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Ausgabe:

1983

Spalte:

370-371

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Die Religionsgespraeche der Reformationszeit 1983

Rezensent:

Koch, Ernst

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369

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 5

370

nem Entwurf nicht einfach eine Kirchengeschichte in Kurzform, sondern
fragt nach der Geschichte des Glaubens. Dabei soll hervorgehoben
werden, „daß der Glaube, so sehr auch er in diese politische
Geschichte verwickelt ist, seine ihm eigene Dynamik hat, auf Wegen
und Umwegen und Abwegen" (13). Interessant ist, daß unter dieser
Prämisse eine Epochengliederung vorgestellt wird, die nicht einfach
identisch ist mit der bekannten: Alte Kirche, Mittelalter, Reformation
und Gegenreformation, Neuzeit, sondern aufgrund des „unwiederhol-
baren Anfanges" (17-38) wird „Die Entfaltung des christlichen Glaubens
in seiner Geburtswelt" (41-210) und die „Abendländische Epoche
der christlichen Glaubensgeschichte: Mittelalter, Reformation,
Konfessionelles Zeitalter" (213-414) entfaltet. In dem zuletzt genannten
Teil setzt der Vf. noch einmal neu ein nach der Reformationszeit:
>,Christsein in .nachchristlich' werdender Zeit" (347-414). Zum Abschluß
fragt Vf. nach dem „Christwerden in künftiger Zeit"
(415-427). Für evangelische Theologie ist besonders interessant, daß
die Neuentdeckung des Glaubens durch die reformatorische Theologie
zurückgebunden wird über Nikolaus von Kues, die deutsche und
spanische Mystik, Dante zu Thomas von Aquin (vgl. den Abschnitt
„Glauben des Glaubens: Abendländisches Christsein", 252-346).

M. P.

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Lutherjahrbuch. Organ der internationalen Lutherforschung. Im Auftrag
der Luther-Gesellschaft hrsg. v. H. Junghans. 49. Jahrgang
1982. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1982. 204 S. 8 Kart.
DM 34,-.

Mit dem Thema „Luthers individuelle Eschatologie" (7-49) greift
Werner Thiede im ersten Beitrag dieses Jahrgangs ein ebenso brisantes
wie umstrittenes Problem auf. Seit Carl Stange und Paul Althaus
hat es im Grunde genommen keine eingehende Behandlung
mehr gefunden. Der Wert von Th.s Arbeit liegt in der umfassenden
Sichtung und Prüfung der Luthertexte, auch derer, die in der bisherigen
Behandlung des Themas als unbequem zur Seite gelegt worden
sein mögen, und in einem neuen Versuch einer systematischen Verarbeitung
von Luthers Aussagen. Th. macht auf die weit vorausgreifende
Modernität von Luthers Behandlung dieses Lehrstückes aufmerksam
, aber auch auf die mangelnde Konsequenz in Luthers
eigener Durchführung seines christologisch-evangeliumsorientierten
Ansatzes; Th. möchte Luther so verstehen, daß für ihn Christus selbst
die Stelle des Fegfeuers' einnimmt. Aufmerksam zu machen ist auf
e'ne Reihe von Korrekturen landläufiger Urteile zu Luthers Theologe
, die Th. anbringt.

Eine gut dokumentierte Zusammenfassung von Ergebnissen seiner
Leipziger Dissertation aus dem Jahre 1980 bietet Bernd Stephan
unter der Überschrift „Kulturpolitische Maßnahmen des Kurfürsten
Friedrich III., des Weisen, von Sachsen" (50-95). Die biographischen
und charakterlichen Gesichtspunkte zur Person des Kurfürsten
werden in oft überraschender und erhellender Weise mit Friedrichs
Rolle als Auftraggeber, Stifter, Schutzherr und Förderer (St. hält den
Ausdruck „Mäzen" im strengen Sinne nicht für zutreffend) von Kunst
und Künstlern zusammenschaut. So entsteht das Bild eines im Vergleich
mit zeitgenössischen fürstlichen Kollegen durchaus nicht überdurchschnittlichen
, aber seine Chancen und Notwendigkeiten gut
ausnutzenden Territorialherren, der darauf bedacht war, seinen Ruf
als Herrscher eines wirtschaftlich gut entwickelten Landes und als
spätmittelalterlicher Christ zu wahren. Auch sein Verhältnis zu
Luther tritt damit in ein neues Licht.

„Martin Luther und Albrecht von Mainz. Aspekte von Luthers
reformatorischem Selbstbewußtsein" (96-114) behandelt Scott H.
H e n d r i x und verfolgt den Wandel der Einstellung Luthers zu Kardinal
Albrecht von hoher Achtung zu zorniger Verurteilung. Bemerkenswert
ist die Hoffnung, die Luther lange Zeit einem Mann gegenüber
gehegt hat, der offenbar fest in seine Machtinteressen und
-notwendigkeiten eingespannt war, und es erscheint nach H.s Arbeit
chancenreich, auch dem Verhältnis Luthers zu anderen von seinen
Partnern längsschnittartig nachzugehen.

C. Augustijn behandelt das Thema „Erasmus von Rotterdam im
Galaterbriefkommentar Luthers von 1519" (115-132), sucht die offenen
und versteckten Zitate der Annotationes des Erasmus bei Luther
auf und vergleicht sie mit den Aussagetendenzen Luthers, wobei er -
auch auf dem Wege der Kontrolle am Text der Vorlesung Luthers von
1516/17 - eine starke Konvergenz im Bereich der Kirchenkritik registriert
. A. sieht hinter dieser Konvergenz neben einem genuinen
Moment von Luthers früher Theologie, das A. nicht vergessen sehen
möchte, auch die kursächsische Kirchenpolitik des Sommers des
Jahres 1519, die darauf aus war, Luther dem Humanisten Erasmus zu
empfehlen. Den Zeitgenossen hingegen dürften nach A. die in Wirklichkeit
vorhandenen theologischen Differenzen zwischen Erasmus
und Luther nicht so aufgefallen sein wie die Konvergenzen im Bereich
der Kirchenkritik.

„Erwartungen an das Gesamtinhaltsverzeichnis 'der Weimarer
Lutherausgabe" notiert H. Junghans (133-139): Es möge auch die
Titel aus WADB und WABr umfassen, sofern sie zu Luthers Zeiten
gedruckt worden sind; es mögen alle Titel von Lutherdrucken bis
1546 benannt und durch Verweise in Beziehung gesetzt werden; es
mögen auch alle Nachträge in späteren Bänden der WA mit erfaßt
werden; es mögen auch die Beigaben einschließlich der Register und
germanistischen Exkurse verzeichnet werden. Besonders nachdrücklich
wünscht J. eine einheitliche und konsequente Formulierung der
Titel von Luthers Schriften, für die er Maßstäbe aufstellt.

Die (mehr als 1120 Nummern umfassende) Lutherbibliographie ist
noch einmal stark vom Jubiläum der Confessio Augustana im Jahre
1980 mitbestimmt. Wieder einmal sei darauf hingewiesen, daß die
weitgespannte Anlage dieser Bibliographie nicht nur die Aufmerksamkeit
der Reformationshistoriker, sondern auch der Historiker der
Neuzeit und der systematischen und praktischen Theologen lohnen
wird.

Leipzig Ernst Koch

Müller, Gerhard [Hrsg.]: Die Religionsgespräche der Reformationszeit
. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1980. 167 S.
8° = Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, 191. Kart.
DM 58,-.

Im März 1979 veranstaltete der Verein für Reformationsgeschichte
ein weiteres wissenschaftliches Symposion in einer Reihe ähnlicher
Veranstaltungen (vgl. ThLZ 103, 1978 Sp. 593-595; 105, 1980
Sp. 846-849). Das Thema dieses Symposions, zu dem die Herzog-
August-Bibliothek in Wolfenbüttel eingeladen hatte, war bereits seit
einigen Jahren erneut im Gespräch. Es bot außerdem Gelegenheit
zum Vorgriff auf die Thematik des Jubiläumsjahres 1980 mit der
Erinnerung an die Ereignisse, die den Augsburger Reichstag 1530
begleiteten. Aktueller Anlaß zur Beschäftigung mit diesem Thema
sind die Frage, aus welchen Gründen die Gespräche zwischen den
Anhängern der Reformation und den römischen Katholiken im
16. Jahrhundert gescheitert sind, und teilweise auch die historische
Rückfrage, die die Anregung einer Anerkennung der Confessio Augustana
durch Rom provoziert hat.

Das Symposion bot jeweils 2 Referate zu einem Thema, Ereignis
oder Ereigniskomplex und eine Diskussion der Referate. Der Band
druckt die Referate bzw. Kommunikationen ab und bringt auf ein
paar wenigen Seiten einen knappen Diskussionsbericht von Hanns
Kerner, in dem Tendenzen und Schwerpunkte der Diskussion nachgezeichnet
werden. Das Teilnehmerverzeichnis enthält die Namen
von 50 Teilnehmern aus 9 Ländern.

Das Studium der Beiträge zeigt, in welchem Maße die Fragen um