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Ausgabe:

1983

Spalte:

726-727

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Petersen, David L.

Titel/Untertitel:

The roles of Israel's prophets 1983

Rezensent:

Wallis, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 10

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Unter dem Titel „Polytheismus und Henotheismus in der Religion
Eblas" (31-48) stellt Pettinato zuerst den Polytheismus Eblas vor
und umgeht auch nicht das strittige Problem der theophoren Elemente
II und Ya. Ya am Wortanfang bestätige seine theophore Funktion
. „Ob dann weiter Yaw der Texte von Ebla mit dem Gott Israels
zu identifizieren ist oder nicht, ist gewiß ein interessantes Problem,
das es aber ganz ohne jedes Vorurteil irgendwelcher Art zu untersuchen
und zu lösen gilt." (45) Mehr als die Fragestellung wird nicht
angeboten. In einem zweiten Abschnitt zeigt der Vf. an einem Text,
den er „Hymnus an den König des Himmels und der Erde" nennt, daß
sich die Eblaiter auf dem Weg zu einem betonten Henotheismus
befanden. Der Herausgeber fügt Hinweise auf die kritische Auseinandersetzung
mit den Thesen Pettinatos an.

Nach dem „Monotheismus in Mesopotamien?" (49-81) fragt
B. Hartmann. Da Mesopotamien als das klassische Land des Polytheismus
gelte, bestünden für die Fragestellung ungünstige Voraussetzungen
. Nach einem kurzen wissenschaftlichen Überblick stellt der
Vf. das Quellenmaterial vor, das er in Texte persönlicher Frömmigkeit
in Hymnen und Gebeten, Texte mit theologischen Spekulationen
und Texte zum Problem des persönlichen Gottes ordnet. Zuletzt prüft
er das Material an den Definitionen von Monotheismus, Monolatrie
und Henotheismus, die er dem Wörterbuch von Bertholet entnimmt,
und kommt zu dem Ergebnis, daß Henotheismus und Henolatrie
(„dauerhafte Verehrung eines bestimmten Gottes") als Erscheinungsform
einer polytheistischen Theologie nachweisbar sind, dagegen
Monotheismus und Monolatrie nicht vorkommen. - Man darf sicher
von einem Aufsatz nicht zu viel erwarten, aber es scheint ein etwas
mageres Ergebnis zu sein, wenn im Netz der über die Texte geworfenen
Begriffe nur ein neuer Begriff gefangen wird, dessen Anwendung
auf Texte, die nicht nach Gattungsmerkmalen gesichtet sind, kritisch
hinterfragt werden muß. Es ist schade, daß bei den meisten Literaturverweisen
die bibliographischen Angaben unvollständig sind und daß
zum Aufsatz von A. Jeremias „Monotheistische Strömungen innerhalb
der babylonischen Religion", Leipzig 1904, nur vermerkt wird,
daß der Vf. ihn nicht eingesehen hat.

E. Hornung untersucht den „Monotheismus im pharaonischen
Ägypten" (82-98) an drei Einzelfragen: Echnatons Gottesglaube,
Vorläufer von Echnatons Gottesidee, Auswirkungen von Echnatons
Gottesidee in Ägypten und seiner Umwelt. Der Gottesglaube Echnatons
, „auf den wohl auch die schärfste Definition von Monotheismus
zutreffe" (84), sei zwar in Ägypten zum Scheitern verurteilt gewesen,
bedeute aber einen tiefen Einschnitt in der ägyptischen Geschichte,
und man könne trotz Fehlens ägyptischer Quellen mit der Einflußnahme
auf die Umwelt rechnen.

H.-P. Müller bietet in seinem Beitrag „Gott und die Götter in den
Anfängen der biblischen Religion" (99-142) Überlegungen zur Vorgeschichte
des Monotheismus an. Er geht dabei nicht von einem der
herkömmlichen Begriffe wie Monolatrie, Henotheismus oder Monotheismus
aus, „die gegenüber der konkreten historischen Erscheinung
ein Reduktionsmodell darstellen" (100). Ihm geht es zunächst um
die emotional-affektive Orientierung, die den reflektierenden Überzeugungen
vorausliegt. Die altertümlichste Gestalt findet sich im
frühkulturellen Mythos in der jahwistischen Urgeschichte. Die Vätersagen
zeigen eine monolatrische Ausrichtung (Differenzierung der
Thesen von Alt). Im letzten Abschnitt geht der Vf. auf die Frage der
Ausschließlichkeit Jahwes in der Frühzeit der israelitischen Religion
ein und schließt mit der Feststellung, daß auch Ex 20,3a und 34,14a
noch keine Belegstellen für einen Monotheismus seien. „Insofern
gehört das erste Gebot noch auf die Seite der Monolatrie . . .; auch das
erste Gebot ist Teil der Vorgeschichte des Monotheismus." (137) Die
textorientierten Ausführungen des Vf. überzeugen durch ihre auf kritischer
Verarbeitung der Literatur basierenden Darstellung.

Der letzte Aufsatz „Monotheismus in Israel" stammt von F. Stolz
und ist Victor Maag zum 70. Geburtstag gewidmet (144-189). Als
Ausgangspunkte der Darstellung nennt der Vf. das Problem der Wertung
, der Entwicklung und der Differenzierung des Monotheismus.

Ihm komme es darauf an, „die Funktion einer spezifischen Einzigkeit
Gottes im Rahmen ihres religiös-kulturellen Gesamtsystems zu
beschreiben" (148). Im zweiten Abschnitt werden der Polytheismus
und antipolytheistische Bewegungen am Beispiel Echnatons, Mohammeds
und Zarathustras skizziert. Zuletzt fragt der Vf. nach dem israelitischen
Monotheismus, nach seiner Vorprägung durch die nomadische
Religion, nach Jahwes einzigartiger Stellung in Israels Frühzeit
, nach den Wurzeln antipolytheistischen Denkens und nach dem
Durchbruch des Monotheismus in exilischer und nachexilischer Zeit.
Ein kurzer Ausblick auf die Probleme des monotheistischen Lebensvollzugs
beschließt die Darstellung.

Die Beiträge von Müller und Stolz wenden sich streckenweise der
gleichen Thematik zu: Die Ausschließlichkeit und Einzigartigkeit
Jahwes in Israels Frühzeit. Der Ansatz ist jedoch verschieden. Stolz
beschäftigt sich vor allem mit dem Problem des Synkretismus und mit
polytheistischen Belegen aus der Königszeit (z. B. aus Kuntillet
Ajrud, mit Abb.), während die Auseinandersetzung mit Texten des
Alten Testaments kaum eine Rolle spielt. Man kann nur vermuten,
daß die Tagungsteilnehmer von 1978 an dieser Stelle im Gespräch
gewesen sind, worüber der Leser leider nichts erfährt.

Die Aufteilung des Textes ist stellenweise nicht sehr glücklich. Abbildungen
und ihre Erklärungen unterbrechen den Text, so daß Sätze
erst Seiten später ihre Fortsetzung finden (z.B. S. 167/172). Dem
Herausgeber ist zu danken, daß er diese Tagungsbeiträge zusammengestellt
und veröffentlicht hat und damit einen weiteren Kreis zu
einem neuen Gespräch über dieses theologisch gewichtige Thema
anregt und einlädt.

Leipzig Hans Seidel

Petersen, David L.: The Roles of Israel's Prophets. Sheffield: JSOT
Press 1981, 131 S. 8° = Journal for the Study ofthe Old Testament.
Suppl. series, 17. Kart. DM 36.-; Lw. DM 60,-.

Die Diskussion um das Verständnis der alttestamentlichen Propheten
ist eigentlich nie zur Ruhe gekommen, im Augenblick vielmehr
gerade wieder recht lebhaft. Der Vf. versucht, die soziologisch-anthropologische
Rollen-Theorie in diese Auseinandersetzung einzubringen
, um die grundsätzliche Situation der Propheten klarzustellen
(conceptual clarity, Preface S. 7). In Chapter One: Introduction
(Beyond „Charisma" and „Office") (9-15) setzt sich P. mit der von
M. Noth in seiner Rektoratsrede 1958 erstmals vorgetragenen Gegenüberstellung
von göttlicher Berufung und institutioneller Amtsübertragung
auseinander und kommt zu dem Ergebnis, daß beide Begriffe
keine klärende Bedeutung für die Analyse des israelitischen Prophe-
tentums besitzen.

Demgegenüber versucht der Autor in Chapter Two: Role Theory
and Study of Profecy (16-34) sein soziologisch-anthropologisch orientiertes
Instrumentarium vorzustellen. Er definiert allgemein den
Begriff der Rolle an den verschiedenen Lebensbezügen, des Schauspielers
auf der Bühne, des Sportlers im Wettkampf, überhaupt des
Einzelnen in der Gruppe, der Gesellschaft, wobei ein jeder eine streng
ausgerichtete und abgegrenzte Funktion wahrzunehmen hat. So sind
nun auch die Aufgaben gestellt, die Rolle der Propheten zu fixieren,
die Funktionen zu differenzieren, die Propheten in ihrer Umgebung
wahrnehmen. Dies möchte P. im Verlaufe der Untersuchung an den
verschiedenen für den Propheten verwendeten Begriffen klarstellen.

Aus Chapter Three: Role Labels (Theoretical Considerations, The
Labels rö'ch and 'is(ha)'elohim) (35-40) sei hier, ohne die Gedankengänge
näher darstellen zu wollen, das Ergebnis kurz mit Worten des
Autors dargetan: „The rö 'eh is a resident urban prophet, one active in
the public sacrificial cultus and one who engages in consultation on a
fec basis." (51) Demgegenüber gilt „The 'i.s(ha)'elohim and aecom-
panying bene hannebi'im are best understood using the category
pcripheral prophecy .... Ihc'isfhafelohim is depicted in the legenda
as a holy man, a person who manifests the sacral in the secular order."