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1983

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 1

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Mesopotamische Rechtssammlungen bergen sehr wenig vergleichbare
Sätze. Man muß auf die Weisheit und andere Gattungen zurückgreifen
, wie sie neben sumerischen und akkadischen gleichfalls in
ugaritischen und ägyptischen Beispielen vorliegen. Beachtenswert ist
der faßbar werdende Unterschied. Während das nicht sehr umfangreiche
vergleichbare Material aus dem Alten Orient im wesentlichen
wirtschaftliche Interessen kundgibt und menschliche Gesetzgeber
dahinterstehen, welche das Wohlwollen der Götter zu erlangen trachten
, wird das israelitische Recht in seiner Totalität von Gott hergeleitet
, dessen Geschichtshandeln und Verheißungen einem der Weisheit
entlehnten didaktischen Ziele dienen.

Der Beurteilung der Begründungssätze als sekundärer Eintragungen
gegenüber nimmt S. eine kritische Haltung ein, indem er die Evolutionsthese
, wonach in jedem Falle mit kleinsten Einheiten als den
ursprünglichen gerechnet werden müsse, ablehnt und eine andere
grammatische Form - vor allem den Wechsel zwischen Singular und
Plural - für keinen stichhaltigen Grund zur literarischen Scheidung
hält. Vielmehr plädiert er unter Beiziehung des außerbiblischen Materials
dafür, nicht durchweg und rein formal die Begründung als spätere
Eintragungen zu betrachten, ohne daß er einen möglichen Wachstumsprozeß
ausschließt.

In einem Anhang bietet S. eine Auflistung des gesamten Materials
an Gesetzen und den zugehörigen Motivierungen, das er bearbeitete,
nach Stellen und hebräischem Wortlaut. Den Band beschließen die
Bibliographie sowie Sach-, Autoren- und Stcllenregister.

Der Schriftsatz weist wenig Fehler auf. Manche davon sind freilich störend
(z. B. artificallyS. 199. Ashumiari S. 213, La literaturc Sumcrienne S. 59. 308).
Man sollte nicht das eine Mal die Form Boghaz-köi (S. IX) und ein andermal
Boghazköy (S. 30) lesen. Die OLZ heißt Oricntalistischc (nicht Orientalische)
Litcraturzeilung. Es geht auch nicht an, hinter dem Namen Reventlow H. G. zu
notieren, denn hier muß es H. Graf heißen (S. 55. 313. 326). Endlich darf noch
darauf verwiesen werden, daß S. zur Drucklegung statt der BUK die BHS hätte
einarbeiten müssen.

Derartige Monita beeinträchtigen selbstverständlich den Wert der
Arbeit keineswegs. S. hat alle hergehörigen Probleme umsichtig bedacht
und gründlich diskutiert, so daß man sich mit seinen Ergebnissen
auseinandersetzen muß, indem man den vorangehenden Äußerungen
zur Sache den gleichen Stellenwert einräumt.

Leipzig Wolfram Herrmann

Anbar, Moshe: Genesis 15: A C'onflation of Two Dcuteronomic Narrativcs
UBL 101. 1982 S. 39-55).

BauiT. Johannes B.: Psalm 70 (71). 15. Quoniam non cognovi littcraturam
(EuA 58,1982 S. 167-177).

Dahoud, Mitchell: An Ehla Personal Name and the Metaphor in Psalm
19,11-12 (Bibl 63, 1982 S. 260-263).

-: The Dative Suffix in Job 33.13 (Bibl 63, 1982 S. 258-259).

Dozcman, Thomas B.: The Way of the Man of God from Judah: True and
Falsc Prophccy in the Pre-Deutcronomic Legend of 1 King 13 (CBQ 44,1982 S.
379-393).

Goodblatt. David: Audet's "Hcbrcw-Aramaic" List of the Books of the OT
RevisitedfJBL 101. 1982 S. 75-84).

(irecnspahn, Frederick E.: An Egyptian Parallel to Judg 17:6 and 21:25 (JBL
101, 1982 S. 129-130).

lan/en. J. Gerald: Eschatological Symbol and Existencc in Habakkuk (CBQ
44. 1982 S. 394-414).

Kunz, Lucas: Die Gestalt der altlestamcntlichcn Psalmen. Hinweise. Billcr-
beck: Abtei Gerleve 1982. 19S.gr. 8".

Lichtenstein, Murray H.: Chiasm and Symmctry in Proverbs 31 (CBQ 44,
1982 S. 202-211).

Longman. Trcmper: A Critiquc of Two Rcccnt Metrical Systems (Bibl 63,
1^82 S. 230-254).

Müllen, E. Theodore, Jr.: The "Minor Judgcs": Some Litcraryand Historical
t'onsidcrations(CBQ44. 1982 S. 185-201).

Niditch, Susan: The "Sodomitc" Theme in Judges 19-20: Family, Community
, and Social Disintegration (CBQ 44, 1982 S. 365-378).

Schmidt, Kenneth W.: Prophetic Delegation: A Form-Critical Inquiry (Bibl
63,1982 S. 206-218).

Soggin, Alberto: Diaspora im Alten Testamcnt(EvD 52, 1982 S. 64-75).

Walsh, Jerome T.: Jonah 2.3-10: A Rhetorical Critical Study (Bibl 63. 1982
S. 219-229).

Watson, Wilfred G. E.: The Metaphor in Job 10,17 (Bibl 63, 1982
S. 255-257).

Neues Testament

Schlier, Heinrich: Der Geist und die Kirche. Exegetische Aufsätze und
Vorträge, hrsg. von V. Kubina u. K. Lehmann. Mit einem Geleitwort
von J. Kardinal Ratzinger. Freiburg-Basel-Wien: Herder
1980. X, 310 S. 8" Lw. DM 49,50.

Der Band vereinigt 19 Aufsätze, die von 1935 bis zu vier noch unveröffentlichten
reichen. Schliers eindringliche Sprache tritt schon
1935, in einer biblischen Ansprache über Mt 8,23-27, hervor: ,,Wir
dürfen nicht meinen, daß unsere Geschichte noch nicht begonnen
hätte, daß das Schiff der Kirche noch nicht abgefahren und wir noch
nicht eingestiegen wären." Sie hat begonnen, bevor der Sturm losbrach
, als „das Meer so still und gleichgültig gegen alle Schiffe war,
daß manche nicht gerade sehr wetterkundige Seeleute von einer
neuen, glücklichen Schiffahrt träumten", so daß „die Ordnung der
Kirche der Ordnung der Welt angeglichen" und das Wort „so unsicher
und oft so leichtsinnig in der Predigt der Kirche weitergegeben"
wurde. Im Sturm aber täuscht man sich nicht mehr über seine Kräfte,
sondern bekommt wieder Verlangen nach dem allein helfenden Wort
des Herrn, das auch im anbetenden Schweigen der Kirche aufbricht.
Aktuell blc'ibt auch die in zwei Aufsätzen zur Verantwortung des
Theologiestudenten und der Kirche von 1935/36 behandelte Frage
der theologischen Ausbildung an staatlichen Fakultäten. Schlier sieht
es als Verhängnis an, daß sich die Kirche nicht frühzeitig vom religiös
neutral gewordenen Staat gelöst hat, obwohl er die Gefahr der
engen Frömmigkeit und der Preisgabe der Universität sieht. Zweifellos
sind kirchliche Hochschulen eine gute Möglichkeit: aber vielleicht
ist der Zwang, Theologie im Gespräch mit allen Fakultäten treiben zu
müssen, auch für die Kirche so heilsam, daß man ihn dort, wo der
Staat dazu volle Freiheit gibt, nicht leichthin aufgeben sollte.

Die sprachliche Vollmacht Schliers ist mir im Eingangsbeitrag zu
„Verkündigung und Sprache" besonders prägnant geworden. „Das
ewige Wort ließ sich in die Sprache ein", aber „ging keineswegs in
Menschensprache auf, ist also nicht nur „Sprachcreignis" (S. 5); sondern
nach einem Wort Paul Celans „ein Dröhnen: es ist die Wahrheit
selbst unter die Menschen getreten, mitten in das Metapherngestöber"
(S. 174). Ob sich die Tatsache, daß alles Gesprochene auch Unausgesprochenes
mit sich führt, auf das Problem von Schrift und Tradition
ausdeuten läßt (S. 6). ist freilich eine ganz andere Frage. Tröstlich für
den Pfarrer ist die Mahnung, sich ganz um die Sache selbst zu mühen,
weil sich diese dann auch ihre Sprache schaffen wird, und die Erinnerung
daran, daß „alles Wort sich aus dem Schweigen erhebt" (S. 16).
Schön zu lesen sind die zwei sehr persönlich gehaltenen Skizzen über
Heideggerund Peterson.

Auch in den anderen Aufsätzen (Tod und Auferstehung, Evangelium
, Friede bei Paulus. Hebräerbrief usf.) treten einem immer wieder
sprachliche Perlen und neue Einsichten entgegen. Sie bleiben aber,
besonders die unveröffentlichten, etwas blaß. Zwar sind viele Bibelstellen
in hilfreicher Weise überblicksmäßig zusammengestellt; aber
es fehlen nicht nur Auseinandersetzungen mit anderen, sondern oft
auch Hinweise auf Spannungen zwischen den Texten oder auf heutige
Verständnisschwierigkeiten. Am wenigsten scheint mir das der Fall zu
sein im Beitrag zur Taufe, wo die Auseinandersetzung mit K. Barth
spürbar wird und m. E. zu Recht betont wird, daß Taufe nach paulini-
scher Vorstellung Wirken Gottes am Menschen ist (ex opere operato.
S. 147.?).erst sekundärdessen Bekenntnis.