Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1983

Spalte:

699-700

Kategorie:

Religions- und Kirchensoziologie

Autor/Hrsg.:

Ritzer, Korbinian

Titel/Untertitel:

Formen, Riten und religiöses Brauchtum der Eheschließung in den christlichen Kirchen des ersten Jahrtausends 1983

Rezensent:

Haendler, Gert

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

699

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 9

700

stellte Titellisten, sondern zu den einzelnen Abschnitten jeweils einen
einführenden Kommentar des Bearbeiters. Auch dieser Beitrag macht
den Sammelband zu einer wichtigen Arbeitshilfe für alle, die in der
Kirche theoretisch oder praktisch mit der aktuellen Funktion und der
Zukunft der Familie zu tun haben.

Rostock Emst-Rüdiger Kiesow

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Ritzer, Korbinian: Formen, Riten und religiöses Brauchtum der Eheschließung
in den christlichen Kirchen des ersten Jahrtausends. 2„

verb. u. erg. Aufl., bearb. von U. Hermann und W. Heckenbach.
Münster/W.: Aschendorff 1981. XLI1I, 396 S. gr. 8* = Liturgiewissenschaftliche
Quellen und Forschungen, 38. Kart. DM 68,-.

K. Ritzer hat sein Buch 1962 erstmals vorgelegt. 1970 erschien es in
französischer Übersetzung, 1971 starb der Autor. Die Herausgeber
der jetzt vorliegenden 2. Auflage verweisen im Vorwort mit gutem
Grund darauf, daß Ritzers Arbeit „im Zuge der nachkonziliaren Liturgiereform
für die Neugestaltung des Trauungsritus grundlegende
Bedeutung gewinnen sollte". In der Einführung werden die entscheidenden
Weichenstellungen für die Ordnung des äußerst reichen
historischen Materials mitgeteilt: „Gott selbst hat nach dem Worte
der Heiligen Schrift die Ehe im Paradiese eingesetzt." Aus diesem Einleitungssatz
wird die Folgerung abgeleitet: Es gibt keine besondere
Form der Eheschließung, die auf Christus oder die Apostel zurückgeführt
werden könnte. „Das war auch bei diesem Sakrament nicht notwendig
, das für die Menschen nicht etwas bisher Unbekanntes darstellte
, sondern nur eine Einrichtung des Naturrechts, die so alt ist wie
das Menschengeschlecht, mit übernatürlicher Würde adelt." Schon
immer versuchten die Menschen „sich bei der Begründung des ehelichen
Verhältnisses des Segens und Schutzes der Gottheit zu versichern
, besonders durch Opfer und durch Reinigungs- und Ent-
sühnungsriten" (2). Die Kirche hatte also nichts Neues zu bieten, sie
fand Traditionen vor. Diese galt es „zu verchristlichen, ja sogar zu
liturgischen Riten umzubilden" (2). Es ging R. um die Formen, „mit
welchen Mutter Kirche in den verschiedenen Gegenden und Jahrhunderten
im Morgen- und Abendland den Eheschluß ihrer Kinder
umgeben hat" (2).

Teil 1/1 „Die Eheschließung bei den Völkern des Altertums und bei
den Christen der ersten 3 Jahrhunderte" ordnet hintereinander das
Alte Testament, die jüdisch-rabbinische Tradition, die Griechen in
der klassischen Zeit, die hellenistische Zeit, die heidnisch-römischen
Kaiser, um danach die christlichen Bräuche zu schildern; Tertullian
bildet dabei einen Schwerpunkt (58-67). Teil 1/2 „Eheschließung in
den Kirchen des Ostens vom 4. bis 11. Jahrhundert" (70-101) geht
auch auf die armenische, nestorianische, syrisch-jakobitische und
koptische Kirche ein. Immer wieder kommen auch juristische Probleme
in den Blick, z. B. die Ehegesetze von Justinian bis Alexios
Komnenos (112-128). Teil II/1 „Die Eheschließung in Rom und Italien
in den Kirchen des Westens vom 4. bis zum 11. Jahrhundert"
zieht die Linie noch weiter bis zum Missale Romanum Pius V. 1570
und Klemens VIII. 1604 (173-200). Ausführlich wird die Entwicklung
in Gallien beschrieben; hier sind germanische Volksrechte wichtig
, weil die Kirche an sie anknüpfen konnte (203-221). Die folgenden
Schauplätze sind das westgotische Spanien (222-237) sowie die britischen
Inseln in keltischer und angelsächsischer Zeit (238-255). Der
kirchliche Einfluß auf die Eheschließung in Gallien wurde im 9. und
10. Jahrhundert durch Pseudoisidor verstärkt (268-281). Das Kapitel
„Die Eheschließung in Deutschland bis zum 11. Jahrhundert" beruft
sich neben der Gudrunsage und dem Nibelungenlied (289) vor allem
auf die kirchenrechtliche Sammlung des Bischofs Burchard von

Worms (295-297). Im letzten Kapitel kommt noch die französische
Frühscholastik bis zu Hugo von St. Viktor zur Sprache (298-320).

Zusammenfassend stellt R. fest, daß es „eine eigentliche kirchliche
Eheschließung" bis 300 nicht gegeben hat (326). Im späten
4. Jahrhundert entstand „aus den weltlichen Formen der familiären
Hochzeitsfeier der Hochzeitsritus der griechischen Kirche" (327).
Während der kirchliche Eheschließungsritus im Osten allgemein zu
der verbindlichen Form der Eheschließung wurde, blieb im Westen
eine größere Vielfalt erhalten. Unter dem Einfluß der pseudoisido-
rischen Fälschungen nahm die Kirche „seit dem 10. Jahrhundert die
Überwachung des Eheabschlusses und die Gesetzgebung über die
Eheschließung stärker in die Hand" (331). Dennoch hielten sich in der
Liturgie auch „Gebräuche außerchristlichen Ursprungs. Dem Charakter
des Ehebundes als eines Rechtsverhältnisses entsprechend sind
es zum großen Teil Symbole und Formen des Rechtslebens, die in den
heiligen Bezirk der kirchlichen Liturgie Eingang gefunden haben."
(333) Hierher gehört an erster Stelle der Ehering bzw. Verlobungsring
, aber auch die Verwendung von Kranz und Krone (334).

Das Buch endet mit dem Abdruck von Texten: Stücke aus einem
Lied des Paulin von Nola, aus der Antwort Papst Nikolaus I. an die
Bulgaren, das Brautmeßformular des sog. Sacramentarium Leonia-
num, das Brautmeßformular der Gelasianischen Sakramentsüberlieferung
, das Brautmeßformular aus dem „Sacramentarium Grego-
rianum", das Papst Hadrian I. an Karl den Großen sandte. Eine am-
brosianische Brautmesse war bisher ungedruckt, ebenso ein Einsegnungsformular
aus dem 11. Jahrhundert. Es folgt ein Einsegnungsritual
aus dem Missale von Bobbio, ein Auszug aus Isidor von Sevilla
(De ecclesiasticis Officiis 11,20 und De conjugatis 5-8,10), ein Auszug
aus dem westgotischen „Liber Antiphonarius", das Eheschließungsritual
im Sakramentar von Vieh (Tarragonien). Mehrere Texte betreffen
Überlieferungen aus England (365-368). Einem westfränkischen
Einsegnungsformular aus dem 11. Jahrhundert folgen Eheschließungsritualien
aus deutschen Liturgiebüchern: Der Brautmeßritus
eines Sacramentars (10. Jh.) aus Kloster Fulda, das Gregorianische
Brautmeßformular in deutschen Pontificalien und Ritualien nach der
Jahrtausendwende, ein Ehesegnungsordo in deutschen Pontificalien
des 11. und 12. Jahrhunderts sowie Ehesegnungsformeln im Missale
von Ratingen bei Düsseldorf. Französische Ehesegnungsordines, die
bisher ungedruckt waren, beschließen den Band (380-383). Das umfangreiche
Literaturverzeichnis füllt 25 Seiten im Kleindruck, freilich
enthält es keine Literatur nach 1960. Dennoch dürfte diese zusammenfassende
Arbeit, die durchweg auf Quellen hinweist und viele
Quellen zitiert, wohl grundlegend bleiben für alle weiteren Untersuchungen
zu diesem Thema.

Rostock Gert Haendler

Jahrbuch für Liturgiewissenschaft. Hrsg. v. Odo Casel OSB. Register
zu allen von 1921 bis 1941 erschienenen 15 Bänden. Bearbeitet von
Photina Rech OSB und Mitarbeit von Sophronia Feldhohn OSB.
Hrsg. von Angelus A. Häussling OSB. Münster/W.: Aschendorff
1982.692 S. 8'. Kart. DM 240,-; Lw. 248,-.

Zwei Drittel des Bandes umfaßt das umfangreiche Hauptregister,
das mit rund 100 000 Verweisen Namen, Sachen, Formeln und Ini-
tien aus den 15 Bänden des JLW erschließt. Außerdem enthält das
Register eine bibliographische Übersicht das JLW, ein Autorenverzeichnis
, eine Ordnung der Literaturberichte nach Sachgebieten,
ein Verzeichnis der in den Literaturberichten besprochenen ca.
10 000 Publikationen und der Rezensenten, ferner Register der Bibelstellen
, der Sakramentartypen und der Handschriften. Einleitend
charakterisiert der Herausgeber das JLW und würdigt den Beitrag des
durch seine Mysterientheologie bekannt gewordenen Odo Casel OSB
(t 1948). Das Register dokumentiert den weiten Horizont des JLW,
das die liturgische Erneuerungsbewegung zwischen den beiden Weltkriegen
umfassend widerspiegelt. Den fleißigen Benediktinerinnen