Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1983

Spalte:

216-218

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Thompson, James W.

Titel/Untertitel:

The beginnings of Christian philosophy 1983

Rezensent:

Treu, Kurt

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

215

Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 3

216

nismus, IV. Sevcrianismus. V. Der Maggobienser. VI. Das Einigungsedikt
(sc. von Kaiser Zenon 482), VII. Die Jahre des Schismas. Im zusammenfassenden
Schlußabschnitt wird die Frage, wodurch der dem
dreifachen Sanctus hinzugefügte Anruf von dem einstigen Verdacht
der Häresie entlastet werden konnte, dahin beantwortet: „Dieser
Anruf vermochte seinen ursprünglich der Häresie verdächtigen Charakter
zu verlieren und von den christlichen Kirchen angenommen zu
werden, weil sie mit dem Hymnus den Sohn Gottes allein anriefen
und sowohl sein Leiden als auch seinen Tod und seine Geburl der
menschlichen Inkarnation zusprachen" (70). Vfn. kann dafür zu
Recht auch das Zeugnis der Liturgien geltend machen. Wem die einer
solchen Arbeit immanente Kritik an der heute landläufigen Verflachung
des Geheimnisses der Erscheinung Christi bewußt wird,
erkennt, wie dogmengeschichtliche Forschung ein Rückruf zum Zentrum
unseres Glaubens zu werden vermag.

Literaturverzeichnis, Personen- und Sachregister zeigen, auf welch
gründlicher Forschungsarbeit diese Untersuchung beruht.

Ii;id Homburg v. d. H. William Nagel

Sprandel, Rolf: Altersschicksal und Altersmoral. Die Geschichte der
Einstellung zum Altern nach der Pariser Bibelexegese des
12.-16. Jahrhunderts. Stuttgart: Hicrsemann 1981. VII. 203 S.
m. 20 Abb. gr. 8° = Monographien zur Geschichte des Mittelalters,
22. Lw. DM 140.-.

Das Buch fördert unsere Kenntnis vom Mittelalter auf vielfältige
Weise. Schon die tabellarische Übersicht über die untersuchten Quellen
(5-8) läßt erahnen, welche umfangreiche Arbeit geleistet worden
ist: Die Texte in Paris reichen vom Abrosiastcr über Hieronymus. Augustin
. Cassiodor zum frühen Mittelalter und zur Glossa ordinaria.
über die Frühscholastik und Hochscholastik zu Nikolaus von Lyra
und schließlich zu Editionen von I 509 und 1516/18. Ausführlich informiert
Sprandel über die Bibliotheken, Form und Zweck der Texte
sowie ihre zeitgenössische Bewertung (21-53). Im Zentrum der Arbeit
stehen 1 1 Serienuntersuchungen über ausgewählte Bibeltcxte, die sich
etwa gleichmäßig auf Psalmen und Pastoralbriefe verteilen
(54-133).

Die ausgesuchten Psalmverse zählt Sp. nach der Vulgata; Benutzer
der Lutherbibel müssen meist eine Nummer hinzuzählen. In einer
Vorbemerkung stellt er fest: „Der Psalmist sieht das Altern des Menschen
grundsätzlich von zwei verschiedenen Seiten. Zum einen
wünscht er sich, seinen Freunden und den Guten ein langes Leben
und damit ein Alter und wünscht, daß den Feinden und Bösen das Leben
verkürzt und das Alter genommen werde." Aus anderen Stellen
kann man „auch herauslesen, daß dieses Leben gegen Ende ein schweres
ist. Besonders unter Feinden, unter ungünstigen Umständen ist das
Altwerden eine Last" (54). Berücksichtigt werden die Verse 6.8: Ich
werde alt unter meinen Feinden; 54,24: Die Blutgierigen und Falschen
werden ihr Leben nicht bis auf die Hälfte bringen; 60,7: Du
wollest dem König ein langes Leben geben; 70,9: Verwirf mich nicht
in meinem Alter, verlaß mich nicht, wenn ich schwach werde; 70,18:
Auch im Alter, Gott, verlaß mich nicht, auch wenn ich grau werde;
89,10: Unsere Tage dauern 70Jahrc, bei besonders Kräftigen
80 Jahre. Der größere Teil der Zeit ist erfüllt von Mühe und Schmerz;
91,11: Mein Alter wird erhöht werden in reicher Barmherzigkeil;
91,18: Die Pflanzen im Hause des Herrn werden sich in einem reichen
Alter vermehren; 101,25: Mein Gott, nimm mich nicht weg von der
Hälfte meiner Tage. Zu jedem dieser Verse wird eine fast überreiche
Auslegunggeschichte geboten. Als Ergebnis stellt Sp. fest, „daß die altkirchliche
Basis der mittelalterlichen Exegese überwiegend eine übertragene
Bedeutung von senectus beinhaltete". Das konnte u. a. in folgenden
Variationen geschehen: Das Alter als Sünde (6,8). als Ewigkeit
(60,7), als Altes Testament (6,8). als Neues Testament (89.10), als
Endzeit der Kirche (70,9 und 18): als Tugend (91,1 I und 15). Asketische
Strömungen ließen auch „frühe Vorstellungsformen einer
Altersmoral entstehen, verzögerten aber gleichzeitig die Wiederanerkennung
des Literalsinnes und damit das Verständnis des Alters als
Schicksal" (100).

Aus dem Neuen Testament werden 5 Stellen aus den Pastoralbriefen
herangezogen, die sich auf 2 Kapitel konzentrieren. ITim 5,1: Einen
Alten sollst du nicht schelten sondern wie einen Vater beschwören
; ITim 5,3-16: Ausführungen über die Witwen; ITim 5,23:
Trinke kein Wasser, sondern in mäßiger Weise Wein wegen deines
Magens und deiner häufigen Krankheit; Tit 2,2: Sage den Alten, daß
sie nüchtern, züchtig, klug, rein im Glauben, in der Liebe und in der
Geduld seien; Tit. 2,3: Alte Frauen sollen in heiliger Kleidung sein,
keine falschen Anschuldigungen erheben, nicht dem Wein dienen,
sondern Gutes lehren. Zusammenlässend formuliert Sp.: „Was Paulus
von den alten Menschen verlangte, waren allgemein menschliche
Tugenden." Des näheren sieht er drei Wandlungen in der Geschichte
der Auslegungen: „Erstens die Relativicrung einer archaischen
Altersverehrung, die sich schon in der alten Kirche ankündigt und
dann in der Karolingerzeit stärker akzentuiert (I.Tim.5,1). Zweitens
die Ergänzung der Altersvorschriften, ausgerichtet an innerweltlichen
Maßstäben, durch Warnungen vor Altersschwächen, die die Seele
gefährden . . . Drittens ist eine Verchristlichung von Altcrswürde und
Allersnatur zu beobachten, die auch der Erfüllung der vorhin genannten
Maßideale eine Bedeutung für das Seelenheil gibt" (133). - Nach
kurzen Hinweisen auf den Einfluß Ciceros (de senectute) kommt Sp.
zu einer Tilusvorlesung des Priesters Jean Hesdin (t 1376). Eine ausführliche
Inhaltsangabe wird am Schluß des Bandes ergänzt durch
eine erstmalige Edition, die auf drei Handschriften beruht (164-186).
Schließlich sei auf das reiche Bildmaterial hingewiesen, das zwar
durchweg in schwarz-weiß und mitunter sehr klein erscheint, so daß
man eine Lupe und viel Geduld benötigt, um dann freilich durch aufschlußreiche
Details belohnt zu werden.

Insgesamt bringen die Quellenuntcrsuchungcn, die Texteditionen,
das Bildmaterial und die inhaltlichen Ergebnisse die historische Erforschung
des Mittelalters voran. Bei aller Fremdheit vieler Auslegungen
enthält das Buch aber auch so manche Beobachtung und Hilfe zum
Altern für alle Zeiten, so daß man auch von einem seelsorgerlichen
Ciehalt dieses Buches sprechen kann.

Rostock Gert Haendlcr

Philosophie, Religionsphilosophie

Osborn, Eric: The beginnings of Christian philosophy. Cambridge
etc.: Cambridge University Press 1981. XIV, 321 S. 8-. Lw.
£ 24.-.

Der Titel „Die Anfänge der christlichen Philosophie" läßt ein
Handbuch erwarten, der Name Osborn, Autor von Werken wie „Ethi-
cal Patterns in Early Christian Thought" (1976), verspricht Unkonventionelles
. Die Inhaltsübersicht bestätigt dies: Keine Bio- oder
Doxographie, sondern Grundfragen: Gott, Mensch, Welt. Geschichte,
Logos sind die Themen der fünf Hauptteile. Jeden schließt ein Abschnitt
.Probleme und Parallelen', bzw. beim letzten Teil .....und

Bemerkungen (comment)". Jeder Teil ist untergliedert nach Fragen,
also: Gibt es einen Gott und kann man von ihm reden? Ist Gott gut?
Kann Gott zugleich drei und einer sein? Versteht man Gott am besten
als Erste Ursache? Man sieht, es sind Grundfragen. Wenn der anthropologische
Teil überschrieben ist „Das vernünftige lachende Tier"
(The rational laughing animal), so ist das nicht so unernst gemeint,
wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Manchen heutigen Leser
werden die Fragen zur Geschichte veranlassen, diesen Teil zuerst aufzuschlagen
: Gibt es Kontinuität in der (icschichte? Warum kam Jesus
so spät? Hat die Geschichte einen Mittelpunkt? Wo stehen wir jetzt in
der Geschichte? Macht der Mensch Fortschritte im Laufe der Geschichte
? Wie wird alles enden?

Wer solchen Fragen nachgeht, in der Geistesgeschichte nachgeht,
dem drohen zwei entgegengesetzte Gelähren: Er kann sich in Ab-