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Ausgabe:

1983

Spalte:

545-546

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Pohlmann, Dietmar

Titel/Untertitel:

Offene Lernplanung in der Religionspädagogik 1983

Rezensent:

Wegenast, Klaus

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

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gischen Bewegung - also von der,Basis' - vorbereitet wäre" (S. 512).

Der Rez. erlaubt sich, mit einem Wunsch zu schließen: Möge die
Liturgische Erneuerung nicht in eine ökumenische Krise münden,
sondern offen sein, um den Weg ökumenischer Gastfreundschaft im
Gottesdienst behutsam und beharrlich zu gehen!

Schwerte Karl-Fr. Wiggermann

Brakmann, Heinzgerd: Zu den Liturgien des christlichen Ostens (ALW 24,
1982 S. 377-410).

Fries, Albert, CSSR: Eine weitere Mafiensequenz des Albertus Magnus?
(ALW 24,1982 S. 365-374).

Häussling, Angelus A.: Liturgie in Arbeitsinstrumentarien und Sammelwerken
(ALW 24, 1982 S. 430-447).

Kiedl, Friederike: Liturgisches Spiel - Geistlicher Gesang (ALW 24, 1982
S. 317-364).

Limburg, Hans J.: Liturgie in der Religionspädagogik (ALW 24, 1982
S. 411-429).

Liturgie als schöpferische Tradition (Themaheft Concilium 19,1983, Heft 2):
Perrot, Charles: Der Kult der Urkirche (S. 85-90) - Gelineau, Joseph: Tradition
, Kreation, Kultur (S. 91-98)-Collins, Mary: Hindernisse für die Kreativität
in der Liturgie (S. 99-106)-Scherer, Pedro Farnes: Mündliche und schriftliche
kreative Improvisation im Altertum (S. 107-116) - Pietri, Charles: Liturgie
, Kultur und Gesellschaft. Das Beispiel Roms in der ausgehenden Antike
(4.-5. Jahrhundert) (S. 116-124) - White, James F.: Kreativität: die freikirchliche
Tradition (S. 124-131)- Wegman, Herman: Bedeutende Wirkungen nach
unbedeutenden Änderungen (S. 132-136)-Sanon: Titianma Anselme: Kulturelle
Einwurzelung der Liturgie in Afrika seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil
(S. 137-145)- Puthanangady, Paul: Die Inkulturation der Liturgie in Indien
seit dem Zweiten Vatikanum (S. I46-I51)-Sullivan, Francis: Psalmenübersetzung
als Schaffung eines neuen Gedichts (S. 152-158) - Aldazäbal, Jose: Die
Liturgie muß von den Jugendlichen lernen (S. 159-165).

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Pohlmann, Dietmar: Offene Lernplanung in der Religionspädagogik.

Kategorien einer theologischen Dialektik. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1982. 293 S. gr. 8' = Arbeiten zur Religionspädagogik
, t. Kart. DM 38,-.

Das interessante Buch, eine Lüneburger Dissertation, ist eine der
wenigen Neuerscheinungen, die das Gespräch zwischen Erziehungswissenschaften
und Theologie neu anregt und in mancher Hinsicht
auch weiterführt als das in den letzten Jahren zu beobachten war.

Die Arbeit ist in ihrem Aufbau durchsichtig strukturiert. Einer kurzen
Einleitung (13-15) folgen Bemerkungen zur Zielsetzung der
Untersuchung (16-30), eine breite und sachkundige Darstellung der
allgemeindidaktischen Entwürfe zu einem „Offenen Curriculum"
und der sog. „Kommunikativen Didaktik" (31-103), der Entwurf
eines offen geplanten problemorientierten Religionsunterrichts
(104-216) und endlich der Versuch, den religionspädagogischen
Denkansatz, der bereits in den vorangehenden Kapiteln eine Rolle
spielte, näherhin zu beschreiben und theologisch und erziehungswissenschaftlich
abzusichern. Ergänzt wird das Buch durch ein vorzüglich
erarbeitetes Literaturverzeichnis. Leider fehlt ein Register, das
das doch umfangreiche Werk besser und rascher hätte erschließen
lassen.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt eindeutig auf der Darstellung des
erziehungswissenschaftlichen Diskussionsstandes zum Problem „Offenes
Curriculum" (nicht festgelegter Lehrplan) und auf dem originellen
Entwurf eines entsprechenden Religionsunterrichts als problemorientiertes
Unternehmen in der Schule.

Als Ziele der Arbeit nennt der Verfasser zuerst den auf einer normativen
Ebene zu führenden Diskurs der theologischen, anthropologischen
, sozialwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen
Voraussetzungen, die didaktische und fachdidaktische Entwürfe

immer schon bewußt oder auch unbewußt bestimmen, und dann eine
pädagogisch zu verantwortende Begründung des problemorientierten
Religionsunterrichts mit Hilfe der Theorie des „Offenen Curriculum"
und der „kommunikativen Didaktik". Diese Ziele nennt der Verfasser
auf dem Hintergrund seiner Entdeckung eines krassen Theoriedefizi-
tes im Rahmen der wissenschaftlichen Religionspädagogik seit dem
Beginn des Siegeszuges des problemorientierten Religionsunterrichts
zu Beginn der siebziger Jahre. Hier will der Verfasser Abhilfe schaffen,
dem Theoretiker und Praktiker des problemorientierten Religionsunterrichts
die neueren didaktischen Entwürfe kritisch erläutern und
ihn auch davor bewahren, unpraktikable Idealvorstellungen zu rezipieren
und mit ihnen zu scheitern. Interessant in diesem Zusammenhang
das Schema, mit dessen Hilfe Pohlmann die einzelnen Didaktikentwürfe
für den Leser erschließt: Anlaß - Anspruch - Formen der
Realisierung - Beurteilung. Dieses Schema wird durch ein weiteres
Analyse-Instrumentarium ergänzt, das dazu dienen soll, die Grundkategorien
der einschlägigen Entwürfe in ihren weltanschaulichen
und u. U. vorwissenschaftlichen Voraussetzungen durchsichtig zu
machen. Die hier in Dienst genommenen Kategorien nennt Pohlmann
„Identität", „Emanzipation" und „Sinn".

Nach diesen erziehungswissenschaftlichen Vorarbeiten des 3. Kapitels
soll der folgende Abschnitt 4. die genannten drei Kategorien auch
religionspädagogisch in ihrer Bedeutung zu erhellen versuchen.
Davon erhofft sich der Verfasser einen „spezifischen und weiterführenden
Beitrag zur gegenwärtigen Forschungssituation des Religionsunterrichts
mit ihren Theoriedefiziten". Die größte Schwierigkeit
sieht der Verfasser dabei in einer theologischen Begründung der drei
erziehungswissenschaftlich durchbuchstabierten Kategorien. Auf
jeden Fall will er es bei dem Versuch einer In-Beziehung-Setzung
theologischer und erziehungswissenschaftlicher Gedankengänge vermeiden
, daß es zu einer unbilligen Uber- oder Unterordnung theologischer
oder pädagogischer Positionen kommt. Dagegen müht sich der
Verfasser um eine Verschränkung derselben oder um eine Abbildung
aufeinander, wie sie K. E. Nipkow schon in früheren Publikationen
vorgeschlagen hat. Das auf diese Weise entstehende dialogische Iden-
titäts-, Emanzipations- und Sinnkonzept und die in ihm gründenden
didaktischen Planungsmodelle eines offenen Curriculum des Religionsunterrichts
erscheinen Pohlmann dann als potente Hilfen, die
eigentlichen Grundintentionen des Christlichen im Kontext aktueller
Schülersituationen angemessen zur Sprache zu bringen. Als wichtigste
Grundintention nennt Pohlmann die Rechtfertigung, wie sie etwa
bei Paulus repräsentiert sei.

Im Blick auf die im Kapitel vier vorgelegte Fachdidaktik eines
schüler- und sachorientierten Religionsunterrichts kann gesagt werden
, daß es Pohlmann gelungen ist, theologische und erziehungswissenschaftliche
Kategorien so miteinander in Beziehung zu setzen, daß
nirgends von einer Übermacht entweder der Theologie oder der Pädagogik
gesprochen werden kann. M. a. W. heißt das, daß der Versuch
gelungen erscheint, die Religionspädagogik, ihre Theorie und Praxis
als eine nach beiden Seiten hin gleichursprünglich verpflichtete Wissenschaft
zu profilieren.

Es wäre noch eine Fülle zu dieser wichtigen Arbeit zu sagen, Erziehungswissenschaftliches
und Theologisches, ohne daß dann das
Ganze des Buches gewürdigt wäre; ich beschränke mich jedoch darauf
, das Buch denen zu empfehlen, die nicht damit zufrieden sind,
irgend etwas in der religiösen Erziehung zu machen, sondern die auch
danach fragen, warum man etwas macht und zu welchem Ende. Daß
man dabei manchmal in schwieriges Gelände „metatheoretischer Reflexion
" gerät, muß nicht nur lästig empfunden werden.

Kurzum, ein schwieriges Buch, aber eines, das das Durcharbeiten
lohnt, zumal es einen der wenigen Versuche repräsentiert, die Theologie
im Sprachfeld einer Erziehungswissenschaft ohne Substanzverluste
zu verantworten und dabei auch zu erweisen, welche Bedeutung
außertheologische Wissenschaft für theologisches Denken und Handeln
haben kann.

Bern Klaus Wegenast