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Ausgabe:

1983

Spalte:

50-53

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Jüngel, Eberhard

Titel/Untertitel:

Entsprechungen 1983

Rezensent:

Fischer, Hermann

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 1

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Billings Vortrag 1927 ist früher nicht gedruckt worden. Das Manuskript
wird in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek
zu Lund aufbewahrt, wie Billings übriger großer theologischer Nachlaß
. Fritzsche veröffentlicht den Vortrag in seinem Buch (S. 66-86),
welches den theologischen Hintergrund und Zusammenhang diskutiert
.

Im Jahre 1900 veröffentlichte Billing die Abhandlung Luthers
Lehre vom Staat (neue, erweiterte Auflage 1971). Nach einem ausführlichen
Kapitel über das spätmittelalterliche Gesellschaftsverständnis
zeigt Billing die wichtigsten Linien in Luthers Sozialethik
auf, die in Zusammenhang mit Luthers reformatorischer Besonderheit
und seiner Lehre vom „Beruf gedeutet wird. Eine Hauptursache der
folgenden Lutherforschung in Schweden war der freimütige Entdek-
kergeist, den Billing vermittelte.

Billings Einfluß ist jedoch nicht auf die Lutherforschung beschränkt
. Seine - chronologisch gesehen zweite - große grundlegende
Forschungsarbeit ist bibeltheologisch: Die ethischen Gedanken im
Urchristentum (1907). Als Fundament für seine eigene Theologie gesehen
ist diese Schrift jedoch Arbeit Nummer eins. Hier begegnet uns
das von ihm gemalte Geschichtspanorama, das trotz Reichtum an
Details eine einheitliche Wirkung hat: Exodus, Wüstenwanderung,
die Propheten, Christus, die Apostel, die Glaubenszeugen durch die
Jahrhunderte. Der Zusammenhang, der im Alten Testament und mit
Christus geschaffen wird, läßt den Leser eine göttliche Offenbarungsgeschichte
sehen. Diese setzt sich in gewisser Weise ständig fort, nämlich
durch immer wieder neue Aktualisierung bei Menschen bis jetzt
und in die Zukunft hinein. Überlegungen zu einer solchen kontinuierlichen
Gottesoffenbarung hat Billing in seinen folgenden kleineren
Schriften entwickelt. Besonders bedeutungsvoll war, daß diese Gedanken
sein Kirchenverständnis mit dynamischer Kraft füllten. Die
Volkskirche ist übrigens Billing zufolge prinzipiell nicht Staatskirche.

Billing suchte nach einem geistigen Lebenszusammenhang, der in
Kontinuität und Konsequenz verglichen werden könnte mit der Gesetzmäßigkeit
der Natur gemäß naturwissenschaftlicher Lebensanschauung
. Seine Antwort war die Offenbarungsgeschichte. Diese
bildete außerdem eine kritische Instanz gegenüber einem statischen
Biblizismus, der sich auf eine falsche Objektivität in Lehrfixierung
und Verbalinspirationstheorie gründet. Die theologischen Autoritäten
, an die Billing anknüpfte, waren Exegeten wie Kahler, Schlatter,
Cremerund historische und systematische Forscher wie Stahl, Rieker,
W. Herrmann. In seinen Ergebnissen zeigte er eine einzigartige und
selbständige Kombination von Tendenzen, die später wiederzufinden
sind bei so verschiedenen Theologen wie Karl Barth, Oscar Cullmann
und Harvey Cox.

Fritzsche diskutiert die Einflüsse von kontinentalen Theologen. Er
weiß dazu, daß der Schlüssel Billings Theologie ist, Billing selbst. Die
ganz originale Konzeption ist von der Synthese gekennzeichnet. Auch
der Königsberger Vortrag zeigt, wie er „Vorsehungsglaube" und „Vergebungsglaube
" - oder Gesetz und Evangelium - in sozialen Fragen
zusammenführt. Das diese beiden „Reiche" miteinander verknüpft
werden, bedeutet nicht, daß sie auf ein Reich des Gesetzes oder des
Evangeliums reduziert sind.

Einar Billings größere Arbeiten sind nicht in deutscher Sprache herausgegeben
. Es ist mit Freude zu begrüßen, daß Hans-Georg Fritzsche
mit dieser reichen und kundigen Schrift darauf hinweist, wer der
Theologe - und auch der Mensch - Einar Billing war. Wenn man
Billing ein wenig kennengelernt hat. kann man ihn niemals vergessen.

Lund GöstaWrede

Albertus Magnus: Ausgewählte Texte. Lateinisch-deutsch. Hrsg. u.
übers, von A. Fries. Mit einer Kurzbiographie von W. P. Eckert.
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1981. XXXV.
265 S. 8* = Texte zur Forschung. 35. Kart. DM 59-

Die Biographie bietet auf 23 Seiten einen guten Überblick. Die Lite-
raturauswahl nennt u. a. 7 Sammelwerke und 2 größere Arbeiten zum

Jubiläum 1980. In der umfassend angelegten Werkausgabe (Editio
Coloniensis) sind bisher 9 Bände erschienen, die möglichst herangezogen
wurden. Die Übersetzung wird als Versuch einer sinngetreuen
Wiedergabe des Textes bezeichnet. Es „mußten in der Übersetzung an
vielen Stellen paraphrasierende Bemerkungen (in Klammern) hinzugefügt
werden, die jedoch sämtlich entweder dem Zusammenhang des
vorgelegten Textes entnommen sind oder Parallelstellen, die bei
Albert häufig gegeben sind" (XXXIII). Als Beispiel sei der Satz genannt
: „Experientia enim optima est in talibus magistra." Die Übersetzung
erklärt zugleich: „Erfahrung aus (wiederholter) Beobachtung
ist die beste Lehrmeisterin in der Naturkunde" (Nr. 13, S. 4-5). Die
Texte werden unter 281 Nummern von unterschiedlicher Länge geboten
: Die ersten 4 Seiten haben 25 Nummern, später ziehen sich einzelne
Nummern über mehrere Seiten hinweg. Die Auswahl wurde
unter 5 Überschriften gestellt: I) Zur Methode und Einstellung;
2) Naturforschung; 3) Mathematik; 4) Philosophie; 5) Theologie. Der
längste Abschnitt ist der über Philosophie, in der längere Ausführungen
Alberts über die Materie (155-167), über den Menschen
(171-185) sowie über die Ethik (185-221) besonderes Interesse finden
dürften. Die von Albert genannten Zitate werden nicht nachgewiesen.
Oft nennt Albert selbst Buchtitel und Kapitel (etwa bei Aristoteles,
Plato oder Cicero), so daß eine Überprüfung leicht erfolgen kann;
mitunter heißt es aber nur allgemein „sicut Avicenna dicit" ohne
nähere Hinweise. Der Band gibt einen wohlabgewogenen Einblick
zumal in den längeren Auszügen; doch sind auch die kurzen Sätze oft
recht aufschlußreich, so z. B. die Nachricht über die damaligen Ausgrabungen
in Köln (Nr. 87, S. 50/51). Der Auswahlband kann auch
begabten Studenten zum Selbststudium empfohlen werden.

GH.

Aubineau. Michel: Jean Chrysostomc, Sur Ic Saccrdoce. Deux remarques ä
l'occasion d'une edition recente (RSLR 18,1982 S. 47-51).

Moltmann, Jürgen: Die Wendung zur Christusmystik bei Teresa von Avila
(StZ 107,1982 S. 449^63).

Romero-Posc, Eugenio: El tratado 'de montibus Sina et Sion' y el donatismo
(Gr. 63,1982 S. 273-299).

Scckler, Max: Zu Lcssings ..theologischen Streitschriften'* (ThQ 162. 1982
S. 163-167).

Systematische Theologie: Allgemeines

Jüngel, Eberhard: Entsprechungen: Gott - Wahrheit - Mensch. Theologische
Erörterungen. München: Kaiser 1980. 377 S. 8' = Beiträge
zurevang. Theologie, 88. Kart. DM 38,-.

Mit dem vorliegenden Band hat E. Jüngel eine weitere Sammlung
seiner bereits - mit einer Ausnahme - publizierten Vorträge, Aufsätze
, Thesenreihen und auch selbständig erschienenen Abhandlungen
vorgelegt. Neben mehr wissenschaftstheoretisch orientierten Erörterungen
(„Die Freiheit der Theologie", „Theologie in der Spannung
zwischen Wissenschaft und Bekenntnis", „Metaphorische
Wahrheit. Erwägungen zur theologischen Relevanz der Metapher als
Beitrag zur Hermeneutik einer narrativen Theologie") finden sich
allein vier Beiträge zum Problem der natürlichen Theologie („Das
Dilemma der natürlichen Theologie und die Wahrheit des Problems".
„Extra Christum nulla salus-als Grundsatz natürlicher Theologie?".
„Gott - um seiner selbst willen interessant. Plädoyer für eine natürliche
Theologie", „Gelegentliche Thesen zum Problem der natürlichen
Theologie"), sodann Ausführungen zum Gottesverständnis
(„Quae supra nos, nihil.ad nos. Eine Kurzformel der Lehre vom verborgenen
Gott-im Anschluß an Luther interpretiert". „Gottesgewißheit
", „Das Verhältnis von .ökonomischer' und .immanenter' Trini-
tät"), eine Thesenreihe zur Christologic („Das Sein Jesu Christi als Ereignis
der Versöhnung Gottes mit einer gottlosen Welt: Die Hingabc
des Gekreuzigten"), eine solche zur Säkularisierung („Säkularisierung