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Ausgabe:

1982

Spalte:

116-117

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Moeller, Bernd

Titel/Untertitel:

Geschichte des Christentums in Grundzügen 1982

Rezensent:

Kraft, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

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geht, welche das speziell „theologisch-historische Interesse" an dieser
Schrift wecken und das methodische Vorgehen bei ihrer Analyse bestimmen
(darunter ihr Verhältnis zur Sophia Jesu Christi; philosophische
und mythologische Aspekte; zum Verständnis heranzuziehende
zeitgenössische Schriften, etc.).

In Kap. I „Der Brief des Eugnostos: einleitende Bemerkungen und
Analysen" geht der Autor zunächst auf allgemeine Fragen und Probleme
der Nag-Hammadi-Kodizes ein, d. h. auf Editionen, Übersetzungen
, Publikationen, dann speziell auf die Kodizes III und V
und die beiden Versionen des Eugnostosbriefes, auf Fragen der Chronologie
und des christlichen bzw. nicht-christlichen Charakters der
Schrift (S. 35: das offenkundige Vorhandensein christlicher Elemente
widerlegt auf jeden Fall die Ansicht eines vorchristlichen Ursprungs
des Eug). Auf eine Analyse des Eugnostosbriefes (S. 35-40) folgen
dann Ausführungen zum Prolog von NHC 111,3 p. 70,2-71,13
(S. 41-51). Am Schluß von Kap. I wird das mythologische System des
Eug graphisch dargestellt (S. 52).

Das zweite Kapitel (S. 53-96) behandelt NHC 111,3 p. 71,13-73,17
unter dem Thema „Der transzendente Gott für sich" {kath' heautori)
mit den Abschnitten „der Begriff des Unbeschreiblichen"
(p. 71,13-18), „Ungezeugtheit und Vergänglichkeit" (p. 71,18-24),
„Name, Gestalt und Abhängigkeit" (p. 71,24-72,6), „von der
menschlichen Gestalt zum fremden (ganz eigenen) Aussehen"
(p. 72,6-13), „die langen Reihen von Attributen" (p. 72,14-73,3),
„der Begriff des ,Umfassens' als Ausdruck des Supremats"
(p. 73,3-8), „Identität, Qualität und Hypostasierung" (p. 73,8-11),
„die letzte Verweisung auf die Erste Erkenntnis" (p. 73,12-17).

Kap. III (S. 97-130) ist unter der Überschrift ,,,Propator' und Vater
" der Perikope p. 74,19-76,10 gewidmet und behandelt im einzelnen
die Abschnitte: „Propator - der höchste Gott" (p. 74,19-75,1),
„die Offenbarung des Vaters" (p. 75,1-12), „die Offenbarung des Geschlechts
, über dem keine Herrschaft ist" (p. 75,12-23) sowie „Transzendenz
und Jubel" (p. 75,23-76,10).

Kap. IV (S. 131-159) geht im Blick auf die Aspekte „Transzendenz
, philosophische und mythologische Sprache" auf die Komplexe
p. 76,13-90,3 und p. 71,13-76,10 ein und enthält die drei Abschnitte
: „Die Namen der göttlichen Wesen im Eugnostosbrief'
(p. 76,13-90,3), „die Tragödie im Pleroma" und „die genetische Terminologie
während des theogonischen Prozesses".

In den zusammenfassenden „Schlußfolgerungen" (160-167) hebt
T. die philosophische Terminologie von p. 71,13-73,17 von dergno-
stischen Terminologie in p. 74,19-76,10 ab. Doch zeigt der Abschnitt
p. 76,13-90,3, daß die „sprachlichen Kriterien" des Verfassers des
Eugnostosbriefes hauptsächlich aus der Umgebung der Philosophie
und weniger aus dem Gebiet der „gnostischen Skepsis" kommen
(162). Indirekt kann das Verstehen der im Eug angesprochenen Probleme
(nämlich des Verhältnisses des transzendenten Gottes und der
Genesis des göttlichen Pieromas sowie der Probleme des Bösen, des
Menschen und der Erkenntnis Gottes durch den Menschen, S. 165)
und ihrer speziellen Behandlung im Eug - verglichen mit anderen
zeitgenössischen Theologien und Philosophien - auch dem besseren
Verständnis des leidenschaftlichen Kampfes der Alten Kirche gegen
den „Gnostizismus" dienen (166f).

Anhang A enthält den koptischen Text von NHC 111,3 mit einer
Übersetzung in modernes Griechisch (S. 170-207). Eine Ergänzung
der Textlücken p. 79-80 aus NHC V,l p. 7,24-9,11 hat der Autor
nicht vorgenommen. Er bietet auch keine Synopse des Eugnostosbriefes
und der Sophia Jesu Christi. Wer eine solche benötigt, kann
sie (allerdings nur von NHC 111,4 und BG3 und nicht der je zwei Versionen
dieser Schriften) in englischer Übersetzung von D. M. Parrott
in „The Nag Hammadi Library in English" (ed. J. M. Robinson),
206-228, finden. Den Schluß des Buches bildet eine Aufstellung der
Nag-Hammadi-Schriften und ihrer Titel in der Reihenfolge der Kodizes
(= Anhang B) sowie eine Bibliographie, ein Stellenregister, eine
Liste der griechischen Namen und ein Register moderner Autoren. Es
ist dieser Untersuchung T. s. zu wünschen, daß sie trotz ihrer Abfassung
in moderner griechischer Sprache von der Nag-Hammadi
Forschung gebührend beachtet wird.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Kirchengeschichte: Allgemeines

Moeller, Bernd: Geschichte des Christentums in Grundzügen. 2.,

völlig neubearb. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1979.
414 S. 8' = Uni-Taschenbücher, 905. Kart. DM 25.80.

Der Versuchung, eine Kirchengeschichte in einem Band von begrenztem
Umfang zu schreiben, sind nicht wenige Kirchenhistoriker
erlegen. Die Ergebnisse sind freilich nur selten befriedigend ausgefallen
. Brauchbar sind die Repetitorien in Gestalt von Tabellenwerken
, aber das sind keine Kirchengeschichtsbücher. Heussis Kompendium
ist eine Meisterleistung; eine erdrückende Fülle von Daten
ist durch wenige kräftige Striche so miteinander verbunden, daß ein
klares und zusammenhängendes Bild der Geschichte entstanden ist.
Der Anteil der subjektiven Interpretation bleibt dabei auf die Auswahl
und Gewichtung der Daten beschränkt. Das läßt sich natürlich
nicht nachmachen; es ist auch keine Ursache dazu. Friedrich Loofs
hat die Disposition seiner Vorlesung für deren Hörer gedruckt. Aber
ohne die Vorlesung ist nichts damit anzufangen. Der Rest der
„Grundzüge" und „Grundlinien" und „Grundrisse" kann nicht als
ausreichend beurteilt werden, auch wenn der Verfasser ein überragender
Gelehrter war. Die „Großen Linien" und „Durchblicke"
können in niemandem Verständnis für die Geschichte erwecken, der
nicht bereits Kenntnisse mitbringt, und die Aufzählungen weniger
unverbundener Einzelheiten ist dazu erst recht außerstande.

Bernd Moellers „Geschichte des Christentums" unterscheidet sich
von allen dem Rez. bekannten Kirchengeschichten dieser Art durch
ihre Brauchbarkeit. In der vorliegenden Form, als UTB, ist es ein
handliches Buch von 377 Textseiten. Den Rest nehmen eine knappe
und nützliche Worterklärung, ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister
ein. Die Literaturangaben sind, als Empfehlung zu
weiterführenden eigenen Studien verstanden, die brauchbarsten, die
dem Rez. in Kirchengeschichtsbüchern je vor Augen gekommen sind.
Das sichere historische Urteil, das den Vf. auszeichnet, bewährt sich
auch auf diesem Gebiet.

Was nun die eigentliche Darstellung anlangt, so fällt auf den ersten
Blick ihre Lesbarkeit auf. Da wird in gutem Deutsch Geschichte
spannend erzählt. Auch wenn man die Ereignisse kennt und sozusagen
schon weiß, wer der Mörder ist oder ob sie sich kriegen, fällt es
schwer, sich von diesem Buch loszureißen und die Lektüre zu unterbrechen
. - Was den Leser als nächstes beeindruckt, ist die Ausgewogenheit
: Wichtiges wird in seiner Bedeutung erkennbar; wenn etwas
zurücktritt, so wird das Bild der Geschichte dadurch nicht verfälscht.
Unterm Lesen gewinnt man Vertrauen zu der Meinung, daß es dem Vf.
gelungen sei, ein ähnliches Bild der Geschichte zu entwerfen.

Warum das Buch eine „Christentums"- und keine „Kirchen"-
geschichte geworden ist, das ist eine naheliegende Frage, die der Rez.
natürlich nicht authentisch zu beantworten vermag. Nach seiner
Meinung liegt ein erster Grund darin, daß das Buch den Erscheinungen
am Rand der Kirche und jenseits ihrer Grenze - Sekten und
Einzelnen - gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Ein zweiter Grund
könnte darin liegen, daß der Vf. sein Hauptforschungsgebiet - Spätmittelalter
und Reformationszeit - in einer Epoche hat, in der es
zwischen Kirchengeschichte und Profangeschichte keine Grenze gibt.
Ein dritter Grund ist aber darin zu sehen, daß der Vf. nach seiner erklärten
Meinung der Theologie- und Geistesgeschichte ein natürliches
Übergewicht in seiner Darstellung verliehen hat. Dies ist aber
wiederum der Hauptgrund dafür, daß die Kirchengeschichte in
diesem Buch als ein zusammenhängendes und organisch gegliedertes
Ganzes erscheint. In dem Maße, in dem sich der Blick des Historikers