge Greß-
manns jegliche Bedeutung absprach - zu Unrecht, wie Friedman
überzeugend nachweist. Inwieweit die von ihm aufgezeigten Aspekte
für eine „Biblische Theologie" (sie!) fruchtbar zu machen wären, ist
einer Überlegung wert und vielleicht seine eigentliche Intention.

Bedauerlicherweise fehlt ein Stellenregister. Seitenzahl sind mehrfach
falsch angegeben (z. B. 133).

Falkensee b. Berlin Ilse von Löwenclau

Levin, Christoph: Der Sturz der Königin Atalja. Ein Kapitel zur
Geschichte Judas im 9. Jahrhundert v. Chr.. Stuttgart: Katholisches
Bibelwerk 1982. 109 S. 8° = Stuttgarter Bibelstudien 105. Kart.
DM 21.80.

Der Vf. hat sich der verdienstvollen Aufgabe unterzogen, 2Kön 11
literarkritisch zu analysieren. Er legt eine Ergänzungshypothese vor
und unterscheidet vier Schichten, die er bereits in der Übersetzung
durch unterschiedlichen Druck kennzeichnen läßt (S. 180-

Die älteste Schicht stammt noch aus dem 9. Jahrhundert v. Chr.
Nachdem nur der gerade geborene Joasch der Vernichtungsaktion
Ataljas entgangen ist (VV I 0, stellt Jojada nach dem alten Bericht den
etwa siebenjährigen Prinzen heimlich den Offizieren der königlichen
Garde im Palastbezirk vor (V 4, aber ohne das zweimalige „Haus Jahwes
"). Jojada fordert die Offiziere auf, den Palast und die beiden entscheidenden
Tore von den drei Abteilungen der Garde bewachen zu
lassen (VV 5.6a). Sie selbst sollen sich mit ihren Waffen um den Prin-