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1983

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

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Willen Gottes freisetzen" (27). Er, der „Apostel der Heiden um Israels
willen" (30), denkt vom Alten Testament her und will die Heiden zur
„Teilhabe an Israels Glaubensgeschichte" (34) führen, und damit zum
Alten Testament, das durchaus nicht mit einer einzigen Stimme
spricht.

Lapide: Paulus ist nicht Dogmatiker, sondern „Diogmatiker"
(39), d. h. ein jüdischer Christusgläubiger, der nach der Wahrheit
,jagt", sie aber nicht besitzt. Seine These vom Ende des Gesetzes ist
nicht antinomistisch zu verstehen, sondern Paulus meint: Nur für die
Christusgläubigen ist das Gesetz zu Ende, und zwar „nur als Modalität
der Rechtfertigung oder als Heilsweg" (41). Als guter Jude hat Paulus
darauf verzichtet, den Nichtjuden das Mosesgesetz aufzuzwingen,
denn dessen Vorzeichen sind der Bund und die Verheißungen Gottes,
in denen Israel steht und die nicht einfach auf die Heiden übertragen
werden können. Für Paulus ist Damaskus nicht ..Ausbruch aus
Israel", sondern Hinweis auf jenen von Israel selbst ersehnten „kairos
der Heilszeit", der im Sinne der universalen Grundintention der
SinaiofTenbarung die weltumfassende Ökumene aus gläubigen Juden
und Heiden herauffuhrt (53): „ein Groß-Israel aller eingemeindeten
Gottesfürchtigen, deren Glieder... so schrankenlos zusammenwirken
sollten wie die Liebe Gottes, die sie beide umarmt" (53). Der
Dissens zwischen Paulus und den andern Pharisäern bezog sich also
auf den Zeitpunkt der Eingliederung der Heiden ins Gottesvolk (55).
Man kann Paulus vielleicht als jüdischen Fanatiker bezeichnen, als
„Romantiker", „der durch seinen Messiasglauben sein gebürtiges
Jude-Sein zu vertiefen und zu erfüllen glaubte" (52), aber nicht als
Apostaten, sondern einen Juden, der die Aufgabe von Ganz-Israel,
„die Welt zu dem Einen Gott zu führen", in einzigartiger Weise ernst
nahm.

Der Leser ist für die beiden Skizzen dankbar, vor allem für diejenige
Lapides, die wahrscheinlich unfertiger, widerspruchsvoller, aber
gerade dadurch um so anregender und spannender ist (darin nach
Lapide selbst wohl eine .Jüdische" Deutung des Juden Paulus!).
Jedenfalls ist mir kaum je ein entschlossenerer Versuch, den ganzen
Paulus ins Judentum heimzuholen, begegnet, als diese Skizze Lapides
. Manche Punkte des Konsenses zwischen beiden Autoren zeichnen
sich ab: Dazu gehört vor allem die gemeinsame Feststellung, daß
Paulus nicht als Systematiker, sondern als Dialogpartner in konkreter
Situation zu verstehen ist. Dazu gehört auch die gemeinsame Feststellung
, daß Paulus kein Antinomist gewesen sei, obwohl sie für beide
Autoren schon nicht mehr ganz dasselbe bedeutet. Und so werden
wahrscheinlich gerade bei der Gesetzesfrage die gemeinsamen
jüdisch-christlichen Gespräche mit Paulus weitergeführt werden
müssen. Christliche Paulusinterpreten müßten z. B. gefragt werden,
ob sie wirklich schon durchdacht haben, was es bedeutet, daß Paulus
mit der These, daß kein Mensch „durch die Erfüllung von Geboten
oder Werken der Tora das Heil erarbeiten kann,... bei allen bibelkundigen
Juden offene Türen ein"rennt (Lapide 43). Von den Christen
müßte Lapide gefragt werden, ob er die paulinische Christologie
nicht nur in der Konsequenz, daß für die Heiden von Christus her das
Gesetz nicht nötig sei, sondern auch in der Konsequenz, daß für Israel
nach der Christuspredigt das Verharren in seinem Gesetz „eigene
Gerechtigkeit" und damit Sünde sei, wirklich ernst nehmen kann.
Wenn Lapide meint, daß „die paulinische Christologie ... sicherlich
einer (!) der Wege zu Gott" sei (56), dann scheiden sich jedenfalls seine
und des Paulus Wege und man müßte gemeinsam ausloten, warum.
Und schließlich müßten wir, Juden und Christen, gemeinsam über
Lapides Unterscheidung von Monotheismus einerseits, Christologie
und Tora andererseits nachdenken: Christus als Heiland für die
Heiden, die Tora als Gottes Gnadengabe für Israel, der Monotheismus
aber für beide: So klingt es manchmal bei Lapide, und so kann man
jedem das Seine geben bzw. lassen. Paulus aber hätte hier energisch
Einsprache erhoben, und darum muß das gemeinsame jüdischchristliche
Gespräch mit ihm weitergehen.

Bern Ulrich Luz

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