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Ausgabe:

1982

Spalte:

146-148

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Gaßmann, Günther

Titel/Untertitel:

Konzeptionen der Einheit in der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung 1982

Rezensent:

Kirchner, Hubert

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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- und auf einer konzeptionellen Ebene, in der die verschiedenen
Motive der Entwicklung herausgearbeitet und hermeneutisch
im Blick auf die sie bedingenden Ursachen und Zeitumstände
untersucht werden.

Die Hypothese des Vf, unter der er die Arbeit in Angriff genommen
hat, lautet: „Die Untersuchung zielt daraufhin, Veränderungen im
evangelischen Religionsunterricht, wie sie in dem Zielsetzungsteil der
Lehrpläne während der Jahre 1945-1976 hervortreten, als einen sukzessiv
verlaufenden Säkularisierungs- und Demokratisierungsprozeß
zu beschreiben" (12).

Für den Säkularisierungsprozeß signifikant ist für den Autor der
Tatbestand des immer stärkeren Zurückgehens des 1945 noch beherrschenden
sakral-religiösen Sprachgebrauchs der Lehrpläne zu
Gunsten einer säkularen Sprache und dann vor allem der Ersatz
einer Orientierung des Religionsunterrichts an der Kirche durch eine
solche an Schule und Gesellschaft.

Was die Demokratisierung anbetrifft, so vermutet sie der Vf. in der
in den Lehrplänen sichtbaren Abnahme hierarchischer Steuerung des
Religionsunterrichts und in den wachsenden Möglichkeiten der betroffenen
Lehrer lind Schüler zu Mitwirkung, Mitbestimmung und
Partizipation.

Der Aufbau der Arbeit ist durchsichtig: Die Kapitel 1-3 bereiten
den Leser vor, indem sie die Entwicklung der Religionspädagogik von
der Jahrhundertwende bis 1945 skizzieren (1), die rechtliche und
schulpolitische Entwicklung seit 1945 nachzeichnen (2) und endlich
sämtliche untersuchten Lehrpläne vorstellen (3).

In Kapitel 4 und 5 werden mit Hilfe sog. Items wie „Bibelunterricht
", „Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirche",
..Objektivität" etc. wichtige Stadien der Entwicklung des Religionsunterrichts
genannt (von der vorherrschenden Aufgabe des Zeugnisses
und der Auslegung der Bibel über die vorrangige Betonung der Bedürfnisse
der Schüler bis zu bipolaren Zielbestimmungen zwischen
Schüler und Tradition). Das Kap. 6 beschäftigt sich mit „Terminologie
und Ort des Religionsunterrichts" und Kap. 7 mit dem
„Religionsunterricht im Dreiecksbezug zwischen Sachverhalt, Kind
und Lehrer". Das abschließende 8. Kap. stellt den „Religionsunterricht
im Säkularisierungs- und Demokratisierungsprozeß" zur Debatte
und resümiert mit der vorsichtigen Bemerkung: „Die 80er Jahre
dürften zeigen, ob die Entwicklungslinien nach 1976 in einem restau-
rativen Geiste oder in Richtung auf eine vertiefte Demokratisierung
des evangelischen RU verlaufen" (234).

Nach dieser Skizze des Buches kann gesagt werden, daß wir hier ein
wichtiges Forschungsziel der Religionspädagogik erreicht linden; Die
Sammlung, Beschreibung und Erläuterung der normativen Texte der
Lehrplanpräambeln mit Hilfe quantifizierender aber auch qualifizierender
Methoden. Zu bedauern ist nur der Verzicht auf Bremens
Lehrplänc und auch der auf die Lehrplänc für Berufs- und Sonderschulen
.

Besonders nützlich erscheinen dem Leser die im Text begegnenden
Tabellen und Karten (z. B. 54, 55 und 57), aber auch die „Prinzipien
-Skizze des traditionellen und neueren Bildungswesens in der
Bundesrepublik" (75). mögen auch hier und da nicht alle Dinge im
Lot sein.

Auf jeden Fall ist das Werk für alle die eine Hilfe, die in der Zukunft
das schwierige Geschäft der Lchrplankonstruktion für den Religionsunterricht
in die Hand nehmen müssen.

Bremg«rteH Klaus Wegenast

TSubl, Anton: Gleichnisse Jesu. Ein theologischer Kurs im Medienverbund
. Mainz: Matthias-Grüncwald-Verlag 1977. 176 S. 8" =
Projekte zur theologischen Erwachsenenbildung. 5. Kart. DM
19,80.

Ziel dieser Publikation ist es, den Teilnehmern eines theologischen
Kurses in Schule oder Erwachsenenbildung „auf anschauliche Weise

eine Einführung in die Gleichnisse Jesu bieten" zu wollen (23).
„Nicht so sehr kognitive Ziele, sondern vor allem emotionale und
pragmatische" (ebd.) sind im Blick. So stehen im Vordergrund „Entsprechungen
zwischen der Adressatengruppe und bestimmten
Gleichnissen" (25). Die „Auswahl der Inhalte und ihre methodische
Vermittlung" werden daher sehr stark durch „affektive und pragmatische
Zielsetzungen" (27) bestimmt. Dementsprechend beherrschen
durchweg „didaktische Aspekte" und „methodische Hinweise" alle
vier Teile: A. Einführung in Problemstellung, Ziele, Aufbau und
Durchführung des Projekts; B. Die einzelnen Lerneinheiten; C. Exkurse
über Fragen bei Umgang mit Gleichnissen, zum Begriff „basi-
leia theou" (von A. König), über biblische Gleichnisse und moderne
Kurzfilme (von A. Scholl), über einen Unterrichtsentwurf zum
Gleichnis vom verirrten Schaf (von M. Machanek und F. Fiederlein);
D. Material Tür die Teilnehmer (den Lerneinheiten von Teil B. zugeordnet
).

Da „religiöse Bildungsarbeit" Zugänge zur Botschaft Jesu eröffnen
soll, wird hier mit Hilfe verschiedener Medien (Schallplattenhörspiele
, Einzeldias, Lichtbildreihen und Kurzspielfilmen) die Aktivierung
der Teilnehmer selbst versucht und angestrebt. Dazu tragen vor
allem Informationen über die Existenz von audiovisuellen Medien
und die didaktisch-methodische Aufbereitung bei. Die Frage, die im
Hintergrund dauernd präsent ist, präsent sein muß, betrifft die Folgerichtigkeit
von exegetisch-bibeltheologischen Erkenntnissen zur
methodisch-didaktischen Umsetzung. Diese Frage ist nicht schulmeisterlich
gemeint, ob wohl etwas .richtig' sei, sondern spricht besonders
einige Aspekte aus dem Teil B. an, allem voran aus dem Abschnitt
„IV. Erschließung von Gleichnissen für das Leben" (93-110).
Dort erscheinen gelegentlich recht pauschale Aussagen, die zudem
nicht durchweg zutreffend sind: etwa, daß an Jesu Reden und Handeln
„sich die Zeitgenossen in verschiedene politische und religiöse
Lager aufgeteilt" (95) haben, daß Gleichnisse „Mitteilungen" (97)
sein wollen; die Exegese des als Beispiel gewählten Gleichnisses vom
barmherzigen Samariter (104-106) kommt über Allgemeinplätze
nicht hinaus, was an der spürbaren Geringschätzung des unmittelbaren
Kontextes liegt (Streitgespräch) und den weiteren Kontext
außer acht läßt (Lk 10,38-42). Hier rächt sich eine Auslegungstradition
, die gern ungefragt übernommen wird: die Texte werden um
des vermeintlichen historischen Befundes willen nicht nur kontextlos
, sondern auch ohne Beziehung zu dem Prediger Jesus von Naza-
reth und dessen Geschick gelesen. Das andere Problem liegt in der
Überführung theologischer Aussagen in die religionspädagogische
Praxis: Die Vermittlung, die sehr stark durch „affektive und pragmatische
Zielsetzungen" (27) bestimmt wird, führt zu einem empfindlichen
Theologieverlust. Das ist aber nicht das spezielle Problem des
Vf. und seiner Mitautoren in diesem Buch, sondern wohl der religionspädagogischen
und katechetischen Praxis überhaupt. Dankbar
kann man vor allem für das Angebot einer breiten Materialsammlung
sein.

Leipzig Martin Petzoldt

Ökumenik: Allgemeines

Gassmann, Günther: Konzeptionen der Einheit in der Bewegung für
Glauben und Kirchenverfassung 1910-1937. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1979.311 S. gr. 8* = Forschungen zur systematischen
und ökumenischen Theologie, 39. Kart. DM 58,-.

Es dürfte inzwischen fast ein common sense sein: „Die unterschiedlichen
Zielvorstellungen über die Einheit der Kirche stehen als
das schwerste Hindernis der Einheit der Kirche im Wege." (R. Frie-
ling, Beiheft zur Ökum. Rundschau 32, 1978, S. 86). Das hier anzuzeigende
Buch liest sich wie ein ausführlicher Beweis gerade dieser
These. Und vergegenwärtigt man sich, daß es seine Untersuchungen