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Ausgabe:

1983

Spalte:

422-424

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Synopse zur Hekhalot-Literatur 1983

Rezensent:

Schreiner, Stefan

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 6

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setzers wenigstens einigermaßen vom MT abwich. Dann ist es auch
wahrscheinlich, daß in einem Teil des hier behandelten Materials der
Unterschied schon im hebräischen Text zu suchen ist. Wo die Grenze
zu ziehen ist, bleibt unsicher. Diese Tatsache könnte m. E. vom
Verfasser deutlicher hervorgehoben werden.

Die Methode ist einleuchtend. Nach der zitierten Bibelstelle werderl
die Stellen aufgezählt, die als Quelle des erweiterten Übersetzungstextes
dienen konnten. So wird deutlich, wie der Übersetzer von
anderen Bibelstellen abhängig gewesen ist. Er muß die griechische
Übersetzung der verschiedenen Bücher gut beherrscht haben, was ja
auch zu erwarten ist. Heater gebraucht aber oft Formulierungen, die
zeigen, daß seiner Ansicht nach der Übersetzer ganz bestimmte Bibelstellen
als Vorbild gebraucht habe. So schreibt er z. B. S. 39: "The
significance of 'day' is, of course, different in Isaiah and in Job, but
perhaps the presence of liwjalan reminded the translator of Job of this
Passage and had some bearing on his choice of ixeivrjv." Ich möchte es
lieber wenigstens offen lassen, ob nicht der Übersetzer vielleicht aus
dem von ihm gut beherrschten Material Ausdrücke entlehnt hat, ohne
an den Zusammenhang und an die gewisse Bibelstelle zu denken.

Hiob 2,9 hätte der Verfasser völlig weglassen können, da hier
augenscheinlich - wie er auch selbst zugibt - der Zusatz nicht dem
Übersetzer, sondern einem späteren Interpolator zuzuschreiben ist.
Außerdem möchte ich 10,13 und 11,2 in Frage stellen, da hier eine
spätere Stelle des Hiob-Buches als Quelle gedient haben müßte. Die
Gedanken dieser Zusätze sind außerdem in ihrer jetzigen Umgebung
so unerwartet, daß man die Motive des Übersetzers nicht leicht einsehen
kann. Wäre es nicht auch hier natürlicher, die Zusätze einer
späteren Hand zuzuschreiben? So lose Zusätze eines ganzen Gedankens
würde ich keineswegs „übersetzungstechnisch" nennen. Einen
besseren Überblick über das Material würde man auch bekommen,
wenn die verschiedenartigen Zusätze ihrem Charakter nach gruppiert
wären. Die Zusätze eines ganzen Gedankens würden dann ihre eigene
Gruppe bilden, wenn sie überhaupt mitgenommen werden.

Trotz dieser Anmerkungen ist die Untersuchung von Heater sehr
wertvoll und anregend. Sie gibt die gründliche Darstellung einer
Besonderheit der LXX-Übersetzung des Hiob und korrigiert in
mancher Hinsicht die frühere Forschung. Sie gibt wichtige Impulse
sowohl der LXX-Forschung als auch der Erforschung des hebräischen
Textes des Buches Hiob.

Helsinki Ilmari Soisalon-Soininen

großen Themenbereiche der jüdischen Apokalyptik - stellt bedeutsame
Ereignisse zwischen (Schöpfung 22,1-3 bzw.) Sündenfall und
Sendung des Messias bzw. Gericht durch Gott heraus und behandelt
damit zusammenhängende Themen (23-31).

Als Vermittler der Offenbarungen tritt der Engel Jaoel5 auf (seinen
Funktionen nach eine Parallelgestalt zu Michael6), als sein Gegenpart
Asasel (s. Lev 16,8.10; bedeutsam auch in 1 Hen als dem Satan entsprechende
Figur). Sie repräsentieren und leiten die beiden Welten,
die in diesem Äon gegeneinander stehen.

Die knappe Einleitung (415-419), die auf beide Vf. zurückgeht,
informiert über die slawischen Handschriften, Komposition, ursprüngliche
Sprache (hebräisch, mit griechischer Zwischenstufe zur
slawischen Wiedergabe), religiöse Ideen, Entstehungszeit (Ende
1. Jh. n. Chr., eine verbreitete Ansetzung) usw. Die Übersetzung von
B. Ph.-S., die „auf einer noch nicht edierten Textgestalt" beruht
(416), stimmt nicht selten im Wortlaut mit der von N. Bonwetsch
(1897) überein; bemühte sich B. um möglichst große Nähe zur Vorlage
auch in Wortstellung und Satzbau (z. T. nahezu bis zur Unver-
ständlichkeit), so ist die in JSHRZ (die ihrerseits aus dem Französischen
übertragen wurde7) recht gut zu lesen. Gleichwohl werden
manche sprachlichen Besonderheiten der griechischen Vorlage und
deren hebräischer sichtbar, z. B. der pleonastische Gebrauch von
„Angesicht" (22,2; 23,2); andere treten zurück, wie z. B. das „siehe
ich" (1,7; 8,1 usw.); so lohnt sich mannigfach der Vergleich mit der
Übersetzung B.s.

Der Kommentar, den M. Ph. erarbeitete, zeigt diesen erneut als
vielseitigen Kenner der frühjüdischen (und ggf. außerjüdischen) Literatur8
. So weist er für apc Abr zahlreiche Kontakte mit dieser nach
und erläutert sie von daher, wie aus apc Abr selbst. Daß die eine oder
andere Wendung bzw. Aussage des apokalyptischen Teils einigermaßen
rätselhaft bleibt, kann teils schon in der ursprünglichen
Fassung begründet sein, teils im Nichtverstehen der Übersetzer, teils
in dem der slawischen Tradenten. Deren Differenzen werden für die
verwerteten Handschriften vorgeführt, von denen acht auch den apokalyptischen
Teil bieten, während vier nur 1-8 enthalten. In dem Heft
als ganzem wird die bisher nicht ausreichend zugängliche und deshalb
auch nur begrenzt verwertete Schrift durch Übersetzung und Kommentar
auf der Höhe der gegenwärtigen Erforschung des frühjüdischen
Schrifttums der weiteren Verarbeitung erschlossen.

Halle (Saale) Gerhard Delling

Judaica

Kümmel, Werner Georg: Jüdische Schriften aus hellenistischrömischer
Zeit, hrsg. in Zusammenarb. m. Ch. Habicht, O. Kaiser,
O. Plöger, J.Schreiner. V: Apokalypsen. Lfg. 5: Belkis Philo-
nenko-Sayar u. Marc Philonenko: Die Apokalypse Abrahams
, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1982.
S. 413-460 gr. 8 Kart. DM 32,-.

Die apc Abr, welche dem Corpus jüdischer Schriften vom
2. Jh. v. Chr. bis etwa 100 n. Chr. angehört, die hervorragenden Gestalten
der Geschichte Israels zugeschrieben werden, zerfällt in zwei
verschieden geartete Teile. Der erste (Kap. 1-8) berichtet über die
Abkehr Abrahams von den machtlosen Götzen zu dem „Starken", die
breit dargestellt wird (vgl. Jub 11,17; 12'), mit ausführlicher Polemik
gegen den Götzenkult im Rahmen einer Erzählung über Abrahams
Erfahrungen mit den Götzen(bildern). Der Teil schließt mit einer
Selbstoffenbarung des Gottes der Götter, des Schöpfers.

Der zweite Teil2 umfaßt die eigentliche Apokalypse. Die Schauungen
werden in 9-14 vorbereitet (im Anschluß an Gen 15,9-11.17).
'n einem zweiten Stück werden dem über die Himmel erhobenen3
Abraham vor allem deren Bereiche gezeigt (15-21), in 21 auch die
Erde mit dem Abgrund usw. Eine besondere Rolle spielt die Schau des
gottlichen Thronwagens4 und seiner Umgebung im Anschluß an Ez 1
usf- (Kap. 170. Das dritte Stück - apc Abr verbindet mithin die beiden

1 Weiterhin test lob 2-5, s. ThLZ 106,1981 Sp. 809f.
1 Mit dem ersten verbunden z. B. durch das in apc Abr häufigste Gottesprädikat
„Starker", s.o. Zum Gottesprädikat fortis(simus) s. JSÜ 2, 1971,

7f. A. 5.

3 Zum Aufstieg des Visionäre in der Apokalyptik s. Francis T. Fallon, The
Enthronement of Sabaoth, Leiden 1973, 38-41; J. Schwanz, Le voyage au ciel
dans la litterature apocalyptique, in: M. Philonenko [Hrsg.], L'Apocalyptique,
Paris 1977,91-126.

4 Vgl. dazu z. B. Johann Maier, Vom Kultus zur Gnosis, Salzburg 1964, „Die
Thronvorstellung in der Apokalyptik", 125-128.

5 Zu dem selten begegnenden Namens. J. Michl, Art. Engel V, RAC 5,1962,
spez. 216 f. Die dort angegebene Literatur belegt ihn nicht immer.

6 Vgl. dazu Michl, a.a.O. Engel VII, 243-251, für das „Spätjudentum"
244 f.

7 Durch „M. Criqui, Chef-Assistentin an der Universität Straßburg" (420),
wie das ganze Heft.

8 S. z. B. Ph., Le Testament de Job, Semitica 18, 1968; Joseph et Aseneth,
Leiden 1968, vgl. dazu Ch. Burchard in ThLZ 95,1970 Sp. 243-255.

Schäfer, Peter [Hrsg.]: Synopse zur Hekhalot-Literatur, in Zusammenarb
, m. M. Schlüter u. H. G. von Mutius. Tübingen: Mohr
1981. XXV, 299 S. 4' = Texte und Studien zum Antiken Judentum
2. Lw. DM 298,-.

„Man lehrt", mahnt eine Mishnah, „Inzestgesetze nicht vor dreien,
das Schöpfungswerk nicht vor zweien und das Thronwagenwerk nicht
einmal vor einem, es sei denn, dieser ist schon ein Weiser, der aus