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Ausgabe:

1983

Spalte:

582-583

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Rehm, Martin

Titel/Untertitel:

Das zweite Buch der Könige 1983

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 8

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staatlichen Zeit Israels stammen müssen, und daß ihre Traditionsträger
im mittelpalästinischen Raum zu suchen sind. Mit Zusammenfassung
und Konsequenzen (S. 506-526) schließt der Band.

Diese skizzenhafte Darstellung zeigt einerseits die Hauptlinien und
vielleicht auch die Stringenz der Beweisführung samt deren wesentlichen
Ergebnissen auf, und sie läßt anderseits die Vielfalt der behandelten
Themen und die Vielzahl der herangezogenen Texte erkennen.
So könnte man diese Studie in ihren entscheidenden Partien auch als
eine Untersuchung des J bezeichnen, wie er in den Büchern Ex und
Num nachgewiesen und für das Buch Jos hinsichtlich der Landnahmeüberlieferung
postuliert wird (S. 306, Anm. 22; S. 313,
Anm. 57). Gewiß wird man bei den zahlreichen Analysen hier und da
auch anderer Meinung sein können. Dem Kern der Arbeit aber wird
die Zustimmung nicht versagt bleiben. Und das bedeutet in der Tat
einen Fortschritt auf dem Wege alttestamentlicher Wissenschaft.

Greifswald Hans-Jürgen Zobel

Rose, Martin: Der Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes. Deutero-
nomische Schultheologie und die Volksfrömmigkeit in der späten
Königszeit. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer 1975. IX,
289 S. gr. 8' = Beiträge zur Wissenschaft vom Alten u. Neuen Testament
, 106. Kart. DM 49,-.

Deuteronomische Schultheologie und Volksfrömmigkeit werden
als Partner verstanden, die zur Thematik „Ausschließlichkeitsanspruch
Jahwes" einen Dialog führen. Diesen Dialog in der spätvor-
exilischen Zeit zusammen mit seiner langen Vor- und auch der Nach-
geschichte möglichst exakt zu erfassen, hat sich Vf. zur Aufgabe
gestellt. Ergeht ihre Lösung so an, daß er im Teil A (17-169) den Ausschließlichkeitsanspruch
in der deuteronomischen Schultheologie
und im Teil B (170-268) in der Volksfrömmigkeit verfolgt.

Zum Verständnis der Vorstellungen des Vf. sei vorweg erläutert,
daß er mit vordeuteronomischen Material aus der Landnahme- und
vorstaatlichen Zeit (vordtn) und einer deuteronomischen Sammlung
zur Zeit Hiskias (dtn) rechnet. Dieses Material ist von der deuteronomischen
Schule zur Zeit Josias (dtn Schule) ausgebreitet und von zwei
deuteronomistischen Schichten (dtr) in der Früh- bzw. Spätexilszeit
ergänzt und weiterinterpretiert worden. Daraus kann man ersehen,
daß Vf. bei den zu analysierenden Texten jeweils fünf Schichten abzuheben
sich bemüht. Diese bilden dann die Textgrundlage für die Erhebung
der thematischen Aussagen in ihrem religionsgeschichtlichen
Wandel. Die älteste vordtn Schicht kennzeichnet eine „archaischprimitive
Naivität". Weil Jahwe der Gott der Israel-Gemeinschaft ist
und zu dieser Gemeinschaft keine Fremden gehören, ist der Ausschließlichkeitsanspruch
Jahwes von der Struktur Israels her begründet
. Von der dtn Sammlung wird der Ausschließlichkeitsanspruch
Jahwes übernommen, dabei aber die Erwählung der Gemeinschaft
Israel und des Ortes Jerusalem besonders betont. Die dtn Schultheologie
entwickelt eine neue Konzeption, indem sie den Anspruch Jahwes
auf alle Lebensbereiche Israels herausstellt und somit die Gemeinschaft
zur Entscheidung zwischen Gehorsam und Ungehorsam auffordert
. Die ältere dtr Schicht ist von einer Ausweitung des Ausschließlichkeitsanspruches
in temporaler Hinsicht und die jüngere dtr
Schicht von einer solchen in geographischer Hinsicht bestimmt. Daneben
wird der Befehlscharakter der Gebote betont; eine Individualisierung
der Frömmigkeit ist zu beobachten.

Die sich hieran anschließende Frage ist die nach der Breitenwirkung
der Schultheologie aus den Tagen Josias auf die Volksfrömmigkeit des
spätvorexilischen Israel. Die Erhebungen, daß einerseits die überlieferten
Personennamen aus der nachjosianischen Zeit als theophores
Element Jahwe enthalten, anderseits aber bei den Ausgrabungen eine
Vielzahl weiblicher Statuetten gefunden worden ist, interpretiert Vf.
■m Blick auf die von den Statuetten unterschiedliche Funktion Jahwes
a's des in die Privatsphäre nicht hineinreichenden Nationalgottes. An

HanH ---r _ _ .___i_____ir~ o . i__n. A A » IC__UK..[ii;..U .1..,,

Tendenz der Funktionsexpansion, nicht des Funktionswandels Jahwes
auf, die auch die Texte des Deuteronomiums erkennen lassen. So
konnte die dtn Schultheologie die Entpersönlichung des Jahwe-Glaubens
rückgängig machen und die Ausschließlichkeit Jahwes sowohl in
der offiziellen Religion als auch in der Volksfrömmigkeit durchsetzen
.

Das Konzept des Vf. ist weit gespannt. Es wirkt einleuchtend; und
das ist es auch. Dabei spielen die Abschnitte über die Personennamen
und die Archäologie eine hervorragende Rolle im Blick auf die Untermauerung
seiner Thesen. Das Buch allerdings steht und fällt mit den
Textanalysen. Diese auch nur exemplarisch vorzuführen, würde
schon den gebotenen Rahmen sprengen. Deshalb müssen zwei
knappe Ubersichten genügen. Die von Dtn 13,2-17,7 sieht so aus:
vordtn: 13,2a.3b*.4a.6aa.b.7a.ba.9.1 Oaa. 11 a. 12.14a.ba. 16a; 17,2aa.

ba.3aa.5aa.b.7b;
dtn: 13,2b.3a.6a/r*.10aj?.b.llb.l3.15; 17,2a0.4.6.7a;
dtr: 13,3b*.6a/f*.7b/?.8.14aa*.b/S.16b.l7-19; 17,2b/?.3a£.b.5aß.
Beachtenswert ist, daß statt der fünf Schichten hier nur drei abgehoben
werden. Und die Analyse von Dtn 26,16-19 lautet:
dtn Schule: 26,17a.ba.18aa;
älterer dtr: 26,17b)S.18b.l9ba;
jüngerer dtr: 26,16.18a£. 19a.b#

Beide Male geht Vf. scharfsinnig mit den Texten um. Doch das Ergebnis
stimmt skeptisch, weil eine solche Atomisierung von Texteinheiten
zu oftmals nur Viertelversen und weniger an die schwächste
Phase der literarkritischen Arbeit am Pentateuch erinnert, wo man
eben auch den J, E und P noch weiter zu unterteilen versuchte. Ganz
anders sieht die Analyse von Dtn 12,1-13,1 aus: 1) die vordtn Schicht
läßt sich zwar inhaltlich, aber nicht mehr sprachlich fassen; 2) zur dtn
Sammlung gehört v 13-19; 3) die dtn Schule ergänzt v 20-27; 4) die
ältere dtr Schicht umfaßt v 8-12; und 5) die jüngere setzt v 2-7 davor.
Das leuchtet wohl jedem ein, ist aber auch nicht neu.

So legt man dieses Buch nachdenklich aus der Hand. Es bietet eine
Fülle treffender Beobachtungen und Anregungen, wofür jeder Leser
dem Vf. Dank sagen wird. Daß er große Linien im Auge behalten und
konsequent verfolgen kann, hat er nachdrücklich unter Beweis
gestellt. Deshalb sollte man die in Dissertationen oftmals anzutreffende
akademische „Kinderkrankheit" hyperkritischer Sezierarbeit
nicht allzu ernst nehmen.

Greifswald Hans-Jürgen Zobel

Rehm, Martin: Das zweite Buch der Könige. Ein Kommentar. Würzburg
: Echter Verlag 1982. 274 S. gr. 8". Kart. DM 49,-.

Martin Rehm, Professor für Altes Testament an der Katholischen
Universität Eichstätt, hat bereits im Rahmen der Echter-Bibel die
Samuel- und Königsbücher bearbeitet (Würzburg 1949). Drei Jahrzehnte
nach dieser erläuterten Übersetzung ist nun ein Kommentar
aus R.s Feder erschienen, der das erste Königsbuch behandelnde Teil
bereits 1979.

Hinter der relativ geringen Seitenzahl verbirgt sich durch ökonomische
Ausnutzung des Raumes (Verwendung kleiner Typen, Verzicht
auf Anmerkungen) ein Werk, das durchaus mit den .großen'
Kommentaren verglichen werden kann und bei diesem Vergleich sehr
gut abschneidet. Abgesehen wird freilich von umfangreichen Literaturangaben
, von ausführlichen Auseinandersetzungen mit anderen
Auffassungen und von der Mitteilung mancher textkritischer Detailbeobachtung
. Das aber ist bei einem Kommentar, der für einen weiteren
Benutzerkreis bestimmt ist, durchaus als Vorzug anzusehen.

Der nach Sinnabschnitten gegliederte Kommentar bietet nach
jeweils vorangestellten ausgewählten Literaturhinweisen den Text in
Übersetzung. Es folgen erforderlichenfalls knappe Bemerkungen zur
Übersetzung und zur Analyse des Textes. Das Hauptgewicht liegt auf
der Auslegung, die auf eine möglichst gediegene und gründliche histo-