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Ausgabe:

1983

Spalte:

543-545

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Maas-Ewerd, Theodor

Titel/Untertitel:

Die Krise der liturgischen Bewegung in Deutschland und Österreich 1983

Rezensent:

Wiggermann, Karl-Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

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Bd. IV. Das Kirchenjahr 2: Dezember bis März; Bd. V. Das Kirchenjahr
3: April bis August; Bd. VI. Bewegliche Kirchenfeste (Triodion.
Pentekostarion); Bd. VII. Nachträge einzelner Handschriften; Bd.
VIII. Azmatiki. Nachträge aus Blagovescenskij Kondakar (B); Bd. IX:
Wörterbuch. Erschienen sind bisher Bd. II-V. Wir werden das Erscheinen
der einzelnen Bände jeweils bekanntgeben. Eine Würdigung
der Gesamtausgabe soll bei Erscheinen von Bd. I vorgelegt werden.
Hier nur einige wenige Bemerkungen: Der Text auf Boris und Gleb
(Nr. 137, V, S. 110-111) findet sich auch in der Ausgabe von Abra-
movic (hrsg. von L. Müller, München 1967, S. 136). - Das Kontakion
Text Nr. 156 (V, S. 174-175) ist nicht auf die Einweihung der
Hagia Sophia gedichtet, die am 23. Dezember gefeiert wird, sondern
auf die Anastasiskirche Jerusalem am 13. September, vgl. auch
denselben Text in Maltzew's Monologion I, 72. - Text Nr. 1 (III,
S. 2-3) würde ich „sobesednik" (synomilos) weder mit „Begleiter"
noch mit „Mitsprecher" übersetzen. „Sobesednik" ist jemand, der
einen theologischen Dialog mit einem anderen führt. Vielleicht „Gesprächführer
"? - Dortselbst (III, S. 5) würde ich „podvig" (agon)
besser und sinngemäß mit „Heldenkampf"' statt nur mit „Taten"
übersetzen. - Daß durchgehend „glas" (echos) mit „Stimme" statt mit
„Ton", „Kirchenton" übersetzt wurde, wird gewiß in einem Verzeichnis
der Errata später vermerkt werden. - Text Nr. 147 (V, S. 147
statt „Entschlafung" besser „Entschlafen" (uspenie, koimesis). - Text
Nr. 144 (V, S. 134-135) statt „Ruhm" besser „Herrlichkeit" (slava,
doxa). - Die heortologischen Nomenklaturen werden natürlich wörtlich
übersetzt. Es empfiehlt sich, in einem späteren Register zunächst
die übliche Bezeichnung zu bringen und auf die des Textes zu verweisen
, z. B. „Hineintragung der [heiligen] Gottesmutter in die Kirche"
(III, S. 180-181) nach „voznesyi sja" (eishodos), s. unter Tempelgang
der Gottesmutter (vgl. auch App. S. 180: vvedenie); sretenie (hypa-
pante) ist IV, S. 150-151 richtig mit „Begegnung" wiedergegeben
worden. Es wäre vorzuschlagen, im Register die Nomenklaturen
„Darstellung im Tempel", „Mariae Lichtmeß" mit dem Hinweis auf
„Begegnung des Herrn" zu gebrauchen. - III, S. 134-135 wird
„Pjatnicja" („Pjatnica") mit dem grch. „Paraskeue" übersetzt. Wahrscheinlich
wäre „Paraskeue-Pjatnica" ansprechender gewesen, weil
bei der altrussischen Pjatnica neben dem christlich-hagiographischen
noch ein außerchristlich-folkloristischer Kontext zu beachten ist. -
Weitere Bemerkungen wird man erst machen können, wenn die entsprechenden
Hilfsmittel (Initienverzeichnis, Wörterbuch) zur Hand
sein werden. Aber schon jetzt dürfen Benutzer und Rezensent den
Herausgebern für diese wertvolle Edition danken und ihnen für den
weiteren Fortgang ihrer Arbeit alles Gute wünschen.

Halle (Saale) Konrad Onasch

Maas-Ewerd, Theodor: Die Krise der Liturgischen Bewegung in
Deutschland und Österreich. Zu den Auseinandersetzungen um die
„liturgische Frage" in den Jahren 1939 bis 1944. Regensburg:
Pustet 1981. 724 S. gr. 8' = Studien zur Pastoralliturgie, 3. Kart.
DM 98,-.

Mit der vorliegenden Schrift hat sich der Vf. am Fachbereich
Katholische Theologie der Universität Münster für Liturgiewissenschaft
habilitiert; inzwischen ist er Ordinarius in der Theologischen
Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt / Bayern.

Maas-Ewerd setzt mit seiner Habilitationsschrift die Studien fort,
die er 1969 in seiner Dissertation vorgelegt hatte: „Liturgie und
Pfarrei. Einfluß der Liturgischen Erneuerung auf Leben und Verständnis
der Pfarrei im deutschen Sprachgebiet" (vgl. ThLZ95, 1970
Sp. 781-784). In einem Kapitel bearbeitet er hier „die Festigung des
neuen Verständnisses der Pfarrei in der äußeren Bedrängnis und den
innerkirchlichen Auseinandersetzungen während des Zweiten Weltkrieges
" (S. 213-249). Die Krise in dieser Zeit wird in der Habilitationsschrift
detailliert dargestellt und in ihren Auswirkungen theologisch
untersucht; den Hintergrund bildet eine breit angelegte Dokumentation
(S. 513-695: 23 bisher ungedruckte Dokumente).

Der Vf. legt die Problematik in vier Kapiteln dar:.I. Die pastorale
Situation vordem Zweiten Weltkrieg(S. 41-98); II. Die Auseinandersetzungen
um die „liturgische Frage" (S. 99-242); III. Der Höhepunkt
der Krise (S. 243^169); IV. Die römische Entscheidung (S. 471-505).
Ein klarer Aufbau: die Entstehung und Entwicklung neuer Ansätze in
der pa.storalen Situation, also an der „Basis"; die theologischen Auseinandersetzungen
; das Eingreifen des bischöflichen Lehramtes; die
Entscheidung in der römischen Kurie. Der Vf. spricht von einem
,,,Modellfall' für die Bewältigung einer Krise im Leben der Kirche"
(S. 33). Es hatte - das sei hier betont - in neuerer Zeit Krisen gegeben,
die anders verlaufen waren; der Modernismus z. B. war zunächst und
vor allem eine theologische Krise, die disziplinarisch beendet wurde.
Mit der Liturgischen Bewegung dagegen setzten sich neue Kräfte, die
freilich altes Erbe ans Licht holten, gegen eine bloß konservierende
Haltung durch.

In der vorliegenden Schrift zeigt der Vf. eindrücklich anhand der
Quellen, daß die Liturgische Bewegung von vornherein pastoralliturgische
Züge hatte; sie wollte das pastorale und das liturgische Geschehen
in der Gemeinde - u. a. mit der Gemeinschaftsmesse - stärken
. Die Trennung zwischen dem priesterlichen Geschehen am Altar
und den privaten Frömmigkeitsübungen in den Kirchenbänken
wurde als deplaziert erkannt.

Hier setzte nun Kritik ein. Maas-Ewerd analysiert sorgfältig die
Haltung der Gegner, z. B. der Pfarrer Max Kassiepe und August Doer-
ner, deren Bücher schon in den Titeln Programm und Protest sind:
„Irrwege und Umwege" und „Sentire cum Ecclesia"; nicht minder
ablehnend warder Erzbischof von Freiburg, Conrad Groeber, der „die
übertriebene Auffassung vom .königlichen allgemeinen Priestertum'"
(zit. S. 447) als ekklesiologische Grundlage der Liturgischen Bewegung
vermutete.

Die Fülle des ausgewerteten Quellenmaterials bewahrt den Vf. vor
jeder einseitigen Bewertung; weder bei den Laien noch bei den Theologen
noch auch im Episkopat gab es eine einhellige Meinung. Die
vier Kapitel des Buches können nichtexakt chronologisch abgegrenzt
werden; es gibt Übergänge, und gerade sie sind interessant. Als deutsche
Bischöfe anregten, man möge - aus „Rücksichtnahme auf das
gegenwärtige Volksempfinden" (S. 529) - die jüdischen Namen im
Bräutsegen streichen, so kam aus der Kurie ein kategorisches Nein.
Rom reagierte nicht „behördlich", sondern theologisch.

Der Vf. kann an vielen Stellen Parallelen in der Gegenwart aufzeigen
-am Anfang (S. 35-39) und am Ende (S. 507-512) seines Buches;
er schreibt nicht nur über einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte
der Pastoralliturgie, sondern zeigt ihre heutige Bedeutung.

Trotz gelegentlicher Breite und auch Wiederholung in Darstellung
und Zitaten (vgl. u. a. S. 258, Anm. 92 und S. 586, Anm. 22) ist das
Buch eine spannende Lektüre. Für manche Passagen wäre eine kurze
Darstellung der Kriegslage in Deutschland und Italien in den Jahren
1943 und 1944 sowie der politischen Haltung der Bischöfe gegenüber
dem Nationalsozialismus und der Reichsregierung wichtig gewesen;
auch auf nationalsozialistische Liturgien hätte der Vf. genauer hinweisen
können. Das mindert aber nicht den Wert des Buches.

Zwei Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind besonders deutlich
betont: 1. Bei der Liturgischen Bewegung handelte es sich - auch unter
starkem äußeren Druck - nicht um „Äußerlichkeiten" (S. 512).

Maas-Ewerd wehrt jedem vorschnellen und generalisierenden
Urteil. Der Rez. denkt an die Ende 1943 niedergeschriebene Tagebuch
-Notiz des sonst so scharfsinnigen Theodor Haecker: „Manche
Liturgiker sind rabiat, oder sie sind imbezill. Sie tun wahrhaftig so, als
sei Christus in die Welt gekommen, um eine liturgische Bewegung
hervorzurufen (Tag- und Nachtbücher 1939-1945. München 1947,
S. 285).-

2. Die Liturgische Bewegung hat als Basisbewegung Erfolg gehabt.
„Das Zweite Vatikanum hätte keine Liturgiereform beschließen können
und wohl auch nicht beschlossen, wenn sie nicht von der Litur-