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Ausgabe:

1983

Spalte:

233-234

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Hampel, Volker

Titel/Untertitel:

Menschensohn und historischer Jesus 1983

Rezensent:

Hampel, Volker

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233

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 3

234

tung, die bis zur Gegenwart kaum von „Laien" wahrgenommen
wird.

Evangelisation als eine von der Agape motivierte, freie, außeramtliche
und andauernde, d. h. mehrere Tage bis Monate umfassende,
Verkündigung der Hauptinhalte biblischer Botschaft in volkstümlicher
Weise wurde nach anglikanischem Vorbild (Moody) als „Notbehelf
in den deutschen Landeskirchen eingeführt. Eine gewisse
Eigenständigkeit gegenüber den Vorbildern wird da deutlich, wo z. B.
in der Bekehrungsfrage psychologische Methoden zur Unterstützung
des Rufes zur Glaubensentscheidung zumindest grundsätzlich abgelehnt
werden. Da aber eine ursprünglich beabsichtigte „kirchlich
angegliederte Evangelisation" (Th. Christlieb) von seiten der Kirche
weitgehend abgelehnt wurde, war eine stärkere Selbständigkeit der
entstehenden Gemeinschaftskreise unabdingbare Konsequenz.

Trotz unmißverständlicher Kritik an kirchlichen Zuständen, weitgehender
Ablehnung durch die Kirche und einer nicht zu unterschätzenden
Kritik am innerkirchlichen Standort aus den eigenen Reihen
wurde dieser nie grundsätzlich aufgegeben. Besonderes Gewicht für
die Begründung dieses Weges erhält eine angeblich von Th. Christlieb
geprägte formelhafte Wendung: ,,. . . in der Kirche, wenn möglich mit
der Kirche, aber nicht unter der Kirche". Da sie aber erst einige Jahrzehnte
nach dem Tod des vermuteten Verfassers nachweisbar ist,
bleibt ihre Entstehung dunkel. Über eine Anerkennung durch den
Gnadauer Vorstand hat sie allgemeine Verbreitung gefunden und
wird bis in die Gegenwart häufig als Schlüssel zum praktischen Handeln
gegenüber der Kirche verstanden. Die missionarische Offenheit
der Gemeinschaftskreise gegenüber der Kirche äußert sich in dem
Verständnis, daß landeskirchliche Parochien als „Missionsgebiet"
betrachtet werden. Nicht jeder Getaufte sei „automatisch" Kind Gottes
. Dazu bedürfe es einer bewußten Annahme der Taufgnade. In der
Differenzierung zwischen „Wiedergeborenen" und „Nichtwiedergeborenen
" (bzw. analoger Begriffspaare) wird das artikuliert. Absonderung
von der Kirche wird bewußt abgelehnt. Z. T. wurde das Selbstverständnis
als ein Weg zwischen „Aufgesogenwerden" und „sekten-
hafter" Abgrenzung (Michaelis) beschrieben. Die Kontinuität der
innerkirchlichen Haltung wurde wesentlich durch den Einfluß kirchentreuer
Pastoren sowie die aktive Mitarbeit vieler Gemeinschaftsmitglieder
in ihren Kirchgemeinden gewahrt.

Eine in der Gemeinschaftsbewegung häufig zu beobachtende Abneigung
gegenüber Organisationsformen hat ihre Wurzeln in der
Erfahrung der Ablehnung durch eine starke kirchliche Organisation
und Verwaltung, in darbystischen Einflüssen, einer nicht selten unklaren
Pneumatologie und der zunehmenden Furcht vor „Überorganisation
" (Verkirchlichung). Trotzdem hatten vor allem die Initiatoren
der Gnadauer Bewegung einen klaren Blick Tür Strukturfragen und
den positiven Einfluß organisatorischer Elemente auf den Gemeindeaufbau
.

Die Untersuchung schließt mit einem Ausblick auf aktuelle Fragestellungen
, die einer dringenden Bearbeitung von Seiten der Gemeinschaftsbewegung
bedürfen, sofern sie am eingeschlagenen Weg festhalten
will.

Hampcl, Volker: Menschensohn und historischer Jesus. Diss. Tübingen
1982.479 S.

Liegen die spezifischen Grundlagen des christlichen Glaubens in
der Person und Botschaft Jesu selbst begründet?

Die vorliegende Arbeit versucht diese Frage in Auseinandersetzung
mit der bisherigen Forschung anhand der auf den historischen Jesus
zurückgehenden Mcnschensohnlogien positiv zu beantworten.

Mit dem Begriff „Menschensohn" greift Jesus ganz bewußt auf ein
vieldeutiges Rätsclwort zurück, um damit sein messianisches Selbstverständnis
verhüllend und andeutend zugleich zur Sprache zu bringen
.

In Anknüpfung an die zeitgeschichtlich vorgegebene Erwartung
einer Zeit der Verborgenheit des Messias, die seiner Inthronisation
durch Gott vorausgeht, unterscheidet Jesus zwischen zwei Phasen
seiner messianischen Wirksamkeit: der Zeit seiner verborgenen und
seiner offenbaren Messianität. Bis zur Stunde seiner Inthronisation,
d. h. seiner endgültigen Legitimation durch Gott, verbunden mit
seiner Anerkennung als Messias durch alle Welt, wirkt er als Messias
designatus; und als solcher bezeichnet er sich als Menschensohn.

Als der, der die kommende Gottesherrschaft in messianischer Vollmacht
verkündigt und sie in seiner Person proleptisch vorwegereignet,
lädt er ein zu dem Gott, der über den Weg der Umkehr nichts anderes
will als das Heil seiner Welt. Weil Jesus weiß, daß Gott in jedem Fall
zu seinem Ziel kommt, erwartet er die Umkehr des Gottesvolkes, muß
jedoch das Unbegreifliche erkennen, daß sein messianischer Ruf
nahezu sinnlos verhallt. Israel verwirft seinen Messias, indem es den
Menschensohn abweist, und scheint damit dem furchtbaren Gericht
Gottes ausgeliefert. Dieses trifft aber nicht Israel, sondern den Menschensohn
. Im Auftrag des ihn sendenden Gottes stirbt Jesus nun für
die, die seinen Umkehrruf von sich wiesen, und ermöglicht so durch
seine stellvertretende Lebenshingabe allen das Heil: Israel und den
Heidenvölkern.

Im Anschluß an seinen Tod sieht Jesus im Zusammenhang seiner
eigenen messianischen Inthronisation dem Anbruch der offenbaren
Gottesherrschaft entgegen. Dabei erwartet er in einem einzigen Akt,
was die Urkirche auf Grund der geschichtlich notwendig gewordenen
Differenzierung in „Auferstehung" und „Parusie", d. h. in zwei verschiedene
Ereignisse aufzutrennen genötigt war.

Damit liegen aber das messianische Selbstverständnis Jesu insgesamt
wie auch speziell die Deutung seines Todes als eines stellvertretenden
Sühnetodes und die Erwartung seiner darauffolgenden Inthronisation
einerseits und die entsprechende Deutung all dessen im
urchristlichen Kerygma andererseits auf einer Linie. Die Verkündigung
der U rkirche stellt somit nichts anderes dar als die aktualisierte
Übertragung der ipsissima vox Jesu in die neue, nachösterliche
Situation.

Von Personen

Bibliographie Bernhard Klaus
Zum 70. Geburtstag am 12. 2. 1983

Zusammengestellt von Karl-Friedrich Wiggermann
(abgeschlossen am 31. 8. 19821

A. Selbständige Veröffentlichungen

/. Missa. Untersuchungen zur Gestalt der evangelischen Messe im 16. Jahrhundert
in Berlin-Brandenburg. Göttingen: Vandenhocck & Ruprecht (Mikro-
kopie)1952. 190 S.

2. Leonhard Fendt, Einführung in die Liturgiewissenschaft, hrsg. von Bernhard
Klaus. Berlin: Töpelmann 1958. XII, 287 S. (Sammlung Töpelmann
11,5).

3. Veit Dietrich. Leben und Werk. Nürnberg: Selbstverlag des Vereins für
bayerische Kirchcngeschichte 1958. XXIII, 445 S. (Einzclarbeiten aus der
Kirchcngeschichte Bayerns. 32).

4. Leonhard Fendt, Der Wille der Reformation im Augsburgischen Bekenntnis
. Ein Kommentar für Prediger und Predigthörer. 2. Aufl., neu bearbeitet von
Bernhard Klaus. Tübingen: Mohr 1966. VIII, 112 S.

5. Massenmedien im Dienst der Kirche. Theologie und Praxis. Berlin: de
Gruyter 1969. VIII, 215 S. (Theologische Bibliothek Töpelmann. 21).

6. Leonhard Fendt, Homiletik. 2. Aufl., neu bearbeitet von Bernhard Klaus.
Berlin: de Gruyter 1970. X, 147 S. (de Gruyter Lehrbuch).

7 Begräbnis-Homiletik. Trauerhilfe, Glaubenshilfe und Lebenshilfe für Hinterbliebene
als Dienst der Kirche, zus. mit Klaus Winkler. München: Claudius
1975.205 S.

X. Kommunikation in der Kirche. Predigt - Religionsunterricht - Seelsorge -
Publizistik, hrsg. in Verbindung mit Rainer Lachmann, Ernst Öffner. Walter