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Ausgabe:

1983

Spalte:

734-736

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Moxnes, Halvor

Titel/Untertitel:

Theology in conflict 1983

Rezensent:

Weiß, Hans-Friedrich

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Lileraturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr.10

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Einzelerzählungen - gilt als geradezu charakteristisch für das Darstellung von M. Smith soll keineswegs einem puristischen, von
ursprüngliche Magiertum Jesu - denn: „Das Leben eines Wander- allen magischen Zügen freien und damit letztlich ungeschichtlichen
magiers ist. . . wahrscheinlich ein pittoresker Roman ohne strenge Jesusbild das Wort geredet werden. Ohne Frage hat es in der Urzeit der
Handlung: eine Kette von Vorfällen, zusammengehalten vornehm- Kirche ein Jesusbild (und damit wohl auch eine entsprechende
lieh durch die Zentralgestalt..." (S. 187-189; vgl. bereits S. 24ff). In Christologie) gegeben, in dessen Rahmen vom „wirklichen Jesus" her
solche „magische Interpretation" von Gestalt und Geschichte Jesu in besonderer Weise die „Wunder" Jesu im Zentrum gestanden haben
werden dann aber auch die für die Christologie des Markusevange- - die „Wunder" Jesu aber, wie bereits bei Markus deutlich wird, eben
liums grundlegenden Überlieferungen von der Taufe (S. 167ff) und als „Zeichen des Reiches Gottes", als Manifestationen der eschatolo-
der Versuchung Jesu (S. 181 ff) sowie von der Verklärung Jesu gischen Botschaft Jesu also. Und im Blick auf das vorliegende Buch
(S.209ff) einbezogen so daß am Ende die „Sohn-Gottes"-Christo- heißt das: So gewiß sein Autor mit seinem Programm des „audiatur et
logie der Evangelien insgesamt als Ausdruck und Niederschlag eines altera pars" mit Nachdruck und auch mit gewissem Recht auf einen
zutiefst „magischen" Selbstverständnisses Jesu erscheint (S. 175 ff). Aspekt aufmerksam gemacht hat, der - aus naheliegenden Gründen -
Gleiches gilt - unter der Voraussetzung, daß das Gebet eine „Spezia- in der Jesusforschung bisher allzu schnell übergangen worden ist,
lität antiker Magier" war (S 224) - auch Tür das Thema des Gebetes ebenso gewiß gelangt man mit solchem Programm lediglich zu einem
Jesu, einschließlich des „Vaterunsers" (S. 224ff), und konsequent in Teilaspekt der Gestalt und Geschichte Jesu. Der „ganze Jesusdiesem
Sinne ist es dann nur, daß auch das letzte Mahl Jesu, die kommt auf solche Weise nicht in den Blick - und damit am Ende auch
-Eucharistie", als nichts anderes als ein „magischer Ritus" gilt, den nicht der „wirkliche Jesus".

Jesus eingesetzt hat, „um seine Jünger mit sich zu vereinigen" (S. 237; Rostock Hans-Friedrich Weiß

vgl. S. 2500; ja, die „Eucharistie" kann - so betrachtet - sogar zum----

-deutlichsten Beweis" dafür werden, „daß Jesus die Magie kannte und i Kennzejchncnd- dafür ist u. a. die zum 60. Geburtstag von M. Smith von

anwandte" (S. 260). seinem Schüler J. Neusner herausgegebene vierbändige Festschrift „Christia-

Noch einmal: Das in diesem Buch gezeichnete Bild von „Jesus dem njty, judaism and Other Greco-Roman Cults", Leiden 1975; vgl. dazu M. Hcn-

Magier" ist eindeutig; in einem bestimmten Sinne überzeugend ist es gel.ThLZ 103,1978 Sp. 331-338.

ganz zweifellos darin daß hier einmal mehr mit allem Nachdruck dar- 2 Zum Jesusbild des Kelsos vgl. jetzt auch E. V. Gallagher, Divine Man or

auf aufmerksam gemacht wird, in welchem Maße Jesus selbst wie Magician? Oelsas and Origenon Jesus, Chicago 1982(SBL-D,ss.Senes64).
auch das Jesusbild der Urkirche am „dämonistischen Weltbild" der
Spätantike insgesamt sowie des spätantiken Judentums insbesondere

teilhatten. In dieser Hinsicht vor allem ist denn auch das Verdienst des Moxnes, Halvor: Theology in Conflict. Studics in Paul's Under-
vorliegenden Buches zu sehen. Ebenso deutlich sind aber andererseits standingofGod in Romans. Leiden: Brill 1980. XIV, 319 S. gr. 8* =
auch die Grenzen und damit auch die Problematik des hier gezeich- Supplements to Novum Testamentum, 53. Lw. hfl 88.-.
neten Jesusbildes. Überzeugend ist es am Ende nur unter den Voraussetzungen
von denen der Autor mit großer Selbstverständlichkeit Was der Vf. in seinen von N. A. Dahl angeregten und geförderten
ausgeht. Dies gilt bereits im Blick auf die hier angewandte Methodik "Studies in Paul's Understanding ol God in Romans" vorgelegt hat,
des religionsgeschichtlichen Vergleichs: Mehr oder weniger formale ist ein höchst bemerkenswertes und Für die künftige Paulus-InterAnalogien
zwischen den Papyri Graecae Magicae" einerseits und der pretation in einem bestimmten Sinne wegweisendes Buch. Rez.
Jesus-Überlieferung der Evangelien andererseits werden ganz unmit- gesteht, daß er in den letzten Jahren selten ein exegetisches Werk von
telbar in Belege Für den magischen Charakter der Gestalt und Wirk- der ersten bis zur letzten Seite mit solcher Spannung und Anteil-
samkeit Jesu umgesetzt (so bes S 170ff), ohne daß zuvor zur Genüge nähme gelesen hat wie dieses. Dabei konnte der Untertitel zunächst
die methodischen und sachlichen Voraussetzungen Für die Brauchbar- noch darauf hinweisen, daß die Fragestellung des Buches sich in den
keil der griechischen magischen Papyri Für solchen Vergleich reflek- Zusammenhang der in den letzten Jahren schon mehrfach erörterten
tiert worden sind Kann man wirklich ohne die entsprechenden Diffe- Frage nach dem Verhältnis von Theologie und Christologie bzw.
renzierungen davon ausgehen daß Galiläa als der konkrete histo- Theozentrik und Christozentr.k bei Paulus einordnet. Und in dieselbe
«Che Ort der Wirksamkeit Jesu generell durch jene Art von religio- Richtung könnte auf den ersten Blick auch noch die formale Anlage
« Synkretismus bestimmt war wie er sich in den griechischen« des Ganges der Untersuchung wc.scn: Vf. setzt im ersten Teil seiner
magischen Papyri darstellt'' Weiter: Ist es wirklich so oder am Ende Studien mit einem Überblick über "Paul's Use of God-Language in
nicht doch nur eine petitio prineipii". daß die „Lehre Jesu" nichts Romans" ein (S. 13-99) und beschränkt sich angesichts dessen, daß
anderes ist als die Konsequenz und Erweiterung seiner Wunder" "themostsignir.cantuseofpredicat.onsofGodisfound,nchapter4"
(S. 234)? - angesichts dessen jedenfalls, daß doch auch schon bei (S. 8), im zweiten Teil auf die Analyse von "Tradition andI Polemics
Markus mancherlei daraufhinweist, daß die „Wunder" Jesu ihrerseits in Rom 4 .3-22 (S. 03-282). Insofern hierin, Schluß^schnitt
eher als Begleiterscheinungen und Manifestationen seiner „Lehre", Rom 4,17 in den Mittelpunkt der Betrachtung ruckt (S. 23HI), ist Für
besser: seiner eschatologischen Botschaft, zu gelten haben. Und end- diesen zweiten Teil eine noch weitere Konzentration charakteristisch,
"ich: Wer hinsichtlich der Jesus-Überlieferung der Evangelien (ein- die freilich keineswegs eine Verengung der Perspektive mit sich bringt
schließlich des Johannesevangel.ums) auch nur ein wenig zu differen- - ganz im Gegenteil: Eben von der eingehenden Analyse speziell von
z^en gelern, hat, wird angesichts dieses Buches sein Erstaunen (und Röm 4,13-22 her ergeben sich immer erneut die notwendigen Aus-
*ohl auch sein Befremden) nicht ganz unterdrücken können, mit wel- blicke nicht nur auf Gal 3 und 4 (207«), sondern auch auf den
eher Selbstverständlichkeit hier synoptische und johanneische Texte Romerbnef insgesamt (vgl bes. S 223fl zu Rom 3,27-31 und S. 275ff
unterschiedslos und gleichsam auf einer Ebene herangezogen werden, zu Rom 5-8) wie auch auf die übrigen Paulusbnefe. Selbstverständ-
*>fern sie als , Belege" Für das Magiertum Jesu brauchbar sind. Tradi- lieh in die Analyse einbezogen sind darüber hinaus die Traditions-
tionsgeschichtliche Übe rlegungen etwa hinsichtlich des mehrschich- zusammenhänge die Stil und Argumentat.onsweise des Paulus im
tigen Charakters der Überlieferungen der Evangelien vom letzten Romerbnef mit dem Alten Testament und dem Judentum (S. 1 1711)
Mahl Jesu haben hier ebensowenig einen Ort wie redaktionsgeschicht- sowie mit dem übrigen Urchristentum verbinden (vgL hierzu bes. den
hehe Erwägungen die-beispielsweise-mit der Möglichkeit rechnen, Exkurs Polem.es ,n the Gospels and Acts , S.69ff, sowie die einsaß
die betonte Herausstellung der Taten Jesu im Markusevangelium gehende Erörterung von Act 7,2-8 und Hebt 11,8-19, S. 169ffund
eventuell in erster 1 inic durch das theologische Anliegen des Evange- S. 178ff). In diesem Sinn handelt es sich bei dem vorliegenden Buch
listen selbst bedin t ist keineswegs lediglich um eine exegetische Spezialuntersuchung zum
Mit solchen (uncTähnüchen) kritischen Bemerkungen zur Jesus- Römerbrief, jedoch eben auch nicht nur um den Versuch, in der Aus-