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Ausgabe:

1983

Spalte:

724-726

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Monotheismus im alten Israel und seiner Umwelt 1983

Rezensent:

Seidel, Hans

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723

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr.10

724

von Dogmatik und Kirche: „Indem sie den Consensus des Glaubens
auf ihre Weise (nämlich argumentierend und diskursiv) zum Ausdruck
bringt, erweist die Dogmatik ihre kirchliche Funktion" (59).
Die Methodenfrage setzt ebenfalls im Horizont des Glaubens an: es
geht um die „Arbeitsweise .. ., die theologische Aussagen gewinnt
und begründet, ohne zu einer Selbstbegründung des Glaubens zu führen
" (69). Dem entspricht dann auch, daß das Kriterium der Glaubwürdigkeit
der Dogmatik mit ihrer Aufgabenstellung gegeben ist, zu
urteilen, „ob theologisches Reden auf die Einheit des Handelns Gottes
gerichtet ist" (68). Von nichttheologischen Einsichten her ist eine
Legitimation der Dogmatik nicht möglich. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis
ergänzt diesen Teil I des Artikels Dogmatik. Teil II gibt
für die „Nordischen Länder" eine historische Übersicht und fügt
„Prinzipielle Gesichtspunkte" hinzu. Unter diesen dominiert das
Integrationsprinzip, das so formuliert wird: „Es ist gut, danach zu streben
, alle Erkenntnisse, Überzeugungen, Glaubensvorstellungen und
Hoffnungen, die man hat, miteinander zu vereinigen" (87). Seine Geltung
wird (auch) für die Dogmatik bejaht und den Folgerungen sorgfaltig
nachgegangen. Zu ihnen gehört u. a. „das Prinzip des Zusammenwirkens
von Argumentation und Intuition" (89) in der dogmatischen
Arbeit, wobei der „wissenschaftlich arbeitende Dogmatiker ...
in jedem Fall eine besondere Verantwortung für die argumentierenden
Aufgaben" trägt und auch dafür, daß beide Gesichtspunkte
(Argumentation und Intuition) nicht vermischt werden und daß die
Dogmatik nicht die „Relevanz für die Kirche verliert" (90). Teil III
beschreibt die dogmatische Situation in Großbritannien seit dem
2. Weltkrieg und nennt dann „Tendenzen und Themen", darunter die
„Krise biblischer Theologie", den Versuch einer „nicht-kognitiven
Deutung des religiösen Glaubens" sowie die Einwirkungen kontinentaler
Theologie. Ausführlicher wird auf die Position von Thomas
F. Torrance eingegangen (980- Teil IV (nordamerikanische Dogmatik
) ist folgendermaßen unterteilt: Definition - Die Anfänge - Christliche
Anthropologie in der neuen Welt - Bundestheologie und vernünftige
Lehre - Hauptprobleme - Neubegründung der Vernunft. Zu
den Hauptproblemen gehören: Die Funktion der Vernunft, Christo-
logie als transzendentale Anthropologie, Prozeßchristologie, Gott im
Prozeß (108ff). Das Ergebnis lautet: „Die protestantische Theologie
in Nordamerika ist durch ihre Geschichte so geprägt, daß einer
Methode der Vernunft in ihrem Gebrauch nicht auszuweichen ist"
(III). Auch wenn diese Entwicklung nicht unkritisch gesehen wird,
lautet doch die Forderung: „Ohne Neubegründung der Vernunft geht
es nicht ab", denn: „Was in Übereinkunft von Christen als verbindliche
Lehre bezeugt wird, kommt nicht ohne Gebrauch der Vernunft
zustande" (113). Neubegründung der Vernunft heißt aber „antwortende
Vernunft": „Erweist sich Gott in der Vernunft als unausweichlich
, zeigt sich das in der Stimme des Gewissens" (114). Daraus folgt
die Notwendigkeit einer philosophischen Theologie, „die den Charakter
des Gewissens als praeambula fidei durchforscht und
beschreibt" (114). Wie der Zusammenhang mit dem Glauben direkt

hergestellt wird, zeigen Schlußsätze des Teiles IV:.....die Vernunft

als Gewissen kann ergriffen werden vom gemeinsamen verantwortlichen
Menschsein. Das ist Glaube. Und am im Tatwort Gottes gegründeten
Glauben arbeitet die neue Dogmatik" (115).

Unser Überblick zum Artikel Dogmatik (der auch zu den Teilen
II—IV jeweils am Schluß Literaturangaben bringt) wollte wieder an
einem ausgewählten Beispiel die Arbeit der TRE und ihrer Autoren
vorstellen. Unterschiede wie Gemeinsamkeiten im Verständnis von
Dogmatik konnten hoffentlich kenntlich gemacht werden (summarisch
wäre vielleicht zu sagen, daß sich die Positionen II, III und IV
untereinander näherstehen als das in ihrem jeweiligen Verhältnis zu I
der Fall ist).

Am Anfang des eben behandelten Beitrages begegnet das Stichwort
„enzyklopädisch" (41). Band IX enthält aber auch einen selbständigen
Artikel Theologische Enzyklopädie (G.Hummel) (716-742).
Hier finden sich Informationen zur Entwicklung der Enzyklopädie
allgemein sowie zur theologischen Enzyklopädie einschließlich der

Lexika. „Gegenwärtige Tendenzen" (738ff) betreffen wissenschaftstheoretische
, sprachanalytische und geschichtstheoretische Probleme
sowie neuere Einführungen in die Theologie. Am Schluß wird die
TRE charakterisiert unter Bezugnahme auf C. H. Ratschows Vorwort
von 1977. Letztgenannter begegnet auch in Band IX wieder als Autor;
so im Artikel Dogma (26-40, zusammen mit U. Wickert). Dem systematischen
Teil entnehmen wir folgende Definition: „Die Dogmen .. •
sind kirchlich rezipierte und autorisierte Urteile über die christlichen
Glaubensinhalte, die in einem Denkvorgang immer neu gewonnen
werden müssen, der den Bereich biblischer Glaubensbegründung mit
dem Welt- und Selbst-Verständnis, in dem Glaube sich heute ausspricht
, so zu vermitteln gestattet, daß Menschen des ausgehenden
20. Jh. an diesen Inhalten zu erfassen vermögen: mea res agitur"
(39).

In dem Zusammenhang von. Dogmatik, Enzyklopädie, Dogma
gehört gewiß auch die Dogmengeschichtsschreibung - so heißt der
Artikel von W.-D. Hauschild (116-125). Dogmengeschichte wird „als
Geschichte der Wahrheitserkenntnis, konzentriert auf den Sektor normativer
, definierter, kirchlich rezipierter Bekenntnisse und Lehren"
verstanden (123). Ein rein ideengeschichtliches Verfahren wird abgelehnt
; die „kulturellen, politischen und sozialen Faktoren" müssen
einbezogen werden. Was für die theologische Disziplin Dogmengeschichte
gilt, begegnet in modifizierter Form auch für die theologische
(so ausdrücklich S. 460) Disziplin Einleitungswissenschall
(460-482). H.-J. Zobel hat den alttestamentlichen Teil bearbeitet,
W. G. Kümmel den neutestamentlichen. Allerdings sind es mehr
geschichtliche und literarische Sachverhalte, die zur Vermeidung von
Engführungen berücksichtigt werden sollten.

Zwei der Theologen unseres Jahrhunderts, die in diesem Band
einen selbständigen Artikel bekommen haben, lassen sich sinnvoll im
Anschluß an die Artikel Dogmengeschichtsschreibung und Einlei-
tungswissenschaft nennen: Werner Eiert und Otto Eißfeldt. In den
Ausführungen über Eiert (A. Peters) werden Intention und Grenze
von Elerts dogmcngeschichtlicher Arbeit referiert (Hauschild hatte sie
ebenfalls erwähnt). Den Artikel über Eißfeldt verfaßte der Autor von:
Einleitungswissenschaft / Altes Testament. Von daher ergeben sich
ganz natürlich Querverbindungen und kommt es zu einer - keineswegs
unkritischen - Würdigung von Eißfeldts Bedeutung für die Einleitungswissenschaft
.

Von den insgesamt 84 Artikeln im Band IX sollen einige als Beispiel
für die breitgefächerte lexikalisch-enzyklopädische Sicht wenigstens
genannt werden: Disputatio, Dodekaprophcton, Dorfkirchenbewegung
, Dostojewskij, Drogen, Dürer, Eck, Ehe / Eherecht / Ehescheidung
(308-362), Empirismus, England, Entrückung, Entwicklung
, Epheserbrief.

Inzwischen liegt auch Band X vollständig vor; die Besprechung
erfolgt in Kürze.

Leipzig Ernst-Heinz Arnberg

Altes Testament

Keel, Othmar [Hrsg.]: Monotheismus im Alten Israel und seiner
Umwelt. Mit Beiträgen von B. Hartmann, E. Hornung, H.-P. Müller
. G. Pettinato, F. Stolz. Fribourg: Verlag Schweizerisches Katholisches
Bibelwerk 1980. 193 S. m. 14 Abb. 8" = Biblische Beiträge.
14.

Der Band enthält vier Beiträge, die in kürzerer Form 1978 auf der
Tagung „Probleme des Monotheismus" der „Schweizerischen Gesellschaft
für orientalische Altertumswissenschaft" in Zürich vorgetragen
worden sind, einen Vortrag von G. Pettinato (Symposium der Asso-
ciazione Biblica Italiana 1978) und eine Einleitung des Herausgebers,
die Gedanken zur Forschungsgeschichte vorträgt und das Problem des
Monotheismus in einen größeren Rahmen zu stellen versucht (Dürrenmatt
, Georg Steiner, K. Barth, S. Freud).