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Ausgabe:

1983

Spalte:

495-496

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schunck, Klaus-Dietrich

Titel/Untertitel:

Jüngling, Hans-Winfried, Richter 19 - ein Plädoyer für das Königtum 1983

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 7

496

' G. Brakelmann, Kirche und Arbeiterbewegung. Evangelische Kirche
und Arbeiterbewegung - einige Anmerkungen zur Geschichte ihres Verhältnisses
bis 1933, in: Ders., Kirche in Konflikten ihrer Zeit, München 1981,
52-67.

2 Neben Tillichs Verhältnisbestimmung von Autonomie - Heteronomie -
Theonomie können dabei die traditionelle Gegenüberstellung von verschiedenen
Standorten aus auch überwinden helfen: F. Böckle, Theonome Autonomie
- Zur Aufgabenstellung einer fundamentalen Moraltheologie, in: ThJb,
Leipzig 1974,274-299; F. Crüsemann, Autonomie und Sünde, Gen 4,7 und die
Jahwistische" Urgeschichte, in: W. Schottroff/W. Stegemann [Hrsg.], Traditionen
der Befreiung. Sozialgeschichtliche Bibelauslegungen. 1: Methodische
Zugänge, München 1980, 60-77; E. Herms, Was heißt „theologische Kompetenz
"?, in: WzM 30, 1978, 253-265; K. Lüthi, Emanzipatorische Theologie
als Alternative zu atheistischen Lebensentwürfen, in: A. K. Wucherer u. a.
[Hrsg.], Weltphänomen Atheismus, Wien 1979, 135-156; H. Stickelberger,
Ipsa assumptione creatur. K. Barths Rückgriff auf die klassische Christologie
und die Frage nach der Selbständigkeit des Menschen, Bern-Frankfurt/M.-Las
Vegas 1979; ThQ 161,1981, Heft I mit dem Hauptthema „Autonomie".

Bernhardt, Karl-Heinz: Kein Frieden für den Libanon? (IV, V) (Standpunkt
1 1,1983 S. 54-56.63-65).

Dejung, Karl-Heinz: Für und wider die Abrüstung. Kritischer Vergleich der
Friedensdenkschriften der Niederländisch-Reformierten Kirche und der EKD
(DtPfrBl 82.1982S. 151-155).

Hafa, Herwig: Zum Gedenken an Hans Lokies (1895-1982) (Die Christenlehre
36, 1983 S. 50-53).

Das Recht auf Widerspruch (Themaheft Concilium 18, 1982 Heft 10): Walf,
Knut, u. Peter Huizing: Was meint „Recht auf Widerspruch" in der Kirche?
(S. 534-539) - Provost, James: Die Haltung der katholischen Kirche zum
Widerspruch (S. 540-544) - Voicu, Konstantin: Die Stellung der Orthodoxen
Kirche zum „Widerspruch" (S. 545-548) - Stein, Albert: Die protestantischen
Kirchen und der Widerspruch (S. 548-552) - Cardman, Francine: Cyprian und
Rom: Der Taufstreit (S. 553-558) - Ricca, Paolo: Sekte oder Orden? (Walden-
ser - Franziskaner) (S. 558-564) - Brecht, Martin: Aufstand der Kirche gegen
die Kirche? (Luther) (S. 565-569) - Daly, Gabriel: Dissens in der Theologie:
Die Modernismuskrise (S. 569-573) - Murphy, Roland E.: Propheten und
Weise als Provokatoren von Widerstand (S. 574-578) - Venetz, Hermann-
Josef: Der Umgang mit den Widersprechenden in den neutestamentlichen
Gemeinden (S. 578-584) - Hoffmann, Paul: Paulus als Zeuge des Widerspruchs
(S. 585-588) - Miguez-Bonino, Jose: Konfrontation als Mittel der Kommunikation
in Theologie, Kirche und Gesellschaft (S. 589-594) - Tamayo-Acosta,
Juan-Jose: Die Bedeutung organisierter oppositioneller Gruppen und Richtungen
in der Kirche (S. 594-599) - Häring, Hermann: Recht und Grenzen des
Widerspruchs (S. 600-610).

Altes Testament

Jüngling, Hans-Winfried, S. J.: Richter 19 - Ein Plädoyer für das

Königtum. Stilistische Analyse der Tendenzerzählung Ri 19,1—30a;
21,25. Rome: Biblical Institute Press 1981. XI, 319 S. gr. 8" =
Analecta Biblica, 84. Kart. Lire 19 000 = $ 21.10.

Der Komplex Ri 17-21, seit K. Budde gern als Anhang zum Richterbuch
bezeichnet, hat immer wieder zu vielfältigen Fragen Anlaß
gegeben. Welche Funktion hat er im Zusammenhang des Richterbuches
? Gehörte er in den großen Zusammenhang des deuteronomi-
stischen Geschichtswerkes? Wie ist er literarisch zu beurteilen? Sind
ihm historische Anhaltspunkte zu entnehmen? Diese Fragen sind bis
heute recht unterschiedlich beantwortet worden; eine annähernd
einheitliche Meinung hat sich noch nicht herausgebildet. So verwundert
es nicht, daß H.-W. Jüngling mit der vorliegenden Untersuchung,
1977 dem Päpstlichen Bibelinstitut in Rom zugleich als Doktor-
Dissertation vorgelegt, den Versuch unternimmt, durch die genaue
Analyse einer Einzelerzählung aus dem Komplex Ri 17-21 einen
Beitrag zur Lösung dieser Fragen zu leisten.

Die vom Vf. ausgewählte Erzählung von der „Schandtat in Gibea"
eignet sich dafür besonders gut: Sie stellt nicht nur die grundlegende

Erzählung in dem Teilkomplex Ri 19-21 dar, sondern steht zugleich
auch mit der ebenso in Ri 17,6; 18,1; 21,25 belegten Redewendung
„Damals gab es noch keinen König in Israel (ein jeder tat, was ihm
recht dünkte)" in Verbindung und darf zudem seit den Arbeiten von
M. Noth und O. Eißfeldt auch Anspruch auf einen historischen Kern
erheben.

Diese Bedeutung von Ri 19 arbeitet J. zunächst dadurch noch
stärker heraus, daß er der eigentlichen Textanalyse in einem 1. Teil
eine kurzgefaßte, auf die entscheidend neuen Gesichtspunkte zum
Verständnis dieses Textabschnitts beschränkte Auslegungsgeschichte
voranstellt (S. 1-54). Diese setzt bei dem Kommentar zum Richterbuch
von G. L. Studer (1835) ein und führt nach einer Einzeldarstellung
der einschlägigen Auffassung aller Forscher bis auf J. Wellhausen
in Form einer allgemeinen Charakterisierung bis hin zu den
modernen Monographien, die in je verschiedenen Zusammenhängen
Ri 19 bzw. den Teilkomplex Ri 19-21 behandeln. Sie wird abgeschlossen
durch eine „problemorientierte Zusammenfassung der Auslegungsgeschichte
seit Wellhausen" sowie eine Orientierung über die.
Gesichtspunkte und methodischen Prinzipien, nach denen der Text
von Ri 19 in den folgenden Ausführungen untersucht werden soll.
Dabei entscheidet sich der Vf. in Anlehnung an W. F. Albright für
eine stilistische Analyse, die maßgeblich auf der an den homerischen
Epen erprobten Theorie der „oral poetry" aufbaut.

Diese stilistische Einzelanalyse von Ri 19,1—30a samt Ri 21,25
bildet sodann nach kurzen prinzipiellen Ausführungen über den
szenischen Aufbau der Erzählung den umfangreichen 2. Teil der
Untersuchung, der von einer übersichtlichen Zusammenfassung der
Ergebnisse dieser Analyse abgeschlossen wird (S. 54-291). Schlußbemerkungen
, die die Fragen nach dem geistigen Gehalt des Textes
Ri 19,1—30a; 21,25 sowie nach der Herkunft seines Verfassers zu
beantworten versuchen, ein umfangreiches Literaturverzeichnis sowie
ausführliche Register der modernen Autoren, der Bibelstellen und
hebräischen Wörter (S. 291 -319) runden die Arbeit ab.

Was sind die Ergebnisse dieser Untersuchung und wie sind diese zu
beurteilen? Der Vf. ist der Auffassung, daß in Ri 19,1—30a; 21,25 eine
ursprüngliche Einheit vorliege, wobei der „Tendenzrefrain" in
Ri 21,25 als abschließender Kommentar des Erzählers zu verstehen
sei. Diese ursprüngliche, alte Erzählung habe durch die Darstellung in
Ri 20,1-21,24 eine Erweiterung erfahren, wofür in den Erwähnungen
der „Tage von Gibea" durch den Propheten Hosea eine Bestätigung
erblickt wird. Als Abfassungszeit für Ri 19,1—30a; 21,25 wird das
10. Jh. v.Chr. angenommen; der Text soll der Propaganda für das
gerade etablierte davidische Königtum gedient haben und stelle so ein
frühes Beispiel für literarische Versuche dar, einseitig für eine
menschliche Institution Partei zu ergreifen. Ri 20,1-21,24 soll dagegen
, alte Materialien aufgreifend, den Zweck verfolgt haben, der exilischen
Gemeinde aufzuzeigen, wie mit einem sündigen Bruder umzugehen
ist: Die Gemeinde darf ihn nach der Ermächtigung durch Gott
exkommunizieren, sich aber auch wieder mit ihm versöhnen.

Diese Auffassung von Aufbau, Entstehung und Zweck des Erzählungskomplexes
Ri 19-21 steht im Gegensatz zu der seit M. Noth
(Das System der zwölf Stämme Israels, 1930) vorherrschenden Meinung
, daß Ri 19-20 eine zusammengehörige, wenn auch mit einzelnen
Zusätzen aufgefüllte Erzählung ist, an die nur Ri 21 als sekundärer
Nachtrag angefügt wurde. Und ebenso widerspricht sie der
gründlichen Untersuchung von T. Veijola (Das Königtum in der
Beurteilung der deuteronomistischen Historiographie, 1977), wonach
diese Zusätze, zu denen Veijola gerade auch die Aussagen von
Ri 19,1a; 21,25 zählte, dem DtrG zuzuweisen sind. Es erscheint mir
fraglich, ob es J. gelungen ist, diese beiden, ihm konträren Auffassungen
überzeugend zu überwinden. Auf jeden Fall erhärtet die
exakte Einzelanalyse des Vf. für die Erzählung von Ri 19 jedoch eindrücklich
die Annahme eines alten historischen Zeugnisses, und für
diese, viele neue Aspekte aufzeigende Arbeit gebührt J. uneingeschränkt
Dank.

Rostock Klaus-Dietrich Schunck