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Ausgabe:

1982

Spalte:

125-127

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Quodvultdeus Carthaginiensis, Opera Quodvvltdeo Carthaginiensi Episcopo tribvta 1982

Rezensent:

Kraft, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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Geist als Mutter Jesu in der frühen semitisch geprägten Kirche ganz
geläufig war" (29), und damit „erste Überlegungen zu einer innertri-
nitarischen Ordnung" erkennen läßt, die freilich ganz unreflektiert
sind (39). Diese semitische Vorstellung wirkt noch bei Afrahat; sie begegnet
erstmals bei dem Judenchristen Elchasai. Über einen bloßen
Hinweis (84) geht C. nicht hinaus, vielleicht deswegen, weil bei der
Suche nach größeren Entwicklungslinien die Spuren der Arbeit von
E. Hirsch (1927) immer noch schrecken. Aber im Zusammenhang
mit der in gnostischen Texten begegnenden Syzygie-Vorstellung wäre
eine genauere Nachfrage gerade aufgrund einer Untersuchung syrischer
Texte wünschenswert.

Ergiebiger als Bardaisan, der vom Geist als einem kosmologischen
Prinzip spricht, sind Tatians Ausführungen, aus denen „ein relativ
entwickeltes anthropologisch-soteriologisches System ..., in dem der
Geist eine bedeutende Stellung einnimmt" (58), zu eruieren ist.
Cramers Ergebnisse decken sich hier mit denjenigen des Rez. von
1972. Auch hier reizt der Befund - angesichts der richtigen Einordnung
Tatians in die syrische Entwicklung - zu einer Frage nach dem
Verhältnis zur hellenistischen Pneumatologie, wobei Tatians Stellung
innerhalb frühchristlicher Auseinandersetzung mit dem Plato-
nismus zu berücksichtigen wäre. Afrahat kann deswegen als „Höhepunkt
" (59-85) gelten, weil er eine Fülle pneumatologischer Aspekte
bietet und Tatians Ausblendung der Christologie korrigiert, indem er
Christus und dem Geist eine je spezifische Heilsfunktion zuschreibt.
Die hier gebotenen Analysen sind besonders wichtig, lassen aber
ebenfalls (vgl. 85 den Hinweis auf die Parallele zu Irenaus) nach den
größeren dogmengeschichtlichen Zusammenhängen fragen. Diese
Fragestellung hat C. bewußt ausgeklammert; daß sie sich bei der Lektüre
aufdrängt, beweist nur den Wert dieser soliden Untersuchung als
Baustein im Fundament einer künftigen Gesamtdarstellung zur
Pneumatologie.

München Wolf-Dieter Hauschild

Braun, R. [Ed.]: Opera Quodvultdeo Carthaginiensi episcopo tributa.

Turnholti: Brepols 1976. CVI, 690 S. gr. 8* = Corpus Christiano-
rum, Series Latina, LX.

Der Bischof Quodvultdeus von Karthago hatte bis in die Anfänge
unseres Jahrhunderts einen Platz in der Geschichte der Alten Kirche,
aber nicht in der altchristlichen Literaturgeschichte. Im 1909 gedruckten
Register der Realencyklopädie für protestantische Theologie
und Kirche (= Herzog-Hauck) hat er weder einen Artikel, noch
wird auf seinen Namen verwiesen. Aus den überlieferten Nachrichten
läßt sich schließen, daß er vor 400, wohl in den 90er Jahren, geboren
ist. Seine Bildung empfing er in Africa; der Stil der sicher echten, aber
auch der ihm hier zugewiesenen Schriften ist durch die africanische
Rhetorik bestimmt, und seine Schreibweise haben Cyprian und Laktanz
noch stärker bestimmt, als sein Lehrer Augustin. Um 427 war er
karthagischer Diakon. Als solcher richtete er an seinen von ihm
hochverehrten Meister Augustin zwei Briefe, die als Nr. 221 und
Nr. 223 in dessen Briefsammlung aufgenommen wurden, jeweils gefolgt
von Augustins Antwort. Quodvultdeus bat darin Augustin um
die Abfassung eines sektenkundlichen Handbuchs. Dieser ging auch
nach einigem Sträuben darauf ein, und so entstand der erste, katalogisierte
Teil der Schrift „Adv. haereses"; zum zweiten, theologischen
Teil, in dem Augustin den BcgrilT der Häresie näher zu bestimmen
gedachte, kam es dann nicht mehr. Wenige Zeit - zwei Jahre -
danach, begannen die Vandalen die Eroberung Nordafrikas. Sie
waren schon bedrohlich nahgerückt, als Quodvultdeus 437 Bischof
von Karthago wurde. 439 eroberte Geiserich die Stadt und befreite
sich alsbald von dem katholischen Klerus, indem er Quodvultdeus
und seine Amtsbrüder nach Italien sandte. Der Bischof fand in Cam-
panien eine Bleibe; dort ist er 16 Jahre danach auch gestorben.

Bis zum Jahr 1914 waren die beiden erwähnten Briefe alles, was als
von seiner Hand überliefert galt. In diesem Jahr reklamierte Dom

G. Morin Quodvultdeus als Verfasser von 12 pseudoaugustinischen
Predigten, deren Stilähnlichkeit groß genug war, um eine solche Behauptung
nicht von vornherein als unwahrscheinlich erscheinen zu
lassen. Den Umstand, daß alle Sermone ein inhaltliches Moment gemeinsam
hatten, nämlich auf den Vandaleneinfall eingingen, hielt
Morin für ein seine These stützendes Argument. Ferner nahm Morin
ein unter den Schriften Prospers von Aquitanien überliefertes
Werk für Quodvultdeus in Anspruch, den „Liber promissionum et
praedictorum Dei" (so ist der Titel in dem vorliegenden Werk von
dem Herausgeber bezeichnet.) - Morins Zuweisung fand Beifall und
Widerspruch, und das umso mehr, als die Gelehrten nach dem ersten
Weltkrieg zurückhaltender in der Zuweisung anonymer Schriften an
Verfasser ohne Schriften waren als die Generation davor. Der Herausgeber
hat jedenfalls zu einer offenen Frage Stellung genommen
und ein fait accompli dadurch geschaffen, daß er mit einem immensen
Aufwand an philologischer Gelehrsamkeit die von G. Morin und
den Verteidigern seiner These für Quodvultdeus in Anspruch genommenen
Schriften ediert und noch einen weiteren pseudoaugustinischen
Sermon hinzugefügt hat. Die Verbindung zwischen dem aus
der Kirchengeschichte spärlich bekannten Quodvultdeus und den
ihm vom Herausgeber beigelegten Schriften ist dadurch nicht fester
geworden, aber die Frage, ob die derart vereinten Schriften von einer
Hand stammen und ob ihr Verfasser Quodvultdeus sein könne, hat
für ihre Erörterung ein solides Fundament erhalten.

Die Ausgabe ist in der beim Corpus Christianorum üblichen Weise
aufgebaut. Auf den ersten 106 Seiten bespricht der Herausgeber die
Überlieferung und nennt die Grundsätze, die ihn bei seiner Arbeit geleitet
haben. Der Text nimmt 486 Seiten ein; knapp die Hälfte entfällt
auf den Liber promissionum. Der Verfasser dieser Schrift untersucht
, welche von 153 (nach Joh 21,11) biblischen Verheißungen erfüllt
sind, um aus deren Eintreffen auf das sichere Eintreffen der noch
ausstehenden zu schließen. Das Buch ist heilsgeschichtlich in die drei
Teile „ante legem", „sub lege" und „sub gratia" gegliedert. Die
Schrift ist ebenso wie die Predigten mit ihren zahlreichen Zitaten ein
wichtiger Zeuge für den Bibeltext dieser Zeit; die Verwendbarkeit für
die Kenntnis seiner Geschichte wird allerdings durch die Unsicherheit
hinsichtlich des Autors eingeschränkt.

Bei den Predigten fällt auf, daß sich die Themen verhältnismäßig
oft wiederholen (was nicht gegen die Einheit des Verfassers spricht).
Zwei sind dogmatisch-polemisch und wenden sich gegen Heiden,
Juden und Arianer (die eine dazu gegen Sabellianer und Manichäer);
zwei richten sich an die Täuflinge und drei (Über das Taufsymbol)
an die Neugetauften. Dazu kommen noch zwei Klagereden über die
böse Zeit (mit den Barbaren im Lande). Die Predigten sind echte Reden
, die vom Umfang her wohl wirklich gehalten wurden, die längeren
vielleicht auf zweimal. Die Sprache ist einfach, doch nicht so, daß
der Prediger auf allen rhetorischen Schmuck verzichtet hätte. Sie erwecken
in der Tat den Eindruck der Einheitlichkeit des Verfassers;
doch ist auf den ersten Blick schwer zu entscheiden, wieviel die schul-
mäßige Durchführung zur Erweckung dieses Eindrucks beiträgt.

Auf die eigentliche Textedition folgen Beilagen; darunter als erste
die beiden sicher echten Schreiben des Quodvultdeus an Augustin,
die der Herausgeber pikanterweise in den Anhang verwiesen hat.
Dann folgt die umfangreiche Liste der Handschriften, auf deren Kollationierung
der Herausgeber verzichtet hat. Da die Überlieferung der
pseudoaugustinischen Schriften ebenso breit fließt wie die der echten
Werke Augustins, muß man sein Vorgehen billigen. Eine weitere Beilage
bespricht die indirekte Überlieferung, die dadurch entstanden ist,
daß Caesarius von Arles zwei der hier edierten Homilien als Werke
Augustins gekannt und benützt hat. Die Bibliographie beschränkt
sich auf Arbeiten zur Verfasserfrage, zum Text der hier vorgelegten
Schriften, seiner Überlieferung und seinem Verständnis. Es sind
immerhin 54 Titel zusammengekommen. Das Verzeichnis der Bibelstellen
ist mit 61 Seiten gewaltig; der Index auetorum allerdings mit
5 Ii Seiten, von denen zwei durch Querverweise beansprucht sind,
recht knapp. Die Laktanzstellen sind sicher unvollständig; die Stel-