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Ausgabe:

1983

Spalte:

435-436

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Archiepiscopatus Coloniensis 1983

Rezensent:

Haendler, Gert

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435

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 6

436

Preußen ist nicht nur mehr Widerstand geleistet, sondern dieser
Widerstand ist in Preußen auch theologisch konsequenter geleistet
worden" (299). Der Agendenstreit wird bedauert: Friedrich Wilhelm
III. „war nicht genügend ausgerüstet" und zudem „von einer
romantischen Grundstimmung getragen" (296). Aber A. verweist auf
die jüngste Vergangenheit: „Wer die Diskussion über die heutigen
Agenden und ihren Entstehungsprozeß miterlebt hat, kann sich doch
des Eindrucks nicht erwehren, daß bei aller aufgewandten fachlichen
Gelehrsamkeit auch hier das Motiv eines gewissen romantischen
Eklektizismus nicht ausgeschaltet war" (297). Der Abschnitt über den
Kirchenkampf bringt wörtliche Zitate aus der Regierungserklärung
vom 23. 3. 1933, Aufrufe zu den Kirchenwahlen vom 23. 7. 33, die
Verpflichtungserklärung des Pfarrernotbundes, Sätze aus der Entschließung
der Sportpalastkundgebung sowie die ersten 3 Thesen der
Barmer Erklärung (384-392).

Die breite Darstellung mancher Vorgänge hat zur Folge, daß „manche
Lücken in der bisherigen Darstellung auszufüllen" blieben (401).
Das geschieht mit statistischen Angaben, die einerseits einen prozentualen
Rückgang der Christenheit im Vergleich zur rasch steigenden
Weltbevölkerung zeigt, andererseits aber eine Zunahme bei der Verbreitung
von Bibeln (425-432). Probleme und Möglichkeiten werden
aufgewiesen: Die Bibel ist „dem Menschen von heute fremd geworden
... er bedarf zahlloser Hilfen, wenn er ihren Text und ihre Voraussetzungen
verstehen soll. Dafür hat er Beistand nötig, und zwar
über die gedruckten Bibelauslegungen hinaus, denn nur in direkter
Frage und Antwort kann seinen Bedürfnissen genug geschehen. Die
Bibelstunde oder wie immer sie sich nennen mag, sollte im Leben
einer Gemeinde in der Bedeutung unmittelbar nach dem Gottesdienst
stehen ... Wenn das .allgemeine Priestertum der Gläubigen' Gestalt
gewinnen soll, dann von hier aus..." (4330- Die Zeittafeln bringen
manches Stichwort, das im Text nicht genannt war (436-497), so z. B.
Alfred Adler, Jean Amery, J. S. Bach, Ernst Barlach, Robert Bellarmin
, Eugene Blake, Jakob Böhme sowie Begriffe wie Anthroposophie,
Arnoldshainer Abendmahlsthesen, Arnoldshainer Konferenz, Baseler
Bibelgesellschaft, Brot für die Welt, Bund der evangelischen Kirchen
in der DDR usw. Das Register ist ausführlich (499-540). Aber
primär geht es A. um die Moral von der Geschichte: Kirchengeschichte
hat es mit der Vergangenheit zu tun, „aber nur wenn die Darstellung
der Vergangenheit diese ins Leben von heute ruft und dem
Menschen von heute dient, hat sie ihre Aufgabe erfüllt" (34). In dieser
Zielformulierung werden Kirchenhistoriker einig sein, in der Durchführung
werden die Wege wohl nie übereinstimmen können.

Rostock Gert Haendler

Series Episcoporum Ecclesiae Catholicae Occidentalis ab initio usque
ad annum MCXCVHI. Series V: Germania. Tomus I: Archiepisco-
patus Coloniensis. Coadjuvantibus H. Kluger et E. Pack. Curave-
runt St. Weinfurter et O. Engels. Stuttgart: Hiersemann 1982. XII,
205 S. 4-.Lw.DM 198,-.

Der Benediktiner Pius Bonifatius Garns legte 1873 eine Series
Episcoporum Ecclesiae Catholicae vor, die 1931 nachgedruckt wurde.
Andere Gelehrte haben das Werk bis 1592 bzw.bis 1799 fortgeführt.
Dankenswerterweise erscheint jetzt eine gründlich überarbeitete Ausgabe
des alten „Garns". Neben der Amtsdauer und Amtsfolge der
Bischöfe eines festen Sitzes werden auch wichtigere Namensvarianten
des Bischofs und des Bischofssitzes mitgeteilt, ferner Quellen und
neuere Literatur. Man wird über Geschichte und Grenzverlauf der
Kirchenprovinz informiert, von den Bischöfen erfährt man deren
familiäre Herkunft, Ämter von Verwandten, Ausbildung und
Werdegang, Datum der Investitur, Weihe sowie eine eventuelle Pal-
liumsverleihung. Politische Tätigkeiten werden vermerkt, offizielle
Reisen, Parteinahmen bei Papstschismen, Reformen im Bistum, literarisches
Wirken, Begräbnisort und gegebenenfalls auch die Heiligsprechung
. Die Fülle der Anmerkungen, die mitunter nur wenige Zeilen
Text zulassen, sind ein Zeichen für die Gründlichkeit der Herausgeber
. Diese Gründlichkeit hat freilich auch ihre Schattenseite, über
die klar Auskunft gegeben wird: „Angesichts der über 1 500 Bischofssitze
, die zum größten Teil in über 100 Kirchenprovinzen geordnet
sind, scheint eine Voraussage über die zeitliche Erscheinungsfolge des
Gesamtwerkes bereits an dieser Stelle nicht angebracht" (VI). Es sind
7 Abteilungen vorgesehen: I Italia; II Africa et Oriens latinus; III Ib.e-
ria; IV Gallia; V Germania; VI Britannia, Scotia et Hibernia, Scandi-
navia; VII Graecia, Illyricum et Hungaria, Polonia. Exemte Bischofssitze
sollen gesondert erscheinen oder aber derjenigen Provinz technisch
zugeordnet werden, in deren räumlicher Nähe sie liegen.

Als erster Band liegt der über das Erzbistum Köln vor. Die verschiedenen
Ortsnamen werden aufgezählt von Agrippina, Colonia Agrip-
pina bis Collonia und Colo. Das Patrocinium wird genannt: S. Petrus.
Es folgt eine Historia (3-4). Die „Fines" werden beschrieben (4), es
folgen „Tabulae". Die „Fontes" werden aufgezählt in der Abfolge
Scriptores, Diplomata, Regesta, Necrologia sowie einer Series Episcoporum
antiquae (5-6). Die „Litterae" nennen 10 deutsche und eine
französische Spezialarbeit sowie 4 lexikalische Artikel. Die eigentliche
Bischofsliste beginnt mit Maternus, der als Teilnehmer der
Synoden von Rom 313 und Arles 314 bekannt ist. Anmerkung 17 geht
der Frage nach, ob Maternus auch Bischof von Trier war (7). Die
Nachricht, daß Bonifatius Erzbischof von Köln werden sollte, findet
sich ebenfalls in einer Anmerkung (11, Anm. 57). Auch die Anmerkungen
sind in lateinischer Sprache formuliert. Das fragwürdige Verhalten
des Kölner Erzbischofs Günther beim Ehehandel seines Fürsten
wird recht milde ausgedrückt, das Eingreifen des Papstes mit aller
Deutlichkeit: „Cum Lothario (II) regi a matrimonii vinculo solvendo
aperte faverit, 863 oct. ca 30 in synodo Lateranensi a Nicoiao (I) papa
depositus, ab officio sacerdotali excommunicatus et a regimine epis-
copatus alienatus est" (16). Aus der Reihe berühmter Kölner Erz-
bischöfe seien wenigstens noch Bruno I. (19), Anno II. (25) und
Reinald von Dassel (36-38) genannt.

Es folgt das Bistum Liege, das vorher Trajectum (Maastricht) und
davor Tungris (Tongeren} hieß (43ff) und auch bis in das 4. Jahrhundert
zurückreicht. Aus der Bischofsliste ragt Rather hervor, der in den
Lehrbüchern meist als Rather von Verona verzeichnet ist (64). Das
Bistum Minden beginnt erst in der Zeit Karls d. Gr. (84 ff), ebenso die
Bistümer Münster (113 ff) und Osnabrück (136 ff). Dagegen reicht das
Bistum Trajectum (Utrecht) bis in das Jahr 695 zurück, als Willibrord
„a Sergio (I) papa (archi-)episcopus in gentem Fresonum, i. e. epis-
copus Trajectensis primus, creatus et consecratus est" (171).

In dem vorgelegten Band steckt sehr viel Arbeit, die freilich nur solchen
Benutzern zugute kommen kann, die einige Vorkenntnisse mitbringen
.

Rostock Gert Haendler

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Hauschild, Wolf-Dieter [Hrsg.]: Lübecker Kirchenordnung von
Johannes Bugenhagen 1531. Text mit Übersetzung, Erläuterungen
und Einleitung. Lübeck: Schmidt-Römhild 1981. XLVI, 262 S., 16
Taf. 8 Lw. DM 29,80.

Das 450. Reformationsjubiläum Lübecks 1981 hat zu der fundamentalen
Leistung der „Kirchengeschichte Lübecks" (Lübeck 1981)
von Wolf-Dieter Hauschild (jetzt Osnabrück) in der Neuausgabe der
reformatorischen Kirchenordnung Johannes Bugenhagens für die
Hansestadt ein weiteres beachtliches wissenschaftliches Werk gezeitigt
. Wie in seiner Kirchengeschichte ist es auch hiermit wieder dem
Herausgeber gelungen, Darbietung und Übersetzung eines historischen
Textes zusammen mit wissenschaftlicher Darstellung in der
Einleitung zu einer ansprechenden und anregenden Lektüre werden
zu lassen.

Der ursprüngliche sog. Balhornsche Druck von 1531 ist in seinem