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1983

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Berichte und Mitteilungen

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 4

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Bossey (Schweiz) stattgefunden. 1970 folgte das zweite in Limuru
(Kenia) und 1975 das dritte in Toronto (Kanada). Damit, daß das
vierte (nach Europa, Afrika und Amerika) nun also in Asien stattfand,
wurde unterstrichen, welche Bedeutung dem Streben nach Kirchenunionen
gerade dort zukommt, wo sich die Christen in einer absoluten
Minderheitssituation befinden: Nur etwa fünf Prozent der ca. 15 Mill.
Einwohner Sri Lankas sind Christen, je zur Hälfte Katholiken und
Protestanten. Und fünf protestantische Kirchen stehen seit Jahrzehnten
schon in Unionsverhandlungen. Verantwortlich für Organisation
und Durchführung zeichnete die Kommission für Glauben und Kir-
chenverfassung des Ökumenischen Rates, die nun auch in der Reihe
ihrer „Papers" den Bericht und weitere ergänzende Materialien (zwei
auf der Konsultation gehaltene Referate, das Memorandum eines
Treffens von Vertretern des Fortsetzungsausschusses der Toronto-
Konsultation mit dem Einheitssekretariat vom Mai 1976 sowie die
Teilnehmerliste) veröffentlichte.

Der Report ist eine Art Bestandsaufnahme, so wie das Treffen
selber mehr einen Erfahrungsaustausch darstellte als den Versuch, zu
neuen Aussagen oder gar praktischen Initiativen vorzustoßen. Nach
einer Einführung (Teil 1) bringt der 2. ausführlichste Teil eine Reihe
theologischer Überlegungen, besonders über ekklesiologische Probleme
, darüber hinaus zu Fragen der Spiritualität, von Evangelisation
und Mission und zur Erneuerung der Kirche. Der 3. Teil erwägt die
praktischen Beziehungen und Haltungen zur weltweiten ökumenischen
Bewegung, zum Weltrat der Kirchen, den christlichen Weltgemeinschaften
, den bilateralen Gesprächen, zwischen den vereinigten
Kirchen sowie zwischen den vereinigten Kirchen und dem Staat.
Besondere Akzente erhalten die „Erziehung" (education) zur Kirchenunion
sowie die verschiedenen Schwierigkeiten, die sich dem
Unionsprozeß hindernd in den Weg stellen. Teil 4 bringt eine Reihe
von Empfehlungen, allgemein an die beteiligten Kirchen sowie speziell
an die Adresse der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung
. Mit einer „Botschaft" schließt der Report.

Schöneiche b. Berlin Hubert Kirchner

Berichte und Mitteilungen

Zur allgemeinen Sakramentslehre*

Immer wieder stehen im ökumenischen Gespräch die Sakramente
im Mittelpunkt des Interesses. Sind es vornehmlich die einzelnen
Sakramente, so erhebt sich aber auch immer wieder die Frage, was ein
Sakrament sei. Trotz vielfältiger Kritik am Begriff des Sakraments als
eines nichtbiblischen, außerchristlichen, kommt offensichtlich niemand
um ihn herum. So bleibt das Problem einer allgemeinen Sakramentslehre
, nicht nur in der römisch-katholischen Theologie, in
deren Dogmatik der locus „De sacramentis in genere" einen festen
Platz - und zwar vor den Einzelsakramenten - hat, sondern auch in
den Theologien der nicht-römisch-katholischen Kirchen. Demgegenüber
entwickeln die lutherischen Bekenntnisschriften an keiner
Stelle eine allgemeine Sakramentslehre, aus der sie die einzelnen
Sakramente ableiten; Luther war „an einer allgemeinen Sakramentslehre
. . . nicht interessiert"'. Der der Besprechung der einzelnen
Sakramente (Art. IX-XII) folgende Artikel XIII der CA lautet
bezeichnenderweise nicht „Über die Sakramente im allgemeinen",

* Finkenzeller, Josef:, Die Lehre von den Sakramenten im allgemeinen. Von

der Schrift bis zur Scholastik./Von der Reformation bis zur Gegenwart. Freiburg
-Basel-Wien: Herder 1980/81. VII, 225 S./VIII, 160 S. gr. 8* = Handbuch
der Dogmengeschichte, hrsg. von M. Schmaus, A. Grillmeier, L. Scheftczyk
und M. Seybold, Bd. IV: Sakramente - Eschatologie, Fasz. la/b. Kart.
DM 78,-/52,-.

sondern „Vom Gebrauch der Sakramente". Trotzdem schalten die
meisten evangelisch-lutherischen Systematiker in ihren Dogmatiken
den Darlegungen der einzelnen Sakramente eine allgemeine Sakramentslehre
vor2. Diese ist wiederholt - bis heute - emotional bzw.
kontroverstheologisch bestimmt. In unserer Zeit sollten wir darüber
hinauskommen. Darum ist es gut, jetzt im Handbuch der Dogmengeschichte
(HDG) das nötige dogmenhistorische Material vorliegen zu
haben, aufbereitet von Josef Finkenzeller.

■ r - hrtWrnfr .1

F. hat Fasz. IV/1 geteilt. Fasz. IV/1 a behandelt nur die allgemeine
Sakramentslehre bis zum Ausgang der Scholastik. Er konnte auf die
Faszikel über die spezielle Sakramentslehre zurückgreifen (bis auf
IV/6: Ehe), eine Chance, die Vf. hätte besser nutzen können.

Nach einer sehr kurzen Einleitung (3) untersucht F. im 1. Kap.
Mysterion und Sacramentum (4-37), im 2. Kap. das Sakramentsverständnis
des Augustinus (38-61), im 3. Kap. das der Vorscholastik
(62-77), im 4. Kap. das der Frühscholastik (78-125) und im 5. Kap.
das der Hoch- und Spätscholastik (126-225).

Wie im HDG üblich, geht Vf. chronologisch, aber innerhalb eines
Kapitels dann systematisch vor. Er setzt dabei stark .Akzente. So fällt
auf, daß er den griechischen Vätern nur 7 Seiten widmet, während
sonst im HDG ihre ausführliche Berücksichtigung auffällt. Gewiß
behandeln sie (analog dann die Reformatoren) die Sakramente einzeln
viel stärker. Augustin dagegen werden 24 Seiten, Ambrosius wieder
nur 1 1/2 Seiten zugestanden. Auch die Vorscholastik (Isidor von
Sevilla bis Berengar) kommt nur sehr kurz zu Wort. Obwohl doch im
2. Abendmahlsstreit die Weichen für die mittelalterlich-westkirchliche
Sakramentslehre gestellt wurden, widmet ihm F. nur 1 Seite,
wobei Vf. zugibt, daß Berengar „eine überragende Bedeutung" für das
Sakramentsverständnis zukomme (71). Gerade an dieser Stelle unterlaufen
F. einige Ungenauigkeiten, bedingt durch eine unzureichende
Berücksichtigung neuerer Literatur (man vermißt u. a. die Arbeiten
von L. Hödl, J. de Montclos und die des Rez.3). Die confessio Beren-
garii Humberts, die die Theologie gut ein Jahrhundert beschäftigt hat,
wird ebensowenig erwähnt wie die Tatsache, daß Humbert die Siebenzahl
der Sakramente gekannt und begründet hat4. So trifft einfach der
Satz nicht zu: „Um so beachtlicher ist es, daß... in dergesamten Vorscholastik
die Siebenzahl der Sakramente nirgends begegnet" (73).
Richtig ist es dagegen, daß sie erst in der Hochscholastik unbestritten
ist (158). Auch ist in der Vorscholastik (etwa bei Humbert in der Auseinandersetzung
mit der Ostkirche über die Azyma und in seinen
Libri tres adv. simoniacos) manches über das Verhältnis von alttesta-
mentlichen signa bzw. sacrarfienta geschrieben worden, worauf man
sich in der Frühscholastik bezogen hat. Rez. vermißt ebenso ein Eingehen
auf die das 11. Jahrhundert bewegende Frage, ob Simonisten
gültig Sakramente spenden können oder nicht.

Auch in der Behandlung bestimmter Themenkreise setzt F. Akzente
. Im Zusammenhang mit der biblischen Theologie untersucht er
vor allem die Sakramente im Hinblick auf das Wort „mysterion" bzw.
begründet, warum sie kaum mit diesem Wort bezeichnet werden
(weithin dem ThW folgend). Bekannt ist, daß es im NT keinen Allgemeinbegrifffür
die später so genannten Sakramente gibt und „daß dieser
für die spätere Theologie zum Terminus technicus Tür die Sakramente
gewordene Ausdruck im Neuen Testament noch keinen expliziten
kultischen und sakramentalen Bezug erkennen läßt", daß aber
„das in Christus erschienene Heil, eben das mysterion, durch Wort
und Sakrament vermittelt wird" (14). Das Wort „mysterion" gewinnt
erst seit den Apologeten an Bedeutung, dem westkirchlich das Wort
„sacramentum" seit Tertullian korrespondiert, ohne daß beide Wörter
damit schon zu term. techn. geworden wären.

Die Sakramentsdefinition Augustins war im ganzen Mittelalter vorherrschend
bzw. forderte zur Auseinandersetzung heraus. Sie war
zuerst von Isidor von Sevilla, dann von Berengar und schließlich
besonders von Hugo von St. Viktor variiert worden, um mit ihr eine