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Ausgabe:

1983

Spalte:

338-339

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Unser ganzes Leben Christus unserm Gott ueberantworten 1983

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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337

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 5

338

Volk, Hermann: Gesammelte Schriften. 4: Hirtenschreiben. Mainz:
Matthias-Grünewald-Verlag 1982.212 S. 8'. Lw. DM 28,-.

Erschien schon der 3. Band der Gesammelten Schriften des Mainzer
Kardinals aus einem besonderen Anlaß, zu seinem 75.'Geburtstag
(s. ThLZ 105, 1980 Sp. 578-581), so war nunmehr der 20. Jahrestag
seiner Bischofsweihe der Anlaß, einen weiteren Band mit Arbeiten des
Jubilars herauszugeben. Sehr passend sind es jetzt die Hirtenschreiben
und hirtenbriefähnlichen Schreiben, mit denen sich der Bischof in den
zwanzig Jahren seines bischöflichen Dienstes an die Gläubigen und
die Priester seiner Diözese wendete.

Derartige Sammlungen besitzen einen eigenen Charakter.
Einerseits sind die einzelnen Stücke ganz der Situation verhaftet,
anknüpfend an konkrete Vorgänge. Voraussetzungen und pastorale
Erfordernisse einer Teilkirche, und insofern eigentlich nicht auf weitere
Verbreitung und Konservierung hin angelegt. Auf der anderen
Seite aber geben gerade sie Kunde von der Art und Weise, wie ein
Bischof seine Diözese leitet, und lassen ein wenig davon sehen, wie
größere Vorgänge in der Weltkirche „vor Ort" registriert, angenommen
und verarbeitet werden bzw. überhaupt keinen Niederschlag finden
. Die vorliegende Sammlung scheint ein gutes Beispiel dafür zu
sein, nicht zuletzt durch die Person ihres Autors und das Feld seiner
Wirksamkeit.

An erster Stelle stehen 17 Fastenhirtenbriefe in der Reihenfolge
ihres Erscheinens. Sie nehmen mehr als die Hälfte des ganzen Bandes
in Anspruch. Darauf folgen 44 kleinere Schreiben, zuweilen nicht länger
als eine halbe Seite, geordnet nach Themenkreisen: Fragen des
Glaubens - Kirche - Der Christ und sein Mitmensch - Sakramenten-
pastoral - Priestertum und Verkündigung - Gebet - Verschiedenes.
Quer durch diese Themenkreise hindurch lassen sich aber einige
andere Gesichtspunkte deutlich verfolgen: Von großem Gewicht sind
m vielen dieser Schreiben die Fragen der praktischen Frömmigkeit,
zumal des Gebets. Von ebenso großer Bedeutung ist daneben der Problemkreis
Gottesdienst, der von den verschiedenen Seiten her bedacht
wird, von der Liturgiereform über die Sakramentenpastoral bis hin
zum Gottesdienst ohne Priester, einem pastoral besonders schwierigen
Problem.

Teilweise ist die Thematik durch sehr aktuelle Vorgänge angeregt:
Zum Jahr des Kindes ergeht ein Fastenhirtenbrief über Familie, Ehe
und Kind, worin sich der Oberhirte deutlich gegen die Ausbreitung
einer allgemeinen Kinderfeindlichkeit ausspricht (S. 89-95). Die
Päpstliche Enzyklika Humanae vitae wird zum Anlaß eines Schreibens
an die Priester mit der Mahnung, in der praktischen Seelsorge
nicht päpstlicher zu sein als der Papst (S. 160-162). Hinter dem
Fastenhirtenbrief von 1971 (S. 56-60), überschrieben: „Die Kirche
und ihre Verkündigung der unverkürzten Wahrheit in einer sich
wandelnden Zeit", stehen die Diskussionen um Hans Küng. Denn im
Juni 1970 war dessen Buch „Unfehlbar? Eine Anfrage" erschienen
und hatte erhebliches Aufsehen erregt. Zwar werden in dem Schreiben
keine Namen genannt. Aber die Bezüge sind auch ohne Adresse deutlich
. Und eindeutig ist auch das Votum, das, verkündet von den Kanzeln
der Erzdiözese schon lange Jahre vor jedem anderen Urteil, doch
die römische Entscheidung praktisch schon vorwegnahm: „Wer den
Glauben verkündet, handelt in kirchlichem Auftrag, der auch inhalt-
Öch bestimmt ist, er muß daher den kirchlichen Glauben verkünden;
a'les andere wäre Mißbrauch des kirchlichen Amtes zur Verkündigung
des Eigenen." (S. 60) Ein späteres Schreiben von 1977 gibt dann
-.Klarstellungen zur Christologie in Hans Küngs .Christ sein'", hier
nun doch ganz direkt (S. 121-123).

Es fällt auf, daß sich z. B. das II. Vatikanische Konzil, aber auch die
s'ch daran anschließende Gemeinsame Synode der katholischen
Bistümer in der BRD verhältnismäßig spärlich in diesen Schreiben
niedergeschlagen haben. Gewiß wird zumal auf das Konzil mehrfach
hingewiesen. Die Liturgicrcform ist ja eine seiner Früchte. Aber eine
wirkliche Resonanz muß man doch vermissen. Der Fastenhirtenbrief,
der nach Abschluß des Konzils anfänglich ganz deutlich sagt: „Nun

müssen wir hier. . . seine Beschlüsse und Weisungen verwirklichen"
(S. 38), ergeht sich dann doch in sehr allgemeinen Meditationen über
Gottesvolk, Gottesdienst und Frömmigkeit-gewiß zentrale Anliegen
des Konzils, aber dessen Konkretionen und Zuspitzungen sind hier
schon wieder verschwunden. Und von der Gemeinsamen Synode vernimmt
man noch um einiges weniger. Und dieses muß nun doch verwundern
. Denn derartige Verlautbarungen, Hirtenbriefe und sonstige
Schreiben wären doch wohl ein vorzüglicher Weg zur Konkretisierung
sowohl des Konzils wie der Synode gewesen. Andererseits kann
nun aber eigentlich, angesichts der Beobachtungen hier, die beklagte
zumindest partielle Wirkungslosigkeit zumal der Gemeinsamen
Synode nicht mehr allzu sehr überraschen.

So vermittelt dieser Band gerade auch dem außenstehenden
Beobachter nicht ganz unwesentliche Einsichten. Denn die Fragen,
die nicht gestellt werden, sind ja auf ihre Weise schon wieder erste
Antworten.

Schöneiche b. Berlin Hubert Kirchner

[Lilienfeld, Fairy von:] Unser ganzes Leben Christus unserm Gott
überantworten. Studien zur ostkirchlichen Spiritualitäts. Fairy v.
Lilienfeld zum 65. Geburtstag. Hrsg. v. Peter Hauptmann. Göttingen
: Vandenhoeck& Ruprecht 1982. 501 S., 1 Portr.gr. 8° = Kirche
im Osten, 17. Kart. DM 148-

Der Titel der Festschrift stammt aus einem ostkirchlichen Gebetsruf
, den die Jubilarin selbst einmal übersetzt hat. Der Herausgeber
schreibt im Vorwort, daß der Schüler- und Freundeskreis der Erlanger
Professorin in der Festschrift noch längst nicht vollständig vertreten
sei. Man habe sich aber auf die vorliegenden 26 Beiträge beschränkt,
um so eine gewisse „Brauchbarkeit zur weiteren Belebung und Vertiefung
der ostkirchlichen Studien in der westlichen Christenheit" zu
erreichen (6). Karl Christian Fei my umreißt die Verdienste der Jubilarin
„auf so unterschiedlichen Gebieten wie der Slawistik, der Byzan-
tinistik, der Patristik, aber auch der allgemeinen Kirchengeschichte,
der Literaturgeschichte insgesamt, speziell der russischen, und der
Allgemeingeschichte" (13). Das Schriftenverzeichnis der Jubilarin
lullt im Kleindruck die Seiten 16-24.

Die Reihe der Beiträge beginnt mit W. Kahle, Evangelische Begegnung
mit ostkirchlicher Spiritualität. Altkirchliche Themen behandeln
H.-J. .Schulz, Die Anaphora des heiligen Basilius als Richtschnur
trinitarischen Denkens; E. C. Suttner, Glaubensverkündigung
durch Lobpreis. Zur Interpretation der byzantinischen gottesdienstlichen
Hymnen; G. Kretschmar, Die Theologie der Kap-
padokier und die asketische Bewegung in Kleinasien im 4. Jhdt.;
C. D. G. Müller, Der theologische Begriff PISTIS im koptischen
Athanasios; B. Aland, Monophysitismus und Schriftauslegung. Der
Kommentar zum Matthäus- und Lukasevangelium des Philoxenus
von Mabbug; P. Plank, Mimesis Christu. Zur Interpretation der
52. Heiligengeschichte des Johannes von Ephesos (505-586). An die
Jahrtausendwende heran führen 3 Beiträge: F. Hey er, Die Glaubensaussagen
der Elegien des hl. Gregor von Nareg; H. M. Biedermann
, Symeon der Neue Theologe. Gedanken zu einer Mönchs-
katechese; A. Kazhdan, Das System der Bilder und Metaphern in
den Werken Symeons des „Neuen" Theologen. Weitere Beiträge führen
vom 12. zum 17. Jahrhundert: S. S. Averincev, Eine römische
Sophia-Inschrift aus dem 12. Jahrhundert; G. Richter, Gnade als
Topos der Theologie des Gregorios Palamas; G. Stökl, Die Traumdeutung
des Metropoliten Petr; D. Wendebourg, Mysterion und
Sakrament. Zu einigen frühen Zeugnissen scholastischer Einflüsse auf
die griechische Theologie; F. Kämpfer, Verhöre über das Entfernen
von Ikonen aus den Kirchen. Ein Vorgang aus dem Moskau des Jahres
1657; H.-J. Härtel, Nikodemos Hagioreites. Ein Versuch der Synthese
östlicher und westlicher Spiritualität; K. Ch. Felmy, Jacques
Goar und die Deutung der Göttlichen Liturgie in Rußland. Die letzten
9 Beiträge betreffen das 19. und 20. Jahrhundert: L. Müller, Die