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Ausgabe:

1983

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 8

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fuhrliche Wiedergabe einer Erzählung die Auslegung, eine andere
(S. 369(T) begnügt sich mit einer Ausbreitung des Textes ohne die
Konkretion des pro nobis. Das Wort „Pantokrator" (S. 258) müßte
wohl erklärt werden.

Diese Anmerkungen wollen nicht den Wert der homiletischen Hilfe
schmälern; sie sind lediglich ins Ohr der Redaktion gesagt.

Berlin (West) Johannes Adler

Krusche, Werner: Gottes große Einladung. Predigten. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt 1982.208 S. 8'. Lw. M 7,80; Ausland 1 l,-.

Der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen wählte 27 Predigten aus,
die er von 1970- 1980 hielt, davon mehr als die Hälfte in Magdeburg.
Krusches Stärken als Prediger zeigen sich auch in der gedruckten
Form: Der Text wird theologisch durchdrungen und homiletisch so
verarbeitet, daß der Hörer oder Leser das Wesentliche in elementarer
Form vernimmt. Dazu helfen die klare, einprägsame Gliederung und
das ständige Bemühen um Konkretionen: „Der Prediger muß nicht
nur etwas zur Verständlichkeit, sondern auch zur Behältlichkeit seiner
Predigt tun'* (Vorwort). Obwohl Krusche von Karl Barth beeinflußt
ist, widerlegt er die These, thematisch disponierte Predigten würden
dem Text nicht gerecht. Textnähe und Situationsbezug verbinden
sich in einer Tiefe, die dem Leser wie dem Hörer zur oikodome dient.
Welt, Gemeinde und einzelne sind gleichermaßen im Blick. „Gottes
große Einladung*' wird ermutigend und werbend, auch selbstkritisch,
aber frei von Gesetzlichkeit ausgesprochen.

E.W.

Korck, Gottfried: Heinrich Vogel als Prediger (ZdZ 36, 1982 S. 293-297).

Haustein. Manfred: Lutherais Prediger (Standpunkt 11,1983 S. 93-95).

Mien leeve Tohörer. Plattdeutsche Morgenandachten. Hrsg. vom Arbeitskreis
„Plattdeutsch und Kirche'". Hermannsburg: Missionshandlung 1982.
262 S.8geb. DM 29,-.

Nitschke, Horst [Hrsg.]: Passion. Predigten - Meditationen - Andachten -
Gottesdienste. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1983. 157 S. 8'
= Gottesdienstpraxis. Serie B: Arbeitshilfen für die Gottesdienste zu den Festzeiten
. Kart. DM 19,80.

Schmidt. Ludwig [Hrsg.]: Umkehr zu Gott. Thcmagottesdiensle zu Passion,
Karfreitag, Bußtag und zu den Bußpsalmen. Göttingen: Ehrenfried Klotz Vertag
im Verlag Vandenhoeck& Ruprecht 1982. 197 S. 8* = Dienst am Wort, 43.

Praktische Theologie:
Seelsorge/Psychologie

Kopp, Martin: Seelsorgeteam - Sammlung in der Sendung. Der spirituelle
Wert der Gemeinschaft in verschiedenen Seelsorgegruppen.
Darstellung und Deutung einer Befragung. Köln: Benziger 1982.
484 S. gr. 8 DM 39,-.

Spiritualität ist zu einem Modethema in der kirchlichen und auch
außerkirchlichen Landschaft geworden. Man kann mit ihm ganze
Kurse in Verzückung versetzen. Je diffuser dabei die Vorstellungen
bleiben, umso besser für den spirituellen Markt. Kein Wunder, daß
sich auch die theologische Arbeit dieses Themas annimmt. Allerdings
hegt die Arbeit von Kopp keineswegs auf der üblichen modischen
Ebene. Er unternimmt vielmehr den dankenswerten Versuch, genauer
hinzusehen, zu analysieren, zu erheben, zu sichten und zu ordnen, um
schließlich das Phänomen besser deuten zu können. Spiritualität, das
vermeintlich Unfaßliche, Unaussprechliche, Geistlich-Unorgani-
sierbare, das was mit Gnade und Überraschung zu tun hat, was sich
auf der Skala zwischen Mystik und Politik, zwischen Rationalität und
Irr tionalität eher auf der Seite der Mystik und der Irrationalität zu
befinden scheint, wird mit den Röntgenaugen sozialwissenschaftlicher

Instrumente untersucht. Eben dies ist schon deshalb verdienstlich,
weil dadurch die „inkarnatorische Struktur" aller Gnade theologisch
ernstgenommen wird. Es wird folglich zu Recht mit der Möglichkeit
gerechnet, daß die spirituelle Erfahrung durchwoben ist mit
psychologischen und gruppensoziologischen Momenten, ja daß diese
selbst die konkrete Spiritualität mitkonstituieren. Ein außerkirchliches
Beispiel läßt uns dies leichter akzeptieren: So wird (wohl
begründet) behauptet, daß nicht wenige Jugendliche in Sekten gehen,
um in diesen eine „Identitätsanleihc" tür ihr labiles Ich zu nehmen,
mit der sie sinnvoll überleben können.

Kopp untersucht nun die Spiritualität von Seelsorgergruppen in der
Schweiz. Nach einer ziemlich langatmigen Einführung in das Thema
und in die Methode (man hätte diese in einer Dissertation erträgliche
Fleißarbeit für die Publikation kürzen können: der Leser wird hier
auch ohne großen Verlust z. B. die Seiten 37-52 eher kursorisch überfliegen
können), werden vor allem in den Kapiteln drei bis fünf
(100-398) die wichtigsten Ergebnisse der mit Hilfe empirischer
Sozialforschung (offene und strukturierte Befragung von einzelnen
und Gruppen) durchgeführten Analyse der „Spiritualität"' in mehr als
einem Dutzend seelsorglicher Gruppen präsentiert. Dabei handelt es
sich um Gruppen, deren Zusammenhalt vor allem durch die gemeinsame
Seelsorgsarbeit gegeben ist. Zusammengesetzt sind sie verschiedenartig
: Es gibt neben reinen (Ordens-)Priestergruppen gemischte
Teams, in denen neben Priestern auch Laien, zumeist verheiratete,
eingebunden sind. Kopp versucht mehrere bedeutsame Fragen einer
„induktiven spirituellen Theologie" (15) zu klären: Was ist für die
Leute selbst Spiritualität? Gibt es eine spezifische Spiritualität der
Seelsorger? Unterscheiden sich noch einmal die Spiritualität der Priester
und der (hauptamtlichen) Laien? Welche Beziehung hat schließlich
die (spezifische Seelsorger-)Spiritualität für die Glaubwürdigkeit
der Verkündigung in der gegenwärtigen, keineswegs mehr christlichen
(man möchte sagen: aspirituellen) Gesellschaft? Die letzte Frage enthält
im übrigen die Kernhypothese der Forschung. In ihr wird vermutet
(was die Studie eben erhärten, modifizieren oder verwerfen soll):
„Wer vollumfänglich im apostolischen Dienst steht, sucht in mancher
Hinsicht, besonders in der aktuellen Situation, einen Zusammenschluß
mit denen, die mit ihm und neben ihm den Dienst versehen. Er
sucht Stütze im Glaubensvollzug, der ihm erst seinen Dienst ermöglicht
. - Der Glaube des Seelsorgers und Verkündigers will so vollumfänglich
und ganzmenschlich wie möglich vollzogen sein und möchte
sich deshalb in einer konkreten, vom Glauben getragenen und im Glauben
tragenden Gemeinschaft realisieren und bewähren" (42,402).

Die in „phänomenologischer Demut" (92) (J. Schasching?) durchgeführte
Erhebung und die Präsentation ihrer reichhaltigen Ergebnisse
- man wird von der Wucht der Einzeldaten schier erdrückt -
werden in dieser Rezension nicht im einzelnen vorgelegt. Diese spannende
Arbeit soll dem möglichen Leser des umfangreichen Buches
nicht erspart bleiben. Vielmehr sollen einige Aspekte ausgewählt werden
.

1. Beeindruckend ist in den Ergebnissen die offenkundige
Schwäche traditioneller „Spiritualität": ihre Sprache (422), ihre Bilder
, ihre Gestaltungsformen. Im Zusammenhang mit dem Gebet
spricht Kopp von verlorener Selbstverständlichkeit (306). An ihrer
Stelle finden sich Scheu, Zurückhaltung, zugleich Eingrenzung der
Spiritualität vor allem in den Bereich der gemeindlichen Eucharistiefeier
, oder in die Auseinandersetzung mit der Schrift. Eingrenzung
könnte aber auch zugleich auf eine Ausgrenzung von „Spiritualität"
aus dem alltäglichen (pastoralen) Lebensvollzug bedeuten. Diese
Frage spitzt sich dann theologisch zu: Verweist die Ausgrenzung von
Spiritualität aus dem Alltag nicht eben auf eine Ausgrenzung Gottes
aus dem alltäglichen Leben überhaupt (421 ff)? Ist damit nicht der
Seelsorger ein Abbild des gegenwärtigen Bewußtseins, das für Religion
bestenfalls selten besuchte Bewußtseinsnischen bereitstellt? Es fällt
auf, daß es den Gruppen offenbar nicht einfachhin gelingt, diese Ausgrenzung
der theologischen Deutung des alltäglichen Lebens zu unterbrechen
.