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Ausgabe:

1983

Spalte:

178-180

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Theologische Realenzyklopädie, Bd. VIII

Titel/Untertitel:

Chlodwig-Dionysius Areopagita 1983

Rezensent:

Amberg, Ernst-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1983 Nr. 3

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erste Periode, vom Kirchengeschichtler Niels Knud Andersen geschildert
, beginnt mit der Gründung der Fakultät, die natürlich mit
der Gründung der Universität zusammenfiel. Der bekannteste Lehrer
während der katholischen Periode war Paulus Helie, ein reformkatholischer
Theologe, dessen Schüler meistens zur evangelischen Lehre
übertraten, obschon Paulus Helie zu den eifrigsten Verteidigern des
alten Glaubens gehörte. Die katholische Periode war sehr kurz und
endete mit einem zunehmenden Verfall. Zum Schluß hörte der theologische
Unterricht im Jahre 1530 ganz auf.

Mit der Reformation in der Mitte der dreißiger Jahre bekam die
Fakultät, die 1534 aufs neue errichtet wurde, eine neue Bedeutung. Zu
dieser Zeit kam Johannes Bugenhagen von Wittenberg nach Kopenhagen
, um die Reformation zu organisieren. Er gehörte eine kurze Zeit
der Fakultät an und war auch der Hauptverfasser der neuen Universitätsordnung
(Fundatio, 1535).

Durch Bugenhagen wurde die Wittenberger Theologie in die Fakultät
eingeführt. Gegen die Mitte des Jahrhunderts wurde ein Melanch-
thon-Schüler, Niels Hemmingsen, Mitglied der Fakultät. Er wurde
später während mehrerer Jahrzehnte der einflußreichste Theologe
Kopenhagens, u. a. ein Vorläufer auf dem Gebiet der Naturrechtslehre
, auch international weit bekannt. Trotzdem wurde er, aufgrund
seiner Neigung zum Calvinismus, 1579 seines Amtes enthoben. Der
Philippismus blieb bis zum Anfang des 17. Jh. die führende Richtung
in der Fakultät.

Die Periode der Orthodoxie, 1597-1732, wird von Jens Glebe
Möller geschildert. Glebe Möller, der seine Doktorarbeit über den
damaligen berühmten Laientheologen Holger Rosencrantz schrieb,
hat über die damalige Theologie wenig Rühmendes zu sagen, beschreibt
aber eindrucksvoll und nicht ohne humorvolle Bemerkungen
die Zeit der voll ausgebildeten Orthodoxie. Der berühmteste
Theologe dieser Epoche war Jesper Brochmand, dessen dogmatisches
Hauptwerk, Universa systema theologiae, auch in anderen lutherischen
Ländern bekannt wurde.

Die theologische Fakultät in der Periode der Aufklärung und des
Pietismus wird von Knud Banning behandelt. Durch eine eingreifende
Universitätsreform (1732) wurde die Universität Halle als
Muster für die Neuordnung der theologischen Studien benutzt. Damit
wurde auch die Kopenhagener Fakultät vom Geist des Pietismus geprägt
. Später hielten auch die anderen Richtungen dieses Jahrhunderts
ihren Einzug in die Fakultät: der Wolffianismus, die Theologie
der Aufklärung, der Rationalismus. Am Ende der Periode gehörte zu
den Studenten der Fakultät N. F. S. Grundtvig, der dann für die Kirchengeschichte
Dänemarks im folgenden Jahrhundert eine einzigartige
Bedeutung bekommen sollte. Seine eigenhändige „vita" bei der
Immatrikulicrung wird faksimiliert wiedergegeben.

Der Redaktor des Werkes, Leif Grane, hat den größten Teil der
Fakultätsgeschichtc übernommen, indem er die Zeit von 1830 bis zur
Neuzeit geschildert hat. Die bedeutendsten Theologen Dänemarks im
vorigen Jahrhundert, der eben erwähnte Grundtvig und Sören Kierkegaard
, wirkten außerhalb der Fakultät, und nur am Rande wurde der
Einnuß dieser Männer innerhalb der damaligen Fakultät bemerkbar.
Um so bedeutsamer für die Theologie wurde das Erbe, das sie hinterließen
, nicht nur in Dänemark, sondern, was Kierkegaard betrifft,
auch auf internationaler Ebene. Zu den bedeutenden Mitgliedern der
Fakultät im vorigen Jahrhundert gehörte Hans Lassen Martensen,
dessen Lehrbücher in Ethik und Dogmatik für lange Zeit im theologischen
Unterricht in Skandinavien verwendet wurden.

Die Einflüsse von Schleiermacher und Hegel waren natürlich im
vorigen Jahrhundert bemerkbar, aber sonst ist die Selbständigkeit der
dänischen Theologie auffallend.
, Leif Granes Darstellung reicht wie gesagt bis in die Gegenwart. Die
vielen Fakultätsmitgliedcr mit ihren wichtigsten Leistungen werden
■ebendig und treffend geschildert. Auch das Leben der Studenten und
die Studienreformen der letzten Zeit werden berücksichtigt und sachkundig
behandelt.

Die Kopenhagener Fakultätsgeschichte ist eine großartige Leistung,

die in ihrer Ausführlichkeit und in ihrem persönlichen Stil als einzigartig
unter den Universitätsgeschichten dasteht.

Lund Bengt Hägglund

Theologische Realenzyklopädie, hrsg. v. Gerhard Krause u. Gerhard
Müller. Bd. VIII: Chlodwig - Dionysius Areopagita. Berlin: de
Gruyter 1981. 799 S.,2 Faltktn gr. 8'

Für die Konzeption der TRE ist mehrfach auf das Christentum als
entscheidende Bezugsgröße hingewiesen worden: „Es geht um eine
Enzyklopädie, in der das gesamte Christentum Gegenstand der Darstellung
ist." . . . „Diese Enzyklopädie behandelt die Personen, Ereignisse
und Begriffe nach ihrer Repräsentanz geschichtlich wirksamer
Ausprägungen des Christentums." (Klappentext) Auch die aus
anderen Enzyklopädie-Titeln bekannten Stichworte „Geschichte und
Gegenwart" finden sich in solchen konzeptionellen und programmatischen
Zusammenhängen. Es soll jetzt nicht die Frage behandelt
werden, ob alle Artikel der TRE den genannten Prinzipien entsprechen
(der verwendete Begriff „Repräsentanz" ist ja allgemein
genug, um sehr viele und auch höchst unterschiedliche Bezüge zu
ermöglichen). Vielmehr wollen wir uns in dieser Rezension des Bandes
VIII der TRE (104 Artikel, 799 S.) zunächst dem Artikel „Christentum
" zuwenden. Es ist gewiß von vornherein deutlich, was ein
solcher Artikel in einer Enzyklopädie, die denselben Gegenstand hat,
nicht leisten kann: er wird keinesfalls eine TRE in nuce sein. Die
Redaktion hat dies offenkundig auch äußerlich zum Ausdruck bringen
wollen : der für diesen Artikel zur Verfügung stehende (oder in Anspruch
genommene) Umfang beträgt 9 Seiten (zum Vergleich: der
Artikel „Chronistische Theologie/Chronistisches Geschichtswerk"
hat 12 Seiten). „Christentum" ist folgendermaßen gegliedert: 1. Einheit
und Vielfalt des Christentums 2. Die hebräische Wurzel 3. Das
Wesen des Christentums 4. Gestaltwandel des Christentums 5. Christentum
und Christenheit. Was bereits an dieser Aufzählung deutlich
wird, verstärkt sich durch die Kenntnisnahme des Inhalts. In diesem
Artikel (A. Köberle) ist eine Fülle von Themen, Problemen, Entwicklungen
und geschichtlichen Zusammenhängen aufgenommen worden
. Mit besonderem Interesse wendet man sich dem 3. Abschnitt
(Wesen . .) zu. Dieser enthält allerdings nicht, wie man hätte erwarten
können, Definitionen oder Prinzipien, sondern im wesentlichen einen
kurzen Abriß der Verkündigung Jesu einschließlich seiner Selbstzeugnisse
. Der nächste Abschnitt (Gestaltwandel . .) nimmt in der Hauptsache
auf die Entwicklung von Dogmen und Theologien Bezug und
skizziert knapp die Hauptepochen bis zur Gegenwart, wobei die Zeit
nach 1945 zu summarisch auf Bultmanns von Heidegger abhängige
Position („einseitig anthropologische Engführung") und Ansätze zu
deren Kritik reduziert wird (19). Am Schluß dieses Abschnitts erfolgen
aber dann noch einige Hinweise auf die Entwicklung der Frömmigkeit
, und das Bild wird über den Blickwinkel der deutschsprachigen
Theologie hinaus ausgeweitet auf weltweite Zusammenhänge.
Abschnitt 5 (Christentum und Christenheit) enthält den Ansatz zu
einer Art „Wirkungsgeschichte" des Christentums. Hier findet sich
u. a. der bemerkenswerte Satz: Seit der Weltkirchenkonferenz von
Uppsala 1968 „rücken Christentum und Marxismus zusehends enger
zusammen in der gemeinsamen Verpflichtung, für eine bessere Zukunft
auf Erden zu kämpfen" (20). Die Schlußformulierung spricht
von einer „Minusbilanz der Christenheit im Urteil des Weltbewußtseins
" (dazu trägt auch die Spaltung der Christenheit bei - 14); daraus
wird eine doppelte Konsequenz gezogen: „Die Christenheit xaxa
oapxa befindet sich am Ausgang des 20. Jh. in einer schweren Krise.
Das Christentum xäxa nveöna wird dennoch leben" (21). Vielleicht ist
das zugleich so etwas wie eine Wesensbestimmung; ähnlich findet sich
schon im Eingangsabschnitt (Einheit. .) die Umschreibung des
„ursprünglichen Kerns" bzw. des „unaufgebbaren Bestands" des