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Ausgabe:

1983

Spalte:

354-355

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Qumran 1983

Rezensent:

Holm-Nielsen, Svend

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353

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 5

354

Auslassung des Titels, ja selbst des Verfassers (etwa S. 216 bei Nr. 343a, wo im
übrigen dann ja wohl auch die Replik von Norin auf Miliard hätte genannt
werden müssen). Wozu das führen kann, zeigt etwa der Umgang mit einem Artikel
von G. Braulik, Literarkritik und archäologische Stratigraphie, Bib 59
(1978) 351-383, den P. ohne Titelnennung mit einem „dazu" an S. Mittmans
Buch über Dtn 1,1-63 (Nr. 69) anhängt. Der Artikel von Braulik hat einen
etwas irreführenden, Mittman nennenden Untertitel. In Wirklichkeit ist er aber
eine die gesamte Literatur aufarbeitende Auseinandersetzung mit allen vor ihm
vorgetragenen Einzelargumenten zur Frage der Schichtung oder Einheitlichkeit
von Dtn 4,1-40. Wer Brauliks Artikel kennt, muß es wohl als eigenartig
empfinden, wenn P. aufS. 84f für „mehrere Schichten" in Dtn 4,1^10 plädiert
und zur Begründung eine ganze Serie von meist älteren Autoren nennt, den
Artikel von Braulik, in dem die Argumente dieser Autoren einzeln diskutiert
werden, aber nicht einmal erwähnt. Vermutlich ist das P. nicht passiert, weil
Braulik eine andere These als er vertritt, sondern einfach, weil er in der Bibliographie
diesen Artikel nicht als eigene Größe behandelt hat. Auch dieser Typ
von Fehlleistung kommt mehrfach vor.

Man wird angesichts dieses etwas betrüblichen Bilds gerechterweise
darauf hinweisen müssen, daß P. sich die Fertigstellung des Buchs
offenbar zu einer Zeit abgerungen hat, als ihm zu seiner Lehrtätigkeit
auch noch eine mehrjährige akademische Verwaltungsarbeit auferlegt
wurde. So war es vielleicht besser, das Buch kam in dieser Gestalt heraus
, als daß wir noch viele Jahre daraufhätten warten müssen. Man
wird deshalb Unausgeglichenheiten der Zitationstechnik, Druck- und
Ubertragungsfehler, nicht funktionierende Satzkonstruktionen (z. B.
aufS. 136 Mitte) und die offenbar übermäßige und ungleichmäßige
Auswertung derjenigen Literatur, die in allerletzter Stunde eingearbeitet
wurde, als das geringere Übel in Kauf nehmen. Vielleicht wäre
es unter den gegebenen Produktionsverhältnissen vernünftiger gewesen
, einfach beim Jahre 1975 oder 1976 einen Schlußstrich zu ziehen
und keine später erschienene Literatur mehr zu berücksichtigen. Aber
man kann auch den Autor verstehen, der lieber Unausgeglichenheiten
in Kauf nahm als seinem Leser Informationen vorzuenthalten. So
müssen wir ihm bei aller Vorsicht im Umgang mit dem Buch doch
dankbar sein. Es gibt als Informationsquelle über die Deuterono-
miumsforschung nichts Vergleichbares. Die Existenz des Werks wird
sich in den kommenden Jahren sicher auswirken. Es wird dazu beitragen
, daß bei Arbeiten über das Deuteronomium eine breitere gemeinsame
Ausgangsbasis da ist. Vielen, die in diesem Feld neu anfangen,
wird zeitraubende Such- und Sammelarbeit erspart bleiben. Und im
übrigen wäre es erfreulich, wenn P. dann doch in absehbarer Zeit die
Möglichkeit fände, das, was er in diesem Buch oft nur als These statuieren
konnte, in weiteren Veröffentlichungen auch zu begründen.

Frankfurt am Main Norbert Lohfink

Westermann, Claus: Sprache und Struktur der Prophetie Deuterojesa-
jas. Mit einer Literaturübersicht „Hauptlinien der Deuterojesaja-
Forschung von 1964-1979", zusammengestellt u. kommentiert von
Andreas Richter. Stuttgart: Calwer 1981. 131 S. 8' = Calwer Theologische
Monographien. Reihe A: Bibelwissenschaft, 11. Kart.
DM 26,-.

Das vorliegende Buch enthält an erster Stelle (S. 9-87) den unveränderten
Nachdruck einer Studie C. Westermanns, die unter dem gleichen
Titel erstmals in dem Sammelband Forschung am Alten Testament
(1964) erschienen ist. Sie wurde in dieser Zeitschrift bereits bei
der Besprechung des Sammelbandes als ein besonders gewichtiger
Beitrag hervorgehoben (ThLZ 91, 1966 Sp. 28-30). Inzwischen
gehört sie zusammen mit C. Westermanns Kommentar zu Jes 40-66
'ATD 19, 1966) zu den Standardwerken der Deuterojesaja-Forschung
und bedarf keiner erneuten Vorstellung und Empfehlung. Es kann nur
begrüßt werden, daß sie, nachdem der genannte Sammelband längst
Ergriffen ist, nun noch einmal vorgelegt und damit neuen Lesern
'eicht zugänglich gemacht wird.

Das Buch enthält jedoch noch eine auch für den Kenner der Studie
sehr wichtige Ergänzung. An zweiter Stelle gibt A. Richter eine systematisch
geordnete und detaillierte Übersicht über die seit 1964
erschienene Literatur (Hauptlinien der Deuterojesaja-Forschung

von 1964-1979, S. 89-131). Der Leser wird hier umfassend über den
Stand der Forschung informiert und vermag so auch den Standort der
Studie C. Westermanns in der gegenwärtigen Diskussion genauer zu
bestimmen. Der zur Verfügung stehende Raum verbietet es dem Vf.
freilich, auf die Argumentation innerhalb der einzelnen Veröffentlichungen
genauer einzugehen. Er kann nur die wichtigsten Ergebnisse
und Tendenzen knapp skizzieren und als Zusammenfassung
einen flüchtigen „abschließenden Gesamteindruck" (S. 1220 wiedergeben
. Aber er hat auf alle Fälle ein sehr bequemes und zuverlässiges
Hilfsmittel geschaffen, das es jedem Leser ermöglicht, sich rasch in die
anstehenden Probleme einzuarbeiten, und dafür gebührt ihm Anerkennung
und Dank. Das Buch als ganzes ist somit für jeden willkommen
, der sich mit der Botschaft Deuterojesajas gründlicher auseinandersetzen
möchte.

Leipzig Joachim Conrad

Judaica

Qumran, hrsg. v. K. E. Grözinger, N. Ilg, H. Lichtenberger, G.-W.
Nebe, H. Pabst. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1981. VI, 398 S. 8' = Wege der Forschung, 410. LW. DM 99,-.

„Es sind über dreißig Jahre vergangen, seit die Nachricht über einen
Fund alter hebräischer Handschriften im damaligen Palästina um die
Erde eilte und in ihrem Gefolge so manche ungeprüfte Äußerung und
vorschnelle Erklärung die Gemüter der jüdischen und christlichen
Welt in Unruhe versetzte.

Der anfänglichen Erregung folgten drei Jahrzehnte ruhigerer und
besonnenerer Forschungsarbeit am Detail, und eine unüberblickbare
Flut von Arbeiten zum Thema Qumran, inzwischen gemächlicher
fließend, begann Bände von Bibliographien zu füllen. Vieles wurde geschrieben
, das man heute als der ersten Begeisterung entsprungen
getrost beiseite legen darf, und es haben sich Konturen eines gewissen
allgemeinen Konsensus der Wissenschaft abzuzeichnen begonnen,
wenn auch extreme Außenseiterpositionen noch nicht verlassen sind.
So scheint es nicht verfrüht, im Rahmen der Reihe ,Wege der Forschung
' eine Zwischenbilanz dieser drei Dezennien Qumranforschung
vorzulegen, noch bevor das Textmaterial vollständig veröffentlicht
und der allgemeinen Forschung zugänglich gemacht worden ist. Mit
grundlegenden Veränderungen muß wohl kaum mehr gerechnet
werden, obgleich noch vieles strittig ist und neue Texte dieses oder
jenes Problem lösen oder im neuen Lichte erscheinen lassen
mögen."

Mit diesen Worten leiten die Herausgeber des Buches, K. E. Grözinger
, N. Ilg, H. Lichtenberger, G.-W. Nebe und H. Pabst, den Forschungsbericht
über die Qumranliteratur ein. Außenseiterthesen
werden beiseite gelassen und auf gewisse Spezialthemen wie z. B.
Paläographie, Linguistik und das Verhältnis zu den pseudepigraphi-
schen Schriften wird keine Rücksicht genommen. Den verschiedenen
Artikeln zugrunde liegt die allgemeine Auffassung, daß die Handschriften
aus dem Zeitraum von ungefähr 250 v. Chr. bis ungefähr
70 n. Chr. herstammen und daß sie zur Bibliothek einer essäischen
Gemeinde am Nordwestrande des Toten Meeres gehörte. Die insgesamt
fünfzehn Aufsätze sind bereits zwischen 1955 und 1975 veröffentlicht
worden. Sie beschäftigen sich fast alle mit den Verhältnissen
der Qumrangemeinde, ihrer Zeit und Umwelt, Struktur und Organisation
und ihrer Theologie, wie man sie aus den Handschriften herleiten
kann. Dazu kommt eine Abhandlung von F. M. Cross, jr.
(von 1966) über die Bedeutung der in Qumran gefundenen alttesta-
mentlichen Texte für die Erforschung des alttestamentlichen Textes
und eine andere von J. A. Fitzmyer von 1961: Qumran und der
eingefügte Abschnitt 2Kor 6.14-7.1. Die ersten mehr oder weniger
phantasievollen Theorien über Verbindungen zwischen den essäischen
und den neutestamentlichen Schriften sind längst von mehr
nüchternen Erwägungen abgelöst, die über indirekte Verbindungs-