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Ausgabe:

1983

Spalte:

923-924

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Zeitschrift für Gottesdienst & Predigt 1983

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Seite 1

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923

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 12

924

Die Verknüpfung von Argument und Analogie, von diskursivem
und metapherntheoretischem Gleichnisverständnis ist die große Leistung
des Buchs. Die handlungstheoretische Basis dieser Integration
der Gleichnistheorien erzwingt nicht unbedingt den Vorrang des
argumentativen Verständnisses. Beachtet man, daß Diskurse der Legitimation
von Geltungsansprüchen dienen, Gleichnisse als innovatorische
Sprachhandlungen, aber sinnvolle Wirklichkeit neu inszenieren
und demzufolge eingespielte kommunikative Praxis „ideologiekritisch
" relativieren, kommt ihnen kein quasi-diskursiver, sondern
ein prä-diskursiver Status zu. Im strengen Sinn dient die fiktional-
metaphorische Erzählung nicht der Rechtfertigung von Verhalten, da
sie eine rationale Normenbegründung unter Bezugnahme auf vorhandene
Bedürfnisse und Interessen gerade suspendiert zugunsten einer
kreativ-utopischen Neuinszenierung von Realität. Analogisch-
metaphorische Kommunikation erzwingt einerseits neue Diskurse,
sie ermöglicht andererseits neue Begründungen aufgrund neuer
Deutungsmuster. Daß damit die universalpragmatische Spitzenstellung
des Diskurses relativiert ist, sei angemerkt. Im Blick auf die
Gleichnisse Jesu entfällt die Nötigung ihrer Lokalisierung in einer
spezifischen historischen Kontroverse. Daß Jesus in den Pharisäern
nicht Feinde, sondern Diskussionspartner sah, mit denen er um ein
neues Einverständnis zu ringen hatte, stellt Arens überzeugend heraus
. Es dürfte aber schwerfallen, alle Gleichnisse dieser Kontroverse
zuzuordnen - was Arens im übrigen selbst durchblicken läßt. Außerdem
dürfte Jesus auch bei Disputen mit den Pharisäern noch andere
Zuhörer gehabt haben, die ihre eigenen „hermeneutischen" Gesichtspunkte
einbringen wollten. Da die fiktionale Erzählung nicht unmittelbar
, sondern sekundär auf ihren historischen Kontext verweist, verwahrt
sie einen Überschuß an Bildern gelingenden Lebens, die in der
historischen Situation nicht aufgehen, Visionen neuer Beziehungen
(= Interaktionsverhältnisse). Dieser Uberschuß, nicht ein geschichts-
unabhängiger normativer Kern, begründet ihre Lebendigkeit für
andere Zeiten. Sie ist nicht dank einer normativen Struktur für alle
Zeiten abgesichert, sondern muß sich in gewandelten Verhältnissen
neu entfalten. Sie kann dies, wenn sie dann immer noch einen unein-
gelösten Überschuß an Humanität formuliert. Der Rezensent würde
also lieber die Pragmatik der Poetik unterordnen, nicht um zu „enthistorisieren
" oder zu „entpolitisieren", sondern um die Verhältnisse
in Richtung auf das Reich Gottes zum Tanzen zu bringen. Mit dieser
letzten Absicht weiß er sich mit dem Autor in Übereinstimmung. Die
vorgeschlagene hermeneutische Umgewichtung kann die großartige
Leistung einer Integration der Gleichnistheorien auf pragmatischer
Grundlage nicht schmälern. Sie entspringt letztlich einer größeren
Skepsis gegenüber den behaupteten normativen Implikationen einer
Theorie kommunikativen Handelns.

Wiesbaden Heinz Schmidt

Zeitschrift für Gottesdienst und Predigt

Praktiker der Gemeindearbeit sowie der theologischen Aus- und
Weiterbildung begründeten mit der seit Anfang 1983 beim Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn erscheinenden „Zeitschrift für Gottesdienst
und Predigt" (ZGP) ein ganz aus der Praxis für die Praxis konzipiertes
Periodikum, das jährlich in sechs Heften erscheinen soll. Herausgeber
sind der durch viele homiletische Editionen im selben Verlag
bekannte Horst Nitschke sowie Hans Werner Dannowski, Stadtsuperintendent
von Hannover und Lehrbeauftragter für Homiletik in Göttingen
, der an den zehn Jahrgängen von „Werkstatt predigt"
mitgearbeitet hat, bis diese „homiletische Korrespondenz" zugunsten
der ZGP und des neuen Organs „Werkstatt gemeinde" ihr Erscheinen
einstellte. Den beiden Herausgebern stehen zwölf Kollegen zur Seite,
darunter die katholischen Praktischen Theologen Ottmar Fuchs und
Winfried Blasig.

Die graphisch ansprechende Gestalt der Zeitschrift im Quartformat
paßt zu ihrem bunten Inhalt. Es überwiegen Texte aus Gottesdiensten

verschiedener Art und für den gottesdienstlichen Gebrauch. Dazu
gehören ganze Predigten mit Kommentaren aus dem Herausgeberkreis
, meditative Texte, Bildbetrachtungen, liturgische Texte und Lieder
. Die Aufsätze nehmen verhältnismäßig wenig Raum ein, doch
fällt ihnen die wichtige und schwierige Aufgabe grundlegender Orientierung
zu. Das Bemühen darum ist schon in den Artikeln des ersten
Heftes von H. Nitschke und O. Fuchs zu erkennen. Fuchs wendet sich
unter der Überschrift „Von Gott reden" gegen eine „Bumerang-
Homiletik", die den Menschen auf sich selbst zurückwirft, indem sie
Gott entpersonalisiert und so den Menschen moralisiert. Dannowski
betont im Heft 2 „Die Kompetenz der Gemeinde" für das Predigtgeschehen
, die ihm besonders in Negergottesdiensten aufgegangen ist.
Ingrid Adam erörtert im selben Heft homiletische Erfahrungen mit
der „psychischen Aktualität" von Bibeltexten: „Manchmal springt
ein Funke über". Die Aufsätze des 3. Heftes wollen den einseitigen
Vorrang des Predigtwortes im protestantischen Gottesdienst- und
Gemeindeverständnis korrigieren: „Nicht vom Wort allein!" Unter
diesem Motto einer Liturgikertagung betont A. Denecke den Gesamtzusammenhang
von Predigt, Gottesdienst und Gemeindeaufbau.
K. Künkel bedenkt den Zusammenhang von Wort und Symbol, während
W. Lipp Erfahrungen mit Symbolen in Gottesdiensten der
Ulmer Studentengemeinde mitteilt. Heft 4 enthält neben Bemerkungen
von H. Albertz „Über politisches und angeblich unpolitisches
Predigen" ein Interview, das H. Nitschke mit der Schriftstellerin Ingeborg
Drewitz über die Predigt führte, deren Chancen Frau Drewitz
recht positiv einschätzt.

Ein buntes Bild bietet die ZGP nicht nur durch die Abwechslung
der Formen und Inhalte, sondern auch hinsichtlich der theologischen
Richtungen, die in ihr zu Wort kommen. Neben den lutherischsächsischen
Superintendenten Mendt und Richter steht der jüdische
Theologe Lapide, neben Gert Otto der Barthianer Albertz. Die Mitarbeit
katholischer Kollegen im Herausgeberteam erweist sich als
Bereicherung. Zu wünschen wäre, daß sich auch dem Pietismus verbundene
Mitarbeiter zu Beiträgen bereitfinden. Die Herausgeber
laden dazu ein, Materialien aus der Praxis zur Verfügung zu stellen,
die „durch ihre Form und ihre Thematik Aufmerksamkeit beanspruchen
und Impulse vermitteln können". Es wäre zu begrüßen, wenn
auch die im akademischen Raum ungenügend beachtete evangelistische
Verkündigung sachgemäß berücksichtigt werden könnte. Für das
Niveau und damit für die Langzeitwirkung der Zeitschrift wird es
wichtig sein, daß die Herausgeber der theoretischen Reflexion der Praxis
angemessenen Raum zuweisen, indem sie für gute Grundsatzbeiträge
sorgen.

Gutenberg bei Halle/S. Eberhard Winkler

Szönyi, György: A magyar reformätus gyülekezeti imädsäg a 18.
szäzadtöl napjainkig. - Kezirat'. (Das Gemeindegebet in der ungarischen
reformierten Kirche vom 18. Jh. bis zur Gegenwart. Als Ms.
gedruckt). Budapest: Magyarorszägi Reformätus Egyhäz 1977 [Eng.
Szäm Äeh 10941/1977]. III, 172 S. 4" = Theologiai Tanulmänyok.
Uj folyam - 6. kötet.

Gegenstand der vorliegenden Studie ist - genaugenommen - nicht
das Gebet der Gemeinde, sondern das liturgische Gebet des Pfarrers
während des Gemeindegottesdienstes und der Kasualien.

Vf. begründet die Notwendigkeit einer solchen Untersuchung mit
der bevorstehenden Agendenreform seiner Kirche einerseits und mit
dem Fehlen einer einschlägigen Arbeit andererseits. Die letzte Publikation
zu diesem Thema erfolgte vor bereits 40 Jahren.

Der Inhalt:

I. Unser Gottesdienst im 18. Jahrhundert 1. Die objektiven Faktoren
des Gottesdienstes a) Bibelübersetzungen und Bibelausgaben b) Psalter
und Gesangbuch c) Liturgische und euchetische Lehre 2. Die
Ordnung des gottesdienstlichen Lebens 3. Die Agenden 4. Die
Gebetbücher 5. Zusammenfassende Thesen