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Ausgabe:

1983

Spalte:

512-513

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Kleineidam, Erich

Titel/Untertitel:

Universitas studii Erffordensis 1983

Rezensent:

Scribner, Robert W.

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

512

der Verfasser mit der Persönlichkeit des Meißner Bischofs. Johann
von Maltitz, der sich in der nicht einfachen Lage befand, nach dem
jähen Tode Georgs des Bärtigen in den Untertanen Heinrichs des
Frommen einen großen Teil evangelischer Menschen zu haben, war
ein theologisch gut vorgebildeter, ausgesprochen irenischer Kirchen-
fürst seiner Zeit, der bereits als Kanonikus das Wohlwollen Georgs
genossen hatte und am 20. Oktober zum Bischof von Meißen gewählt
worden war. Das Ringen um Erhaltung des Katholizismus in den
Gebieten Mittweida-Rochlitz und Freiberg sowie die Sorge um die
Lausitz machte ihm mancherlei Beschwernis. Sein Nachfolger als
Dekan des Domkapitels, Julius Pflug, gehörte zu seinen engsten Vertrauten
. Durch die weitgehend gleiche, gute Ausbildung der beiden
ging die Initiative auf geistlichem Gebiete, die früher weitgehend bei
Herzog Georg gelegen hatte, auf die kirchliche Seite über, wobei der
Dritte im Bunde der namhafte Theologe Georg Weitzel war, der zeitweise
der neuen Lehre angehörte, dann aber zum alten Glauben
zurückgefunden und eine Stelle am herzoglichen Hofe angenommen
hatte.

Der plötzliche Tod Herzog Georgs ließ alle Versuche einer „katholischen
Reformation" im albertinischen Sachsen scheitern, obwohl
der Bischof nichts unversucht ließ, was in diese Richtung ging. Die
Wittenberger Theologen lehnten sie ab, wenn es auch an Verhandlungen
über „Dispense" verschiedener Art nicht fehlte. Am 13. Juni
1537 wendete sich Johann VIII. in einem Hirtenbrief an seine
Diözesanen. Hinzugetreten war der Streit des Bischofs um seine
Reichsstandschaft. Er nahm nun mit großer Beschleunigung die
„Christliche Lehre", wie sein katechetisches Werk hieß, in Angriff,
deren Drucklegung auf erheblichen Widerstand stieß und schließlich
noch im Juni bei Beheim in Mainz erfolgte. Die letzten Lebensjahre
des Verfassers, der sein Werk Heinrich d. Fr. sehr bald überreichte,
fallen bereits in die tatkräftige Regierungszeit des Herzogs, späteren
Kurfürsten Moritz; denn Johann VIII. ist am 30. November 1549 in
seinem Schlosse Stolpen verstorben, selbst von Luther als vorzüglicher
Bischof anerkannt.

Kaliner geht in seinen Ausführungen eingehend darauf ein, wer der
Verfasser der Christlichen Lehre ist und kommt zu dem überzeugenden
Ergebnis, daß dies weder Pflug noch Weitzel waren, wobei
meines Erachtens die Frage, ob diese beiden zwar nicht als Verfasser
oder im Team mit dem Bischof als Mitverfasser in Frage kommen,
wohl aber Johann Gedankengut hat einfließen lassen, das jene beiden
mindestens auch entwickelt hatten, von Kaliner hätte erörtert
werden sollen. Dagegen ist der Annahme beizupflichten, daß die
„Christliche Lehre" insofern ein Torso geblieben ist, als sie nicht
mehr enthält als die Erklärung des Symbolons und des Dekalogs.
Bewußt als Torso ist es nach verhältnismäßig kurzer Zeit
dem neuen Herzog überreicht worden. Den zweiten Teil, nämlich die
Bußfrage und die Darstellung der Kirchenordnung, hat Johann,
gleichsam als ergänzenden Teil seiner Ausführungen, Pflug überlassen
. Dieser ist dieser Absicht auch nachgekommen und hat sie als
„Institutio Christiani hominis" herausgegeben. Er war damals bereits
Bischof von Naumburg, als er dies Meisterwerk auf katechetischem
Gebiet in lateinischer Sprache erscheinen ließ. Johann hat dies nicht
mehr erlebt. Wie Kaliners ausführlicher Vergleich zeigt, hat Pflug
Johanns Werk benutzt.

Der zweite (formgeschichtliche) Teil von Kaliners Buch befaßt sich
zunächst mit dem gattungsgeschichtlichen Teil. Johanns Christliche
Lehre gehört zu den ersten katholischen Katechismen, die eine Antwort
auf die Reformation darstellen wollten. Zweifellos hat ihr Verfasser
Vorlagen genutzt, die dem gleichen Zwecke dienten. Als solche
nennt Kaliner mehrere Werke des Thomas von Aquin, die Katechismen
des Erasmus sowie die Katechismen Georg Weitzels und des
Johann Dietenberger, die er insgesamt mit Johannes christlicher
Lehre vergleicht.

Dem folgt dann eine eingehende Darstellung der Christlichen Lehre
in ihren verschiedenen Handschriften, wiederum mit zahlreichen
Vergleichen der anderen katechetischen Darstellungen, insbesondere
auch auf dem Gebiete der Zehn Gebote.

In einer Zusammenfassung weist Kaliner daraufhin, daß die Christliche
Lehre aus der Notwendigkeit heraus entstanden ist, dem protestantischen
Herzog Heinrich d. Fr. eine gemeinsame Grundlage für
die Verkündigung und die Gestaltung des christlichen Lebens anzubieten
und so die katholische Religion im Bistum Meißen zu erhalten.
Dabei verzichtet Johann VIII. auf humanistische Anlehnungen und
ist konservativ im guten Sinne, ohne eine eigene Theologie anzubieten
.

Sehr interessant ist der Anhang, der zunächst drei Schreiben aus
Luthers Briefwechsel bietet, die sich mit der Christlichen Lehre befassen
, darunter das Wittenberger Gutachten, bei dem außer Luther auch
Melanchthon und Justus Jonas beteiligt waren. Es folgen einige sehr
gute Abbildungen sowie ein Brief Pflugs an Johann VIII. und eine
Abbildung, die Pflugs Art und Weise bei Abfassung seiner Institutio
deutlich macht.

Das interessante Werk kann lebhaft empfohlen werden.
Dresden Heinrich Herzog

Aland, Kurt: Die Reformation Martin Luthers. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1982. 160S. 8" = GTB/Siebenstern 1405. DM 16,80.

Bosinski, Gerhard: Unterweisung im ersten Reformationsjahrzehnt im Norden
Deutschlands (Die Christenlehre 36,1983 S. 11-17).

Brecht, Martin: Reutlingen und die Reformation in Deutschland (BWKG
80/81,1980/81 S. 5-23).

Diedrich, Hans-Christian: Wirkungen der Reformation in Rußland (Standpunkt
10,1982 S. 128-132).

Geyer, Iris: Thomas Müntzer im Bauernkrieg. Mit einem Vorwort von
A. M. Ritter. Besigheim: K. H. V. Verlag 1982.55 S. 8'.

Grell, Ole: Det verdslige ovrighedsbegreb, som det fremtraeder i Malmolit-
teraturen 1530-1536 (KHS 1981 S. 7-28).

Junghans, Helmar: Lutherais Bibelhumanist (Luther53, 1982 S. 1-9).

Minkevicius, Jokubas: Litauische Aspekte der Reformationsgeschichte
(Standpunkt 10,1982 S. 120-125).

Nijenhuis, W.: Vastenopvattingen en vastenpraktijken in de Reformatie.
bepaaldelijkbijdeGereformeerden(NedThT36, 1982S. 12-28).

Oberman, Heiko A.: Vom Protest zum Bekenntnis: die Confessio Augustana
; kritischer Maßstab wahrer Ökumene (BWKG 80/81, 1980/81
S. 24-37).

Schmid, Klaus-Peter: Augsburg - Heilig-Kreuz eine „Lutherstätte?" (ZBKG
50,1981 S. 22-28).

Schräder, Franz: Die Visitationen der katholischen Klöster im Erzbistum
Magdeburg durch die evangelischen Landesherren 1561-1651. Theologische
Gutachten, Visitationsprotokolle und andere Akten. Leipzig: St. Benno 1978.
XII, 157 S. 8' = Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte, 18.
Kart. M 11,-.

Kirchengeschichte: Neuzeit

Kleineidam, Erich: Universitas Studii Erffordensis. Überblick über
die Geschichte der Universität Erfurt. Teil IV: Die Universität
Erfurt und ihre theologische Fakultät von 1633 bis zum Untergang
1816. Leipzig: St. Benno 1981. XXIV, 375 S. gr. 8" = Erfurter
theologische Studien, 47. Kart. M 27,50.

Mit diesem vierten Band bringt Erich Kleineidam seinen Überblick
über die Geschichte der Universität Erfurt zu Ende. Er behandelt den
Zeitabschnitt 1633-1816, von der schwedischen Besetzung Erfurts im
Dreißigjährigen Krieg bis zur Aufhebung der Universität durch die
preußische Regierung 1816. Kleineidam bedauert, daß er sein Blickfeld
auf die theologische Fakultät beschränken muß. Trotzdem
vermag er in seiner gewohnten Weise etwas von der breiteren Wirkung
der Universität in ihrem sozialen und kulturellen Hintergrund zu
schildern. Daß die Grundstrukturen der Universität keine wesentliche
Änderung seit dem Mittelalter erlebten, deutet auf einen gewissen
Stillstand während des 17. und 18. Jh. Kleineidam zeigt aber, daß
solch institutioneller Stillstand intellektueller Stagnation keineswegs
gleichzusetzen ist. Fast alle geistigen Bewegungen der Zeit fanden in