Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1983

Spalte:

731-734

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Smith, Morton

Titel/Untertitel:

Jesus der Magier 1983

Rezensent:

Weiß, Hans-Friedrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

731

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983Nr.l0

732

Wortgruppe durch ein anderes ersetzt worden ist. Um eine "repeated
phrase" (wiederholte Wendung) handelt es sich, wenn die Wiederholung
innerhalb des gleichen Werkes erfolgt; eine "coined phrase"
(geprägte Wendung) liegt dann vor, wenn die Wiederholung als Übernahme
, Zitat oder Imitation aus einem anderen Werk angesehen werden
muß. Von Richter und anderen hat l. den Terminus "pattern" für
regelmäßige Kombinationen von Serien formelhafter Elemente übernommen
.

Das Material, das nicht in die aufgestellten Kriterien paßt, jedoch
vermeintliche oder tatsächliche Wiederholungen aufweist, bezeichnet
[, teils als "idioms" - Spracheigentümlichkeiten -, bei denen es sich
um den umgangssprachlichen natürlichen hebräischen Ausdruck
handelt, teils als "repetitions", Wiederholungen innerhalb eines
begrenzten Kontextes durch den gleichen Autor (S. 179).

Es liegt auf der Hand, daß nicht in jedem Fall eine gesicherte Einordnung
in eine der genannten Rubriken vorgenommen werden kann.
Manchmal hilft die Literarkritik weiter, die I. auch ständig berücksichtigt
. Die vorhandenen Schwierigkeiten werden offen dargelegt und
überall gründlich erwogen.

Nach einer Einführung (I) gliedert sich die Arbeit in folgende Abschnitte
: 2. Recognizing Death, d. h. Hinnahme des Todes, z. B. in
testamentarischen Verfügungen; 3. Death and Burial, wozu besonders
das Tod-Begräbnis-Pattern gehört „und er starb... und wurde begraben
..."; 4. Death marking Time, d. h. das Reden vom Tode zur
Markierung von Zeitabschnitten, z. B. in Sukzessionsformeln und in
Genealogien; 5. Causes of Death, wobei u. a. die bei Jeremia und
Ezechiel häufige Dreierformel „Schwert, Hunger, Pest" als Todesursache
bzw. als Mittel, durch die Gott den Tod schickt, behandelt
wird; 6. Death as a Consequence, worin vor allem der verbale
Gebrauch des Stammes müt untersucht wird, z. B. in Todesdrohungen
oder in Gesetzestexten mit der paronomastischen Formel möt
yümat „er soll gewiß getötet werden"; 7. Death and the Nether World,
ein Abschnitt, derauf die Errettung vom Tode, die Bezeichnungen der
Toten und auf Ausdrücke für die Unterwelt und die Vergänglichkeit
eingeht; 8. Death and Life, eine Zusammenstellung der syntaktischen
Kombinationen des Gegensatzpaares müt/hyh. Abgeschlossen wird
die Untersuchung durch eine kurze Zusammenfassung (9), eine
Bibliographie und ein Bibelstellenverzeichnis.

Bedauerlich sind die Setzfehler auf den Seiten 98 und 162, die den
Text bis zur Unkenntlichkeit entstellen.

Die Arbeit ist nicht nur methodisch beachtenswert, sie trägt auch
zum Thema der Todesauftassung in Israel einiges bei; denn bei der
Behandlung der Form bringt sie auch wesentliches zur Sache. Sie ist
also erfreulicherweise weit davon entfernt, lediglich l'art pour l'art zu
bieten.

Berlin Ludwig Wächter

Neues Testament

Smith, Morton: Jesus der Magier. Aus dem Amerikanischen von
Wilhelm Höck. München: Paul List Verlag 1981,352 S. 8°.

Demjenigen, dessen Bild von Gestalt und Geschichte Jesu im
wesentlichen durch den kritischen Konsensus bestimmt ist, der sich -
trotz aller Unterschiede im einzelnen - im europäischen Raum herausgebildet
hat, werden Titel und Grundthese des vorliegenden,
zuerst im Jahre 1978 in New York erschienenen Buches zugegebenermaßen
als befremdlich, zumindest als einseitig erscheinen. Es von
vornherein als abseitig abzutun, sollten indes bereits Name und wissenschaftliches
Werk des Autors verbieten, der - Althistoriker an der
Columbia-University, New York - zumindest im englischsprachigen
Bereich eine erhebliche Ausstrahlungskraft besitzt.1 Das Grundanliegen
des nunmehr in deutscher Übersetzung vorliegenden Buches
läßt sich am besten wohl durch das Diktum „audiatur et altera pars"
charakterisieren: „,Bei einer Auseinandersetzung gibt es immer zwei

Seiten." Wollen wir wissen, was wirklich geschah, tun wir gut daran,
beide Seiten zu hören . .." (S. 11; vgl. S. 20). Dies ist ganz ohne Frage
ein methodischer Grundsatz solider historischer Arbeit, mitdem freilich
gleich zu Beginn im ersten Kapitel - unter der Überschrift
„Unterdrücktes Beweismaterial und bleibende Probleme" - mit aller
Deutlichkeit herausgestellt wird, daß es in diesem Buch mitnichten
lediglich um eine Zusammenstellung dessen geht, was die Gegner
Jesu, angefangen bei seinen jüdischen Zeitgenossen bis hin zu Kelsos
und Lukian, über bzw. gegen Jesus gedacht haben;2 Anliegen des
Autors ist es vielmehr, eben von jenem Jesusbild der Gegner her einen
Zugang zum „wirklichen Jesus" zu gewinnen. Angesichts dessen verwundert
es nicht, wenn die Zunft der Theologen - u. a. wegen der
weithin üblich gewordenen Unterscheidung zwischen dem „Jesus der
Geschichte" und dem „Christus des Glaubens" (dazu S. 15 ff) - der
Befangenheit bezichtigt wird. Sie - die Theologen - haben bei ihren
Jesus-Darstellungen eben nur „die eine Seite" zur Geltung gebracht.
Und dieser Einseitigkeit möchte M. Smith dadurch begegnen, daß er
„das verlorengegangene Bild", d. h. im Sinne des Autors zugleich: das
seitens der frühen Kirche bewußt unterdrückte oder doch zumindest
retuschierte Bild, „aus den erhaltenen Fragmenten und ähnlichen
Quellen" neu zusammensetzt (S. 7).

Dementsprechend wird im Kapitel 1 mit einem „Bericht über die
Vernichtung der Belege über Jesus den Magier" begonnen. Im Kapitel
2 wird - im wesentlichen auf der Basis der entsprechenden Nachrichten
aus den Evangelien - der „historische Rahmen" umrissen, der
zugleich die „Parameter des Möglichen" hinsichtlich der Deutung
von Gestalt und Geschichte Jesu bereitstellt. Von daher gesehen folgerichtig
wird im Kapitel 3 untersucht, „welche Berichte sich in den
Evangelien über Jesus den Magier finden, Kapitel 4 analysiert... die
jüdischen und die heidnischen Quellen. Die Kapitel 5 und 6 untersuchen
, welche Bedeutung wir diesen Berichten beimessen können
und müssen - vor allem, welche Bedeutungen die Bezeichnungen für
.Magier' in der antiken Welt hatten. In Kapitel 7 werden die Evangelien
nochmals auf die Belege hin untersucht, die mit dem Bild im
Einklang stehen, das die Evangelien bekämpfen ... Das Kapitel 8
untersucht die Quellen und Implikationen dieses Kernmaterials."
(S. 70 Abgeschlossen wird das Buch durch zwei Anhänge
(S. 262-267: „Die Pharisäer in den Evangelien"; S. 268-275: „Jesus
gegen die Propheten"), durch einen umfangreichen Anmerkungsteil
(S. 276-337) sowie durch Bibliographie, Abkürzungsverzeichnis und
ein Orts- und Namensregister.

Aus den angezogenen Vergleichen und Parallelen, bei denen im
übrigen auch wieder der „Magier" Apollonius von Tyana die gebührende
Beachtung findet (S. 148 ff) und die Evangelienschreibung (ins-
bes. des Markus) in Analogie zu Philostrats „Vita Apollonii" verstanden
wird (S. 1510, ergibt sich am Ende jedenfalls ein relativ geschlossenes
Bild von „Jesus dem Magier" (S. 235fTsowie das Schlußkapitel
mit der Überschrift: „Die Auskunft des Belegmaterials", S. 240ff, bes.
S. 257ff). Offensichtlich ist freilich auch, daß die Stringenz eines solchen
Jesusbildes abhängig ist von bestimmten Akzentsetzungen hinsichtlich
dessen, was für die Erkenntnis der Eigenart von Geschichte
und Wirksamkeit Jesu als kennzeichnend zu gelten hat. So ist es für
den Autor gar keine Frage, daß im Zusammenhang seines Grundanliegens
an erster Stelle von Jesus als dem „Wundertäter" zu sprechen
ist. Denn auf ihn vor allem treffen - auch nach Ausweis des entsprechenden
Belegmaterials aus den Evangelien - die „Merkmale
eines Magiers" zu (S. 143ff). Demgegenüber erweist sich die „Lehre
Jesu" lediglich „als Konsequenz und Erweiterung seiner Wunder"
(S. 234; vgl. auch S. 146); und was speziell die „Gesetzeslehre" Jesu
betrifft, so ist nach der Auffassung des Autors im Blick auf das entsprechende
Jesusbild der Evangelien sogar von sekundären „judaisieren-
den Zügen" zu sprechen (S. 252ff; vgl. auch S. 450- Es versteht sich
bei solcher Lesart der Evangelien von selbst, daß vor allem das
Markusevangelium mit seiner besonderen Akzentuierung des Thau-
maturgen Jesus für das Anliegen des Autors grundlegende Bedeutung
erhält: Seine Struktur - die relativ lose Aneinanderreihung von