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Ausgabe:

1983

Spalte:

135-136

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Wagner, Harald

Titel/Untertitel:

Einführung in die Fundamentaltheologie 1983

Rezensent:

Slenczka, Reinhard

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135

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 2

136

so gut wie ganz fehlen. Es geht um den Nachweis, daß das Bittgebet
um des Menschen willen sinnvoll ist. Unter diesem Aspekt kommen
auch Formen des Gebetes aus anderen Religionen und Vorformen des
Gebets bei heutigen säkularen Menschen zu Wort, die dem christlichen
Gebet ohne Scheu zugeordnet werden - manchmal etwas zu
gewagt.

Innertheologisch findet eine Auseinandersetzung sowohl mit der
„Gott-ist-tot-Theologie" als auch mit der theistischen und mystischen
Gebetsinterpretation statt. Dem allen möchte Vf. entgehen,
indem er das „trinitarische Umgriffensein" des Menschen verständlich
zu machen sucht, der ein „dreifaltiger Beter" ist. „Er findet sich
unter der Macht des Geistes, an der Seite des Sohnes, im dankbaren
und hoffenden Gegenüber zum Vater" (S. 160). - Es ist gewiß sinnvoll
, trinitarisch zu denken, wenn dabei die Christologie als Anfang
und Ende aller Reflexion im Blick bleibt, wie es dem Neuen Testament
entspricht. Hier aber entsteht die Frage, ob Vf. nicht doch zu
schnell mit dem trinitarischen Denken, wie es die alte Kirche bzw. die
Reformation in katechetischem Kontext geübt hat, arbeitet. Die Frage
auch nach der Einheit des dreifaltigen Gottes in seinem Wirken über
sich hinaus ist damit für das Gebet gestellt. Die Auslegung des ersten
Artikels (Gott als Gott, Richter, Schöpfer und Vater) erfolgt auch
nicht überall in gleicher Schärfe (vgl. S. 133, 159 u. ö). Damit hängt
die weitere Frage zusammen, ob nicht auch eine vorwiegend innerliche
Auslegung des pneumatischen Ansatzes vorliegt (S. 161) und mit
der Abwehr einer theistischen Gebetseinstellung eine schöpfungstheologische
Zurückhaltung einhergeht, die sich auch „innerlich"
auswirkt; d. h. die konkreten Bezüge zu Welt und Schöpfung, die das
Gebet einschließt, treten gegenüber geistlichen, persönlichen und psychischen
Zustandsbeschreibungen zurück. Sie fehlen nicht, kommen
aber kürzer weg. Gewiß hängt das auch damit zusammen, daß Vf.
gerade im Blick auf die Welt ihre beschwerlichen Seiten hervorhebt,
weil er den angefochtenen Christen sieht und ihm helfen möchte, das
Bittgebet als zutiefst menschliche Hilfe vor und mit Gott zu verstehen.
Es wird „zum elementaren Gestaltungsprinzip unseres Alltags"
(S. 205).

Berlin Friedrich Winter

Wagner, Harald: Einführung in die Fundamentaltheologie. Darmstadt
: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1981. XIII, 132 S. 8" =
Die Theologie. Einfuhrungen in Gegenstand, Methoden und Ergebnisse
ihrer Disziplinen und Nachbarwissenschaften. Kart.
DM 36,-.

Fundamentaltheologie ist ein Fach in der römisch-katholischen
Theologie, das, wenn man den Hinweis auf Anregungen Schleiermachers
für J. S. Drey gelten läßt, evangelischen Ursprungs ist, jedoch
erst in neuerer Zeit als ,evangelische Fundamentaltheologie' bei
G. Ebeling, W. Joest und H. Beintker wieder in Erscheinung getreten
ist. Die damit bezeichnete Aufgabe ist ohnehin älter und gehört zu
dem Grundbestand der Theologie aller Zeiten.

Die Einführung von Harald Wagner konzentriert sich auf die
römisch-katholische Seite und orientiert sich im Aufbau an dem hilfreichen
Grundschema von demonstratio religiosa, christiana und
catholica. Die Zeit vom Neuen Testament bis zum 18. Jahrhundert
wird nur ganz kurz einleitend behandelt. Daß dies im raschen Durchgang
auf wenigen Seiten geschehen muß, mag verständlich sein, führt
aber schon bei den Hinweisen auf die altkirchlichen Apologeten zu
erheblichen Verzerrungen. Ausgesprochen ärgerlich ist jedoch, daß
die mittelalterliche Auseinandersetzung mit Judentum und Islam auf
eine primitive Polemik („Christus-Mörder") festgeschrieben wird.
Damit wird man weder dem erwähnten Thomas von Aquin gerecht,
noch wird ein für diese Begegnungen bis heute wichtiger Autor wie
Nikolaus von Kues überhaupt erwähnt. Auf diese Weise werden Klischees
kolportiert.

Theologiegeschichtlich werden dann die engeren Ursprünge heutiger
Fundamentaltheologie seit Johann Sebastian Drey skizziert. Das

erste Lehrbuch von Johann Nepomuk Ehrlich, ,Fundamental-Theo-
logie. Leitfaden für Vorlesungen über die allgemeine Einleitung in die
theologische Wissenschaft und die Theorie der Religion und Offenbarung
' (Prag 1859ff) begegnet jedoch, mit fehlerhafter Titelangabe,
nur in einer Fußnote. Als Wegbereiter heutiger Fundamentaltheologie
werden Maurice Blondel, Karl Rahner und Albert Lang genannt.
Vertreter des Faches wie Gottlieb Söhngen und Bernhard Welte fallen
deshalb aus dem gesteckten Rahmen, weil sie kein Lehrbuch vorgelegt
bzw. mehr in der Religionsphilosophie gearbeitet haben. Von den
neueren Modellen werden die Entwürfe von Heinrich Fries, Eugen
Biser, Peter Knauer sowie Johann Baptist Metz kurz vorgeführt.

Anschließend werden die Hauptthemen einer Fundamentaltheologie
systematisiert; sie reichen von den Prinzipienfragen über die Christologie
in ihrer historisch-hermeneutischen Erschließung bis zu den
Fragen der Glaubwürdigkeit und nach dem Verhältnis des Glaubens
zu Vernunft, Verstehen, Praxis und Erfahrung. Eine Fülle von weitreichenden
Themen bis zur Wahrheitsfrage wird darin jeweils sehr
kurz angedeutet. Die gegenwärtigen Aufgaben einer Fundamentaltheologie
werden vor allem im Wissenschaftsproblem gesehen. Ein
Schlußkapitel verweist kurz auf Beiträge zur .evangelischen Fundamentaltheologie
'.

Daß die gebotene Kürze in vorgegebenen Grenzen zu Verkürzungen
führt, ist bei einer Einführung unvermeidlich. Damit können aber
nicht technische Mängel und sachliche Entstellungen entschuldigt
werden, die in großer Zahl begegnen. Sie reichen von Druckfehlern
(mal heißt es Dissenz, mal Dissens) über falsche Bibelstellen (S. 1
Rom 4,12 statt 14,12) zu Namensverschreibungen, denen selbst der
alte Denzinger (S. 125) zum Opfer fällt. Offenbar sekundäre Hinweise
auf Schleiermachers „Philosophische Theologie" und Karl Barths
Auseinandersetzung mit Heinrich Scholz um die Theologie als Wissenschaft
sind nicht erhellend, sondern - zumal ohne jeden Beleg -
entstellend. Daß durch die Überschneidung von Versatzstücken
Schleiermacher und Pannenberg zweimal mit derselben Thematik
erscheinen, hilft auch nicht zur Erkenntniserweiterung. Auch wenn
eine Einführung über sich selbst hinausfuhren soll, sollten doch einige
Mindestvoraussetzungen an Zuverlässigkeit erfüllt sein.

Erlangen Reinhard Slenczka

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