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Ausgabe:

1983

Spalte:

294-296

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Kirche als "Gemeinde von Brüdern" 1983

Rezensent:

Henschel, Martin

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 4

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sisches denkt. Und wie Anselm hat sich Vf. die Denkweise seiner auf
Diesseitiges ausgerichteten Zeitgenossen zu eigen gemacht, um mit ihr
den „Gottesbeweis" zu führen. Aber wie Anselm muß auch Vf. sich
fragen lassen, ob sich seine Denkweise so einfach auf Metaphysisches
ausdehnen läßt. Kant hat in seiner Antinomienlehre gezeigt, daß die
Vorstellung vom Ganzen, in dessen Rahmen der Naturwissenschaftler
seine bestimmte und isolierte Aussage macht, menschliches Denkvermögen
übersteigt. Was hier in dieser Welt durch das Experiment
bestätigt wird, vermag deswegen noch lange keine Gewißheit für den
metaphysischen Bereich zu geben. Es hätte gefragt werden sollen, wie
der Mensch überhaupt dazu kommt, bei jeder Überlegung die Metaphysik
als Denkvoraussetzung schon mit einzubringen, und im Anschluß
an Kant hätte man das praktische Interesse und die Hoffnung
als Grund anführen können. Vf. geht darauf nicht ein, und deswegen
kommt es bei ihm im einzelnen zu Fehlinterpretationen: Über Kants
..Ding an sich" kann keineswegs überhaupt nichts Wahres ausgesagt
werden, wie Vf. meint (S. 69), sondern es ist nur für den Menschen
unerkennbar, zugleich aber ist es nach Kant die Welt, wie sie von
einem göttlichen Verstand angeschaut und geschaffen wird (Kant,
KrV B 145; KU, V, 409); Plato wird nur als Begründer des Ideenrealismus
vorgestellt (S. 127-134), die Ausrichtung aller Ideen auf die
eine Idee des Guten sowie die Relativierung der ganzen Ideenlehre im
Höhlengleichnis werden aber nicht erwähnt. Auf die Frage, die in der
Zeit nach Kant Bedeutung gewann, ob es überhaupt möglich ist, von
einer vom betrachtenden Subjekt unabhängigen Außenwelt oder Substanz
zu sprechen, oder ob man nicht konsequenterweise nur von der
noch nicht angeeigneten Welt bzw. dem Nicht-Ich sprechen kann,
geht Vf. nicht ein. Schließlich gibt Vf. nicht zu erkennen, von welcher
Denkvoraussetzung und welchem Interesse er selbst herkommt. Eine
Entsprechung zu Anselms Programm „fides quaerens intellectum" ist
bei ihm nicht zu finden.

Das Buch besticht durch die Geschlossenheit und Konsequenz
seiner Gedankenführung. Der Beweis dafür, daß der heutige Naturwissenschaftler
von seinen eigenen Voraussetzungen her inkonsequent
denkt, wenn er nicht auch Transzendentes denkt, scheint
schlüssig geführt zu sein. Das Buch dürfte trotz der aufgezeigten Mängel
für-das Gespräch zwischen Naturwissenschaftlern und Theologen
eine gute Hilfe sein und mancherlei Denkanstöße bieten.

Neinstedt Hans Schleift"

- Situation um 1800 und spätere Wirkungsgeschichte, 77-98; R. Low, Qualitätslehre
und Materiekonstruktion. Zur systematischen Aktualität von Sendlings
Naturphilosophie, 99-106; N. Tsouyopoulos, Sendlings Konzeption
der Medizin als Wissenschaft und die „Wissenschaftlichkeit" der modernen
Medizin, 107-116; R. Toellner, Randbedingungen zu Schöllings Konzeption
der Medizin als Wissenschaft, 117-128; H. Poser, Spekulative Physik
und Erfahrung. Zum Verhältnis von Experiment und Theorie in Schöllings
Naturphilosophie, 129-138; H. Querner, Das Phänomen der Zwei-
geschlechtlichkeit im System der Naturphilosophie von Sendling, 139-143;
K. E. Rothschuh, Deutsche Medizin im Zeitalter der Romantik. Vielheit
statt Einheit, 145-151; F.Moiso, Zur Quellenforschung der Schellingschen
Naturphilosophie, 153-159; S. Dietzsch, „Höhere Natur", 161-162; D. v.
Uslar, Die Aktualität Sendlings für Tiefenpsychologie und Psychotherapie,
163-166; W. Bonsiepen, Zu Hegels Auseinandersetzung mit Sendlings
Naturphilosophie in der .Phänomenologie des Geistes', 167—172. —

Kolloquium II: Perspektiven zu Schellings Geschichtsphilosophie:
H. M. Baumgartner, Vernunft im Übergang zu Geschichte. Bemerkungen
zur Entwicklung von Schellings Philosophie als Geschichtsphilosophie,
175-192; X. Tilliette, Die „höhereGeschichte", 193-204;O. Marquard,
Die Enttäuschung der emanzipatorischen Naherwartung. Einige Bemerkungen
zum modernen Prozeß der Entübelung der Übel und seiner Krise (mit Rücksicht
auf Sendling), 205-214; H. J. Sandkühler, Geschichtsphilosophie als
Theorie des historischen Subjekts. Wissenschaftsgeschichtliche Überlegungen
zu Schellings früher Philosophie, 215-225; H. Fuhrmans, Schellings Lehre
vom Sündenfall als der „Urtatsache" der Geschichte, 227-231; M. Buhr,
Geschichtsphilosophie im Übergang von der vernünftigen Geschichte zur
geschichtlichen Unvernunft, 233-237; W. E. Ehrhardt, Die Absolutheit der
Vernunft und der Geschichte, 239-244; H. Buchner, Das Absolute und sein
Erscheinen, 245-246; A.Jäger, Es besteht ein Bedürfnis nach Sendling,
247-251.-

Kolloquium III: Schelling und Hegels frühe politische Philosophie:
W. Ch. Zimmerli, Schelling in Hegel. Zur Potenzmethodik in Hegels
„System der Sittlichkeit", 255-278; L. Siep, Hegels und Schellings praktische
Philosophie in Jena (bis 1803), 279-288; W. G. Jacobs, Schellings politische
Philosophie, 289-297; M. Brecht, Zum politischen und sozialen Kontext der
Philosophie des jungen Schelling, 299-301; K. H. Schönberg, Die politische
Philosophie des jungen Schelling und des jungen Hegel: wer - wen?
303-306; A. Hollerbach, Fragen und Bemerkungen, 307-308; C. Cesa,
Ergänzende Hinweise, 309-313; Chr. Wild, Was ist an Schellings politischer
Philosophie philosophisch? 315.

M. P.

Hasler, Ludwig [Hrsg.]: Schelling. Seine Bedeutung für eine Philosophie
der Natur und der Geschichte. Referate und Kolloquien der
Internationalen Schelling-Tagung Zürich 1979. Suttgart-Bad Cann-
stadt: frommann-holzboog 1981. 315 S. gr. 8* = Problemata, 91.
Kart. DM 34,-.

Anläßlich der 125. Wiederkehr des Todestages von F. W. J. Schel-
'<ng fand vom 26. bis zum 29. 9. 1979 eine internationale Schelling-
Tagung in Zürich statt, die sich als Arbeitstagung mit dem Anliegen
verstand, „Schelling, unseren Zeitgenossen inkognito' als Gesprächs-
Partner im gegenwärtigen Bemühen um Verstehbarkeit unserer Welt
neu zu gewinnen" (9). Nebenbei meinte man, die Tradition der denkwürdigen
Schelling-Tage anläßlich des 100. Todestages in Bad Ragaz
(Schweiz), „in neuer Form zwar, hüten zu sollen" (ebd.). Der vorgelegte
Band, eine Dokumentation, enthält neben den Haupt- und
Korreferaten auch die vorbereiteten Diskussionsvoten (17). Das
erklärt die z. T. sehr unterschiedlichen Bemessungen der Beiträge:

L- Hasler, Zur Einführung. Schelling ernstnehmen, 9-17.-Abendvorträge:
*• S c h u I z, Macht und Ohnmacht der Vernunft, 21-33; W. T r i 11 h a a s, Der
Ciott der Philosophen und die kritische Funktion der Religion. Zu Schellings
Philosophie der Offenbarung, 35-48; W. Marx, Das Wesen des Bösen und
Sl=ine Rolle in der Geschichte in Schellings Freiheitsabhandlung, 49-69. -

Kolloquium 1: Schellings Verhältnis zu Naturwissenschaft und Medizin:
H Krings, Vorbemerkungen zu Schellings Naturphilosophie, 73-76;
D-von Engelhardt, Prinzipien und Ziele der Naturphilosophie Schellings

Systematische Theologie: Allgemeines

Kirche als „Gemeinde von Brüdern" (Barmen III). Veröffentlichung
des Theologischen Ausschusses der Evangelischen Kirche der
Union, hrsg. v. A. Burgsmüller. Bd. 1: Vorträge aus dem Theologischen
Ausschuß der Evangelischen Kirche der Union von

G. Baumbach, A. v. Campenhausen, E. Dinkler, U. Duchrow,
K. M. Fischer, H.-G. Geyer, W. Huber, G. Krusche, G. Ruhbach,

H. Seebaß, H. Schröer, R. Weth. 298 S. Bd. 2: Votum des Theologischen
Ausschusses der Evangelischen Kirche der Union. 136 S.
u. 32 S. „Arbeitshilfe". Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn 1980/81. 8

Nachdem der Theologische Ausschuß der EKU im Jahre 1974 sein
Votum zu Barmen II „Zum politischen Auftrag der christlichen
Gemeinde" vorgelegt hat, hat er sich von 1975 bis 1980, in teilweise
veränderter Zusammensetzung, mit der These III der Theologischen
Erklärung von Barmen beschäftigt. Das Ergebnis dieser Arbeit liegt in
den drei anzuzeigenden Publikationen vor.

Der Band I enthält 12 (der insgesamt 16) in den Ausschußsitzungen
gehaltenen Vorträge, dazu eine thematische Einführung (R. Weth).
Von Exegese, Kirchensoziologie und Kirchenrecht, von Kirchengeschichte
und Dogmatik her werden Fragen der Ekklesiologie erörtert,
wobei die Bezugnahme auf Barmen III mehr oder weniger stark, gelegentlich
(Baumbach, Geyer) auch überhaupt nicht akzentuiert ist.