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Ausgabe:

1982

Spalte:

144-145

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Larsson, Rune

Titel/Untertitel:

Religion zwischen Kirche und Schule 1982

Rezensent:

Wegenast, Klaus

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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einem neuen Licht. Die Sprache der Humanwissenschaft verfremdet
das uralte Thema Buße (es kann es gebrauchen). Einige Einsichten,
die die Tendenz haben, vergessene Wahrheiten zu werden, unterstreicht
der Vf. stark, die Beziehung zur Gemeinde und den Wegcharakter
der Umkehr. Das „Beispiel Beichte" - aus dem Untertitel -
kommt etwas kurz weg.

Stotternheim Franz Georg Friemel

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Stoodt, Dieter: Einführung in das Studium der evangelischen Religionspädagogik
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980.
200 S. 8°. Kart. DM 19,80.

Auf dem Umschlag verrät der Autor sein Programm: „Eine Einführung
, die die Erfahrungen und Lebenssituationen des Studenten
mit den Anforderungen des Fachs verbindet." Also keine systematische
oder historische und d. h. nur fachbezogene Einführung, sondern
eine personbezogene, die beim Studenten und seiner aus einer bestimmten
Vergangenheit kommenden Gegenwart einsetzt und auch
dann bei ihm bleibt, wenn von den verschiedenen Handlungsfeldern
der Religionspädagogik (Religiöse und kirchliche Erziehung in der
Familie/Konfirmandenunterricht/Jugendarbeit/Religionsunterricht)
die Rede ist. Stoodt hat nicht die Absicht, eine Phänomenologie der
Handlungsfelder vorzutragen und er will auch nicht die Fülle der verschiedenen
Theorien der jungen Wissenschaft Religionspädagogik
Revue passieren lassen, sondern er will Religionspädagogik als Teil
der je individuellen Erfahrungen des Studenten im Blick auf die
eigene religiöse Sozialisation in Familie, Konfirmandenunterricht,
Jugendarbeit und Religionsunterricht problematisieren (Teil I,
35-101) und dann angesichts der unsere Gesellschaft bestimmenden
Beliebigkeit religiöser Meinungen und Haltungen (Teil II, 102-172)
als Programm entwickeln.

Exemplarische Texte aus theologischer, erziehungswissenschaft-
lichcr und humanwissenschaftlicher Literatur, die immer wieder die
Darlegungen unterbrechen, dienen zu Information, aber auch dazu,
sich selbst zu klären und mit anderen Erfahrungen konfrontiert zu
werden. Fragen, Lesehinweise, Impulse und Arbeitsaufträge, z. T. im
Text, z. T. am Schluß der einzelnen Paragraphen, empfehlen das
Buch als Arbeitsbuch.

Warum diese ganz andere Weise einer Einführung, die so gar nicht
zum Auswendiglernen bestimmter Lernstoffe animiert, sondern zur
Selbstreflexion anleitet? Stoodt antwortet auf diese Frage mit seinen
Erfahrungen aus einer langjährigen Lehrtätigkeit: „In einer Gruppe
von Studienanfängern begegnen sich Studenten sehr unterschiedlicher
religiöser und kirchlicher Sozialisation" (154). Das führt beim
Aufeinanderprallen mit Wissenschaft und mit andersartigen religiösen
und theologischen Ansichten leicht zu Schockerlebnissen und in
der Folge zu „Fraktionierungen und Privatisierungen". Eine Hilfe
sieht Stoodt darin, daß sich die verschiedenen Gruppierungen gleich
zu Beginn des Studiums begegnen und alle möglichen Differenzen,
Fraktionen und Privatisierungen thematisiert werden.

Ein solches Verfahren von Information und Interaktion ist
für Stoodt nicht nur im Blick auf Studienanfänger geboten
, sondern auch schon im Religionsunterricht, in dem das Arrangement
so beschaffen sein müsse, „daß die Schüler ansatzweise ein
rationales Verhältnis zur Bibel, zur Kirche, zur Religion gewinnen
können ... Information' und ,Interaktion' sind also gleichermaßen
wichtig, das Bearbeiten von Erfahrungen Früherer und eigener Erfahrungen
, das Gewinnen von Erkenntnis und das Überwinden eigener
Ängste und Hemmungen" (186).

Als besonders interessant erscheinen mir die Ausführungen Stoodts
zu Konfirmation und Konfirmandenunterricht, die hier als Beispiel

für die Erschließung auch anderer religionspädagogisch zu verantwortender
Handlungsfelder vorgestellt werden sollen:

Zu Beginn seiner Erörterungen läßt Stoodt einen Lehrer zu Wort
kommen, der Schüler der 9. Klasse nach der Konfirmation in Religion
zu unterrichten hatte. Seine Erfahrungen mit diesen Schülern
waren offensichtlich schwierige. Gleichsam in einem 2. Lernschritt
werden die Leser dazu aufgefordert, die im Lehrerbericht zum Vorschein
gekommenen Probleme mit eigenen Erinnerungen zu konfrontieren
und im Horizont derselben und des Lehrerberichts kirchliche
Idealvorstellungen von Konfirmation und Konfirmandenunterricht
zu diskutieren. Es folgen Erinnerungen eines Vierzigjährigen
und die Aufforderung an den Leser, sich des eigenen Konfirmators
eingedenk zu werden. Geschlossen wird das Kapitel mit Thesen des
Autors zu möglichen Inhalten des Konfirmandenunterrichts. Probleme
der Institution Konfirmandenunterricht sind damit „im
Hause", aber wie diese lösen? Wie wird es in Zukunft
mit dem Konfirmandenunterricht zu halten sein? Welches sollen
seine vornehmlichen Ziele werden und welche sind als unerreichbare
auszuschließen? Welche Rolle wird der Pfarrer den Jugendlichen
gegenüber einnehmen sollen und welches soll das Verhältnis zwischen
Tradition und Situation im Konfirmandensein? Viele
Fragen und wenige Antworten! Die Problematisierung von Pannen
und Krisen einer Institution, wie wichtig, ja unerläßlich sie auch sein
mag, ist eben noch keine Wegweisung zu neuen Ufern. Oder ist es
eigentlich selbstverständlich, daß ein Diskurs über etwelche Mängel
und Frustrationserfahrungen schon gleich zu einem praktischen und
weiterführenden Diskurs führt? Und - gibt es nicht auch positive Erfahrungen
, die zu Neuem motivieren können?

Dennoch, die Religionspädagogik muß Stoodt für den vorliegenden
Entwurf einer neuen Form von Einleitung in diese junge Wissenschaft
dankbar sein. Der aufmerksame Leser, in diesem Falle der
Rez., ist auf jeden Fall jetzt dazu motiviert, die landläufigen Angebote
von Theorie und Praxis für die verschiedenen Handlungsfelder
der Kirche im pädagogischen Raum mit ganz anderen Augen
zu lesen und kritischer danach zu fragen, was nun eigentlich Konfirmandenunterricht
oder Religionsunterricht oder Jugendarbeit angesichts
von verbreiteten Fraktionierungen und Privatisierungen von
Religion leisten können oder müßten, bei Kindern und Unmündigen
und bei aufgeklärten Erwachsenen.

Bremgarten Klaus Wegenast

Larsson, Rune: Religion zwischen Kirche und Schule. Die Lehrpläne
für den evangelischen Religionsunterricht in der Bundesrepublik
Deutschland seit 1945. Übers, v. M. Hofmann. Lund: CWK Glee-
rup; Göttingen - Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht 1980. 280 S.
gr. 8" = Bibliotheca Theologiae Practicae, 37. Kart. DM 34,-.

Das vorliegende Buch ist eine schwedische Dissertation, die Lehrplänen
gewidmet ist, wie sie zwischen 1945 und 1976 in den einzelnen
Bundesländern der BRD erarbeitet worden sind. Es ist erstaunlich
, daß die sich in den Lehrplänen spiegelnde religionspädagogische
Debatte ausgerechnet von einem Ausländer zum Gegenstand der Forschung
gemacht worden ist, während deutsche Dissertationen vornehmlich
Einzelproblemen gewidmet sind.

Die Arbeit bewegt sich bei genauerer Betrachtung auf drei verschiedenen
und doch zusammengehörigen Ebenen:

- auf einer historisch-systematischen Ebene, in der der Vf. die Vorgänge
der Säkularisierung und Demokratisierung der letzten 30
Jahre erhellt und kommentiert und in ihrer Wirkung auf die Zielsetzung
des evangelischen Religionsunterrichts wertet,

- auf einer emprisch-schulpädagogischen Ebene, in der es dem
Autor um die Erhebung von „Items", der Häufigkeit ihres Vorkommens
und um ihre Wertung unter bestimmten Kriterien zu
tun ist,