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Ausgabe:

1983

Spalte:

24-25

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Sonsino, Rifat

Titel/Untertitel:

Motive clauses in Hebrew law 1983

Rezensent:

Herrmann, Wolfram

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 1

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volume do not offer theology, though they suggest spirituality . . . The
authors look to their own response to the worlds created by story, and
seek to make clear . .. the visions of human and religious truth found
there."(8)

E. M. McGuire "The Joseph story: A tale of son and father"
(9-25) weist zu Beginn seines Essays daraufhin, daß P. Ricoeur geholfen
habe, in der Konfrontation mit Texten unsere Welt und unser
Leben neu zu erkennen. Damit hat der Vf. seinen methodischen Ansatz
markiert: "As much as possible, 1 want to regard this tale as ifit
were the creation of Single authorial presence - not only acknowledge
its rhetorical effectiveness as a poetic whole, but to assess and portray
more adequately its distinetive litcrary and mystic features." (10) Der
Vf. erzählt von der Liebe zwischen Vater und Sohn, von ihrem Niedergang
und gutem Ende. Es ist eine Komödie, eine alttestamentliche
Version der Divina Comedia, deren dramatischer Aufbau in einer
Graphik verdeutlicht wird.

B. O. Long "Woundcd beginnings: David and two sons" (26-34)
entfaltet das Drama zwischen David und zwei seiner Söhne anhand
des Textes 2Sam 13-14. Die Erzählung weist über den Bereich der
königlichen Familie hinaus auf ein "archetypical pattern": Harmony
-disruption - restoration oder cosmos-chaos-cosmos.

J.Nohrnberg "Moses" (35-57) geht von allgemeinen Überlegungen
zur Gestalt des Heros aus. Mit Moses möchte er einen anderen
Heros in den Blick rücken: "a hero whose individuality is dissolved in
his office, and whose life is almost totally conscripted by the history of
Israel" (35). Die Josephsgestalt ist eine Antizipation der Mosegestalt
und verbindet die Patriarchenerzählung mit den Mosetexten. "Such a
literary device is also imitative of the keeping and transmitting of
history: the attempt to bring a past story up to date, and to bring the
present back to its beginning." (50) Erzähltes enthüllt seinen metaphorischen
oder sogar archetypischen Sinn und verweist damit auf
existentielle Erfahrungen in der Gegenwart. "The exodus is governed
by a metaphor of creation which is also a metaphor of birth, and a
metaphor of Coming to consciousness which is also a metaphor of
recalling." (50)

J. B. Vickcry "In stränge ways: The story of Samson" (58-73)
charakterisiert die Samsonerzählung als eine Art Prototyp der gleichen
Art von Erzählungen von Bret Harte, Mark Twain, William
Faulkner u. a. "stories that emanate from the sociability of the camp-
fire and related situations and that revolve around the idea of the tall
tale in which narrative invention refuses to be shackled by plausi-
bility", (58) Samson wird als ein impulsiver und egozentrischer Mann
dargestellt, durch seine moralische Zwielichtigkeit zum Kampf für
Recht und Unabhängigkeit wenig geeignet, aber ein Volksheld benötige
mehr Bewunderung als moralische Approbation, vergleichbar mit
Robin Hood und Jesse James. Es herrsche ein seltsamer Kontrast zwischen
dieser Zwielichtigkeit und der Zuwendung Gottes. "This pro-
vides a sustained and sobering story of the immensity and mysterious-
nessof the divine agency in human affairs." (61)

J. L. Crenshaw "The contest of Darius' guards" (74-88) stellt
Überlegungen zur Erzählung von den drei Leibwächtern (3Esr 3 -5,3)
an. Nach einem Blick auf Vergleichsmaterial geht der Vf. auf die
Motivgruppe ,Wcin, König, Frau' ein, die er auch im einzelnen bespricht
.

D. M. Gunn "A man given over the trouble: The story of king
Saul" (89-112) läßt nacherzählend das Leben Sauls vor dem Leser
vorüberziehen. Saul erscheint als tragische Opferfigur, aber die Erzählung
ist zugleich "a story about Yahweh's 'repentance', about a god's
change ofmind and its repercussions upon humanity". (110)

Anmerkungen mit Literaturhinweisen, Index der Bibelstellen und
ein Namenregister schließen das Buch ab.

Der kritische Leser wird bei diesen oft spritzig und geistvoll
geschriebenen Essays, selbst wenn er nicht die kritischen Maßstäbe
des Fachmanns anlegt, ein gewisses Unbehagen nicht los. Neben den
wohltuend zurückhaltend existentialisierenden Ausführungen von
J. Crenshaw und D. Gunn, die auch ihr wissenschaftliches Fundament
in der alttestamentlichen Forschung kaum verleugnen, stehen
Abschnitte, die zwar gute Kenntnisse der englischen Literatur verraten
, aber die Erzählungen des Alten Testaments weniger im Wissen
um ihren literarischen Charakter als aus der Kraft assoziierender und
psychologisierender Phantasie verlebendigen wollen. Das kann zwar
sehr anregend für den Leser sein, ob man damit aber Pastoren und an
der Bibel interessierten Laien einen guten Dienst erweist, bleibt zu fragen
. Es wäre schade, wenn "the visions of human and religious truth"
nicht auch durch eine exakte und eindringliche Exegese in uns entstünden
.

Leipzig Hans Seidel

Sonsino, Rifat: Motive Clauses in Hebrew Law. Biblical Forms and
Near Eastern Parallels. Chico, CA: Scholars Press 1980. XIX.
336 S. gr. 8° = Society of Biblical Literature, Dissertation Series,
45. Kart. $ 9.-.

Bei dem Buche handelt es sich um die Dissertation des Verfassers
vom Jahre 1975. S. bearbeitet die im biblischen Recht, das man an
sechs gesonderten Orten des Pentateuchs, nämlich dem Dekalog, BB,
kultischen Dckalog, H, D und P, findet, vorkommenden untergeordneten
Sätze, die eine Begründung, das Gesetz selbst oder seine Befolgung
betreffend, enthalten. Als Beispiel diene der ki-Satz in Ex 22,20:
„(Einem Schutzbürger sollst du nicht zusetzen noch ihn drangsalieren
,) denn ihr wart Schutzbürger in Ägypten."

Der Gegenstand wurde schon zweimal gezielt behandelt, und zwar
durch B. Gemser (The Importance of the Motive Clause in Old Testament
Law, SVT 1,1953, 50-66) und R. W. Uitti (The Motive Clause
in Old Testament Law, 1973). Die Arbeiten dieser seiner Vorgänger
unterzieht S. einer kritischen Bewertung. Er definiert die in Frage
stehende Begründung als "a dependent clause or phrase which expres-
ses the motive behind the legal prescription or an incentive for
obeying it" (S. 65; ähnlich noch einmal S. 224) und grenzt sie gegen
paränetische Wendungen sowie erklärende Einfügungen ab. Noch
nicht untersucht oder genauer zu untersuchen waren Form, Inhalt,
Sitz im Leben, Funktion und Herkunft. Dazu war auch ein Vergleich
anzustellen mit in anderen Gattungen auftretenden Begründungen. S.
sah seine Aufgabe darin, den Beobachtungen weiter nachzugehen,
auch gegenüber der Behauptung, es läge in den Formulierungen kein
eigenes geistiges Gut vor, und zu erheben, in welchem Ausmaß das
Phänomen die Rechtsüberlieferung des Alten Orients hergibt.

Die Fragestellung wird in vier Kapiteln abgehandelt (Form and Set-
ting of Biblical and Cuneiform Laws; Motive Clauses in Biblical Law;
Motive Clauses in Extra-Biblical Law Collections; Originality of the
Motive Clauses). Zur Bestimmung des Inhalts geht S. methodisch so
vor, daß er den Kontext beachtet, wodurch zu erkennen ist, wie entweder
ein Schlüsselelement des Rechtssatzes aufgegriffen oder ein
neuer Gedanke ausgesprochen wird. Er schließt sich generell Gemser
an, der betonte, die Begründungssätze böten in ihrer Gesamtheit "an
instruetive compendium of the religion, theology, ethics, and demo-
cratic, humanitarian outlook ofthe peoplc of Israel as represented in
the Old Testament laws"(S. 117). Alts Klassifizierung in kasuistisches
und apodiktisches Recht verwirft S. Er unterscheidet vielmehr condi-
tional und unconditional forms. Dabei bezieht er das Sakralrecht ein,
denn es stellt den größten Anteil motivierter Gesetze. Eingehend beschäftigt
er sich mit der Frage nach dem prozentualen Anteil der
begründeten Rechtssätze innerhalb der einzelnen Sammlungen. Den
höchsten Prozentsatz weist nach seinem Zählvcrfahrcn H auf.

Begründende Sätze der hier besprochenen Art findet man auch in
anderen Gattungen in unterschiedlicher Häufigkeit. Am nächsten verwandt
ist die Anwendung in der Weisheit. Offenbar unter weisheitlichem
Einfluß wurden die Motivationen in didaktischer Absicht der
Rechtsmaterie eingegliedert, wobei sie in den einzelnen Rechtssammlungen
ihrem Typ nach differieren. Die Weisheit spielt sicher auch bei
der sehr schwer zu beantwortenden Frage nach dem Sitz im Leben
eine erhebliche Rolle (s.S. 1280-