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Ausgabe:

1983

Spalte:

227-229

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 24. Bd.

Titel/Untertitel:

1980 1983

Rezensent:

Nagel, William

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 3

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gegenwärtiger Konfirmandenarbeit werden unter Hinweis auf
E. Rosenboom („Gemeindeaufbau durch Konfirmandenunterricht"),
Bäumler und Neidhart (Konfirmandenunterricht als Vermittlung
zwischen der offenen Volkskirche und ihrem Nachwuchs) sowie
Stoodt („kirchliche Begleitung Jugendlicher in der puberalen Ablösephase
") erläutert. Der Zusammenhang der gegenwärtigen Reformdiskussion
mit der Geschichte des Konfirmandenunterrichts und der
Konfirmation wird deutlich, ebenso die gegenseitige Abhängigkeit des
Verständnisses von Konfirmation und Konfirmandenunterricht.

Die Auswahl der 17 Themen halte ich für sinnvoll und lohnend.
Daß nicht alle Erwartungen befriedigt werden können, ist selbstverständlich
, auch wenn der Umfang des Buches erweitert werden
könnte. Dennoch sei der Hinweis erlaubt, daß die diakonische und die
missionarische Aufgabe zu schwach zur Geltung kommen. Ein Kapitel
über Diakonie und Innere Mission (unter Einschluß der Evangelisation
) wäre für künftige Auflagen sehr zu wünschen. Der praktische
Nutzen des Buches würde auch noch erhöht, wenn einzelne
Themen bis zur Praxisanleitung führen könnten. Ich denke z. B. an
Methoden der Predigtvorbereitung, an didaktische und methodische
Schritte beim Entwurf einer Unterrichtseinheit oder eines Familiengottesdienstes
. Die Konzentration auf Grundprobleme hat ihren
Wert, schließt aber die Weiterführung bis hin zur exemplarischen
methodischen Konkretion nicht aus.

Wichtiger als die Anmeldung von Ergänzungswünschen ist aber der
Dank für das vorgelegte Buch, das bei aller Vielfalt der in ihm zum
Ausdruck kommenden Meinungen doch Orientierungshilfen in der
ziemlich unübersichtlichen Landschaft der gegenwärtigen Praktischen
Theologie gibt und zur klärenden Weiterarbeit anregt. Dieses
Buch kommt sicher einem breiten Bedürfnis entgegen, und es wird
ihm an Lesern nicht fehlen.

Gutenberg bei Halle/S. Eberhard Winkler

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 24. Bd. 1980. Hrsg. v.
K. Ameln, Chr. Mahrenholzt u. A. Völker. Kassel: Stauda 1980.
XVI, 236 S. gr. 8°. Hlw. DM 96,-.

Ein dankbarer Rückblick auf das weitwirkende Lebenswerk seines
am 15. 3. 1980 heimgerufenen Mitbegründers und -herausgebers D.
Dr. Christhard Mahrenholz eröffnet dies Jahrbuch. Sein profundes
Wissen auf den Gebieten des Gottesdienstes (= G.) und der Kirchenmusik
, hier bis hin zu Orgelbau und Glockenwesen, nicht zuletzt auch
sein Verständnis für kirchenrechtliche Fragen, verbunden mit organisatorischem
Geschick, gaben seinem Einsatz für die Erneuerung des
gottesdienstlichen Lebens Auswirkungen von kirchengeschichtlichem
Rang, zumal das alles bei ihm in einem lebensvollen lutherischen
Glauben verwurzelt war. Dem am 18. 3. 1980 heimgegangenen hym-
nologischen Mitarbeiter am Jahrbuch Ernst Sommer gilt ebenfalls ein
dankbarer Nachruf.

In der Reihe der „Hauptbeiträge" schildert K. Chr. Fe 1 m y „Heilsgeschichte
und eschatologische Fülle im orthodoxen G." am Verhältnis
von eucharistischem G. und Tagzeitengebet. Immer wieder zeigt er
dabei auf, worin die orthodoxe Liturgie dem G. der abendländischen
Christenheit zur Bereicherung und Korrektur helfen kann (S. 1-22).
Dem em. Wiener Kirchengeschichtler W. Kühnert widmet zum
80. Geburtstag H.-Chr. Schmidt-Lauber den Aufsatz „Die Bedeutung
des G.s für den säkularen Menschen" (23-26) - wahrlich ein
brennendes Thema! Unter „1. Säkularisierung und G. - empirische
Fakten" wirft Vf. der These von der Unfähigkeit des säkularisierten
Menschen zu G. und Liturgie vor, die Menschwerdung Gottes
nicht ernst genug zu nehmen: sollten durch sie „nicht auch Raum und

Möglichkeiten für den neuen G. der Christen entstehen, der nicht
mehr menschliche Religiosität darzustellen und selbstgesuchte Erlösung
zu vollbringen sucht, sondern die geschenkte Erlösung prokla-
mierU-feiert und von ihr Leben erhält?" (27) Von da her wird dann
gefragt: „II. Was ist G. heute? - Theologische Grundlegung." Hier
geht alles aus von der Grunderkenntnis, daß der sog. „Predigtg." ohne
die Eucharistie als der einzige Hauptg. am Sonntag eine Fehlentwicklung
bedeutet. Erst in Verbundenheit von Predigt und Mahlfeier wird
der G. zum Zeichen der Gegenwart des Herrn, und die Mahlgemeinschaft
mit ihm kann sich zugleich auswirken in brüderlicher Gemeinschaft
unter den Mahlgenossen, was für heutiges neues Verstehen des
G.s Voraussetzung ist. So erst bringt er als Gottes Dienst an uns und
gleichzeitig unsere Glaubensantwort, die unser Leben miteinander zu
formen beginnt, zu Bewußtsein, was Kirche als „Leib Christi" bedeutet
. Als Antwort auf empfangene Wohltat und Gabe weckt G. Danksagung
. Als Christusanamnese verbürgt er in der Verkündigung wie
im Mahl in gleicher Aktualität den Christus praesens. Indem er die
Gemeinde gerade darum zu bitten treibt, gewinnt er epikletischen
Charakter (EKG 124!). Da Abendmahl nur gefeiert werden kann in
gemeinsamem Teilhaben an dem sich uns hingebenden Christus, will
es sich auch im Hingeben und Empfangen derGemeindeglieder untereinander
auswirken. Doch solche Gemeinschaft bedeutet dann „eine
radikale Herausforderung an unsere Lebensweise und unseren Einsatz
für die Einheit der Kirche und für die Einheit der Menschheit gegenüber
den Mächten der Entfremdung und der Aufspaltung" (32). Im
III. Abschnitt geht es um anthropologische Aspekte der G.lehre: „Der
Zugang des säkularen Menschen zum G." (32-36). Innerhalb der
Unterabschnitte „1. Symbol und Ritual im allgemeinen und im G.,
2. G. und Sinnfrage. 3. Kommunikation, Interaktion und Gemeinschaft
, 4. Die ökumenische Dimension" wird immer wieder gezeigt,
wie sich bisher für unüberwindlich gehaltene Hindernisse heute überraschend
auflösen können. Vor allem aber muß der Gegensatz
zwischen Abwendung von Glauben und G. einerseits und drängendem
Suchen nach Glauben andererseits heute in eigener, von Hoffnunggestärkter
Verwurzelung im G. ausgehalten werden.

Auf die Bedeutung der „Crailsheimer Schulordnung" (1480) für die
hymnologische Forschung weist erneut J. Janota in seinem Aufsatz
„Schola cantorum und Gemeindelied" hin (37-52), gibt auch die diesbezüglichen
Textabschnitte wieder. Wenn M. Jenny auch mit seiner
Untersuchung „Die Herkunftsangaben im Kirchengesangbuch"
(53-68) das Gesangbuch der ev.-reformierten Kirchen der deutschsprachigen
Schweiz im Blick hat, sind seine Ausführungen doch für
jeden wichtig, der heute an neuen Gesangbüchern mitarbeitet. An
einer Fülle von Text- und Melodiebeispielen zeigt Vf., wie kaum je
restlos richtig Herkunftsangaben geboten werden können. Und doch,
wie sehr kann die innere Beziehung zu einem Lied vertieft werden,
wenn zutreffende Angaben die Situation, in der ein Text bzw. eine
Melodie entstanden sind, richtig vergegenwärtigen!

Die „Kleinen Beiträge und Miszellen" befassen sich unter „A. Zur
Liturgik" zuerst mit dem „liturgischen Vermächtnis Albert Lort-
zings" (H. Henche>(69-76), eines westfälischen Pfarrers, dessen zur
Zeit der Erweckungsbewegung entstandene liturgische Ordnungen
noch heute in seiner Gemeinde Dankersen nachwirken. K.-H. Bie-
ritz undU.Kühn berichten über ein interdisziplinäres Seminar im
Herbstsemester 1976 am Theologischen Seminar Leipzig unter dem
Thema „Zur Theologie und Praxis des hl. Abendmahls" (76-82). Chr.
Rietschel geht aus Anlaß des 30jährigen Bestehens des evangelischen
Kirchbautages auf „Dreißig Jahre ev. Kirchenbau" ein
(82-90) und kommt zu dem Ergebnis, daß Gemeindezentren als Leitbild
nicht genügen können, sondern die Vertikale, die Dimension Jer
Anbetung, nach neuer Gestaltung verlangt. Einen Einblick in die
Arbeit der Ev.-Luth. Gemeindeakademie in Rummelsberg an gottesdienstlichen
Fragen gibt G. Kugler („Fantasie für den G.") (91-96),
während O. Jordahn auf die Tagung der Societas Liturgica in
Washington über „Amt und Ordination" im Sommer 1979 eingeht
(96-98).