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Ausgabe:

1983

Spalte:

257-258

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Smelik, Josef

Titel/Untertitel:

Erbe im heute 1983

Rezensent:

Nagy, Gyula

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Seite 1

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257

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 4

258

Gemeinschaftsbewußtsein. Hinzu kommen ein Wissen um die Ganzheit
des Menschen nach Leib und Seele, wie ein solches im Durchschnittsbewußtsein
des westlichen Menschen „durchaus noch nicht
wiedergewonnen ist" (S. 472) und (in Boston 1979) eine ursprüngliche
Naturverbundenheit entgegen der inzwischen menschheitsbedrohen-
den Gefährdung durch die technische Zivilisation.

Otto Pöggeler: Heidegger und die hermeneutische Theologie.
- Der Aufsatz skizziert den „Denkweg Heideggers" seit den Jahren
unmittelbar nach Ausgang des ersten Weltkrieges, in denen es
zwischen Edmund Husserl, Rudolf Otto und Martin Heidegger, bald
auch mit Rudolf Bultmann, zur Diskussion über Religionsphänome-
nologie kam (Heidegger über diese las) und in denen Heidegger Philosophie
als Hermeneutik faßte, freilich der „Faktizität" und des
„Daseins" überhaupt. Heidegger hat dann auf den Titel Hermeneutik
verzichtet, aber in einem Vortrag über „Phänomenologie und Theologie
" 1927 und 1928 den Anstoß zu Bultmanns existentialer Interpretation
gegeben. Der Aufsatz gibt viele biographische Erinnerungen
und referiert ausführlich über Heideggers noch unveröffentlichte
„Beiträge zur Philosophie" aus den Jahren 1936-1938, in denen
Heideggers Denken „ins Ziel kommt" (S. 481). Die Zweiphaseneinteilung
von vor und nach der „Kehre" lehnt P. (mit Heidegger selbst)
ab zugunsten dreier Phasen. Eine Spätphase bekommt gesondertes
Gewicht. Keine Rede mehr vom „letzten Gott".

Eberhard Jüngel: Anthropomorphismus als Grundproblem neuzeitlicher
Hermeneutik. - Die Kritik an der anthropomorphen Rede
von Gott entstammt dem Griechentum, besonders Xenophon. In Spinozas
theologisch-politischem Traktat, Ursprung neuzeitlicher Bibelkritik
, wird sie auf die Bibel bezogen und der Anthropomorphismus,
das göttliche Wesen, das nur more geometrico (Spinozas Ethik)
erkannt werde, verfehlend dargetan. Anthropomorphe Rede von Gott
•st Akkomodation der Offenbarung an den Menschen. - In einer „Gegenbewegung
" (s. S, 500) hierzu gibt J. Argumente für legitimes
anthropomorphes Reden von Gott. Kant hielt einen .symbolischen
(statt dogmatischen) Anthropomorphismus Tür erlaubt: .Erkenntnis
■ ■ ■ nach der Analogie', nur die Sprache angehend (S. 517). Wenn „die
biblischen Texte das Zur-Welt-Kommen Gottes zur Sprache bringen"
(S. 519), von einer Geschichte zeugen, „die als solche die Geschichte
des Zur-Sprache-Kommens Gottes ist" (S. 520), ist der Anthropomorphismus
, wenn er „nicht zur religiösen Verfügung über Gott mißbraucht
" wird (S. 520), gerechtfertigt.

Eine Bibliographie Ebclings von Wilfrid Werbeck beschließt das
wertvolle Buch.

Berlin Hans-Georg Fritzsche

Smolik, Josef: Erbe im Heute. Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte
, Praktische Theologie und Ökumenik. Mit einem Nachwort
von Gert Wendelborn. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt
1982.251 S. 8*. Lw.M 12,80.

Der schön ausgestattete Sammelband bringt Vorträge und Zeitschrift
-Aufsätze des prominenten tschechischen Theologen, vor allem
aus den siebziger Jahren. Der Autor ist seit 1946 ordinierter Pastor der
Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder und seit 1966 Professor
Rh Praktische Theologie an der Comenius-Fakultät in Prag. International
wurde er bekannt als Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz
und später auch als Vertreter seiner Kirche in verschiedenen
Gremien des Ökumenischen Rates der Kirchen sowie bei anderen
'nternationalen kirchlichen Begegnungen.

Die dreiundzwanzig Aufsätze des Sammelbandes sind in Fünf The-
mengruppen eingeteilt. Im ersten und zweiten Kapitel befinden sich je
drei Aufsätze über die beiden historischen Vorfahren Jan Hus und Jan
Arnos Comenius, sowie über den geistigen Vater und Lehrer des Verfassers
, Josef L. Hromädka. Klar werden hier die Grundlinien der
Theologie dieser drei großen Denker der Böhmischen Brüder Für
unsere Gegenwart aufgezeigt. Auch der Titel des Bandes zeigt in diese

Richtung: „Erbe im Heute". Der Verfasser setzt sich zum Ziel - und
wir können ihm dafür nur dankbar sein - das reiche kirchlich-theologische
Erbe seines Heimatlandes für die Kirchen der Gegenwart transparent
zu machen. Besonders interessant sind seine Ausführungen
über die ökumenischen Gedanken von Comenius und die Analyse der
Entwicklung der Theologie Josef Hromädkas aus einem traditionellen
Denken im Rahmen einer „christlichen Zivilisation" zu einer neuen
Theologie der Kirchen in einer revolutionären, sozialistischen Gesellschaftsordnung
.

Der dritte Teil der Aufsätze ist der weltweiten theologischen Diskussion
der Nachkriegszeit gewidmet. Josef Smolik ist ein Theologe,
der einen weiten Blick auch für die neuen theologischen Richtungen
in der ganzen Welt besitzt. Seine Aufmerksamkeit gilt in diesen Aufsätzen
der heutigen Bedeutung des Denkens von Thomas von Aquin
zur weltlichen Macht, der „Theologie der Schöpfung", den Fragen der
christlichen Weltverantwortung in Auseinandersetzung mit Ulrich
Duchrows Buch und den verschiedenen „Theologien der Genitive"
der Nachkriegszeit. Besonders wertvoll sind die Ausführungen des
Autors über das reiche theologische Erbe von Dietrich Bonhoeffer für
unsere Zeit, über die Kritik der Religion sowie über die Interpretation
der kirchlichen Existenz in einer säkularisierten, mündigen Welt
(S. 105ff).

Im vierten Teil befinden sich Aufsätze, die dem Leben seiner Heimatkirche
zugewandt sind. Hier werden vor allem praktisch-theologische
Fragen behandelt wie Gestalt und Ordnung einer „Exodus-
Gemeinde in der Welt", eine Analyse der exegetischen und meditativen
Methoden bei der Bearbeitung der biblischen Texte, die Flexibilität
der Ordnungen des Gottesdienstes und der Amtshandlungen
der Kirche sowie die Stellung des evangelischen Pfarrers in der
Gesellschaft derCSSR.

Im letzten Teil weitet sich der Horizont wieder mächtig aus: Sechs
Aufsätze behandeln hier aufregende Fragen der weltweiten ökumenischen
Bewegung heute, wie die prophetische Aufgabe der Kirche,
das theologische Problem der Revolution, den Fragenkreis Einheit der
Kirche - Einheit der Welt und den Dialog mit den Religionen von
heute. In diesem Teil nimmt man besonders wahr, daß hier jemand zu
uns spricht, dem die Erfahrung mit der weltweiten Ökumene ständig
neue Fragen aufgibt und zugleich neue, wertvolle theologische Einsichten
bringt.

In einem Nachwort gibt Gert Wendelborn eine gute, nützliche Zusammenfassung
und Auswertung der wichtigsten Gedanken des Verfassers
und hebt dabei besonders die feste christologische Orientierung
als den wichtigsten theologischen Beitrag zur gegenwärtigen theologischen
Auseinandersetzung hervor.

Es lohnt sich Für alle-besonders aber für Kirchenleute und Theologen
in Osteuropa - auf diese neuen Fragen und Antworten aufmerksam
zuhören. Josef Smolik versucht im ganzen Band, vor allem den
neuen Weg der Kirchen in einer marxistisch geprägten Gesellschaft
theologisch zu interpretieren und diese Interpretation für die ganze
Ökumene in Europa und außerhalb unseres Kontinentes fruchtbar zu
machen. Dafür sind wir ihm zu aufrichtigem Dank verpflichtet.

Budapest Gyula Nagy

[Ackroyd, Peter R.:] IsraiTs Prophetic Tradition. Essays in Honour of
Peter R. Ackroyd, ed. by R. Coggins, A. Phillips, M. Knibb, Cambridge
: Cambridge University Press 1982. XXI, 272 S„ 1 Porträt 8'.
Lw.£21.-.

Am 15. Dezember 1982 beging Peter Runham Ackroyd seinen 65.
Geburtstag. Diesem Anlaß verdankt die Fachwissenschaft die vorliegende
Sammlung von Studien zur alttestamentlichen Prophetie, die
dem auch als Herausgeber (Book-List der Society for Old Testament
Study, 1967-1973; Palestine Exploration Quarterly, seit 1971 Cambridge
Bible Commentary) international angesehenen Londoner Alt-
testamentler gewidmet sind. Die Beiträge verdienen deshalb