Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1983

Spalte:

349-353

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Preuß, Horst Dietrich

Titel/Untertitel:

Deuteronomium 1983

Rezensent:

Lohfink, Norbert

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

349

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 5

350

im Blick ist, sondern zumindest ebenso deutlich auch ihre positive
Funktion: Hoffnung begründend und aller Resignation wehrend angesichts
aller vorläufigen irdischen Verwirklichungen von Frieden.

Insgesamt ist somit für dieses Band eine gewisse „Offenheit" charakteristisch
. Wer hier Definitionen (Begrenzungen!) erwartet' hat,
wird notwendig enttäuscht. Nicht darum geht es hier, sondern - ganz
im Sinne der Zielstellung des Bandes - um die Angabe einer Grundrichtung
vom biblischen Zeugnis (in seiner Vielfalt!) her, gerade so
aber um Anleitung und Wegweisung zu eigenverantwortlichem und
situationsgerechtem Friedenshandeln. So gesehen kann die vorliegende
Veröffentlichung theologisch und „weltlich" engagierter Autoren
jedem, für den der Rückbezug auf das biblische Zeugnis im Zusammenhang
der Frage nach einem sachgemäßen Friedenshandeln
von Christen und Kirche heute mehr ist als lediglich eine durch
Gewohnheit und Tradition programmierte Pflichtübung, nicht nachdrücklich
genug zu intensiver Lektüre empfohlen werden.

Rostock Hans-Friedrich Weiß

Altes Testament

Schmidt, Werner H.: Einführung in das Alte Testament. 2., durchgesehene
Auflage. Berlin-New York: de Gruyter 1982. X, 375 S. 8' =
de Gruyter Lehrbuch. Geb. DM 48,-.

Bereits drei Jahre nach der 1. Auflage ist die zweite Auflage der
„Einführung in das Alte Testament" von Werner H. Schmidt erschienen
. Da das Buch eine Lücke füllt und solide und zuverlässige Information
bietet, war in der Besprechung der 1. Auflage (ThLZ 107,
1982 Sp. 21-23), auf die im übrigen hier verwiesen sei, die Erwartung
ausgesprochen worden, daß das Buch eine ganze Reihe von Auflagen
erleben wird. Diese Erwartung beginnt sich nun zu erfüllen.

Bei einem so geringen Zeitabstand ist eine wesentliche Änderung
des Textes nicht zu erwarten. In der Tat liegt der Textteil in der bisherigen
Form vor. Weitergearbeitet worden ist an den Literaturangaben;
sie sind beträchtlich erweitert worden. So sind dem letzten Paragraphen
„Für und wider das Alte Testament" (§ 30) die in der 1. Aufl.
noch zu vermissenden Literaturhinweise beigegeben worden. Am
Beginn des Literaturverzeichnisses zu Abschnitt III „Die Prophetie"
ist jetzt allgemein auf die Prophetie bezügliche Literatur unter § 13 ff.
(S. 353) zusammengestellt, bevor das sich auf die einzelnen Paragraphen
Beziehende angeführt wird.

Die Erwartung sei erneut ausgesprochen, daß Schmidts „Einführung
", schon auf Grund ihrer Qualität, weiter ihren Weg machen
wird.

Berlin Ludwig Wächter

Preuss, Horst Dietrich: Deuteronomium. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft 1982. VIII, 269 S. 8' = Erträge der Forschung,
164. Kart. DM 50,-.

Seit W. M. L. de Wette ist das Deuteronomium der Hebelpunkt für
die Rekonstruktion der Literaturgeschichte des Alten Testaments und
der Geschichte des alten Israel. Seit G. von Rad wird es auf diese oder
jene Weise immer wieder zur geheimen theologischen Mitte des Alten
Testaments erklärt. Die Theoriekrise der alttestamentlichen Wissenschaft
, die uns zur Zeit schüttelt, scheint zu einem großen Teil mit der
Beurteilung und zeitlichen Ansetzung des deuteronomischen Phänomens
zusammenzuhängen. Daher ist es erstaunlich, wie wenig wir
Alttestamentler uns um die Geschichte der Erforschung dieses Buches
kümmern. Eine forschungsgeschichtliche Dissertation von H.-J.
Krause aus dem Jahre 1931 („Das Deuteronomium in der wissenschaftlichen
Bearbeitung des 19. und 20. Jahrhunderts", Breslau)
blieb, von zwei Anhängen abgesehen, ungedruckt. Gedruckt wurde

1967 eine kleine, fleißig gearbeitete, aber doch noch die Studentin verratende
Magisterarbeit von S. Loersch („Das Deuteronomium und
seine Deutungen", SBS 22, Stuttgart). Das ist alles. Umso begrüßenswerter
ist das hier zu besprechende Buch, das uns - vom Namen der
Reihe her - die auf dem Acker der Deuteronomiumsforschung herangereiften
„Erträge" in die Scheuern des festerworbenen Wissens
einzubringen verspricht.

Das Buch wird schon dadurch für lange Zeit unentbehrlich sein, daß
es die umfangreichste bisher je gedruckte Literaturzusammenstellung
zum Deuteronomium enthält: 709 durchnumerierte Titel. Sie ist
brauchbar aufgeschlüsselt: Zu dem nach Veröffentlichungstypen,
deuteronomischen Textbereichen und wichtigen Sachfragen geordneten
und mit zahlreichen Querverweisen versehenen Titelverzeichnis
(203-243) tritt noch ein alphabetisches Autorenregister (245-253).
Die Bibliographie reicht mit einem einzigen Titel ins Jahr 1981 und
mit 11 Titeln ins Jahr 1980. Das letzte wirklich erfaßte Jahr dürfte
1979 sein. Zwischen Forschung und Divulgation wird nicht unterschieden
.

Das eigentliche Buch ist nicht forschungsgeschichtlich angelegt. Dafür verweist
P. auf die beiden oben zitierten Arbeiten (VII). P. selbst nimmt sich vor,
zu den hauptsächlichen Sachfragen der Deuteronomiumsforschung jeweils den
augenblicklichen Forschungsstand darzustellen. Unter dem Titel „Vorfragen"
behandelt er die literaturkritischen und historischen Probleme um die Kultusreform
Joschijas von Jerusalem (1-12), die Frage nach der Kultzentralisation in
Jerusalem (12-19), die Beziehung von Deuteronomium und deuteronomisti-
schem Geschichtswerk (20-26), die Entstehungsgeschichte und Schichtung des
Deuteronomiums (26-45) sowie den Aufbau des Buches (45 und 62-74, mit
breiten Erörterungen zur Frage des „Bundesformulars"). Dann geht er den Text
des Deuteronomiums abschnittsweise entlang, wobei er zu 4,1-10 auch das
Thema „Weisheit und Deuteronomium" und zu 12-26 das Thema „Recht und
Gesetz und das Deuteronomium" abhandelt (75-173). Ein dritter Teil „Zu
Sprache, Stil und Theologie des Deuteronomiums" (175-201) versucht, von der
„geprägten, ja formelhaften Diktion" her die Theologie des Deuteronomiums
zu erschließen. Als deren Hauptthemen werden vorgeführt: Gott, Israel,
Geschichte, Land, Gesetz und Gehorsam.

In diesem Teil legt P. für die einzelnen Sprachphänomene auch erschöpfende
biblische Beleglisten vor. Sie übertreffen an Umfang die biblischen Auskünfte.
Auch die Abhandlung über die „Vorfragen" liest sich trotz ständigen Literaturreferats
eher wie eine Sacherörterung. Es gibt in diesem Zusammenhang auch
eine bis ins letzte Detail gehende „Tabelle der Schichten des Deuteronomiums
" (46-61). Aus ihr erfahren wir nicht, was andere Forscher (bekanntlich
höchst divergierend) über die Literarkritik des Buches gedacht haben, sondern
was P. darüber denkt. Nur für die Rekonstruktion des „Urdeuterono-
miums" werden auch andere Forschermeinungen im Detail referiert (36-38).
Auch der Mittelteil enthält im Gewände des Forschungsberichts beachtlich
viele Werturteile und Eigenthesen. So könnte man das Buch vielleicht sogar als
einen als Literaturreferat verkleideten Deuteronomiumskommentar mit typischer
Einleitung, mit Durchgang durch den Text und mit theologischer Schlußzusammenfassung
betrachten.

Wer selbst an einem Deuteronomiumskommentar schreibt, wird
dies als sehr nützlich empfinden. Denn er wird die gesuchten Literaturangaben
immer genau im richtigen Zusammenhang antreffen, und
oft schon gut gruppiert. Die höchst profiliert hervortretenden eigenen
Meinungen des Verfassers wird er als solche ausmachen und sie, wie
P. an einer Stelle besänftigend vorschlägt, als „Anregung zu kritischer
Befragung" benutzen (45).

Wer nicht am Deuteronomium oder gar als Nichtbibel wissenschaftler
sich nur schnell einmal über den Forschungsstand informieren
möchte, sollte allerdings wissen, daß in diesem Geschäft keineswegs
reingegorene Forschungsergebnisse auf Flaschen abgefüllt angeboten
werden. Information und Meinung mischen sich derart, daß man,
schlürft man nur aus diesem einen Buche, sich am Ende doch vor
allem über die Meinung von P. informiert hat. Die rauhe Wirklichkeit
der Deuteronomiumsexegese brodelt und gärt indes lustig weiter. Es
gibt kaum einen Konsens. Fast zu jeder Position, für die P. sich
entscheidet, gibt es mit beachtlichen Gründen vertretene Gegenpositionen
, und was bei P. als überholt oder widerlegt erscheint, ist es oft
nicht. Seine Analyse von lKön 22-23 ebenso wie seine Schichtentheorie
zum Deuteronomium selbst sind kaum das letzte Wort. Und