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Ausgabe:

1983

Spalte:

300-302

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schwanz, Peter

Titel/Untertitel:

Analogia imaginis 1983

Rezensent:

Mahlmann, Theodor

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299

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 4

300

dierten Sache. Im Gegenteil! Es entwickelt eine Möglichkeit, den
Zusammenhang zwischen den beiden Momenten des einen Vorgangs
verständlich zu machen. G. ist so auf die verheerenden Wirkungen des
„Selbstverständnisses tr.er Reflexion" fixiert, daß er die mit den Mitteln
tr.er Reflexion ausgesagte Theologie gar nicht zu Gesicht
bekommt. Es entgeht ihm deshalb auch das Problem, das R. bewegt:
„warum die gehörte Offenbarung, die doch nur im Bewußtsein des
Menschen existiert ..., dennoch nicht nur menschliches, wenn auch
von Gott bewirktes Wort überGott, sondern Wort Gottes selbst sei
und bleibe, obwohl es doch in die Verstehenshorizonte des Menschen
eingetreten ist" (241). Wo G. dieses Wort zitiert, denkt er nicht wie R.
an die „gehörte Offenbarung", sondern an jenes von ihm in die Texte
hineingelesene Apriori und kann nur deshalb „gespannt sein", wie es
R. gelingen werde, aus diesem Gefängnis herauszukommen. Er kann
deshalb auch nicht nachvollziehen, daß das „übernatürliche Existen-
tial", das er gerade- diskutiert hat, - richtig verstanden! - schon die
Antwort R.s auf die zitierte Frage ist. Und seltsam, an keinem Punkt
seiner Überlegungen kommt G. auf den Gedanken, für das „göttliche
Offenbarungshandeln" könne auch jene Wirklichkeit eine gewisse
Bedeutung haben, welche die Schrift und der christliche Glaube „Heiligen
Geist" nennen, obwohl sich doch darüber aus der geschichtlichwiderfahrenden
„göttlichen Kundgabe", für deren unverkürzte Geltung
G. so entschieden eintreten will, einiges entnehmen ließe. Er
nennt den Geist - Rahner zitierend - nur wenige Male unter dem
Strich, wodurch der Leser immerhin erfährt, daß das Thema „Erfahrung
des Geistes ... für das gesamte Theologisieren" R.s „von entscheidender
Bedeutung ist" (227 A. 1084, vgl. 218 A. 1028, 272
A. 1314).

4. Wo G. seine eigene Konzeption für die Verhältnisbestimmung
zwischen Transzendentalität und Geschichte vorträgt und die Richtung
anzeigt, in der er den Intentionen R.s folgen, dessen Aporien aber
vermeiden will, darf man bezweifeln, ob der erhoffte Gewinn wirklich
größer ist als der Verlust. Er schlägt vor, Geschichte als kontingenten
„Prozeß der Konstituierung von Wesensstrukturen" (278) zu begreifen
, „sogenannte Transzendentalität" dagegen nur als „eine bestimmte
Form von Geschichte", als „das Resultat geronnener
geschichtlicher Erfahrung" (290). Damit wird aber das „tr.e" Moment
menschlicher Existenz nicht, wie G. meint, in den Prozeß geschichtlichen
Geschehens „verflüssigt" (293), sondern aufgelöst, - und das
„,Eigentlichste' (R.)" (298) der tr.theologischen Fragestellung nicht
eingeholt, sondern preisgegeben. Welche Aporien für die „Sache der
Theologie" daraus folgen, würde sich schnell zeigen, wenn G. erklären
sollte, wie unter den genannten Denkvoraussetzungen seine Behauptung
verständlich gemacht werden kann, daß die „als wesenhaft
geschichtliches Widerfahrnis" konzipierte Offenbarung „das Leben
jedes Menschen" konstituiert und „die Vollzüge jeglichen Menschseins
überhaupt.. .trägt und letztlich bestimmt" (272 A. 1314).

So ist eigentlich der Hauptertrag dieser Studie, daß sie darüber
belehrt, wie sehr die theologische Diskussion immer noch bestimmt
ist von hintergründigen Verwerfungslinien, welche die Standorte der
Gesprächspartner voneinander trennen. Das gilt in der vorliegenden
Auseinandersetzung für ein von vornherein sehr unterschiedliches
Verhältnis zu den Problemen, die traditionell unter den Themen
„Philosophie und Theologie" und „Natur und Gnade" verhandelt
werden. Es fragt sich, ob es für die Demonstration, welche Abgründe
hier noch unüberbrückt bestehen, solchen Aufwandes wie des hier
geleisteten bedarf. Sicher darf bezweifelt werden, es könnten Gesprächsbeiträge
die „Sache der Theologie" weiterführen, die so dem
eigenen Standort verhaftet sind, daß es ihnen nicht gelingt, das
„Selbstverständnis" des Gesprächspartners mit in die Überlegungen
einzubeziehen.

Einige Corrigenda:

A. 43 (und 1205, 1221 sowie Literaturverzeichnis S. 299): Hörer des Wortes2
schon 1963! Vgl. hierzu Anm. 1304.
A. 6*3: Text unvollständig.

A. 720: Die Theorie des „Vorgriffs" schon in: Geist in Welt, 1939.

A. 737 u 787: Der Beitrag von H. de Lubac erfolgte nicht erst 1965, sondern
schon mit: Sumaturel, 1946.
S. 224: Zeile4 v. u. Textausfall.
A. 1172: fehlt Stellenangabe.
A. 1222: statt 1962: 162.

S. 270: Die These des sog. anonymen Christentums wurde von R. bereits vor
den lehramtlichen Äußerungen des II. Vatikanum vorgelegt.
S. 278: Zeile 18 v. o.: „daß dadurch nicht nur".

A. 1359 (S. 280): Zeile 12 v. u. fehlt vor dem Doppelpunkt der Satz: „Christliche
Theologie hat einen anderen Weg einzuschlagen."

Leipzig Siegfried Hübner

Schwanz, Peter: Analogia Imaginis. Ein Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung
mit der philosophischen Theologie Paul Tillichs.
Zugleich der Versuch einer Hinführung zu dem Ansatz eines
Systems als christologisch-anthropologischem Modell. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht 1980. 175S.gr. 8-. Lw. DM 64,-.

Um dieses Buch verstehen und gerecht würdigen zu können, muß
der Leser erst drei miteinander zusammenhängende Schwierigkeiten
überwinden: (/.) Die Arbeit trägt zwar nur teilweise „Züge einer Tillich
-Monographie" und gehört insofern nicht zur Tillich-Sekundärliteratur
. Der Vf. will vielmehr eine „eigene, an Tillich schließlich nur
anknüpfende, weil über ihn hinaus- und gerade so wieder zurückführende
Darstellung" und auf diese Weise den „Ansatz eines neuen
System-Entwurfs" (10, 36) liefern. (2.) Aber da es ihm damit um „die
Nachzeichnung dessen, was im Neuen Testament ... in der Form
eines anthropologischen Dualismus' vorgegeben ist, mit mehr oder
weniger philosophischen Mitteln geht" (158f; vgl. 50,43,48), versteht
sich, daß „der Beschäftigung mit Paul Tillichs philosophischer Theologie
von vornherein nicht auszuweichen sein würde" (9). (i.) Dies
nun wieder bedeutet, daß der Leser sich auf die Sprache der Metaphysik
einlassen muß. Ob damit, wie der Vf. untertreibend meint, „der in
diesem Buch zumindest leicht .geschwollene' Stil" (10) zu rechtfertigen
ist? Bestärken die zum Teil unverständlich komplizierten Sätze
nicht erneut den Sinnlosigkeitsverdacht gegen die Sprache der Metaphysik
? Kaum einer der gebrauchten Termini wird eingeführt, vielmehr
ihr Sinn im Zusammenhang einfach vorausgesetzt. Aber das
hängt wieder damit zusammen, daß das Buch aus 12 Aufsätzen und 16
Exkursen zusammengefügt ist, so daß der Leser sich, was als „Ganzes
konzipiert" (9) ist, mühselig rekonstruieren muß. Ganz zu schweigen
von den 1110 Anmerkungen auf 170 Seiten, die dem Umfang nach
den Text übersteigen.

Versuchen wir es trotzdem. Der Vf. unterstellt Tillichs Zusammendenken
von Sein und Gott (wir fragen hier nicht, ob zu Recht), „die
Aseität Gottes zu verletzen" (16 Anm. 26; 20): „Gott ist nichts in sich,
sondern er ist nur, indem er die Welt transzendiert. Ohne Welt gäbe
es kein Transzendieren und also keinen Gott" (19). „Ein absolut jenseitiger
Gott . . . ist für Tillich indiskutabel" (21); „Pantheismus" wird
so nicht „vermieden" (23). Hiermit hängt zusammen, daß der Vf. konstatiert
: „Bei Tillich begegnet uns letztlich ein Substanz-Denken"
(87). Aber „die Voraussetzung einer letztlich allumfassenden, kontinuierlichen
Substanz . . . erübrigt immer ein echtes Relationsdenken"
(89). „Bei Paulus und Johannes dominiert dagegen das Relations-
Denken" (88; vgl. 1320- .Relation'ist-da offenbar von zentraler kritischer
und konstruktiver Bedeutung - der einzige Terminus, der in
diesem Buch hinreichend eingeführt wird (90 Anm. 512-514). Wir
können das hier nicht diskutieren, nur mit einem weiteren Zitat summieren
: „Es handelt sich hier um die Frage, wie Relation (als Vereinigung
von bisher Getrenntem) überhaupt möglich wird - während von
Tillichs Konzeption der Einheitlichkeit, der Ganzheitlichkeit allen
Seins ja alles ganz fraglos vorgegeben ist" (90). Einfach gesprochen: es
geht darum, daß der „Schöpfung" Gott „als Schöpfer gegenübersteht"
(96), d. h. Anfang ist „das Moment mögliehen Getrenntseins", „was
. .. Relation erst nötig macht" (92). Der Vf. favorisiert die Relationskategorie
, um alles, was theologisch zu sagen ist, zum Ausdruck zu