Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1982

Spalte:

109-111

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Froitzheim, Franzjosef

Titel/Untertitel:

Christologie und Eschatologie bei Paulus 1982

Rezensent:

Wolff, Christian

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

109

Theologische Literaturzeitung 107. Jahrgang 1982 Nr. 2

110

tionstätigkeit zeigt sich vor allem in der gezielten Zuordnung der
beiden ursprünglich selbständigen Mahlberichte. Die lange Reihe der
Jesusmähler findet im Abendmahlssaal ihr Ende und ihre Fortsetzung
in der „Zwischenzeit" (nicht „Jesuszeit" wie fälschlich S. 73
notiert!). Die nachösterliche Geschichtsepoche ist im eucharistischen
Symbol innerlich an die Jesuszeit gebunden.

Der zweite Teil der Studie analysiert zuerst traditions- und quellenkritisch
die Mahlmotive in der Jesüszeit mit dem Ergebnis, daß Lukas
gezielt gestaltet hat. „So ergibt sich eine lange Kette, die mit dem
Abendmahl und der Stiftung der Eucharistie als Höhepunkt endet"
(91). Die besonderen Themen der Jesusverkündigung: Gottesherrschaft
, Vergebung von Sünde und Schuld, Gottes Liebe zu den
Sündern und Zöllnern - werden in der zeichenhaften Mahlfeier verdichtet
. Entsprechend der heilsgeschichtlichen Periodisierung erhält
das Mahl in der Zwischenzeit (Emmausmahl Lk 24,28-31.35; das
Mahl der frühen Gemeinde Apg 2,42.46; das nächtliche „Brotbrechen
in Troas" Apg 20,7-12) in der lukanischen Darstellung besondere
Akzente: Das Brotbrechen weckt die Erinnerung an die
Mahlzeiten Jesu, die eschatologische Freude (Jubel, Einfalt des Herzens
) hat in der Präsenz des noch ausstehenden Heils ihre wesentliche
Begründung.

Das eigentliche Ziel ist im Mahl der Endzeit, auf das Lukas mehrfach
, vor allem in den auf das Abendmahl folgenden Tischgesprächen
(22,24-27.28-30.31-34.35-38), verweist, erreicht. Der Hinweis auf
das Essen und Trinken am Tisch Jesu in seinem Reich (22,30a) gibt
der nachfolgenden ursprünglicheren Vorstellung vom „Richten auf
Thronen" (V. 30b) eine neue Prägung: „Endzeitliches .Herrschen'
besteht nicht mehr allein und vorrangig in dem, was man allgemein
mit diesem Begriff verbindet, in der Erhöhung über andere und der
wertenden Beurteilung ihres Tuns, sondern ganz ungewöhnlich in der
Tischgemeinschaft mit Jesus" (136).

Die kritische Beurteilung muß sich notwendigerweise auf das
Grundsätzliche beschränken. Die Relativierung des Paschagedankens
ist im Rahmen der Gesamtkonzeption der Studie zwar konsequent, es
fragt sich aber, ob die große heilsgeschichtliche Konzeption des Lukas
nicht eine Einbeziehung der „Zeit der Verheißung" geradezu fordert
. Das Paschamahl Israels bietet sich hierfür von selbst an. Der
Vergleich mit Markus zeigt zudem deutlich, daß Lukas bewußt im
Blick auf vorgegebene jüdische Traditionen gestaltet hat. So sehr die
Einordnung des eucharistischen Mahles in den Vergangenheit und
Zukunft umspannenden größeren heilsgeschichtlichen Zusammenhang
zu begrüßen ist, bleibt doch die Frage nach der spezifischen
Eigenart. Der Bezug zur Todeshingabe Jesu, der mit Recht deutlich
herausgestellt worden ist, relativiert in Grenzen jede sachliche Zuordnung
zu den normalen Mahlzeiten Jesu.
' Die traditionsgeschichtliche Beurteilung des Abendmahlsberichtes
ist originell, aber kaum in der Lage, die nach wie vor gültige Deutung
von Heinz Schürmann - Lukaspriorität - zu entkräften. Am Rande
darf auch auf den Symposion-Charakter des lukanischen Mahlsverständnisses
, der noch deutlicher hätte herausgearbeitet werden
können, hingewiesen werden. Die diesbezügliche Literatur ist nicht
vollständig aufgearbeitet worden. Besonders hervorzuheben ist die
verständliche Darstellung von komplizierten literarischen und theologischen
Sachverhalten. Mehrere anschauliche Skizzen bieten auf
knappem Raum vorzügliche Informationen.

Paderborn Josef Ernst

Froitzheim, Franzjoseph: Christologie und Eschätologie bei Paulus.

Würzburg: Echter Verlag 1979. XII, 283 S. gr. 8" = Forschung zur
Bibel, 35.

Diese 1977 in Freiburg/Br. angenommene Dissertation wurde noch
von H. Schlier angeregt, dessen Andenken sie gewidmet und dessen
Einfluß bis in die dichte Ausdrucksweise des Vf. zu bemerken ist.

Ziel der Studie ist die Beantwortung der Frage, „ob und wie die

Eschätologie in den Briefen des Apostels Paulus von dem ihm
eigenen Verständnis der Person Jesu Christi und ihres ,Heilswerkes'
bestimmt ist" (S. 1). Grundlage sind die sieben unumstritten echten
Paulusbriefe.

In einem ersten Hauptteil wird die alttestamentlich-jüdische Erwartung
des eschatologischen Tages und deren christologisch bestimmter
Inhalt bei Paulus dargestellt. In diesem Zusammenhang
wird eine existentiale Interpretation der paulinischen Eschätologie
abgelehnt, „weil die Person des erhöhten und kommenden Herrn, die
das Ereignis der eschatologischen Zukunft im ganzen beherrscht,
nicht in Existenzverständnis und -Vollzug auflösbar ist, sondern diese
seinerseits erst begründet und ermöglicht" (S. 170- Als Grund für die
Übernahme der traditionellen Vorstellung vom eschatologischen Tag
vermutet F., daß diese „dem zeitlich-konkreten Charakter des Christuszeugnisses
entsprach bzw. aus ihm folgte" (S. 18). Anhand von
1 Kor 7,25-35 wird eine detaillierte exegetische Probe zu den voraufgegangenen
Überlegungen durchgeführt und von V. 32-35 her die
christologische Bestimmtheit der ganzen Passage verdeutlicht:
Christliches Leben wird in der Verantwortung vor dem Herrn geführt
, in dem die eschatologische Wirklichkeit bereits gegenwärtig ist
und in die Zukunft weist.

Der zweite und umfangreichste Hauptteil („Kreuz und Auferwek-
kung Jesu Christi als der eschatologische Selbsterweis Gottes zum
Heil") untersucht den eschatologischen Gehalt zentraler christologi-
scher Aussagen. Zunächst wird dem Verständnis des Kreuzestodes
Jesu als des eschatologischen Ereignisses nachgegangen, indem vor-
paulinische Überlieferungen daraufhin befragt und sodann verschiedene
Aspekte im Verständnis des Todes Jesu bei Paulus herausgearbeitet
werden, vor allem: Gottes eschatologisches Zornesgericht
über die Sünde (Rom 3,21-26; 8,3; 2Kor5,14) und Gottes auf das
eschatologische Heil ausgerichtete Liebe (Rom 15,1 ff). Die Zukunftsdimension
des Kreuzesgeschehens wird anhand von Rom 15,1-13;
5,1-11; 8,31-39 dargelegt. Als exegetische Probe dient eine Beschäftigung
mit den ersten vier Kapiteln des IKor, in denen Paulus den
Kreuzestod Jesu als Gottes eschatologischen Machterweis gegenüber
der gottfeindlichen Welt verkündigt. - Ausführlich wird anschließend
das Verständnis der Auferweckung Jesu besprochen, wobei zunächst
wiederum vorpaulinisches Traditionsgut Berücksichtigung findet.
Für Paulus selbst werden folgende Gesichtspunkte betont: Jesu Auferweckung
ist das geschichtliche Ereignis des eschatologischen Selbsterweises
Gottes (theologisch); sie ist die eschatologische Vollendung
der Person und der Geschichte Jesu (christologisch); sie leitet die
Heilsvollendung ein (soteriologisch). Vf. läßt zugleich erkennen, daß
solch eine Aufteilung nur formaler Art ist, da sich diese Aspekte gegenseitig
durchdringen. An IKor 15,20-28 wird die eingehende exegetische
Probe durchgeführt, u. a. mit dem Nachweis, daß der Passus
keinen Exkurs darstellt, sondern sich organisch an die christo-
logisch-soteriologische Argumentation von V. 12-19 anschließt. F.
kommt zu folgendem Ergebnis: „Die Soteriologie kann eschatolo-
gisch nicht in Theo-logie aufgelöst werden, weil die Christologie beides
eschatologisch zur Deckung bringt... Das Eschaton ist für Paulus
die Vollendung des Christusereignisses in allen seinen Dimensionen
" (S. 157).

Im dritten Hauptteil wird „eschatologische Existenz als Gleichgestaltung
mit dem Geschick Jesu Christi" anhand von Phil 3 dargelegt
; gegenüber dem Vollkommenheitsanspruch seiner Kontrahenten
(deren Haltung von der im 2Kor bekämpften deutlich abgehoben
wird) betont Paulus die christliche Heilserkenntnis als vom gekreuzigten
und auferweckten Herrn getragene „Existenzbewegung".

Der vierte Hauptteil („Die christologische Gestalt und der Sinn des
Eschaton") kehrt die Fragestellung des zweiten Hauptteils um; jetzt
wird die paulinische Eschätologie befragt, inwieweit sie von Person
und Werk Jesu Christi her geprägt ist. Dabei werden einmal verschiedene
Aspekte im paulinischen Gerichtsverständnis herausgearbeitet,
vor allem das grundsätzlich soteriologisch ausgerichtete Richteramt
Christi und das Gericht nach den Werken. Detailliert werden sodann