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Ausgabe:

1983

Spalte:

366-367

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Andresen, Carl

Titel/Untertitel:

dtv-Wörterbuch der Kirchengeschichte 1983

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 5

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gründet. Nicht zufällig hat Ign die spätere Fixierung des Märtyrertitels
, die auf die frühchristliche Zeugnisterminologie zurückgriff,
beeinflußt: „Martys wurde zur Bezeichnung dessen, der im Tod um
des Glaubens willen mathetes und mimetes Christi ist, der in der
höchsten Tat das Wort des Glaubens verwirklicht und so im Martyrium
den Glauben äußert" (S. 270). Daran anknüpfend beschreibt
dann MartPol um 160 erstmals in einer eigenen Darstellung das Märtyrergeschick
, wobei es eine Fülle traditioneller Motive zu einem
Gesamtbild vereinigt und mit diesem „die Linie der beginnenden
christlichen Theologie des Martyriums mit dem im hellenistischen
Judentum geschaffenen Märtyrerbild" verbindet. „Damit ist der Weg
zur Märtyrerlegende eröffnet" (S. 305). Durch die traditionsgeschichtliche
Rückfrage gewinnt die Darstellung zum Martyrium im MartPol
ebenso wie zu Ign ein gutes Profil.

Ob man hier nicht die apologetische Literatur und die Märtyrerakten
des 2./3. Jh. um des Gesamtbildes willen hätte einbeziehen sollen,
so daß der Schlußpunkt etwa mit Tertullians und Origenes' einschlägigen
Schriften gegeben wäre, sei nur gefragt. Auf jeden Fall erweist
sich B.s Ansatz als fruchtbar: die Geschichte der Thematik vom
Judentum über die apostolische Zeit bis hinein ins 2. Jh. als Einheit zu
begreifen. Es handelt sich insgesamt um eine solide, ausgereifte
Arbeit.

Osnabrück Wolf-Dieter Hauschild

Pollard, T. E.: Fullness of Humanity. Christ's Humanness and Ours.
Sheffield: The Almond Press 1982.126 S. 8" = The Croall Lectures,
1980. Kart.L 5.95; Lw. 9.95.

Das Buch enthält die 50. Croall Lectures, die der Vf. Ende 1980 in
Edinburgh hielt. Da der Stil der Vorlesung weitgehend belassen ist,
atmet das Buch Lebendigkeit und Frische.^ Ein Anmerkungsteil gibt
ihm gleichwohl ein solides wissenschaftliches Fundament. Der Vf.
geht engagiert von gegenwärtiger systematischer Fragestellung aus
und endet im Schlußkapitel auch wieder bei ihr. Er will die heutige
Schlüsselfrage, die Anthropologie, von der Christologie her soteriolo-
gisch beantworten. Dafür durchmustert er nach der Themenstellung
Aussagen über die Art des Menschen (humannes, ausdrücklich nicht
humanity) im Alten Testament, in der Jesus-Überlieferung, in der frühen
Gemeinde und bei Paulus, im Hebr und bei Joh. Der Schlußteil
greift die moderne katholische Diskussion über die Christologie auf
und nimmt zu ihr im Sinne der Patristik Stellung, für die P. mehr das
soteriologische Konzept der Filiation (und der „humanization") als
das der Deifikation als bestimmend aufweisen zu können glaubt. In
jedem Fall ein anregendes Buch, das ein wichtiges Thema aktuell
traktiert.

T.H.

Kertelge, Karl [Hrsg.]: Mission im Neuen Testament. Freiburg-
Basel-Wien: Herder 1982. 240 S. 8" = Quaestiones Disputatae,
93. Kart. DM 46,-.

Das Buch gibt die Hauptreferate und die z. T. ausgebauten Seminarstudien
einer Tagung wieder, die die deutschsprachigen katholischen
Neutestamentier im April 1981 in Würzburg unter dem Thema
.■Theologie der Mission im Neuen Testament" zusammenführte. Im
Hintergrund steht die Krise der heutigen Missionstheologie, auch
wenn sie nicht unmittelbar thematisiert wird. Es werden gewichtige
Studien zu einzelnen Aspekten des Themas vorgelegt, eine zusammenfassende
Darstellung des Gegenstandes will diese Sammlung noch
nicht sein. Der letzte Beitrag von N. Brox behandelt das weite Feld der
Alten Kirche, eine interessante Grenzüberschreitung, die besondere
Beachtung verdient.

Einer Einführung vom Herausgeber folgen: R. Pesch, Voraussetzungen und
Anfänge der urchristlichen Mission, 11-70. - G. Schneider, Der Missionsauftrag
Jesu in der Darstellung der Evangelien, 71-92. - H. Frankemölle,

Zur Theologie der Mission im Matthäusevangelium, 93-129. - K. Stock SJ,
Theologie der Mission bei Markus, 130-144. -J. Kremer, Weltweites Zeugnis
für Christus in der Kraft des Geistes. Zur lukanischen Sicht der Mission,
145-163. - D. Zeller, Theologie der Mission bei Paulus, 164-189. -
N. Brox, Zur christlichen Mission in der Spätantike, 190-237.

T. H.

Kirchengeschichte: Allgemeines

Andresen, Carl, u. Georg Denzler: dtv-Wörterbuch der Kirchengeschichte
. München: Deutscher Taschenbuchverlag 1982. 650 S.
kl. 8". DM 24,80.

-: Wörterbuch der Kirchengeschichte. München: Kösel (Lizenzausgabe
des Deutschen Taschenbuchverlags, München) 1982. 650 S.
8 Lw. DM 48,-.

Die Autoren dieses zweifach erschienenen Werkes zeichnen für die
Bearbeitung aller Stichworte verantwortlich. Der protestantische
Emeritus Andresen sorgte für die Alte Kirche, das Mittelalter und
die Geistesgeschichte, der katholische Ordinarius Denzler für die
Papstgeschichte, die Gegenreformation und die Neuzeit. Die Grenzen
sind aber fließend. „Alle Stichworte wurden gemeinsam gelesen - als
Manuskript und bei der Drucklegung" (Vorwort). Das Buch wendet
sich nicht so sehr an Fachkollegen; es will vor allem „interessierten
Lesern und damit einem weiteren Personenkreis den Zugang zur
Fachsprache der Kirchenhistoriker" ebnen (ebd.). Eine einfuhrende
Bibliographie nennt die wichtigsten Standardwerke (8-12). Hier wie
auch im Abkürzungsverzeichnis (13-18) vermißt man das neue Quellenwerk
Corpus Christianorum, dessen Series Latina inzwischen doch
beachtlich angewachsen ist. Nützlich ist ein Verzeichnis „Integrierte
Stichwörter" (19-33), das sehr ausfuhrlich ist. Darin entstehen bezeichnende
und mitunter auch erstaunliche Zuordnungen: Apartheidpolitik
unter „Sklaverei", Bibelkritik unter „Antimodernisten-
eid" und „Schriftauslegung", Bund der Evangeliumschristen unter
„Stundisten", Erbsünde unter „Pelagianischer Streit", Gottesstaat
unter „Tausendjähriges Reich", Kirchliches Notrecht unter „Dahlemer
Erklärung", Seeschlacht von Lepanto (1571) unter „Marienverehrung
", Union unter „Dreißigjähriger Krieg", Zungenreden unter
„Russische Sekten" u. a. Dieses Verzeichnis hätte noch viel nützlicher
sein können, wenn es auch Personen enthalten würde. Damit ist
ein auffälliges Charakteristikum des Werkes genannt: Es bietet ausschließlich
Sachstichworte und keine Personen. Wer also nach „Christus
" sucht, findet Stichworte wie „Christengemeinschaft", „Christenlehre
" bis hin zu „Christusorden"! Wer „Luther" sucht, findet
den „Lutherischen Weltbund" und das „Luthertum", dazu mit Hilfe
des integrierten Stichwörterverzeichnisses noch den Lutherischen
Weltkonvent. (Der Kundige wird noch den Artikel „Altlutheraner"
nachschlagen, der als „Kernland des Widerstandes" falschlich „Kursachsen
" nennt und dort indirekt Paul Gerhardt ansiedelt).

Der Verzicht auf Personenartikel wird nicht näher begründet, mindert
aber doch erheblich die Freude an diesem Band. Gerade für den
„weiteren Personenkreis", den das Lexikon ansprechen möchte, sind
die großen Gestalten der Kirchengeschichte doch unverzichtbar. Nun
aber stößt man statt auf Augustin nur auf „Augustiner", „Augustiner-
Chorherren", „Augustiner-Eremiten", „Augustinismus" und die
„Augustinusregel". Franz von Assisi begegnet man kurz unter dem
Stichwort „Franziskaner", Ockham unter „Ockhamismus", Benedikt
von Nursia unter „Benediktinerfegel", Calvin unter „Calvinismus",
Zwingli unter „Zwinglianismus". In diesen Fällen findet man immerhin
leicht etwas. Aber wo findet man z. B. Auskunft über Irenäus? In
der Reihe „Inquisition", „Investiturstreit", „Iroschottische Kirche",
„Irvinianismus" sucht man ihn vergebens. Einen Artikel „Kirchenväter
" gibt es nicht, der kurze Artikel „Patristik" nennt ihn nicht. Irenäus
wird erwähnt im Artikel „Kirchenlehrer", aber man erfährt
nicht gerade viel über ihn. Karl Barth würde man suchen in der Abfolge
der Stichworte „Barmherzige Schwestern", „Barnabiten", „Bar-