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Ausgabe:

1983

Spalte:

525-527

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Mertens, Klaus

Titel/Untertitel:

Die Stadtkirchen in Thüringen 1983

Rezensent:

Möbius, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

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Artikel in der alten RE greifen (1908), und für einen gemeinverständlichen
, wenn auch in Details zu korrigierenden, Überblick, der Einblick
in einige gegenwärtige Tendenzen der Waldenserkirche gibt,
kann man jetzt zu dem ohne wissenschaftlichen Anspruch geschriebenen
, doch lebendigen Buch von Giorgio Tourn greifen, Geschichte
der Waldenser-Kirche, Erlangen 1980 (inzwischen'in 2. Auflage,
vermehrt, erschienen; italienische Originalausgabe 1977).

Berlin Kurt-Victor Selge

' Kiefncr, Theo: Die Waldenser. Kurzer Überblick über ihre Geschichte.
Hrsg. von der Deutschen Waldenservereinigung. Ötisheim-Schönenberg:
Arnaudhaus 1980.77 S. m.24 Abb. z. T. färb., 3 Ktn 8 -Unterden hübschen,
sämtlich vom Autor auf seinen Reisen fotografierten Farbbildern ist freilich
auch eine alberne Maskerade von der Ankunft der Waldenser in Rohrbach mit
schwarzem Jüngling mit Bibel und angeklebtem Bart an der Spitze. Von
Deutschland handeln 30 Seiten, von Italien seit 1698 drei!

Chrysostomos, Archimandritc: Women in the Orthodox Church: brief com-
mentsfroma spiritual perspective (GOTR 26,1981 S. 193-200).

Dragas, George: Orthodox ecelesiology in outline (GOTR 26, 1981
S. 185-192).

Heer, Friedrich: Katholische und evangelische Identität in Österreich (EvD
52,1982 S. 130-153).

Holzapfel, Heimut: Niels Stensen und die katholische Gemeinde in Kopenhagen
(KHS 1981 S. 29-61).

Kessler, Ewald: Aus den Anfängen des deutschen alt-katholischen Bistums:
Entwurf einer Synodal- und Gemeindeordnung (1 KZ 72, 1982 S. 46-54).

Koenig, John: The Jewishness of the gospel: retlections by a Lutheran (JES
19, 1982 S. 57-68).

Madey, Johannes: „Der von dir, Vater, ausgeht und von deinem Sohne
nimmt". Der Heilige Geist im Beten der Syro-Antiochenischen Kirche. Paderborn
: Boniläcius Druckerei 1980. 155 S. kl. 8' = Oecumenismus Spiritualis,
III. Kart. DM 8,80.

Rutschman, LaVerne A.: Latin American Liberation Theology and radical
Anabaptism (JES 19,1982 S. 38-56).

Basdekis, Athanasios: Die Gottesmutter. Marienverehrung und Marienfrömmigkeit
in der orthodoxen Theologie und Kirche (ÖR 31, 1982
S. 424-442).

Löser, Werner: Marienlehre und Marienfrömmigkeit in der katholischen
Kirche - nach neueren lehramtlichen Verlautbarungen (ÖR 31, 1982
S. 411-424).

Erzbischof Melchisedek: Die Verehrung der heiligen Ikonen in der Russischen
Orthodoxen Kirche (Standpunkt 10,1982 S. 331-334).

Mersha, Bei'de Maryam, aus Addis Abeba: Die Geschichte der Äthiopischen
Patriarchen von 1926 bis zur Gegenwart. Diss. theol. Heidelberg 1982/83.

Sauser, Ekkart: Der heilige Mensch im Leben der Ostchristen (TThZ91,
1982 S. 291-303).

Christliche Kunst und Literatur

Mertens, Klaus: Die Stadtkirchen in Thüringen. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
1982. 192 S. m. zahlr. Abb., 104 Taf., 8 Farbtaf., 1 Falt-
taf. 4'. Lw. M 29,50; Ausland 35,-.

Das Bildhandbuch folgt in Anlage und Aufmachung den beiden
Vorgängerbänden „Die Stadtkirchen in Sachsen" (Autoren Löffler,
Blaschke, Magirius, erschienen Dresden 1973) und „Stadtkirchen in
Sachsen-Anhalt" (Autor Walter May, Berlin 1979, 2. Aufl. 1980). Es
unterscheidet sich von ihnen durch die geringere Opulenz der Denkmäler
, die sich aus der territorialen Struktur der hier behandelten Kirchenprovinz
ergibt. Eigentlich müßte der Band „Stadtkirchen im
Amtsbereich der Ev.-Luth. Kirche Thüringen" heißen. Erfurt, Zeitz,
Schleusingen, Suhl, aber auch Naumburg und Mühlhausen, die kulturgeschichtlich
zu Thüringen gehören, bleiben unreflektiert.

Als Bauten von überregionaler Bedeutung erfaßt der Band aus dem
mittelalterlichen Bereich die Stadtkirchen von Arnstadt, Jena, Röm-

hild, Saalfeld und Schmalkalden und aus dem Barock die Gottes-
hilfkirche in Waltershausen. Für Entdeckungen, die unser Bild der
deutschen klassizistischen und historisierenden Kirchenarchitektur
bereichern, hält der Rezensent die Johanneskirche in Gera und die
Marienkirche in Greiz. An den meisten Kirchen wurde in verschiedenen
Jahrhunderten gebaut. Wir stoßen etwa 40 mal auf mittelalterliche
Formen, 30 mal auf solche der Renaissance und des Barock,
etwa 40 Bauten zeigen sich vom Klassizismus und den Neostilen des
19. Jahrhunderts geprägt. 69 Gotteshäuser werden im Tafelteil vorgestellt
, manchmal mit mehreren Ansichten, gelegentlich auch nur
durch die Abbildung von Ausstattungsstücken. 37 Bauten erfahren
eine Würdigung lediglich im Text.

Die auf 42 Druckseiten ausgebreiteten 106 Kurzmonographien stellen
den wissenschaftlichen Kern des Buches dar. Aus einer verzweigten
und schwer zugänglichen Literatur hat der Verfasser alle wesentlichen
Angaben zur Bau- und Stilgeschichte der einzelnen Bauwerke
herausgezogen und übersichtlich zusammengestellt. Jede Monographie
beginnt mit der Geschichte des Anwesens, sie gibt die nötigen kirchengeschichtlichen
Zusammenhänge und informiert regelmäßig
auch über das Patrozinium. Der solide gearbeitete Text ersetzt in der
Tat für einen speziellen Bereich die noch ausstehende Neubearbeitung
des Thüringen-Bandes des Handbuches der deutschen Kunstdenkmäler
(„Dehio"). Autopsie verleiht den Beschreibungen Frische
und persönliche Färbung.

Auf 29 Druckseiten ist dem Tafelteil und der Topographie eine Einführung
vorangestellt. Sie führt von der Kirchengeschichte Thüringens
über die mittelalterliche Stadtgeschichte zur „Pfarrkirche der
Stadt". Anschließend erläutert ein stilgeschichtlicher Überblick die
Wandlungen der Bauaufgabe Stadtkirche in den einzelnen Jahrhunderten
. Es folgt eine Darstellung der überlieferten Ausstattungsstücke
(Altar, Kanzel, Kanzelaltar, Taufe, Heilige Gefäße, Orgel). Die Einführung
schließt auf anderthalb Seiten mit Erwägungen über die „Erhaltung
der historischen Kirchengebäude".

Die elf einleitenden Kapitel dürften den Teil des Buches ausmachen
, der die.meisten Leser findet. Es ist deshalb schade, daß den
Verfasser ein konventionelles kunsthistorisches Instrumentarium
daran hindert, tatsächlich zu zeigen, wie Jeder einzelne einst mit seiner
Pfarrkirche verbunden" war (S. 15). Der schöne Satz bleibt Programm
, das durch vage Andeutungen über den Turm als Wahrzeichen
der Stadt, über die städtebauliche Bedeutung der Stadtkirchen und
über Familienfeste und Ratsversammlungen, die in den Stadtkirchen
stattfanden, keineswegs erfüllt wird. Der Verfasser hat zu keinem Problem
seiner Einführung selbständige Forschungen unternommen. So
entgeht ihm zum Beispiel der Lebensbezug der Patrozinienwahl und
die theologische Bedeutung des Patrozinienwechsels. Maria erscheir t
im vorliegenden Band 21 mal als Patronin mittelalterlicher Kirchen,
Johannes der Täufer 8 mal, Nikolaus 6 mal - für eine Landschaft, die
im 13./14. Jahrhundert die meisten Kirchenneugründungen erlebte,
für ein altes Missionsgebiet und eine Gegend mit vielen Wasserläufen,
die überbrückt sein wollten, eine zutiefst bezeichnende Statistik! Das
barocke Patrozinium - es dominiert der Trinitätsgedanke - signalisiert
den Verlust des Heiligen als eines Volkshelfers. Wenn aus der
mittelalterlichen Geraer Kirche Johannes des Täufers im 19. Jahrhundert
die Kirche des Evangelisten Johannes wird, dann ist damit
eine grundsätzlich veränderte kirchengeschichtliche und religiöse
Situation an einem bezeichnenden Detail erläuterbar geworden. Der
im Band siebenmal registrierte Patrozinienwechsel vom Mittelalter
zum 17.-19. Jahrhundert hätte siebenmal Gelegenheit gegeben, das
jeweils „besondere Verständnis von Glauben und Kirche" (Landesbischof
Werner Leich im Geleitwort des Bandes) herauszuarbeiten.
Das Hl. Grab in der Saalfelder Johanneskirche hätte nach einer Würdigung
der mittelalterlichen Osterliturgie verlangt, die dem damaligen
Menschen weit mehr bedeutete als dem heutigen das Geschehen um
Advent und Christgeburt. Ostern war einmal das religiöse, im volksfrommen
Brauchtum reich entfaltete Zentrum des Kirchenjahres! Der
Vf. registriert im topographischen Teil immer wieder, daß die Stadt-