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Ausgabe:

1983

Spalte:

210-212

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Volk, Ludwig [Bearb.]

Titel/Untertitel:

Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, IV: 1936 - 1939 1983

Rezensent:

Nowak, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 3

210

- : The Theology and Provcnance of John 15:1-17 (JBLIOI. 1982
S. 115-128).

Sellin, Gerhard: Das „Geheimnis" der Weisheit und das Rätsel der „C'hri-
stuspartei"(zu 1 Kor M)(ZNW 73, I982S. 69-96).

Smith, Moody: John and the Synoptics (Bibl 63. 1982 S. 102-113).

Stenger, Werner: Bemerkungen zum Begriff,, Räuber" im Neuen Testament
und bei Flavius Josephus(BiKi 37, 1982 S. 89-97).

Watty, William W.: Jesus and the Templc - Cleansing or Cursing? (F.T 93.
1982 S. 235-239).

Weiß, Hans-Friedrich: „Verstehst du auch, was du liest'.'" (Apg8.30) (Die
Christenlehre 35,1982S. 293-301).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Reinalter, Helmut: Aufgeklärter Absolutismus und Revolution. Zur

Geschichte des Jakobinertums und der frühdemokratischen Bestrebungen
in der Habsburgermonarchie. Wien-Köln-Graz: Böhlau
1980. 560 S. gr. 8' = Veröffentlichungen der Kommission für neuere
Geschichte Österreichs, 68. Lw. DM 134,-.

Die sich im Vorwort bescheiden gebende Innsbrucker geistesgeschichtliche
Habilitationsschrift vom Jahre 1977, die sich zum Ziel
setzt, nur „einen ersten, vorläufigen Versuch einer Gesamtdarstellung
der Geschichte des Jakobinertums und der frühdemokratischen Bestrebungen
in der Habsburgermonarchie im Zeitalter der Französischen
Revolution zu geben" und durchaus „verschiedene Fragen offen
" laßt (S. 9), erreicht mit 560 Seiten nicht nur ein Maximum an
Umfang und Lesbarkeit, sondern auch an Klarheit über ein bislang
wenig durchsichtiges Thema.

Immerhin ist es doch erstaunlich, daß 60 Jahre vergehen konnten
seit dem Untergang der Habsburgermonarchie, bis so eine gewaltige
Arbeit über die ersten „Jakobiner" und damit frühdemokratischen
Unterminierungsversuche dieser Monarchie, von der Französischen
Revolution ausgelöst, auch in der weitläufigen Donaumonarchie geschrieben
wurde, welche über einzelne Territorien hinausgreift zum
..Versuch einer Gesamtdarstellung"! Weniger erstaunlich ist, daß der
Verfasser sich dazu nur eingeschränkt legitimiert bekennen muß, da
■hm „für ein Quellenstudium der ungarischen, böhmischen und
serbisch-kroatischen Jakobinerbewegung die notwendigen Sprachkenntnisse
fehlten" (S. 9), eine Feststellung, die durchaus nicht gegen
ihn gemeint ist. Österreich ist bekanntlich kleiner geworden und es bedeutet
bereits eine imponierende Leistung, umfangreiche Quellenstudien
im heutigen Österreich, der DDR, der BRD und deren westlichen
Nachbarländern anzustellen.

Reinalter bekennt sich zur strukturgeschichtlichcn Methode und
bietet nach einem umfassenden „Versuch einer Quellen- und Literaturübersicht
" von immerhin 20 Seiten in vier Teilen zunächst eine
Ubersicht zur Struktur der Habsburgermonarchie von Maria Theresia
bis zur Französischen Revolution, wobei besonders die durch die
theresianischen und josephinischen Reformen bewirkten Wandlungen
in Staat und Gesellschaft des 18. Jahrhunderts, deren Kritik und
Opposition, die kurze Ära Leopolds II. sowie die Wirkungen der
Revolution in Frankreich auf die Donaumonarchie wie auch - besonders
wichtig und wertvoll! - „die Bedeutung der Freimaurerei in der
Spätaulklärung und der frühfranzeischen Reaktion" eingehende Würdigung
erfahren. Im 3. Kapitel kommt Rcinalter zum Jakobincrtum
'm engeren Sinn, das sich besonders in der .jakobinischen Verschwörung
" in Wien und Ungarn 1793/94 offenbarte. Böhmen, Kärnten,
Krain. die „steirische Komplizität" und die „Jakobinerverbrüderung
" in der Brühl, das Jakobincrtum in Oberösterreich. Innsbruck.
Tirol und Vorarlberg werden anhand der vorhandenen Quellen
durchleuchtet.

..Gesellschaftskritik, Ansätze einer Gesellschaftstheoric und politische
Handlungskonzepte österreichisch-ungarischer Jakobiner" mit
Hebenstreit. Riedel und Ruzsitska als Exponenten werden im 4. Teil,
-Das Ende und die Folgen der Jakobinerbewegung", mit den Prozessen
im abschließenden 5. Teil vorgeführt. Quellen- und Literaturverzeichnis
umfassen allein fast 70 Seiten.

Die naheliegende Frage, was an einem solchen geistes- und demokratiegeschichtlichen
Werk für den Theologen, lür die Kirche an
(Selbst-)Erkcnntnis abfallen könnte, stellt sich demjenigen weniger,
der gewohnt ist, Kirchen- und Weltgeschichte nicht nur in der Neuzeit
gegenseitig integriert zu betrachten. Sie wird aber auch demjenigen,
der in der Französischen Revolution und ihren Auswirkungen in dem
oder jenem Sinn Gottes Gericht über die drei dazumal herrschenden
Stände zu sehen gewohnt ist, fast auf Schritt und Tritt fesselnd beantwortet
durch die minutiöse Nachzeichnung dessen, daß Vertreter des
hohen und niederen Klerus auf beiden Seiten in das Geschehen verwickelt
waren.

Die Gretchenfrage an den heutigen Theologen „Wie hältst du's mit
der Politik?" wird ihm aus der Historie der von restaurativen und
reformerischen wie auch radikalen Kräften gleichstark beherrschten
Habsburger Szene zwischen ca. 1780 und 1815 hochaktuell für die
Gegenwart beantwortet, auch wenn der Autor diese Analogie schließlich
sorgsam vermeidet. Das Überraschende für den Leser sind jedoch
die in jedem Kapitel wahrnehmbaren olfensichtlichen oder nur
scheinbaren Verlängerungen, Wiederholungen oder Analogien revolutionärer
Strategie (Geheimbündelei mit dem Ziel der Gesellschaftsund
Machtveränderung in der Rosenkreuzerei, dem Illuminatenorden
Bayerns und vor allem der vielschichtigen Freimaurerei im
18. Jh. als Urbild für ähnliche Gruppierungen im 19. und 20. Jh.) und
ihrer Folgen (polizeilicher Überwachung, Bespitzelung. Zensur und
Verbot von Presseartikeln, Verhaftung und Prozesse).

Die strukturgeschichtliche Methode Reinalters legt sich ihm als am
geeignetsten nahe, will sie doch selbst revolutionäres Pathos vermeiden
wie parallele Untersuchungen in andern Ländern und stattdessen
nur objektiv die vorhandenen Quellen mögliehst vielseitig
sprechen lassen, ohne Werturteile nach der einen oder andern Seite
auszuteilen. Rcinalter gelingt damit nicht nur ein quasi umfassender
Überblick über die vielfältige und verschiedene Akkomodation der
Ideen aus Frankreich in den einzelnen Nationalitäten des Habsburgerreiches
vor 1800. Er läßt den Leser seine Schlüsse auch selbst ziehen.
Das zieht wiederum den Nachteil nach sich, daß sich der vorsichtige
Autor auch ein eigentliches Gesamturteil über seine „Stufentheorie"
von Maria Theresia bis Franz II. versagt, bei dem ihn allfällige Kritik
behalten könnte. Auch erscheint das gedankliche und historische Woher
und Wohin der territorial in einem unermeßlichen, zeitlich jedoch
in einem relativ engen Rahmen spielenden Untersuchung zu wenig
abgeschritten. Es ist darum beim „ersten Versuch einer Gesamtdarstellung
" geblieben.

Basel Karl Hammer

Stasiewski. Bernhard [Bearb.]: Akten deutscher Bischöfe über die
Lage der Kirche 1933-1945. III: 1935-1936. Mainz: Matthias-
Grünewald-Verlag 1979. L. 588 S. gr. 8° = Veröffentlichungen der
Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen, 25. geb.
DM 122,-.

Volk. Ludwig [Bearb.]: Akten deutscher Bisehöfe über die Lage der
Kirche 1933-1945. IV: 1936-1939. Mainz: Matthias-Grünewald-
Verlag 1981. XXXI, 860 S. gr. 8" = Veröffentlichungen der Kommission
Für Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen, 30. Lw. DM 128,-.

Die mit den Bänden III und IV fortgesetzte Herausgabe der
Bischofsakten1 eröffnet neuerlich eine perspektivenreiche Szenerie,
die sich chronologisch vom Oktober 1935 bis August 1936 (Bd. III)
und vom August 1936 bis zum Jahresende 1939 erstreckt (Bd. IV).
Der verdienstvolle Bearbeiter der Bände 1-1 II, Bernhard Stasiewski. ist
mit Bd. IV durch Ludwig Volk S.I (München) abgelöst worden, dessen
markante historiographische und editorische Leistungen im Themen-
bercich der kirchlichen Zeitgeschichte nunmehr auf dieser Ebene ihre
Fortsetzung finden. Konzeptionell wie redaktionell unterscheidet sieh
der von L. Volk betreute Band nicht von den vorangegangenen, falls